Beschlussvorschlag in Abänderung der Verwaltung:

Die im Jugendhilfeausschuss vom 24.02.2021 beschlossene Satzung über die Förderung von Kindern und die Erhebung von Kostenbeiträgen in der Kindertagespflege wird beibehalten.

 

Das Gremium nimmt die Vorlage vorberatend zur  Kenntnis.  Nach Beratung in den Fraktionen soll eine Beschlussfassung im KA am 09.06.2021erfolgen.

 


Begründung:

Nach § 23 (2) SGB VIII (Förderung in Kindertagespflege) umfasst die laufende Geldleistung nach § 23 (2) SGB VIII die Erstattung angemessener Kosten, die der Tagespflegeperson für den Sachaufwand entstehen, einen Betrag zur Anerkennung ihrer Förderungsleistung nach, die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Tagespflegeperson und die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Krankenversicherung und Pflegeversicherung.

 

Die derzeit gültige und im Jugendhilfeausschuss vom 24.02.2021 beschlossene und ab dem 01.06.2021 gültige Satzung des Landkreises Friesland (Satzung über die Förderung von Kindern und die Erhebung von Kostenbeiträgen in der Kindertagespflege) berücksichtigt die vom Bundesrecht geforderten gesetzlichen Ansprüche der Tagespflegepersonen. Nach § 4 (10) der Satzung sind mit der Gewährung einer laufenden Geldleistung sämtliche Kosten abgegolten, die in Zusammenhang mit der Kindertagespflege stehen. Über die gesetzliche Finanzierungsregelung der Kindertagespflege hinaus, hat der Landkreis Friesland gemeinsam mit seinen politischen Gremien strenge Qualitätsmaßstäbe der Kindertagespflege festgelegt. So haben wir die verpflichtenden Fortbildungsstunden von jährlich 24 Unterrichtsstunden und die zwingende Voraussetzung von Förderung von Tagespflegepersonen mit Erlaubnis in die Satzung mit aufgenommen.

 

Eine Fortzahlung bei Ausfallzeiten der Tagespflegeperson oder des Kindes geht über die Ansprüche nach § 23 (2) SGB VIII hinaus und wäre eine freiwillige Leistung.

 

Für die Frage, ob eine Weiterzahlung bei Ausfallzeiten des Kindes oder der Kindertagespflegeperson bei den Tagespflegepersonen zu einem Status von Beschäftigten der Kreisverwaltung führt, wurde der Deutsche Rentenversicherungsträger angeschrieben.

 

Für Tagespflegepersonen gelten seit dem 01.01.2019 die allgemeinen Kriterien zur Feststellung der versicherungspflichtigen Beschäftigung, wie sie für alle anderen selbständig Erwerbstätigen gelten. Am Beispiel der Tagespflegepersonen gelten diese als selbständig Tätige, wenn ihre Tätigkeit von der wirtschaftlichen Bedeutung her und vom zeitlichen Aufwand her, die Lebensführung der Tagespflegepersonen hauptsächlich prägt. Dies ist unabhängig von der Anzahl der Kinder, die betreut werden, doch stellt sich diesbezüglich bei den Tagespflegepersonen im Landkreis Friesland keine Einheitlichkeit dar. Die Ausprägung der Kindertagespflege im Landkreis Friesland geht von Ganztagesbetreuung, der nebenberuflichen Betreuung weniger Kinder bis hin zur Großtagespflege. Hier muss im Einzelfall geprüft werden. Nicht bei allen Tagespflegepersonen ist deren Tätigkeit von ihrer wirtschaftlichen und zeitlichen Bedeutung her prägend für die jeweilige Lebensführung.

 

Sollten weitere, allgemeine Kriterien für selbständig Tätige herangezogen werden, so wie es seit dem 01.01.2019 auch für Tagespflegepersonen gilt, so gibt es dort sowohl Indizien die zutreffen z.B. Erbringung von Leistungen im eigenen Namen, Entscheidungsfreiheit über die Anschaffung von Betriebsmittel, Entscheidungsfreiheit über die Preiskalkulation, als auch Indizien, die auf Grund der Art der Tätigkeit nicht zur Anwendung kommen, wie z.B. der Auftragnehmer ist im Einsatz von Hilfskräften frei oder im Betrieb des Auftragsnehmers können noch weitere Mitarbeiter beschäftigt werden. Bei der Feststellung einer Hauptberuflichkeit müssen nicht alle Indizien erfüllt sein. 

 

Bei Großtagespflegen nennt die Rentenversicherung zwei Bedingungen, die zur abhängigen Beschäftigung führen: die zeitliche Eingebundenheit der Tagespflegepersonen in die Arbeitsorganisation der Großtagespflegestelle und eine Weisungsgebung hinsichtlich der Betreuung. Bei letzterem Kriterium müssen zwangsläufig bei Großtagespflegen, die vorwiegend einer bestimmten Personengruppe vorbehalten sind (Schüler einer Grundschule, Mitarbeiterkinder, Kinder von Krankenhauspersonal) Bedenken hinsichtlich einer diesbezüglichen Weisung zur Betreuung aufkommen.

