Beschluss: einstimmig beschlossen

Beschluss:

Dem gesellschaftsrechtlichen Zusammenschluss des Nordwest-Krankenhauses Sanderbusch und des St. Johannes-Hospitals Varel in einer gemeinsamen Holding gemäß den in den beigefügten Organigrammen dargestellten Strukturen (Anlagen zur KA-Niederschrift vom 04.05.2016) mit Wirkung vom 1. Juli 2016 wird zugestimmt.


Für Grundsatzbeschlüsse, die sich auf die Fortführung der Krankenhausstandorte in Sande und Varel in Gänze beziehen, ist eine 2/3-Mehrheit des Kreistages erforderlich.


Auf TOP 3.1.1 der Kreisausschuss-Niederschrift vom 4. Mai 2016 wird verwiesen; der Kreistag nahm Kenntnis.


Landrat Ambrosy hob hervor, der gesellschaftsrechtliche Zusammenschluss von Nordwest-Krankenhaus Sanderbusch und St. Johannes-Hospital Varel könne als Schritt von regionalhistorischer Bedeutung gewertet werden.


Krankenhausfusionen in Bund und Land hätten in der Regel den Hintergrund, dass ein allein nicht mehr existenzfähiges Haus aufgekauft werde bzw. dass einer der fusionierenden Partner seine Existenz in der Folge aufgebe. Im Falle des Zusammenschlusses von NWK Sanderbusch und St. Johannes-Hospital gehe es dagegen um zwei wirtschaftlich „gesunde“ Häuser. Lt. aktueller Information beider Geschäftsführer belaufe sich das – noch ungeprüfte - Jahresergebnis 2015 auf ein Plus von zusammen rd. 1,2 Mio Euro. Bei Betrachtung der bundesweiten Krankenhauslandschaft sei dies Ergebnis außerordentlich positiv und das Verdienst der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beider Häuser, der Geschäftsführungen, Ärzteschaften und Pflegeteams.


Ein gesellschaftsrechtlicher Zusammenschluss sei geboten, da die Situation und Entwicklung in der Krankenhauslandschaft sich weiterhin schwieriger darstelle. Beide Häuser seien gut aufgestellt und in der Lage, eigenständig für sich weiterbestehen zu können. Allerdings gewährleiste ein Zusammengehen ein Bündeln der Kräfte und damit Mitteleinsparungen. Diese Gelder könnten zukünftig in die Gewährleistung und Verbesserung der medizinischen Versorgung der Bevölkerung investiert werden. Mehr denn je benötige der ländliche Raum angesichts der demografischen Entwicklung eine adäquate Versorgung vor allem für ältere Menschen.


In Varel gebe es die Diskussion, das „große“ Nordwest-Krankenhaus könne langfristig den Standort Varel schwächen und zu dessen Aufgabe führen. Solche Ängste nehme man ernst – gleichwohl seien sie unbegründet. Vielmehr gehe es um eine von den beiden Geschäftsführern mit den Ärztlichen Direktoren und der Mitarbeitervertretung/dem Betriebsrat erarbeitete Wachstumsstrategie für beide Häuser. Diese Ausrichtung werde allein daran erkennbar, dass das St. Johannes-Hospital bereits einen Antrag auf Erhöhung der Bettenkapazität beim Land Niedersachsen gestellt und genehmigt erhalten habe. Ein weiterer Antrag auf Erhöhung der Bettenzahl in der Geriatrie liege dem Land derzeit vor. - Ferner gebe es die Idee der Ansiedlung einer psychiatrischen Tagesklinik in Varel in Kooperation mit dem Klinikum Wilhelmshaven.


Allein aus diesen drei Beispielen werde deutlich, dass die genannten Gerüchte jeglicher Grundlage entbehrten und man im Begriff sei, am Krankenhaus-Standort Varel noch mehr Wert zu generieren. Varel werde für den Landkreis Friesland – insbesondere im Bereich der Geriatrie in Kooperation mit Innerer Medizin usw. - wichtige Disziplinen etablieren.


In der Kooperation beider Krankenhäuser stelle sich zukünftig auch eine bessere Verhandlungsposition gegenüber den Krankenkassen dar. Auch gegenüber dem Land Niedersachsen verfüge man im Rahmen der Partnerschaft über bessere Argumente, weil die neuen gemeinsamen Strukturen besser darstellbar seien.


Ausdrücklich danke er, so der Landrat, den Verhandlungsführern auf Seiten der Katholischen Kirche. Bereits im Frühstadium der Gespräche vor einem Jahr habe man Kontakt aufgenommen und die aus Sicht der Kirche maßgeblichen Eckpunkte einvernehmlich festgelegt. Der Kreistag trage diese Positionen erfreulicherweise mit. Vor diesem Hintergrund sei eine Vertrauensbasis geschaffen worde, die das gute Verhandlungsergebnis überhaupt erst ermöglicht habe.


