Beschluss:
Der Jugendhilfeausschuss lehnt den Antrag
des Vereins „The MOveMENT e.V.“ auf Anerkennung als Träger der freien
Jugendhilfe nach § 75 SGB VIII ab. Die Verwaltung wird beauftragt, einen
Ablehnungsbescheid zu erlassen.
Der Verein „The
MOveMENT“ wurde am 08.08.2018 durch sieben Mitglieder gegründet. Die Eintragung
in das Vereinsregister beim Amtsgericht Oldenburg („The MOveMENT e.V.“)
erfolgte am 26.09.2018. Nach einer ersten Information am 24.10.2018 wurde mit E-Mail vom
25.10.2018 ein formloser Antrag auf Anerkennung als freier Träger der
Jugendhilfe nach § 75 SGB VIII eingereicht. Weitere den Antrag ergänzende
Unterlagen und Informationen wurden mit E-Mail vom 14.02.2019 eingereicht.
Am 18.02.2018 hat ein Gespräch mit
Vertretern des Vereins und der Kreisjugendpflegerin, Frau Herzog,
stattgefunden, bei dem auch der Antrag auf Anerkennung als freier Träger der
Jugendhilfe thematisiert wurde. Dem Verein wurden die Grundsätze für die
Anerkennung von Trägern der freien Jugendhilfe nach § 75 SGB VIII der
Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesjugendbehörden, Stand 07.09.2016, zur
Verfügung gestellt.
Eine erste Vorprüfung der Unterzeichnerin
hat ergeben, dass die Voraussetzungen einer Anerkennung zum jetzigen Zeitpunkt
nicht vorliegen. Der Verein wurde mit E-Mail vom 28.02.2019 informiert und um
Mitteilung gebeten, ob der Antrag weiter aufrecht erhalten werden soll; dies
wurde mit E-Mail vom 01.03.2019 bestätigt.
Als Träger der freien Jugendhilfe können nach § 75 Abs. 1 SGB VIII
juristische Personen und Personenvereinigungen anerkannt werden, wenn sie
- auf dem Gebiet der Jugendhilfe im Sinne
des § 1 SGB VIII tätig sind,
- gemeinnützige Ziele verfolgen,
- aufgrund der fachlichen und personellen
Voraussetzungen erwarten lassen, dass sie einen nicht unwesentlichen
Beitrag zur Erfüllung der Aufgaben der Jugendhilfe zu leisten imstande
sind, und
- die Gewähr für eine den Zielen des
Grundgesetzes förderliche Arbeit bieten.
Neben den Vorschriften des SGB VIII werden -
wie bereits oben dargestellt - bei der Prüfung eines Antrages die derzeit
gültigen Grundsätze für die Anerkennung von Trägern der freien Jugendhilfe nach
§ 75 SGB VIII der Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesjugendbehörden, Stand
07.09.2016, herangezogen.
Ein Träger der freien Jugendhilfe hat nach §
75 Abs. 2 SGB VIII einen Anspruch auf Anerkennung, wenn er die Voraussetzungen
nach Abs. 1 erfüllt und mindestens drei Jahre auf dem Gebiet der Jugendhilfe
tätig gewesen ist. Bei einer kürzeren Tätigkeit liegt die Anerkennung im
pflichtgemäßen Ermessen des für die Anerkennung zuständigen Trägers der
öffentlichen Jugendhilfe.
Der Verein „The MOveMENT e.V.“ könnte als
Träger der freien Jugendhilfe anerkannt werden, wenn die vier o.g.
Tatbestandsmerkmale erfüllt sind.
1. Tätigkeit auf dem Gebiet der Jugendhilfe
Der anzuerkennende Träger muss selbst auf
dem Gebiet der Jugendhilfe tätig sein, d.h. selbst Leistungen erbringen, die
unmittelbar oder mittelbar zur Erfüllung der Aufgaben der Jugendhilfe
beitragen. Als Leistungen, die mittelbar der Jugendhilfe dienen, kommen nur
solche in Betracht, die speziell auf die pädagogischen Ziele des SGB VIII
ausgerichtet sind.
Als Träger der freien Jugendhilfe können nur
solche Träger anerkannt werden, die sich nicht auf die Vermittlung einzelner
Kenntnisse und Fähigkeiten beschränken, sondern die Entwicklung junger Menschen
zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zum Ziel
haben (vgl. § 1 Abs. 1 SGB VIII).
Durch den Verweis auf § 1 SGB VIII wird
deutlich, dass das gesamte Ziel-, Adressaten- und Aufgabenspektrum des SGB VIII
als mögliche Betätigungsform in Frage kommt. Daher ist eine Anerkennung auch
zulässig, wenn sich die Tätigkeit des freien Trägers nur auf einen bestimmten
Teilbereich der Jugendhilfe erstreckt.