 

Eine Fortzahlung bei Ausfallzeiten der Tagespflegeperson oder des Kindes für 40 Werktage würde jährlich ca. 140.000 € zusätzlich pro Kalenderjahr bedeuten, die über die Ansprüche des § 23 (10) SGB VIII und § 4 (10) Satzung hinausgehen und freiwillig erbracht werden müssen. In den 40 Tagen sind 20 Tage Weiterzahlung bei Krankheit oder Urlaub des Kindes und 20 Tage Urlaub oder Krankheit der Tagespflegeperson berücksichtigt.

Bei diesem Thema ist es notwendig zu berücksichtigen, dass mit dem neuen NKiTaG, welches ab dem 01.08.2021 in Kraft treten soll, die Kindertagespflege erstmals mit aufgenommen wird. Die Aufnahme der Kindertagespflege ins Gesetz wird zu einer größeren Akzeptanz dieser Betreuungsart führen und eine höhere Wertschätzung der Kindertagespflegepersonen und deren Arbeit mit sich bringen. Die Aufnahme bedeutet ebenfalls mehr Anforderungen an die Kindertagespflegepersonen. Um nur einige zu nennen, so muss jede Kindertagespflegeperson künftig ein pädagogisches Konzept schreiben und fortführen und ist zur Dokumentation des Entwicklungs- und Bildungsprozesses des Kindes verpflichtet sowie zum Führen von Elterngesprächen. (Über das neue NKiTaG und seine Auswirkung auf die Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege wird, sobald ein beschlossener Gesetzesentwurf vorliegt, in einem der nächsten Jugendhilfeausschüsse gesondert berichtet.)

Diese Entwicklung wird nochmals eine Wandlung in diese Betreuungsform bringen.

 

Aus Sicht der Verwaltung, sollte es bei der Umsetzung der im Jugendhilfeausschuss vom 24.02.2021 beschlossenen Satzung zum 01.06.2021 bleiben und mit in Kraft treten des neuen Gesetztes NKiTaG eine Ausgestaltung der Kindertagespflege auf Grundlage der neuen Gesetzgebung erarbeitet werden. Dabei wird zwingend zu berücksichtigen sein, dass, je mehr freiwillige Leistungen wir im Bereich der Kindertagespflege aufwenden, desto mehr schwindet die Selbständigkeit bei diesen.

Insbesondere auf Grund der Haushaltssituation des Landkreises Friesland und der beabsichtigten Reduzierungen freiwilliger Leistungen, sollten aus Sicht der Verwaltung derzeit keine Mehrausgaben im Bereich der Kindertagespflege produziert werden.

 

Anlage:

1. E-Mail des Deutschen Rentenversicherungsträgers

2. Antrag der CDU

 

Frau Vogelbusch nimmt Bezug auf den einzigen Punkt des CDU-Antrages vom 23.02.2021, welcher  in der letzten Sitzung des Kreistages nicht abschließend behandelt wurde. Hierbei ging es um den Antrag auf eine Satzungsänderung  hinsichtlich einer Fortzahlung der Kostenbeiträge des Landkreises Friesland für Kindertagespflegepersonen bei Fehltagen des Kindes.

 

Frau Vogelbusch habe eine Anfrage gestellt, wie die Sichtweise der Deutschen Rentenversicherung (DRV)  hinsichtlich einer selbständigen Beschäftigung von Tagespflegepersonen bei Weiterzahlung der Gelder bei nicht erbrachten Leistungen durch Krankheit bzw. Urlaub der Tagespflegeperson oder des Kindes ist. Seit 2019 würden für Tagespflegepersonen die allgemeinen Kriterien für eine Selbständigkeit gelten. Die Antwort-E-Mail der DRV liegt der Vorlage an. Weiterhin seien die von der Berufsvereinigung für Kindertagespflege e.V. nachgereichten Unterlagen als Information in der Sitzung ausgelegt worden (Anlage). Neben der Bewertung der Sichtweise der DRV erklärt Frau Vogelbusch, dass das Durchzahlen eine freiwillige Leistung bedeutet. Sollte sich dadurch eine Scheinselbständigkeit begründen, könnte dies ggf. zu einer Klage auf Anstellung beim Landkreis Friesland führen.

Die Hochrechnung bei Durchzahlung von vierzig Tagen bei Fehlzeiten des Kindes und der Tagespflegeperson aufgrund von Krankheit bedeute zirka 140.000 € zusätzliche Ausgaben für freiwillige Leistungen. Die jetzige Satzung würde den rechtlichen Ansprüchen Genüge tun, bestätigte Frau Vogelbusch.

 

In dem Urteil zur Aufhebung der Satzung der Stadt Celle ging es um Zahlungen für nächtliche Betreuung. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden enthält die Feststellung, dass das Risiko der Tagespflegepersonen durch die Durchzahlung minimiert würde, jedoch bliebe dies eine freiwillige Leistung. Beide Urteile ergingen vor der Gesetzesänderung ab 2019.