Herrn Windhaus, Stiftungsaufsicht der katholischen Kirche, danke man dafür, dass er im Verlaufe der Gespräche hinsichtlich der schwierigen Materie juristisch und stiftungsrechtlich gut beraten habe. Aus den Verträgen werde die Komplexität der zu treffenden Regelungen deutlich.


Ein Dank gelte auch den Geschäftsführern Hoffstedde und Germeroth sowie Herrn Nieraad als Vorsitzenden des Stiftungsrates für die positive Begleitung und Verhandlungsführung. Vor ca. 1 1/2 Jahren habe Herr KTA Nieraad die Idee einer Zusammenführung beider Krankenhäuser aufgeworfen und mit dem Landrat durchgesprochen; mit dem heutigen Beschluss vollziehe man diese Überlegungen.


Er empfinde großen Respekt, so der Landrat, vor der mit dem Zusammenschluss verbundenen Verantwortung. In spätestens einem Jahr werde sicherlich auch den Kritikern bewusst, dass dieser Schritt der richtige Weg sei.


Ein Dankeschön gelte auch dem Betriebsrat und der Mitarbeitervertretung, die den gesamten Verhandlungsweg sehr gut und konstruktiv begleitet hätten. Das ausgehandelte Vertragswerk zeige durch viele Regelungen zu Schutzmechanismen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dass man ihre Interessen ernst nehme und diesen Rechnung trage. Alle Verhandlungen seien nach bestem Wissen und Gewissen geführt worden, so dass die Verwaltung für die heutigen Beschlussvorlagen herzlich um ein positives Votum bitte.


Frau KTA Schlieper verwies auf die seit einem Jahr geführte Diskussion zum Zusammenschluss von NWK Sanderbusch und St. Johannes-Hospital. Die damit verbundenen Sachthemen habe man im Rahmen der sehr ausführlichen Haushaltsberatungen erörtert. - Auch das Thema „Küche“ sei wohl zu aller Zufriedenheit geklärt. Alle Fragen und Probleme seien sachlich und in guter Atmosphäre abgearbeitet, alle Bedenken hinreichend gewürdigt und gewichtet worden.


Ein herzlicher Dank gehe an die handelnden Personen. Denn ein Schlüssel des Erfolgs sei die positive menschlich-offene Umgangs- und Arbeitsweise und der persönliche Austausch. Wenn es gelinge, dies beizubehalten, werde man gemeinsam auch künftig schwierige und zukunftsweisende Probleme und Strategien bewältigen können. Man danke Landrat Ambrosy, der diese Art des Umgangs und des Vorgehens praktiziere.


Der Kreistag lege im Rahmen seines Beschlusses Mitarbeiter-, Standort- und Namensgarantie fest. Dies sei auch eine Vorgabe für künftige Kreistage, weil der Konsens zwischen den Vertragsparteien und die breite Unterstützung in der Sache nur unter der Maßgabe dieser Garantien gelte. - Die Gruppe SPD-Bündnis 90/Die Grünen sei dankbar, an dieser Kreistagsentscheidung beteiligt zu sein und trage sie gerne mit.



KTA Vehoff erklärte, auch die CDU-Fraktion freue sich sehr über ihr Mitwirken an der heutigen Entscheidung und unterstütze sie aus vollem Herzen. Es gehe um eine Investition in die Zukunft, um ein „Leuchtturm-Projekt“, mit dem man insbesondere der Herausforderung der medizinischen Versorgung im ländlichen Raum gerecht werde. Beide Krankenhäuser stünden auf gesunden Beinen, und man bleibe offen auch für Kooperationen mit anderen Krankenhäusern in der Region. Insofern dürfe an dieser Stelle nicht Halt gemacht, sondern müsse geschaut werden, was zukünftig noch machbar sei, sobald sich der Zusammenschluss konsolidiert habe.


Betrüblich sei, dass der Aspekt einer Übernahme der Jade-Weser-Catering GmbH nicht weiter betrachtet worden sei, wie es im Kreistagsbeschluss vom Dezember 2015 vorgegeben worden sei. Es sei eine große Chance für den Landkreis vertan worden, indem diese innovative Küche mit ihrem hervorragenden Konzept nicht übernommen worden sei. Der Landkreis bzw. das St. Johannes-Hospital begebe sich dadurch wieder in die Abhängigkeit eines Drittanbieters. - Gleichwohl sei erfreulich, dass für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jade-Weser-Catering GmbH eine gute Lösung gefunden worden sei und die Arbeitsplätze gesichert seien; dies vor allem sei Hauptaugenmerk der CDU-Fraktion gewesen. Vor diesem Hintergrund werde man dem ausgehandelten vorliegenden Vertragswerk zustimmen können.


