Beschluss: einstimmig beschlossen

Beschluss:


Der Jugendhilfeausschuss beschließt die Anerkennung der „Heilpädagogischen Jugendhilfe“ (Heilpäd. Kinderheim) des Waisenstifts Varel als Träger der freien Jugendhilfe nach § 75 SGB VIII.


Die Einrichtungsleitung, Frau Claudia Preuß, hat am 10.11.2015 beim Landkreis Friesland in Abstimmung mit der Stiftung „Waisenstift Varel“ und dem Bezirksverband Oldenburg für die „Heilpädagogische Jugendhilfe“ (Heilpäd. Kinderheim) des Waisenstifts Varel einen Antrag auf Anerkennung als freier Träger der freien Jugendhilfe nach § 75 SGB VIII gestellt.


Das Anerkennungsverfahren sowie die sachliche und örtliche Zuständigkeit sind nicht bundesrechtlich festgelegt. Entsprechende Regelungen enthalten die Ausführungsgesetze der Länder (AG SGB VIII, Ni). Im Übrigen werden für die Prüfung die „Grundsätze für die Anerkennung von Trägern der freien Jugendhilfe nach § 75 SGB VIII“ der Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesbehörden herangezogen.


Als Träger der freien Jugendhilfe können nach § 75 SGB VIII juristische Personen und Personenvereinigung anerkannt werden, wenn sie


  1. auf dem Gebiet der Jugendhilfe im Sinne des § 1 SGB VIII tätig sind

  2. gemeinnützige Ziele erfolgen

  3. auf Grund der fachlichen und personellen Voraussetzungen erwarten lassen, dass sie einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Erfüllung der Aufgaben der Jugendhilfe zu leisten imstande sind, und

  4. die Gewähr für eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit leisten.


Die Einrichtung „Heilpädagogische Jugendhilfe“ (Heilpäd. Kinderheim) des Waisenstifts Varel ist eine juristische Person, die nach § 75 SGB VIII als Träger der freien Jugendhilfe anerkannt werden könnte, wenn die vier o.g. Tatbestandsmerkmale erfüllt sind.


1. Tätigkeit auf dem Gebiet der Jugendhilfe


Der anzuerkennende Träger muss selbst auf dem Gebiet der Jugendhilfe tätig sein, d.h. selbst Leistungen erbringen, die unmittelbar oder mittelbar zur Erfüllung der Aufgaben der Jugendhilfe beitragen. Als Leistungen, die mittelbar der Jugendhilfe dienen, kommen nur solche in Betracht, die speziell auf die pädagogischen Ziele des SGB VIII ausgerichtet sind.


Als Träger der freien Jugendhilfe können nur solche Träger anerkannt werden, die sich nicht auf die Vermittlung einzelner Kenntnisse und Fähigkeiten beschränken, sondern die Entwicklung junger Menschen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zum Ziel haben (vgl. § 1 Abs. 1 SGB VIII).


Durch den Verweis auf § 1 SGB VIII wird deutlich, dass das gesamte Ziel-, Adressaten- und Aufgabenspektrum des SGB VIII als mögliche Betätigungsform in Frage kommt. Daher ist eine Anerkennung auch zulässig, wenn sich die Tätigkeit des freien Trägers nur auf einen bestimmten Teilbereich der Jugendhilfe erstreckt. Außerdem müssen Träger der freien Jugendhilfe nicht ausschließlich oder überwiegend Aufgaben der Jugendhilfe erfüllen. Die Tätigkeit auf dem Gebiet der Jugendhilfe muss aber sowohl nach der Satzung als auch in der praktischen Arbeit als ein genügend gewichtiger, von anderen Aufgaben abgegrenzter Schwerpunkt erscheinen.


Die „Heilpädagogische Jugendhilfe“ (Heilpäd. Kinderheim) des Waisenstifts Varel erfüllt seit der Stiftungsgründung im Jahr 1672 durch Graf Anton ununterbrochen den pädagogischen Auftrag, Kinder und Jugendliche zu versorgen und zu betreuen.


Die Tätigkeit der „Heilpädagogischen Jugendhilfe“ (Heilpäd. Kinderheim) des Waisenstifts Varel auf dem Gebiet der Jugendhilfe ergibt sich, wie gemäß der Grundsätze für die Anerkennung von Trägern der freien Jugendhilfe nach § 75 SGB VIII der Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesjugendbehörden gefordert, neben der praktischen Arbeit auch aus der Satzung; wie auch aus dem Leitbild. Gemäß der Stiftungssatzung erfolgt u.a. die Übernahme der Betreuung und Erziehung von Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden, die Störungen und Verhaltensauffälligkeiten, dass sie in der Familie oder durch ambulante Hilfe nicht zu beheben sind.


Die „Heilpädagogische Jugendhilfe“ (Heilpäd. Kinderheim) des Waisenstifts Varel bietet derzeit Hilfen gemäß der §§ 29 bis 34, 35a und 41 SGB VIII, also ambulante und (teil)stationäre Hilfen, an.


Die Wahrnehmung von Aufgaben auf dem Gebiet der Jugendhilfe kann somit zweifelsfrei bestätigt werden. Diese Tätigkeit beschränkt sich auch nicht nur auf die Vermittlung einzelner Kenntnisse und Fähigkeiten.