Gemäß Satzung ist der Zweck des Vereins „The
MOveMENT e.V.“ die Förderung von Kunst und Kultur. Dies soll insbesondere durch
die Durchführung von Veranstaltungen, welche von Jugendlichen für Jugendliche
geplant werden, und durch Mitgliederversammlungen und Organisation von
Projekten zur Stärkung der regionalen Jugendkultur erfolgen.
Es handelt sich hierbei um Angebote der
Jugendarbeit gemäß § 11 SGB VIII.
Da die Jugendarbeit von jungen Menschen
selbst organisiert, gemeinschaftlich gestaltet und mitverantwortet wird,
handelt es sich bei dem Verein „The MOveMENT e.V.“ zudem um eine Jugendgruppe
gem. § 12 SGB VIII.
Das Tatbestandsmerkmal der Tätigkeit auf dem
Gebiet der Jugendhilfe gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII ist erfüllt.
2. Verfolgung gemeinnütziger Ziele
Voraussetzung der Anerkennung ist, dass der
Träger gemeinnützige Ziele verfolgt.
Gemäß Satzung verfolgt der Verein „The
MOveMENT e.V.“ ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des
Abschnitts „Steuerbegünstigte Zwecke“ der Abgabenordnung. Der Verein ist
selbstlos tätig und verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke.
Das Tatbestandsmerkmal gemäß § 75 Abs. 1 Nr.
2 SGB VIII ist erfüllt.
3. Anforderungen an die Leistungsfähigkeit
und Fachlichkeit des Trägers
Eine Anerkennung darf nur ausgesprochen
werden, wenn der Träger aufgrund der fachlichen
und personellen Voraussetzungen erwarten lässt, dass er einen nicht unwesentlichen Beitrag zur
Erfüllung der Aufgaben der Jugendhilfe zu leisten imstande ist und von ihm eine
maßgebende Beteiligung an der Jugendhilfeplanung und anderen Formen der
Zusammenarbeit erwarten kann.
a)
Zu den fachlichen und personellen
Voraussetzungen gehören insbesondere die fachliche Qualifikation der
Beschäftigten und ehrenamtliche MitarbeiterInnen sowie eine für die
Durchführung der beabsichtigten Maßnahmen ausreichende Anzahl dieser. Die
fachliche Qualifikation ist nicht ausschließlich an formalen
Ausbildungsabschlüssen zu messen, auch das in einem bestimmten Arbeitsfeld
durch Erfahrung erworbene Wissen und Können kann berücksichtigt werden. Die in
§ 72 SGB VIII getroffenen Regelungen über die Qualifikation der
MitarbeiterInnen in der öffentlichen Jugendhilfe sind jedoch Anhaltspunkte für
die Anforderungen (vgl. Schindler/Elmauer in LPK-SGB VIII, § 75, Rn. 10). Als
Äquivalent einer entsprechenden Ausbildung gilt die Befähigung, die Aufgabe zu
erfüllen. Sie muss auf besonderen Erfahrungen in der sozialen Arbeit gründen
(vgl. Nonninger in LPK-SGB VIII, § 72, Rn. 16).
Der Vorstand des Vereins „The MOveMENT e.V.“
besteht aus Schülern, Abiturienten, Studenten, FSJ / BFD. Eine entsprechende
fachliche Qualifikation konnte nicht nachgewiesen werden. Gleiches gilt für
eine besondere Erfahrung in der Sozialen Arbeit.
b)
Das Vorliegen eines Präventions- und
Schutzkonzeptes zur Wahrnehmung des Schutzauftrages bei Kindeswohlgefährdung (§
8a SGB VIII) und zum Tätigkeitsausschluss einschlägig vorbestrafter Personen
vor (§ 72a SGB VIII) ist obligatorisch. Ein Schutzkonzept konnte nicht
vorgelegt werden.
c)
Eine sichere Beurteilung der
Leistungsfähigkeit eines Trägers ist in der Regel erst möglich, wenn der freie
Träger über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr kontinuierlich tätig gewesen
ist. Dem zuständigen Jugendamt wird somit die Möglichkeit eröffnet, die Eignung
eines Trägers im Rahmen einer über einen längeren Zeitraum geleisteten
Tätigkeit eingehend beurteilen zu können.
Der Verein hat nach eigenen Angaben 18 aktive und 10 passive Mitglieder.