KTA Böcker bekundete seine Freude über den anstehenden Zusammenschluss der Krankenhäuser. Trotzdem bleibe seine Enttäuschung, dass eine Übernahme der Küche nicht inbegriffen sei. Er habe aber den Eindruck, dass nunmehr ein guter Übernahmepartner gefunden worden sei und werde der Beschlussvorlage zustimmen können.


KTA Ratzel erklärte, sowohl FDP-Kreistagsfraktion als auch FDP-Kreisverband hätten die Bestrebungen für eine rechtliche Zusammenlegung von NWK Sanderbusch und St. Johannes-Hospital stets positiv begleitet, wenn man die Dinge im Grunde auch unter dem Motto „Weniger Staat – mehr privat“ bewerte. Ob aber mehr Privatengagement im Gesundheitswesen auch mehr Standortsicherheit bedeute, dürfe aber stark bezweifelt werden.


Man sei davon überzeugt, dass die geplante Übernahme des St. Johannes-Hospitals durch den Landkreis Friesland die richtige Entscheidung sei, weil dadurch die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung im Kreisgebiet weiter verbessert werde.


Dabei solle auch auf geäußerte Bedenken eingegangen werden: So werde die Aufnahme von 6,9 Mio. Euro Schulden von einigen kritisiert. Andere wie z. B. Mitglieder der katholischen Kirchengemeinde Varel hätten es lieber gesehen, wenn auch künftig die Kirche Träger des Krankenhauses geblieben wäre. Diese Haltung sei verständlich.


Bei Betrachtung der Krankenhauslandschaft auf der ostfriesischen Halbinsel seien überall Bestrebungen für Standortkonzentrationen zu verzeichnen. In Wilhelmshaven werde es einen Neubau geben, in Georgsheil sei eine große Klinik geplant. Patienten orientierten sich bereits jetzt um; dies werde z. B. bei Betrachtung der Auslastungszahlen des Nordwest-Krankenhauses durch Patienten aus anderen Regionen deutlich.


An alle Nachbarn appelliere er, so Herr Ratzel, dass bei allem Erfordernis für regionales Denken und Handeln die jeweiligen Spezialisierungen der Krankenhäuser auf einander abgestimmt sein müssten. Hier sei Dialog erforderlich; ein gegen einander Arbeiten müsse vermieden werden. Insofern sehe er den Zusammenschluss von NWK Sanderbusch und St. Johannes-Hospital Varel sehr positiv. Mit diesem Schritt setze der Landkreis Friesland einen Merkpunkt. - Im Übrigen sei er froh darüber, dass eine Übernahme der Jade-Weser-Catering GmbH nicht erfolge, so Herr Ratzel abschließend.


KTA Funke unterstrich die regionalpolitische Bedeutung der anstehenden Entscheidung und verwies auf die geschichtliche Entwicklung der Krankenhäuser in den vergangenen Jahrzehnten: Das Land Niedersachsen habe seinerzeit beabsichtigt, das Landeskrankenhaus Sanderbusch zu schließen. Das Haus habe sich damals in einem maroden Zustand befunden und über 625 Betten verfügt. Die Mitarbeiterschaft habe aus 625 Kräften bestanden. Das Nds. Sozialministerium habe es damals als aussichtslos angesehen, das Krankenhaus weiterzuführen. Sollte die Aufrechterhaltung des Hauses gewollt sein, so möge der Landkreis Friesland die Trägerschaft übernehmen.


Die Entscheidung für diesen Schritt habe im Verlaufe der Jahrzehnte erhebliche Bau- und Sanierungskosten für den Landkreis zur Folge gehabt. Seitens Landkreis, Mitarbeiterschaft und jeweiligen Geschäftsführungen sei es aber gelungen, das Haus auf den heutigen Stand zu bringen.


Auch das St. Johannes-Stift bzw. -Hospital in Varel sei auf Landesebene zur Disposition gestellt worden. Das Vorhandensein der Krankenhäuser in Sanderbusch und Varel, zeitweise auch des Sophienstiftes in Jever und des privat betriebenen Krankenhauses Osterforde sei durch die Landesregierung mit Skepsis gesehen worden. Hinsichtlich der Krankenhauslandschaft in Friesland habe sich somit in den vergangenen Jahrzehnten Vieles getan.