Die Arbeit in der Jugendhilfe kann somit als ein genügend gewichtiger Schwerpunkt der Tätigkeit angesehen werden.


Das Tatbestandsmerkmal der Tätigkeit auf dem Gebiet der Jugendhilfe gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII ist somit erfüllt.


2. Verfolgung gemeinnütziger Ziele


Voraussetzung der Anerkennung ist, dass der Träger gemeinnützige Ziele verfolgt.


Die Gemeinnützigkeit der „Heilpädagogischen Jugendhilfe“ (Heilpäd. Kinderheim) und des Waisenstifts Varel ist in § 4 der Stiftungssatzung festgelegt.


Das Tatbestandsmerkmal der Verfolgung gemeinnütziger Ziele gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII ist folglich erfüllt.


3. Anforderungen an die Leistungsfähigkeit und Fachlichkeit des Trägers


Eine Anerkennung darf nur ausgesprochen werden, wenn der Träger aufgrund der fachlichen und personellen Voraussetzungen erwarten lässt, dass er einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Erfüllung der Aufgaben der Jugendhilfe zu leisten imstande ist.


Der Wortlaut macht deutlich, dass der freie Träger zunächst einmal tatsächlich fachliche und personelle Voraussetzungen haben bzw. vorweisen muss. Damit muss zu erwarten sein, dass er imstande ist, Aufgaben der Jugendhilfe zu erfüllen. Um dies hinreichend beurteilen zu können, sollte der freie Träger über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr kontinuierlich im Bereich der Jugendhilfe tätig gewesen sein.


Wie bereits dargelegt, erfüllt die „Heilpädagogische Jugendhilfe“ (Heilpäd. Kinderheim) des Waisenstifts Varel seit der Gründung (Stiftungsgründung im Jahr 1672) den pädagogischen Auftrag, Kinder und Jugendliche zu versorgen und zu betreuen.


Eine kontinuierliche Wahrnehmung von Aufgaben auf dem Gebiet der Jugendhilfe kann somit bestätigt werden.


Die „Heilpädagogische Jugendhilfe“ (Heilpäd. Kinderheim) des Waisenstifts Varel beschäftigt aktuell mehr als 130 MitarbeiterInnen, davon 40 SozialpädagogInnen (zum Teil mit Zusatzausbildungen), 1 psychotherapeutische Psychologin, 1 Diplompsychologin, 2 Heilpädagoginnen, 14 pädagogisch Mitarbeitende im schulischen Bereich (auch Lehrer), 36 ErzieherInnen sowie Berufsanerkennungspraktikanten und FSJ'ler. Dabei werden alle MitarbeiterInnen fortlaufend qualifiziert und fortgebildet.


Die Konzeptionen für die stationären und ambulanten Angebote der „Heilpädagogischen Jugendhilfe“ (Heilpäd. Kinderheim) des Waisenstifts Varel liegen dem Landkreis Friesland bereits vor, die Verwaltung kann daher die Fachlichkeit bestätigen.


Die fachlichen und personellen Voraussetzungen lassen somit nicht nur erwarten, dass die „Heilpäd. Jugendhilfe“ (Heilpäd. Kinderheim) des Waisenstifts Varel einen nicht unwesentlicher Beitrag zur Erfüllung der Aufgaben der Jugendhilfe zu leisten imstande ist, sondern es wird bereits ein nicht unwesentlicher Beitrag geleistet.


Das Tatbestandsmerkmal gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 3 SGB VIII ist erfüllt.


4. Gewähr für eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit


Vom Träger wird die Gewähr für eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit verlangt. Die Erfüllung von Aufgaben der Jugendhilfe im Sinne eines umfassenden Erziehungsauftrages, wodurch junge Menschen befähigt werden, ihre Anlagen und Fähigkeiten zu entwickeln, ihre Persönlichkeit zu entfalten, die Würde des Menschen zu achten und ihre Pflichten gegenüber den Mitmenschen in Familie, Gesellschaft und Staat zu erfüllen, bietet in der Regel Gewähr für eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit.


Die „Heilpädagogische Jugendhilfe“ (Heilpäd. Kinderheim) des Waisenstfts Varel hat bereits umfassende Erziehungs- und Bildungsaufträge wahrgenommen und bietet die Gewähr für eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit.


Das Tatbestandsmerkmal gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 4 SGB VIII ist daher ebenfalls erfüllt.



Herr Meyer-Helfers erklärt den Ausschussmitgliedern, freie Träger der Jugendhilfe, die im Rahmen von Inobhutnahmen nach § 42 und § 42a SGB VIII tätig werden möchten, benötigen eine Anerkennung nach § 75 SGB VIII. Die formalen Vorraussetzungen sind bei der „Heilpädagogischen Jugendhilfe“ (Heilpäd. Kinderheim) des Waisenstifts Varel erfüllt, so dass eine Anerkennung aus Sicht der Verwaltung bedenkenlos erteilt werden kann.


Auf Nachfrage von Herrn Wilken schildert Herr Meyer-Helfers, dass eine Anerkennung ausschließlich auf Antrag erfolge.


Abstimmungsergebnis:


einstimmig