Sitzung: 28.11.2016 Ausschuss für Umwelt, Abfall und Landwirtschaft
Beschluss: zur Kenntnis genommen
Zustand der Gewässer im
Landkreis Friesland
Oberflächengewässer
Die
Funktion der ursprünglichen Überschwemmungsbereiche als Wasserrückhalteraum ist
durch Gewässerausbau und den Siel- bzw. Pumpbetrieb aufgehoben. Für Schutz und
Entwicklung der Fließgewässer sind jedoch auch die Bereiche zu betrachten, die
vom aktuellen Hochwassergeschehen nicht mehr erreicht werden.
Naturnahe bzw. naturferne Bäche / Flüsse
Fließgewässer,
die in naturnahem bzw. wenig beeinträchtigtem Zustand erhalten oder nur wenig
verändert sind, können ihre Funktionen im Landschaftswasserhaushalt
(Abflussverhalten, Selbstreinigung etc.) besser wahrnehmen als Fließgewässer,
die durch Ausbaumaßnahmen Lauf- bzw. Uferbegradigungen, Ufer- und
Sohlbefestigungen u.a. stark verändert wurden
Fast
alle Fließgewässer des Landkreises sind naturfern. Lediglich drei
Bachabschnitte in Waldgebieten sind als naturnahe Gewässer anzusehen. Das sind
2,1 km oder 0,7 % der gesamten hier dargestellten Fließgewässerlänge von 317,9
km.
Funktionserfüllung der Vegetation im
Gewässerrandstreifen
Für
eine Funktionserfüllung hinsichtlich der Abschirmung von Stoffeinträgen sind
Gewässerrandstreifen erforderlich. Damit sind nicht nur aktiv als
Gewässerrandstreifen geplante Nutzungstypen gemeint, sondern auch sich auf das
Gewässer günstig auswirkende Biotope, die unabhängig von einer auf das Gewässer
bezogenen Planung vorhanden sind, Als günstig werden Wälder, Gebüsche, Sümpfe,
Röhrichte, Moorvegetation, Magerrasen, extensives Grünland o.ä. bewertet.
Von
der Gesamtlänge der Fließgewässer im Landkreis (318 km) sind nur 35,9 km
einseitig und 12,6 km beidseitig mit schützenden Randsteifen einer Breite von mindestens
5 m ausgestattet. Entsprechend der geringen Gesamtlänge handelt es sich meist
um sehr kurze Streckenabschnitte. Nach § 38 des Wasserhaushaltsgesetzes i.V.m.
§ 58 Niedersächsisches Wassergesetz sind
grundsätzlich an allen Gewässern II. Ordnung Gewässerrandstreifen von
mindestens 5 m Breite zu erhalten. Danach ist z.B. eine ackerbauliche
Bewirtschaftung dieses Streifens rechtswidrig.
Zusammenfassung
Insgesamt sind die hiesigen Oberflächengewässer in einem schlechten
ökologischen Zustand. Die Vorgabe der Wasserrahmenrichtlinie die nahezu
allenorts vorhandenen künstlich geschaffenen bzw. veränderten friesischen
Gewässer in einen guten Zustand zu versetzen, kann nicht erfüllt werden.
Allerdings liegt unser Landkreis auch in einer Kulturlandschaft, die im Zuge
der Landgewinnung und zur Urbarmachung der wasserhaltigen Moorstrukturen schon
vor vielen hundert Jahren grundsätzlich entstanden ist. Hierzu war es eben
nötig, eine gezielte und effektive Entwässerung zu betreiben.
Dieses damals gesellschaftlich gewollte Erbe, welches heute noch für die
hier lebenden Menschen die Versicherung vor Flutungen ist, steht dennoch im
Fokus neuer Denkansätze. Nach heutigem Kenntnisstand lassen sich die
unterschiedlichen Interessenslagen der Menschen in der Landwirtschaft, der
Menschen zur Sicherung des Eigentums und des Naturschutzes miteinander
vereinen.
Dies ist auch Ziel des Landkreises Friesland und findet sich definiert
als Handlungsschwerpunkt 4.11 des mittleren Entwicklungsziels 4. In 2016 konnte
bspw. das Renaturierungsprojekt „Revitalisierung der Woppenkamper Bäke“
abgeschlossen werden. Dabei wurden etwa 400 m Gewässerstrecke renaturiert.
Basierend auf den Ergebnissen des Landschaftsrahmenplans entwickelt der
Fachbereich Umwelt derzeit ein Kompensationsmodell zur Stärkung des
Biotopverbunds. Konkret geht es darum, in Zusammenarbeit zwischen der
Landwirtschaft, den Entwässerungsverbänden, den Naturschutzverbänden und dem
Landkreis Möglichkeiten zu finden, die den Verbrauch landwirtschaftlicher
Nutzflächen reduzieren und dem Naturschutz sowie der Gewässerunterhaltung
zuträglich sind. Ziel der Kreisverwaltung ist es Anfang 2017 einen ersten
Abstimmungsentwurf vorzulegen und anlässlich der im Mai 2017 in der Jaderegion
stattfindenden Gewässerwoche das erste Projekt zu starten.
Grundwasser
Die
Quantität der Grundwasserneubildung und die Nitratauswaschungsgefährdung werden
als Maß für mögliche stoffliche Beeinträchtigungen des neugebildeten
Grundwassers betrachtet.
Es
zeigt sich, dass in den Geestgebieten große Bereiche hoher
Nitratauswaschungsgefährdung (Stufe 4-5) bestehen.
Gerade
in den Geestbereichen liegen jedoch die Schutzgebiete der hiesigen und
umliegenden Wasserwerke. Da die Nitratbelastung im Trinkwasser ein zunehmendes
Problem darstellt, hat der Kreistag die Verwaltung mit der Verbesserung des
Grundwasserschutzes beauftragt. Trotz der im Vergleich zu den anderen im
Nordwesten liegenden Landkreisen noch mäßigen Nitratwerte ist das Problem
latent. Vor allem wenn man weiß, dass angesichts der hier vorherrschenden
Geologie das Nitrat erst in vielen Jahren den Grundwasserleiter erreicht. Ziel
muss es daher sein, bereits heute die Weichen für eine langfristige Sicherung
unseres Trinkwassers zu stellen.
Derzeit schränkt die in Deutschland geltende Rechtslage die Möglichkeiten der Kreisverwaltung einen effektiven Grundwasserschutz zu betreiben jedoch wesentlich ein. Wie sehr sich der hiesige Rechtsrahmen auf die Bemühungen um den Gewässerschutz auswirkt, zeigt der internationale Vergleich. Im EU-Raum liegt Deutschland an vorletzter Stelle hinsichtlich der Nitratbelastungen im Grundwasser (nur Malta liegt dahinter). Insofern hat die EU derzeit ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland angestrengt.