Vor diesem Hintergrund sei es ein sehr guter Schritt, die beiden Standorte in Varel und Sanderbusch so gut als möglich abzusichern, so weit man dies für die Zukunft absehen könne. Der Bereich der Gesundheitspolitik insgesamt sei ein schwieriges Thema, das vielfach von Lobbyinteressen und politischen Empfindsamkeiten geprägt sei. - Insofern sei es ratsam, wenn die Region selbst alles unternehme, um ihre Gesundheitsversorgung so weit als möglich selbst zu gestalten.


Niemand wisse um die zukünftige Entwicklung der Krankenhauslandschaft. In den nächsten 20 -30 Jahren werde sich zeigen, ob die Krankenhäuser in Sanderbusch und Varel erhalten blieben. Er persönlich, so Herr Funke, glaube fest daran. Gleichwohl bleibe angesichts der in den letzten Jahrzehnten erlebten Entwicklungen ein Rest Unsicherheit, dass als ausgeschlossen erscheinende, nicht gewollte Tendenzen plötzlich doch ihren Lauf nähmen.


Grundsätzlich verstehe man die Forderung, alles zu belassen wie es sei. Fraglich sei aber, ob ein Verbleiben des St. Johannes-Hospitals Varel in kirchlicher Trägerschaft einer kommunalen Trägerschaft des Landkreises Friesland vorzuziehen sei. Hinsichtlich der Kostensituation bleibe festzuhalten, dass die Katholische Kirche insgesamt sehr betriebswirtschaftlich denke und handele.


Aus seiner persönlichen kritischen Einstellung zur Gesundheitspolitik und anderen Themen sei für ihn, so Herr Funke, die Übernahme des St. Johannes-Hospitals durch einen privaten Träger nie in Betracht gekommen – egal wann und in welchem Zusammenhang. Daher halte er die nun vorgesehene Übernahme der Trägerschaft durch den Landkreis Friesland für eine gelungene Lösung.


Ausdrücklich danke er Landrat Ambrosy, den Geschäftsführern Germeroth und Hoffstedde, den Mitarbeitervertretungen sowie dem Förderkreis St. Johannes-Hospital sowie allen Gremien, die an dieser Entscheidungsfindung mitgewirkt hätten. Aus Vareler Sicht habe man das gesamte Vertragswerk einer eingehenden Prüfung unterzogen und könne konstatieren, dass gut und vernünftig verhandelt worden sei. Dem Beschlussvorschlag der Verwaltung könne guten Gewissens gefolgt werden.


Vorsitzender Pauluschke unterbrach die Sitzung sodann, um Herrn Tellner, Mitarbeitervertreter des St. Johannes-Hospitals, Gelegenheit für einen Wortbeitrag zu geben.


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Herr Tellner erklärte, die Mitarbeitervertretung in Varel habe die Gespräche seit dem letzten Jahr begleitet und stehe dem Zusammenschluss beider Krankenhäuser sehr positiv gegenüber. Man sehe dabei nicht nur die wirtschaftliche Situation, sondern vor allem auch die Chance, die Menschen im Landkreis Friesland zukünftig noch besser als bisher schon medizinisch versorgen zu können.


Beide Häuser verfügten über hervorragende Geschäftsführer, die über alle Kenntnisse im Krankenhausbereich verfügten. Man sei sicher, auf einem guten Weg zu sein und werde seitens der Mitarbeitervertretung die weitere Entwicklung konstruktiv weiter verfolgen.


Vorsitzender Pauluschke dankte für die Ausführungen und erklärte, die anwesenden Geschäftsführer Hoffstedde und Germeroth verzichteten auf Nachfrage auf einen Wortbeitrag.


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Die Sitzung wurde fortgesetzt. - Landrat Ambrosy teilte mit, der Förderverein des St. Johannes-Hospitals – ein Vertreter sei anwesend - habe angefragt, ob man die bisherige Zusammenarbeit mit den Mitgliedern auch unter den künftigen Strukturen fortsetzen werde. Hieran gebe es keinen Zweifel: Natürlich werde man die hervorragenden Kontakte mit dem engagierten Verein auch nach dem Zusammenschluss beider Häuser sehr gerne vertrauensvoll fortsetzen und vertiefen.

Da keine weiteren Wortmeldungen vorlagen, rief Vorsitzender Pauluschke die Abstimmung auf Basis der Kreisausschuss-Empfehlung vom 4. Mai 2016 auf. Der Kreistag beschloss wie folgt:








Abstimmungsergebnis:

einstimmig


Kreistagsabgeordneter Nieraad nahm auf eigenen Wunsch an der Abstimmung nicht teil.