Bezüglich der Art und des Umfangs der bisher durchgeführten Maßnahmen
ist auf die Chronik der Homepage www.themovementjever.net verwiesen worden. Dort werden zum Stand 12.04.2019 die erste
Veranstaltung des Vereins am 17.08.2018,
die Unterstufenparty des Mariengymnasiums am 14.12.2018 (Kooperation) und ein
Rave am 18.01.2019 erwähnt. Eine Konzeption für die Veranstaltungen,
also auch hinsichtlich der Einhaltung des Jugendschutzes, konnte nicht
vorgelegt werden.
Es besteht eine Zusammenarbeit mit dem
Jugendzentrum Jever, der Skateplatzcommunity „Skateofari“, Schulen - erwähnt
werden das Mariengymnasium Jever, die IGS Friesland sowie die Grundschule
Harlinger Weg - und der Stadt Jever.
Der Verein finanziert sich aus Mitgliedsbeiträgen (3,00 € pro Monat) und
ist zusätzlich auf Spenden und andere Fördermittel angewiesen. Der Verein nimmt
an dem Wettbewerb Frieslands Helden der Heimat der Gertrud und Hellmut Barthel Stiftung teil; der Wettbewerb ist mit einem
Preisgeld dotiert.
Der Verein „The MOveMENT e.V.“ besteht seit August 2018, so dass eine
längerfristige kontinuierliche Tätigkeit von über einem Jahr nicht nachgewiesen
werden kann.
Eine maßgebende Beteiligung an der Jugendhilfeplanung und anderen Formen
der Zusammenarbeit ist vom Verein „The MOveMENT e.V.“ unter den vorgenannten
Umständen derzeit nicht zu erwarten.
Die Tatbestandsmerkmale gemäß § 75 Abs. 1
Nr. 3 SGB VIII sind nicht erfüllt.
4. Gewähr für eine den Zielen des
Grundgesetzes förderliche Arbeit
Vom Träger wird die Gewähr für eine den
Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit verlangt. Die Erfüllung von
Aufgaben der Jugendhilfe im Sinne eines umfassenden Erziehungsauftrages,
wodurch junge Menschen befähigt werden, ihre Anlagen und Fähigkeiten zu
entwickeln, ihre Persönlichkeit zu entfalten, die Würde des Menschen zu achten
und ihre Pflichten gegenüber den Mitmenschen in Familie, Gesellschaft und Staat
zu erfüllen, bietet in der Regel Gewähr für eine den Zielen des Grundgesetzes
förderliche Arbeit.
Es bestehen keine Zweifel an einer
grundgesetzkonformen Arbeit des Vereins „The MOveMENT e.V.“.
Das Tatbestandsmerkmal gemäß § 75 Abs. 1 Nr.
4 SGB VIII ist erfüllt.
Derzeit erfüllt der Verein „The MOveMENT
e.V.“ nicht die aus Sicht der Verwaltung erforderlichen Anforderungen an die
Leistungsfähigkeit und Fachlichkeit eines Trägers, um nach § 75 SGB VIII
anerkannt zu werden.
Dies soll die bisher geleistete Arbeit nicht
disqualifizieren, auch diese ist sinnvoll und die Jugendhilfelandschaft
bereichernd. Jedoch reicht die Leistungsfähigkeit und Fachlichkeit nicht zum
Erhalt der Sonderstellung eines anerkannten freien Trägers der
Jugendhilfe aus.
Eine Anerkennung als freier Träger der
Jugendhilfe nach § 75 SGB VIII räumt Vorschlagsrechte für den
Jugendhilfeausschuss sowie Rechte auf Beteiligung und Zusammenarbeit ein. Für
die Förderung eines freien Trägers ist eine Anerkennung grundsätzlich nicht
erforderlich; jedoch setzt eine auf Dauer angelegte Förderung gemäß § 74 SGB
VIII in der Regel eine Anerkennung voraus. Ein Anspruch auf Förderung kann aus
einer Anerkennung nicht abgeleitet werden.
In der sich anschließenden Diskussion bittet
Herr Neugebauer vor dem Hintergrund der unter TOP 6 thematisierten Reife der
Mitglieder um einen wohlwollenden Ablehnungsbescheid.
Herr Janssen betont, dass es bei der
Anerkennung als freier Träger der Jugendhilfe nicht um Reife gehe, sondern um
Tatbestandsmerkmale, die vom Verein “The MOveMENT e.V.” nicht erfüllt werden.
Herr Ambrosy sagt zu, die Verwaltung werde
einen Ablehnungsbescheid mit einem das ehrenamliche Engagement der jungen
Menschen würdigenden Tenor verfassen.
Abstimmungsergebnis:
einstimmig