Das Gremium nimmt den Sachstandsbericht zur Kenntnis.
Zum 01.11.2015 ist das Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher in Kraft getreten.
Zum Stichtag 31.10.2015 hielten sich im Landkreis Friesland 11 unbegleitete ausländische Kinder und Jugendliche auf. Davon befanden sich 9 junge Menschen in der Inobhutnahme bzw. in vorläufigen Maßnahmen oder im Clearingverfahren und 2 erhielten Jugendhilfemaßnahmen. Darüber hinaus war ein ehemals unbegleiteter Minderjähriger zum Stichtag bereits volljährig und erhielt eine Anschlusshilfe in Form von Hilfe für junge Volljährige.
Im Zeitraum 01.11. bis 09.11.2015 sind von den oben dargestellten Hilfen 5 beendet worden, da die jungen Menschen von verwandten Familien aufgenommen wurden oder abgängig sind. Ergänzend wurden neun unbegleitete ausländische Jugendliche gemäß § 42a SGB VIII vorläufig in Obhut genommen. Damit hielten sich mit Stichtag 09.11.2015 insgesamt 16 unbegleitete ausländische Kinder und Jugendliche im Landkreis Friesland auf.
Laut Mitteilung der Landesverteilstelle zum Stichtag 04.11.2015 hat das Land Niedersachsen insgesamt 5.373 unbegleitete ausländische Kinder und Jugendliche aufzunehmen. Laut Bestandmeldung hielten sich zu diesem Stichtag 2.630 unbegleitete ausländische Kinder und Jugendliche in Niedersachsen auf. Dies bedeutet eine Verpflichtung zur Aufnahme von 2.743 weiteren unbegleiteten ausländischen Kindern und Jugendlichen. Die Quote für die niedersächsischen Jugendämter wird jedoch aller Prognose nach erhöht werden müssen. In welchem Ausmaß kann das Landesjugendamt noch nicht beziffern.
Nach derzeitiger Berechnung entfallen auf den Landkreis 39 junge Menschen abzüglich der sich bereits hier aufhaltenden unbegleiteten ausländischen Kinder und Jugendlichen (Stichtag 09.11.2015: 16). Bis einschließlich 09.11.2015 gab es noch keine Nachricht von der Landesverteilstelle, wann, wie viele und von welcher Kommune unbegleitete ausländische Kinder und Jugendliche vom Landkreis Friesland aufzunehmen sind.
Der aktuelle Sachstand hierzu wird in der Sitzung des JHA mündlich ergänzt.
Für die Aufnahme der unbegleiteten ausländischen Kinder und Jugendlichen konnte mit den hiesigen Trägern der freien Jugendhilfe die Schaffung von neuen stationären Plätzen geplant und zum Teil bereits verhandelt werden. So stehen beim Waisenstift Varel zwei Gruppen mit jeweils 9 Plätzen ab Anfang November zur Verfügung, weitere fünf Plätze folgen. Die Jugendhilfe Collstede kann ab Mitte November 6 zusätzliche Plätze anbieten und bereitet die Schaffung von 10 Plätzen bis Ende Februar 2016 und weiteren 10 Plätzen zum April/Mail 2016 vor.
Die Fallführung für die unbegleiteten ausländischen Kinder und Jugendlichen obliegt dem Allgemeinen sozialen Dienst. Die Betreuung der jungen Menschen erfolgt dabei in enger Kooperation mit dem Pro-Aktiv-Center des Landkreises Friesland mit dem Ziel, den einzelnen persönlich zu stabilisieren, sozial zu integrieren und auf Ausbildung, Beruf oder Angebote der Schul- und Berufsbildung vorzubereiten.
Bislang wurden die unbegleiteten ausländischen Kinder und Jugendlichen bis auf wenige Ausnahmen zentral von Herrn Marcus Wald, ASD Team Nord, betreut. Herr Wald berichtet, dass die unbegleiteten ausländischen Kinder und Jugendlichen in der Regel nicht in Friesland bleiben wollen, sondern ein anderen Zielort hätten, wo sie hin wollen. Kontakt zu den Herkunftsfamilien bestehe überwiegend über mitgeführte Handys. Die meisten unbegleiteten ausländischen Kinder und Jugendlichen sind männlich und kennen sich schon seit Wochen oder gar Monaten durch die gemeinsame Flucht. Die überwiegenden Herkunftsländer sind Afghanistan und Syrien.
Herr Meyer-Helfers teilt mit, dass seit dem 01.11.2015 in erstaufnehmendes Jugendamt und zugewiesenes Jugendamt (Zuweisung durch die Landesverteilstelle) unterschieden wird. Entgegen bisheriger Befürchtungen läuft das Verteilverfahren entzerrt und sehr geordnet ab. Problematisch sei jedoch, dass nicht alle zugewiesenen Kinder und Jugendlichen auch tatsächlich bei den Jugendämtern ankommen. Im Rahmen der Partizipation müsse man den Wunsch der jungen Menschen jedoch ernst nehmen und sie ggf. weiterziehen lassen. Einrichtungsplätze müssen nach „Entweichen“ der unbegleiteten ausländischen Kinder und Jugendlichen für 48 Stunden freigehalten werden, bevor eine neue Zuweisung erfolgt; insofern geht auch das Land von einer hohen Fluktuation aus.
Durch die Jugendhilfe Collstede und das Waisenstift Varel sind 24 neue stationäre Plätze geschaffen worden, für das Frühjahr 2016 sind 20 weitere Plätze in Planung.
Die Fallführung liegt beim Allgemeinen Sozialen Dienst, auf Grund der besonderen Problematik der unbegleiteten ausländischen Kinder und Jugendlichen (Integration in Schule / Arbeitsmarkt) erfolgt die praktische Ausgestaltung unter zusätzlicher Beteiligung des Pro-Aktiv-Centers.
Im Anschluss berichten Herr Wald und Frau Karmires über die Situation in der Behelfsunterkunft am Schlosserplatz in Jever.
Auf Nachfrage erklärt Herr Wald, die körperliche Verfassung der unbegleiteten ausländischen Kinder und Jugendlichen sei in der Regel gut. Psychische Belastungsstörungen machen sich erst später bemerkbar, weil sich die Kinder und Jugendlichen erst spät öffnen. Darüber hinaus unterscheide sich das deutsche Gesundheitssystem deutlich von dem der Herkunftsländer.
Herr Weber ergänzt, dass Traumata nicht an erster Stelle stehen, auch wenn dies in der Presse oftmals anders dargestellt wird. Die Flüchtlinge benötigen vorrangig einen sicheren Ort und Perspektive sowie Möglichkeiten zum Spracherwerb. Sprache sei zudem ein wichtiger Faktor, um Traumata mit professioneller Hilfe aufarbeiten zu können.
In der weiteren Diskussion führt Herr Ambrosy aus, der Landkreis Friesland biete Informationsveranstaltungen an und stelle Zahlen, Daten und Fakten im Internet zur Verfügung. Transparenz sei erforderlich, um Gerüchten vorzubeugen und fremdenfeindlichen Gedankengut entgegenzuwirken. Bei Fragen stehe Frau Karmires gerne als zentrale Ansprechpartnerin im Landkreis Friesland zur Verfügung.