Beschluss: einstimmig beschlossen

Beschluss:

Der Landkreis Friesland beteiligt sich anteilmäßig an den Kosten der Nutriabekämpfung und zahlt pro gefangenes Tier 50 % der von dem jeweiligen Wasser- und Bodenverband ausgelobten Fangprämie.

 


1. Problemstellung

Die Nutria verursacht durch das Anlegen von Erdbehausungen (vgl. Anlage 1) Schäden an Hochwasserschutzwerken und an den Böschungen der Entwässerungssysteme bspw. durch  Uferabbrüche. An den Hochwasserschutzwerken führt dies zur Instabilität und in den  Entwässerungssystemen zu Abflussproblemen.

 

In den vergangenen Jahren hat sich die Art im Nordwesten Niedersachsens sowohl überwiegende von Westen aber auch von Osten kommend stark verbreitet (vgl. Anlage 1). Dies liegt  einerseits an der hohen Fortpflanzungsrate mit ein bis drei Würfen (je bis zu 8 Jungtiere) pro Jahr. Dabei sind die Tiere bereits nach 6-9 Monaten geschlechtsreif. Die hiesigen Prädatoren reichen nicht aus, um die zunehmende Verbreitung zu regulieren. Andererseits liegt dies an der in Niedersachsen geltenden Schonzeit vom 01.März bis zum 31. August. In dieser Zeit ist die Bejagung von Elterntieren nicht gestattet. Nachvollziehbar ist dieses Jagdverbot fachlich jedoch nicht. Vor allem nicht mit dem Wissen, dass die Nutria sich auch außerhalb dieser Zeiten reproduziert. Einschränkend sei erwähnt, dass die Reproduktion in kalten Wintern eingeschränkt ist. Dennoch ist das Argument des Muttertierschutzes in Bezug auf die Schonzeit aus hiesiger Sicht kaum tragbar.

 

2. Situation in den Nachbarlandkreisen und im EU-Ausland

Insbesondere in den südlichen Landkreisen im Nordwesten ist das Problem schon sehr gegenwärtig. Dort werden jährlich jeweils um mehr als 100 % gesteigerte Abschusszahlen vermeldet (Bsp. Ammerland 2015 – 120 Tiere, 2016 – 327 Tiere; Emsland 2016 – >6000 Tiere; Cloppenburg 2011 - >400 Tiere, 2015 - >1200 Tiere). Schäden sind dort bereits eingetreten. Die Landkreise, Jägerschaften, Wasser- und Bodenverbände sowie „Bisamfänger“ nehmen dort bereits Geld zur Bekämpfung in die Hand. Dass diese Bemühungen angesichts der steigenden Fang- bzw. Abschusszahlen nicht ausreichen, liegt auf der Hand. Wesentlicher Grund dafür sind die geschilderten rechtlichen Rahmenbedingugnen.

 

In den Niederlanden werden angesichts der Sorge um den Hochwasserschutz mehr als 30 Millionen €

jährlich für die Nutria- und Bisambekämpfung aufgewendet. Dort bedient man sich haupt- und ehrenamtlicher Bisam- und Nutriafänger. Im Zahlenvergleich liegen die an Deutschland  angrenzenden Fanggebiete deutlich höher als in den weiter westlich gelegenen Gebieten. Dies zeigt ebenfalls die Ineffektivität insbesondere der Nutriabekämpfung in Niedersachsen. Insgesamt gilt die Population in den Niederlanden im Vergleich zu Deutschland als sehr gering. In den Niederlanden fördert man zur Vermeidung von artenschutzrechtlichen Konflikten (insbesondere Tierquälerei und Mutterschutz) den Lebendfang. Die allermeisten Tiere werden daher in Lebendfallen gefangen.

Bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt hat Großbritannien die Nutria-Bekämpfung (mit nahezu allen

rechtlich erlaubten Mitteln) freigegeben und unterstützt. Die Nutria gilt dort als ausgerottet.

 

Erst im vergangenen Jahr konnten im Landkreis Friesland erstmals (vor 5 Jahren gab es einmalig einen Einzelfang) mehrere Nutria erlegt werden. Angesichts der Erfahrungen aus den Nachbarlandkreisen, steigt der Besatz sehr schnell und überproportional an. Konnten bspw. im Einzugsgebiet des Dornumer Siels (LK AUR) 2016 weniger als 10 Nutria gesichtet! werden, wurden 2017 schon 53 Tiere aus dem Gebiet entnommen.

