Sitzung: 23.06.2020 Ausschuss für Umwelt, Abfall und Landwirtschaft
Beschluss: zur Kenntnis genommen
Vorlage: 0958/2020
Darstellung der Projektergebnisse: Versuchs-
und Demonstrationsflächen zur Erhaltung, Regeneration und Entwicklung des
Moorgebietes von Moorhausen / Varel
Seit Ende des Jahres 2016 betreut der Landkreis Friesland ein Projekt,
welches eine klimaschonende und nachhaltigere Bewirtschaftung des Moorgebiets
von Moorhausen/Varel zum Ziel hat. Langfristiges Ziel ist die Verringerung von
Treibhausgasemissionen sowie die Sicherung der Puffer- und Speicherfunktionen
des Moorbodens durch ein optimiertes Wassermanagement. Das Projekt wurde im
Rahmen der Förderrichtlinie „Klimaschutz
durch Moorentwicklung“ bezuschusst, wobei sich das Projektbudget aus
Landes- und EU-Mitteln (EFRE), Eigenmitteln des Landkreises und Mitteln der
Barthel-Stiftung sowie der Wasser-und Bodenverbände Friesland/Wilhelmshaven (im
Jahr 2017) zusammensetzt. Die Förderung der 2. Projektphase endete zum
31.01.2020.
Warum Moorentwicklung?
In früheren Zeiten wurden Moore durch Entwässerungsmaßnahmen nutzbar
gemacht und besiedelt. Dies trifft ebenso auf das Projektgebiet in
Moorhausen/Varel zu, welches auch heute noch ein vorrangig landwirtschaftlich
genutztes Gebiet mit vereinzelter Wohnbebauung ist. Während einst die
Trockenlegung von Mooren zum Aufbau des Wohlstands in unserer Gesellschaft
beitrug, wird dieser Wohlstand in Zukunft durch die Auswirkungen des durch den
Menschen verursachten Klimawandels gefährdet. Auch die entwässerten Moorgebiete
tragen aktiv zu dieser Entwicklung bei, da sie große Mengen an Treibhausgasen
(THG) in die Atmosphäre abgeben. Es wird davon ausgegangen, dass ca. 12% der
niedersächsischen Gesamtemissionen aus landwirtschaftlich genutzten Moorböden
stammt – dies entspricht fast der Höhe aller THG-Emissionen aus dem
Verkehrssektor. Aus der Perspektive des Klimaschutzes ist es notwendig, diese
Emissionen zu verringern.
Da sich durch Zersetzung und Veränderung des Moorbodens (Torf) auch
langfristig die Nutzungsbedingungen eines Moorgebiets deutlich verschlechtern,
ist ein besserer Schutz von Moorböden jedoch nicht nur ein sinnvoller Beitrag
im Sinne des Klimaschutzes, sondern bedeutet auch für die Landnutzer eine
Sicherung ihrer Bewirtschaftungsgrundlage. Mit Blick auf die spürbaren Folgen
des Klimawandels erfüllen Moorgebiete zudem zusätzliche wichtige Funktionen. In
Trockenzeiten bleibt in diesen das Wasser länger gespeichert, bei Starkregen
dienen sie als Puffer- und Speicherraum – jedoch verschlechtern sich auch diese
Eigenschaften auf lange Sicht merklich durch eine übermäßige Entwässerung. Auch
hier gilt: eine Sicherung dieser Funktionen ist auch im Interesse der
Landnutzer.
Der Landkreis Friesland besitzt einen vergleichsweise hohen Anteil an
Moorflächen. Insofern besteht hier eine besondere Verantwortung für den Schutz
von Mooren und Moorböden, sowohl mit Blick auf deren Klimawirksamkeit als auch
auf die vielfältigen ökosystemaren Funktionen dieser Gebiete.
Entwicklung des Moorgebietes
von Moorhausen
Abbildung 1
(Aufnahme: GutachterInnenbüro Dr. Preiß-Daimler
Die genannten negativen Auswirkungen der Moorentwässerung können
deutlich abgeschwächt werden, wenn das Wassermanagement in den Moorgebieten
optimiert wird. Somit ist es auch im Projektgebiet von Moorhausen ein
grundlegendes Ziel, möglichst viel Wasser im Moorboden zu halten, ohne jedoch
die bisherige Bewirtschaftung in nennenswertem Maße zu gefährden. Um die
spezifischen Potentiale des Projektgebiets für dieses Ziel zu ermitteln, wurden
von 01/2017 – 04/2018 in einer ersten Projektphase naturräumliche Erkundungen
und Untersuchungen durchgeführt. Dies geschah beispielsweise in Form von
Bohrungen (Abbildung 1), regelmäßigen
Wasserstandsmessungen sowie einer entsprechenden Interpretation und
Verarbeitung dieser Daten zu einem grundlegenden Gebietskonzept. Parallel zu
den naturräumlichen Untersuchungen wurde eine intensive Kommunikationsarbeit
geleistet um Eigentümer, Flächennutzer und Akteure in Moorhausen über die Ziele
des Projekts zu informieren und Vorbehalte gegenüber dem Projekt abzubauen.
In der zweiten Projektförderphase im Zeitraum von 05/2018 - 01/2020
wurden die in der ersten Projektphase ermittelten Potentiale in der Praxis
kleinräumig auf Versuchsflächen umgesetzt und getestet. Im Sommer und Herbst
2018 erfolgten Detailuntersuchungen und Abstimmungsgespräche mit den Akteuren
und Flächeneigentümern. Die Detailerkundungen zeigten bereichsweise, dass sich
der oberflächennahe Torfkörper in einem schlechten Zustand befindet (tiefe und
große Trockenrisse), was insbesondere auf die langjährige Entwässerung und die
extremen Trockenperioden der letzten Zeit zurückzuführen ist. Seit Winter 2018/2019 wird getestet,
inwiefern es in Moorhausen durch eine optimierte Steuerung des
Grabenwasserstands gelingen kann, mehr Wasser im Torfkörper zu halten. Zu
diesem Zweck wurde beispielsweise ein verstellbares Wehr in einen zentralen Entwässerungsgraben
eingebaut (siehe Abbildung 2). Durch
diese Vorrichtung kann der Wasserstand im Graben und den angrenzenden Flächen
bedarfsgerecht reguliert werden. Ziel ist es, möglichst ganzjährig den
Wasserstand im Boden ca. 30 cm bis 40 cm unter der Oberfläche zu halten. So
kann auch weiterhin eine landwirtschaftliche Nutzung wie bisher erfolgen,
währenddessen die negativen Folgeerscheinungen der Entwässerung deutlich
abgeschwächt werden. Durch ein Monitoringsystem wird die Wirksamkeit der
Maßnahme erfasst und ausgewertet.
Abbildung 2 (Aufnahme: T. Linß)
Wenngleich die angestrebten Zielwasserstände im Jahr 2019 (wegen der
besonderen Trockenheit) nicht gänzlich erreicht werden konnten, zeigt die
Auswertung der bisherigen Ergebnisse trotzdem einen positiven Effekt der
Maßnahme. Im Vergleich zu einem unbeeinflussten Standort wurden im Sommer 2019
insbesondere im Versuchsbereich Heinengraben deutlich höhere Wasserstände
gemessen, was beispielhaft in Abbildung 3
ersichtlich wird. Die Abbildung zeigt die Entfernung des Wasserstandes von der
Geländeoberkante (Oberfläche) im zeitlichen Verlauf (09/2018 – 12/2019) – die
grüne Kurve kennzeichnet die Wasserstände in der unbeeinflussten
Referenzmessstelle ILP22H. Der Wasserstand in der Referenzmessstelle ist im
Verlauf des Sommers 2019 teilweise über 0,5 m tiefer als in den
Versuchsflächen, eine veränderte Wasserstandsdynamik zeigt sich schon ab April
2019 (zu diesem Zeitpunkt wurde das maximale Stauziel für die Versuchsflächen
eingestellt).
