Beschluss: einstimmig beschlossen

Abstimmung: Ja: 11, Nein: 0, Enthaltungen: 0

Beschlussvorschlag:

 

Die Verwaltung wird beauftragt, die Einführung eines App-basierten Ersthelfer-Alarmierungssystems für den Landkreis Friesland umzusetzen.


Hintergrund:

In einigen Bereichen der Bundesrepublik Deutschland sind bereits mit guten Erfahrungen  Ersthelfer-Alarmierungssysteme im Einsatz (z. B. auch im Bereich der Großleitstelle Oldenburg – LK Wesermarsch, LK Ammerland, LK Cloppenburg, LK Vechta, Stadt Oldenburg, Stadt Delmenhorst).

 

Ziel dieser Ersthelferalarmierungen ist es, das „therapiefreie Intervall“ bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes bei bestimmten Notfällen (insbesondere bei Herz-Kreislauf-Stillständen) durch in der Nähe befindliche, qualifizierte Erstelfer zu überbrücken.

 

Die Funktionsweise dieser Alarmierungssysteme (Mobiltelefon / App-basiert) besteht darin, dass aus dem Einsatzleitsystem der Rettungsleitstelle heraus bei bestimmten Einsatzstichworten die Alarmierung der Ersthelfer angeschoben wird. Hierzu wird über das System georeferenziert geortet, ob sich ein (oder mehrere) zuvor registrierte und qualifizierte Ersthelfer in der Nähe des Notfallortes aufhalten. Ist dies der Fall, und nehmen die Helfer eine Alarmierung an, so bekommen diese einen Einsatzauftrag auf ihr Smartphone mit der Bezeichnung des Notfalles und des Notfallortes (mit Wegebeschreibung). Diese können dann bis zum Eintreffen der Rettungsmittel die Erstmaßnahmen (z. B. Reanimation) durchführen.

 

Gerade im ländlichen Räumen wie dem Landkreis Friesland wäre ein solches System sinnvoll. Die Verwaltung schlägt daher die Einführung eines solchen Systems für den Landkreis Friesland vor. Dies ersetzt jedoch in keinster Weise den Rettungsdienst, sondern stellt lediglich eine sinnvolle Ergänzung der Rettungskette dar.

 

 

Mögliche Umsetzung:

 

Es gibt derzeit drei im Bundesgebiet verfügbare Systeme, die in ihren Grundzügen alle die gleiche Funktionsweise haben. Die Verbreitung der Systeme variiert von einer bis zu rd. 30 derzeitigen Anwendungen bei verschiedenen Gebietskörperschaften.

Eine mögliche Umsetzung gliedert sich bei allen Systemen in zwei Bereiche:

 

 

1.)    Systemseite

Vorstellung der einzelnen Systeme (Stärken /Schwächen)

Festlegung von Auswahl-/Leistungskriterien

Beschaffungs-/Vergabeverfahren

Projektphase (Implementierung / Pilotphase)

Regelbetrieb

 

 

2.)  Leitstellenseite

Auf Seite der Leitstelle ist eine Schnittstelle zum jeweiligen (ausgewählten) System zu schaffen, damit die Alarmierung von der Erfassung der Notfalldaten im Einsatzleitsystem zum Ersthelfersystem übergeben werden kann.

 

Nach einer Entscheidung für ein bestimmtes System ist von einer Projektlaufzeit von ca. 6 Monaten bis zum Probebetrieb (Dauer 3 Monate) auszugehen.

 

 

Kosten:

 

Auch die Kosten teilen sich in die Bereiche

 

-          Systemkosten

-          Leitstellenkosten

 

Die Systemkosten gliedern sich in fixe Kosten und variable Kosten.

Bei den fixen Systemkosten ist nach derzeitigen Erhebungen mit einem Betrag von max. 20.000 € (brutto) / Jahr zu rechnen.

 

Zudem ist erfahrungsgemäß als variable Kosten ein Betrag in Höhe von 5.000 € bis 8.000 € / Jahr für allgemeine Kosten (Ausstattung der Helfer mit Masken etc. / Helferbindung / Versicherung/ usw.) notwendig.

 

Hinzu kommt ein Stellenanteil für die administrativen Angelegenheiten in der Verwaltung.

 

Bei den Leitstellenkosten handelt es sich ausschließlich um Kosten zur Herstellung der Schnittstelle. Diese könnten nach ersten Recherchen bis zu 70.000 € betragen. Hier sollte sich jedoch durch Verhandlungen eine deutliche Reduzierung erreichen lassen.

 

Die Leitstellenkosten würden beim Zweckverband „Gemeinsame Leitstelle Friesland-Wilhelmshaven“ anfallen und müssten über die zu zahlende Verbandsumlage ganz oder teilweise (hierzu sh. Punkt „Zusammenarbeit mit anderen Gebietskörperschaften) vom Landkreis Friesland getragen werden. Eine Geltendmachung bei den Kostenträger (Krankenkassen) ist hierfür nicht möglich.