 

3. Lösungsansatz

Organisiert ist bislang nur die Bisambekämpfung. Da es sich bei dem Bisam nicht um jagdbares Wild handelt, können „Bisamfänger“ dieser Art überall und ganzjährig nachstellen. Angesichts der Jagdbarkeit haben die „Bisamfänger“ hingegen keine rechtliche Möglichkeit der Nutria gezielt nachzustellen (Ausnahme Jäger mit Jagdschein oder Fälle nach § 9 NJagdG - Befriedete Bezirke). Zudem müssten die „Bisamfänger“ wegen der Größe der Nutria deutlich größere Fallen verwenden. Hier stellt sich die Frage nach der Wirtschaftlichkeit.

 

Doch auch in der Jägerschaft ist die Bejagung der Nutria wegen fehlender Verwertungsmöglichkeiten nicht populär. Deswegen haben sich bereits die Wasser- und Bodenverbände im Nordwesten entschlossen Fangprämien auszuloben, die zumindest einen Teil der Kosten für Fallen und Fahrten abdecken. Unterstützt werden die Wasser- und Bodenverbände von den Jägerschaften und teilweise von den Landkreisen. Aber auch die Ausstellung einer beschränkten Jagderlaubnis für ohnehin vor Ort tätige „Bisamjäger“ ist schwierig angesichts der keineswegs deckungsgleichen Reviergrößen und Fanggebiete (vgl. http://www.ljn.de/hegeringe/rastedenord/berichte/ - bitte etwas herunterscrollen). Zur gezielten Bekämpfung dieser invasiven Art wird es darauf ankommen, wie sich die rechtlichen Rahmenbedingungen darstellen. Hierzu ist das ML aufgefordert eine vernünftige rechtliche Umsetzung der von der EU eingeforderten Maßnahmen zu erarbeiten, um die Reduzierung der Nutria praktikabel und rechtssicher zu gestalten. Das ML hat jetzt angekündigt, das Jagdrecht zeitnah anzupassen.



4. Beitrag des Landkreises Friesland

Seit mehreren Jahrzehnten engagiert sich der Landkreis Friesland bereits in der Bisambekämpfung und  trägt regelmäßig die Hälfte der von den zuständigen Wasser- und Bodenverbänden ausgelobten Fangprämien. Diese liegen derzeit je Verband bei 4 € /Tier (davon 2 € LK). Die Nutriabekämpfung erfordert wegen der erheblichen Größenunterschiede (max. 10 kg Nutria, max. 2 kg Bisam) eine andere kostspieligere Bekämpfungsausstattung. Zudem ist es erforderlich, dass zur effektiven Verfolgung auch für die Jägerschaft Anreize zur Bejagung geschaffen werden. Insofern loben die den Wasser- und Bodenverbänden Jever zugehörigen Verbände 8 €/Tier aus. Die Sielacht Bockhorn Friedeburg hat sich bereits für die Auslobung einer Prämie entschieden, jedoch die Höhe noch nicht festgelegt. 

 

Für 2018 geht die Kreisverwaltung aufgrund der in anderen Kommunen gesammelten Erfahrungen davon aus, dass die Fallzahlen bei unter 20 liegen werden, allenfalls geringfügig darüber. Eine Einschätzung für die Jahre ab 2019 kann wegen der noch offenen Rechtsentwicklung und den damit verbundenen Möglichkeiten noch nicht abgegeben werden.

 

Als Erstmaßnahme zur Unterstützung der Nutriabekämpfung hält die Kreisverwaltung eine Kostenbeteiligung von 50 % der ausgelobten Fangprämien für angemessen. Die dafür anfallenden Kosten für 2018 können vollständig über das Jahresbudget der Bisambekämpfung abgedeckt werden. In den Folgejahren ist anhand von Erfahrungswerten der Kostenbedarf stets neu zu bewerten. Zu beachten ist jedoch, dass die Nutria auch einen Teil der Bisampopulation verdrängt, so dass die Kreisverwaltung derzeit von einem konstanten Kostenrahmen ausgeht. 

 

 


Abstimmungsergebnis:
einstimmig

 

Ja:

11

Nein:

 

Enthaltung: