Sitzung: 13.02.2018 Ausschuss für Umwelt, Abfall und Landwirtschaft
Beschluss: einstimmig beschlossen
Vorlage: 0354/2018
Beschluss:
Der Landkreis
Friesland beteiligt sich anteilmäßig an den Kosten der Nutriabekämpfung und
zahlt pro gefangenes Tier 50 % der von dem jeweiligen Wasser- und Bodenverband
ausgelobten Fangprämie.
1.
Problemstellung
Die Nutria
verursacht durch das Anlegen von Erdbehausungen (vgl. Anlage 1) Schäden an
Hochwasserschutzwerken und an den Böschungen der Entwässerungssysteme bspw.
durch Uferabbrüche. An den
Hochwasserschutzwerken führt dies zur Instabilität und in den Entwässerungssystemen zu Abflussproblemen.
In den
vergangenen Jahren hat sich die Art im Nordwesten Niedersachsens sowohl überwiegende
von Westen aber auch von Osten kommend stark verbreitet (vgl. Anlage 1). Dies
liegt einerseits an der hohen
Fortpflanzungsrate mit ein bis drei Würfen (je bis zu 8 Jungtiere) pro Jahr.
Dabei sind die Tiere bereits nach 6-9 Monaten geschlechtsreif. Die hiesigen
Prädatoren reichen nicht aus, um die zunehmende Verbreitung zu regulieren.
Andererseits liegt dies an der in Niedersachsen geltenden Schonzeit vom 01.März
bis zum 31. August. In dieser Zeit ist die Bejagung von Elterntieren nicht
gestattet. Nachvollziehbar ist dieses Jagdverbot fachlich jedoch nicht. Vor
allem nicht mit dem Wissen, dass die Nutria sich auch außerhalb dieser Zeiten
reproduziert. Einschränkend sei erwähnt, dass die Reproduktion in kalten
Wintern eingeschränkt ist. Dennoch ist das Argument des Muttertierschutzes in
Bezug auf die Schonzeit aus hiesiger Sicht kaum tragbar.
2. Situation in
den Nachbarlandkreisen und im EU-Ausland
Insbesondere in
den südlichen Landkreisen im Nordwesten ist das Problem schon sehr gegenwärtig.
Dort werden jährlich jeweils um mehr als 100 % gesteigerte Abschusszahlen
vermeldet (Bsp. Ammerland 2015 – 120 Tiere, 2016 – 327 Tiere; Emsland 2016 –
>6000 Tiere; Cloppenburg 2011 - >400 Tiere, 2015 - >1200 Tiere).
Schäden sind dort bereits eingetreten. Die Landkreise, Jägerschaften, Wasser-
und Bodenverbände sowie „Bisamfänger“ nehmen dort bereits Geld zur Bekämpfung
in die Hand. Dass diese Bemühungen angesichts der steigenden Fang- bzw.
Abschusszahlen nicht ausreichen, liegt auf der Hand. Wesentlicher Grund dafür
sind die geschilderten rechtlichen Rahmenbedingugnen.
In den
Niederlanden werden angesichts der Sorge um den Hochwasserschutz mehr als 30
Millionen €
jährlich für die
Nutria- und Bisambekämpfung aufgewendet. Dort bedient man sich haupt- und
ehrenamtlicher Bisam- und Nutriafänger. Im Zahlenvergleich liegen die an
Deutschland angrenzenden Fanggebiete
deutlich höher als in den weiter westlich gelegenen Gebieten. Dies zeigt
ebenfalls die Ineffektivität insbesondere der Nutriabekämpfung in
Niedersachsen. Insgesamt gilt die Population in den Niederlanden im Vergleich
zu Deutschland als sehr gering. In den Niederlanden fördert man zur Vermeidung
von artenschutzrechtlichen Konflikten (insbesondere Tierquälerei und
Mutterschutz) den Lebendfang. Die allermeisten Tiere werden daher in
Lebendfallen gefangen.
Bereits zu einem
sehr frühen Zeitpunkt hat Großbritannien die Nutria-Bekämpfung (mit nahezu
allen
rechtlich
erlaubten Mitteln) freigegeben und unterstützt. Die Nutria gilt dort als
ausgerottet.
Erst im vergangenen
Jahr konnten im Landkreis Friesland erstmals (vor 5 Jahren gab es einmalig
einen Einzelfang) mehrere Nutria erlegt werden. Angesichts der Erfahrungen aus
den Nachbarlandkreisen, steigt der Besatz sehr schnell und überproportional an.