 

 

Zusammenarbeit mit anderen Gebietskörperschaften:

 

Die Einführung eines Ersthelferalarmierungssystems ist unmittelbar mit dem Tätigkeitsfeld der Rettungsleitstelle verbunden. Nur aus dem dort betriebenen Einsatzleitsystem heraus kann die Ersthelferalarmierung angeschoben werden.

 

Insofern wäre aufgrund der gemeinsam betriebenen Leitstelle nur eine Zusammenarbeit mit der Stadt Wilhelmshaven zielführend. Andere Kooperationen z. B. mit dem Landkreis Wesermarsch im Rahmen der Gesundheitsregion Jade-Weser oder dem Landkreis Wittmund kommen aufgrund der Zugehörigkeit zu anderen Leitstellen nicht in Betracht.

 

In einem ersten, unverbindlichen, Gespräch mit der Stadt Wilhelmshaven ist zum Ausdruck gekommen, dass auch die Stadt Wilhelmshaven sich vorbehaltlich politischer Entscheidungen, die Einführung einer solchen Ersthelfer-App vorstellen kann. Auch wenn jede Gebietskörperschaft die Einführung in ihrem Bereich eigenständig vornehmen müsste, wäre hier eine Zusammenarbeit aufgrund der „Gemeinsamen Leitstelle Friesland-Wilhelmshaven“ als alarmgebende Stelle sinnvoll. Insbesondere ist dies im Hinblick auf die Ausschreibung / Vergabe sinnvoll, um hier zu einem einheitlichen Produkt zu kommen, was auch wieder in Bezug auf die genannten Schnittstellenkosten für die Leitstelle von wesentlicher Bedeutung wäre. Hier käme dann eine Teilung der Kosten in Betracht.

 

Sollte sich diese Zusammenarbeit ergeben, wäre eine solche Ersthelfer-App im Gesamtbereich der Gesundheitsregion Jade-Weser im Einsatz, da der Landkreis Wesermarsch bereits über eine derartige App verfügt.

 

Vorbehaltlich der grundsätzlichen politischen Entscheidung über die Einführung eines Ersthelfer-Alarmierungssystems im Landkreis Friesland sind die Kosten hierfür im Haushaltsentwurf der Verwaltung für das Jahr 2021 veranschlagt worden.

 

 

 

Herr Koehler leitet die Beratung in den Tagesordnungspunkt ein, indem er erläuternde Auskünfte zu den Grundlagen für die Einführung einer Ersthelfer-App gibt und die Anbietervarianten erörtert.

 

Durch mehrere Wortbeiträge u. a. von KTA Homfeldt, KTA Ratzel und KTAe Bödecker werden Fragen zur Einführung eines Ersthelferalarmierungssystems aufgeworfen – Fragen zu Kostenminimierung, Erfahrungen von anderen Landkreisen und Kommunen sowie zu einer Erweiterung der Funktionalität über die Grenzen Frieslands und Wilhelmshavens hinaus. Herr Koehler erklärt, dass sich zur Einführung eines solchen Systems die Leitstellenkosten in Höhe von 70.000 € nicht vermeiden ließen, eine Schnittstelle müsse einmalig eingerichtet werden, egal für welche Programmvariante entschieden werde. Zudem sei bereits Kontakt zum Landkreis Wesermarsch und Ammerland sowie zu den Herstellern dieser Systeme für einen Erfahrungsaustausch aufgenommen worden. Herr Koehler führt weiterhin aus, dass man die Funktionalität durch gezielte Programmierung auch eingeschränkt über die Randgebiete der Nachbarkreise zu erweitern versuche, inwieweit die Schnittstellenmengen miteinander zu koppeln seien, sei noch zu klären. Landrat Ambrosy fügt hinzu, dass es hier vorrangig um Hilfssituationen in Friesland / Wilhelmshaven gehe, die Schnittstellenfrage dennoch interessant sei hinsichtlich Hilfssituationen bei Urlaubsgästen in unserer Region.

 

KTA Chmielewski äußert seine Bedenken, dass sich möglicherweise nicht genügend Helfer registrieren und dieses System unterstützen. Landrat Ambrosy hebt hervor, dass der Landkreis viele ehrenamtliche Gruppen habe - viele Menschen, die sich in ihrer Freizeit als unsere Helden des Alltags engagieren – die Feuerwehr mit ~1.000 aktiven Feuerwehrleuten, das DRK mit ~2.000 Mitgliedern, die DLRG mit ~5.000 Mitgliedern und der THW mit ~300 freiwilligen Helfern. Hinzu kämen Arzthelferinnen, Krankenpfleger, Altenpfleger etc., wenn sich alleine von diesen Personengruppen nur 10 – 30 % registrieren würden, dann wären wir schon bei 10.000 – 12.000 Ersthelfern.

 

 

Um einen Synergieeffekt zu erzeugen, rät KTA Ratzel dazu, das selbe System wie die Großleitstelle Oldenburg einzuführen, um den Landkreis Friesland und auch Wilhelmshaven großflächig mit dem Oldenburger Land zu vernetzen.

 

Anlage:

keine


Abstimmungsergebnis:

 

einstimmig beschlossen

 

Ja:

11

Nein:

0

Enthaltung:

0