Abbildung 3 - Wasserstand unterhalb der Geländeoberkante
(GOK)
Für die bisherige Projektentwicklung hat der Landkreis Friesland im
November 2019 die Auszeichnung „Klimaaktive Kommune 2019“ erhalten, welche mit
einem Preisgeld von 25.000 Euro verbunden war. Der Wettbewerb wird vom
Bundesumweltministerium und dem Deutschen Institut für Urbanistik
ausgeschrieben. Der Landkreis Friesland erhielt den Preis in der Kategorie
„Klimaanpassung in der Kommune“.
Fazit und Ausblick
Auch wenn die ursprünglich angestrebten Wasserstände in den
Versuchsflächen nicht ganzjährig erreicht werden konnten, zeigte sich
insbesondere in einem Versuchsbereich ein deutlich positiver Effekt der
umgesetzten Maßnahme. Aufgrund der
Trockenjahre 2018 und 2019 ist zudem zu erwarten, dass in einem Jahr mit
höheren Niederschlagsmengen auch im Sommer nochmals höhere Wasserstände
erreicht werden können. Trotz der Trockenperioden konnten durch die Maßnahme
schon jetzt mindestens 15.000 m³ Torf zusätzlich auf einer vergleichsweise
kleinen Fläche von 3 ha in einem beständig nassem Zustand versetzt und damit
vor einer raschen Degradierung geschützt werden. Das entspricht der vorläufigen
Sicherung von ca. 6900 t CO2-Äquivalenten, also der Pro-Kopf-Jahresemission von
ca. 600 deutschen Staatsbürgern. Wohlgemerkt ist hier nur von der zusätzlichen
Sicherung des in tieferen Schichten gebundenen Kohlenstoffs die Rede – aber
diese hohen Zahlen auf einer vergleichsweise kleinen Fläche weisen umso mehr
auf die besondere Bedeutung der Moore und Moorböden als Kohlenstoffspeicher und
deren zentrale Rolle für den Klimaschutz hin. Darüber hinaus werden durch die
Maßnahme die wichtigen Speicher-, Puffer- und Regulationsfunktionen (Wasser,
Stoffeinträge, Temperatur) des Torfkörpers gesichert, deren Bedeutung mit Blick
auf die Folgen des Klimawandels nochmals zunehmen wird.
Aufgrund des Moorreichtums des Landkreises Friesland sollte die
Entwicklung und Optimierung von Konzepten zum Schutz von Mooren und Moorböden
weiter fortgeführt und bestenfalls intensiviert werden. Aufgrund der
wirtschaftlichen Nutzung von vielen Moorbereichen ist dies meist nur in enger
und vertrauensvoller Zusammenarbeit mit den Akteuren aus Landwirtschaft,
Wirtschaft sowie mit den Akteuren der Wasserwirtschaft möglich. Wie das Projekt
in Moorhausen bisher zeigen konnte, besteht bei vielen Akteuren aus diesen
Bereichen – trotz anfänglicher Vorbehalte und einer gewissen Skepsis –
Offenheit für Maßnahmen im Sinne von Klimaschutz und Klimafolgenanpassung,
sofern diese in guter Zusammenarbeit umgesetzt werden und insbesondere wenn
verständlich wird, dass viele Maßnahmen langfristig auch vorteilhaft für die
Akteure selbst sind.
Das optimierte
Wassermanagement im Moorgebiet von Moorhausen wird aktuell auf den bestehenden
Flächen fortgesetzt und weiter durch den Landkreis Friesland betreut – dies
kann jedoch derzeit nicht in dem gleichen Umfang erfolgen, wie zum Zeitpunkt
der Projektförderung. Ein im letzten Jahr gestellter (Folge-)Förderantrag ist
noch nicht beschieden – die dafür notwendigen Eigenmittel können vorrangig aus
dem im Jahr 2019 gewonnen Preisgeld (Klimaaktive Kommune) bestritten werden. Es
wird angestrebt, auch in zusätzlichen Potentialbereichen von Moorhausen
ähnliche Maßnahmen umzusetzen. Dies kann auch weiterhin nur im engen Austausch
und zusammen mit den Akteuren und Eigentümern im Gebiet geschehen. Es konnte
bisher keine negativen Auswirkungen der Maßnahme beobachtet werden, und eine
Fortführung wird von den bisher eingebunden Akteuren unterstützt.
Der Bericht ist als Anlage beigefügt.