Konnten bspw. im Einzugsgebiet des Dornumer Siels (LK AUR) 2016 weniger als 10
Nutria gesichtet! werden, wurden 2017 schon 53 Tiere aus dem Gebiet entnommen.
3. Lösungsansatz
Organisiert ist
bislang nur die Bisambekämpfung. Da es sich bei dem Bisam nicht um jagdbares Wild
handelt, können „Bisamfänger“ dieser Art überall und ganzjährig nachstellen.
Angesichts der Jagdbarkeit haben die „Bisamfänger“ hingegen keine rechtliche
Möglichkeit der Nutria gezielt nachzustellen (Ausnahme Jäger mit Jagdschein
oder Fälle nach § 9 NJagdG - Befriedete Bezirke). Zudem müssten die
„Bisamfänger“ wegen der Größe der Nutria deutlich größere Fallen verwenden.
Hier stellt sich die Frage nach der Wirtschaftlichkeit.
Doch auch in der
Jägerschaft ist die Bejagung der Nutria wegen fehlender Verwertungsmöglichkeiten
nicht populär. Deswegen haben sich bereits die Wasser- und Bodenverbände im
Nordwesten entschlossen Fangprämien auszuloben, die zumindest einen Teil der
Kosten für Fallen und Fahrten abdecken. Unterstützt werden die Wasser- und
Bodenverbände von den Jägerschaften und teilweise von den Landkreisen. Aber
auch die Ausstellung einer beschränkten Jagderlaubnis für ohnehin vor Ort
tätige „Bisamjäger“ ist schwierig angesichts der keineswegs deckungsgleichen
Reviergrößen und Fanggebiete (vgl. http://www.ljn.de/hegeringe/rastedenord/berichte/ - bitte etwas herunterscrollen). Zur
gezielten Bekämpfung dieser invasiven Art wird es darauf ankommen, wie sich die
rechtlichen Rahmenbedingungen darstellen. Hierzu ist das ML aufgefordert eine
vernünftige rechtliche Umsetzung der von der EU eingeforderten Maßnahmen zu
erarbeiten, um die Reduzierung der Nutria praktikabel und rechtssicher zu
gestalten. Das ML hat jetzt angekündigt, das Jagdrecht zeitnah anzupassen.
4. Beitrag des
Landkreises Friesland
Seit mehreren
Jahrzehnten engagiert sich der Landkreis Friesland bereits in der
Bisambekämpfung und trägt regelmäßig die
Hälfte der von den zuständigen Wasser- und Bodenverbänden ausgelobten Fangprämien.
Diese liegen derzeit je Verband bei 4 € /Tier (davon 2 € LK). Die
Nutriabekämpfung erfordert wegen der erheblichen Größenunterschiede (max. 10 kg
Nutria, max. 2 kg Bisam) eine andere kostspieligere Bekämpfungsausstattung.
Zudem ist es erforderlich, dass zur effektiven Verfolgung auch für die
Jägerschaft Anreize zur Bejagung geschaffen werden. Insofern loben die den
Wasser- und Bodenverbänden Jever zugehörigen Verbände 8 €/Tier aus. Die
Sielacht Bockhorn Friedeburg hat sich bereits für die Auslobung einer Prämie
entschieden, jedoch die Höhe noch nicht festgelegt.
Für 2018 geht die
Kreisverwaltung aufgrund der in anderen Kommunen gesammelten Erfahrungen davon
aus, dass die Fallzahlen bei unter 20 liegen werden, allenfalls geringfügig
darüber. Eine Einschätzung für die Jahre ab 2019 kann wegen der noch offenen
Rechtsentwicklung und den damit verbundenen Möglichkeiten noch nicht abgegeben
werden.
Als Erstmaßnahme
zur Unterstützung der Nutriabekämpfung hält die Kreisverwaltung eine
Kostenbeteiligung von 50 % der ausgelobten Fangprämien für angemessen. Die
dafür anfallenden Kosten für 2018 können vollständig über das Jahresbudget der
Bisambekämpfung abgedeckt werden. In den Folgejahren ist anhand von
Erfahrungswerten der Kostenbedarf stets neu zu bewerten. Zu beachten ist
jedoch, dass die Nutria auch einen Teil der Bisampopulation verdrängt, so dass
die Kreisverwaltung derzeit von einem konstanten Kostenrahmen ausgeht.
Abstimmungsergebnis:
einstimmig
Ja: |
11 |
Nein: |
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Enthaltung: |
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