Frau Vogelbusch begründet insofern den Beschlussvorschlag, die bestehende Satzung über die Förderung von Kindern und die Erhebung von Kostenbeiträgen in der Kindertagespflege beizubehalten. Sie unterstreicht den Vorschlag der Verwaltung mit dem bevorstehenden neuen Gesetz NKiTaG aus dem sich inhaltliche Veränderungen in der Arbeit der Kindertagespflege ergeben. Sie befürwortet eine Zusammenarbeit mit der Berufsvereinigung für Kindertagespflege e.V. an, wie künftig mit Fortbildungen etc. verfahren werden solle. In dieser Debatte um eine freiwillige Leistung erwähnt Frau Vogelbusch die aktuelle Haushaltslage des Landkreises Friesland. 

 

Frau Renken erklärt das neue Gesetz NKitaG, welches zum 01.08.2021 in Kraft treten soll. Die Kintertagespflege würde darin aufgenommen und dies sei grundsätzlich positiv zu bewerten. Einerseits erfahre der Berufsstand damit eine Aufwertung und es ergehen Qualitätsmaßstäbe, die auch den durch diese Betreuungsform betreuten Kindern zugutekommen. Andererseits würden mit Inkrafttreten des Gesetzes auch neue Anforderungen an die Tagespflegepersonen gestellt. Es ginge dabei um das Führen von Beobachtungsbögen und Entwicklungsbögen analog derer, die in den Kitas geführt werden. Zudem seien Tagespflegepersonen bei Inkrafttreten des neuen NKiTaG verpflichtet, Elterngespräche zur Abwendung von Gefahren oder Einleiten günstiger Entwicklungsbedingungen zu führen. So sollen die Tagespflegepersonen zukünftig bei dem Verdacht einer möglichen Kindeswohlgefährdung eine sogenannte  8b Fachkraft zur Beratung hinzuziehen können, um möglichst mit eigenen Mitteln einer Gefährdung entgegenwirken zu können (neues KJSG – Kinder- und Jugendhilfestärkungsgesetz). Dies stelle die Berufsgruppe der Tagespflegepersonen vor eine neue Herausforderung und bringe gleichzeitig große Chancen für die Tagespflege mit sich.

Frau Renken gibt in diesem Zusammenhang den Hinweis an die Berufsvereinigung für Kindertagespflegepersonen e.V.,  Überlegungen anzustellen, wie genau sie ihre Arbeit  sich in Zukunft beschreiben wollen und hofft dabei auf einen Zuwachs an Mitgliedern dieser.

Frau Renken spricht sich dafür aus, die bestehende Satzung  in ihrer Ausgestaltung belassen. Sie schlägt vor, gemeinsam mit der Berufsvereinigung für Kindertagespflegepersonen e.V.  und den Tagespflegepersonen zu erörtern, wie den neuen Anforderungen entsprochen werden könne.

 

Herr Niebuhr verweist auf die Abgrenzung der Selbständigen zu Beschäftigen. Je mehr freiwillige Leistungen gezahlt würden, umso schneller füllt sich der Tatbestand für eine Beschäftigung beim Landkreis Friesland oder anderen Trägern. Es sei ggf. ein Rechtsanspruch damit begründet. Der Blick sei nicht allein auf die Fortzahlungen zu richten, sondern auf das Gesamtpaket der Leistungen. Herr Niebuhr bittet bei der politischen Entscheidung über die Fortzahlung der Kostenbeiträge  sowohl die möglichen Folgen als auch die Haushaltslage des Landkreises Friesland zu berücksichtigen.

 

Auf Nachfrage von Frau Sudholz bestätigt Frau Vogelbusch die Möglichkeit der Fortzahlung, jedoch sei hier unbedingt das Gesamtpaket der Rahmenbedingungen zu beachten, die eine Scheinselbständigkeit begründen könnte.

 

Frau Renken erklärt auf Nachfrage die Situation in den Großtagespflegen. Hier seien die Tagespflegepersonen in die Arbeitssituation der Großtagespflegestelle eingebunden. Teilweise sind die Großtagespflegen auf eine bestimmte Zielgruppe der zu betreuenden Kinder eingestellt. Diese Weisung in der Betreuung, verbunden mit einer Fortzahlung bei Nichtleistung, sei besonders zu bedenken.

 

Ein Merkmal der Selbständigkeit sei die Entscheidungsfreiheit über die Preiskalkulation. In diesem Zusammenhang vermisst Frau Renken die Eigeninitiative der Tagespflegepersonen hinsichtlich der eigenen Vertragsgestaltung mit den Eltern, mehr Mut und Zusammenwirken zu zeigen. Es ginge nicht, die Forderungen einseitig in Richtung Landkreis zu stellen und nicht die eigenen Möglichkeiten auszuschöpfen.

 

Herr Wilken fasst mit der Bewertung der Verwaltung und den Informationen der Berufsvereinigung für Kindertagespflege e.V. einen Informationsstand zusammen, der seitens der Politik Zeit zur weiteren Bearbeitung benötigt um eine befriedende Lösung zu finden. Er schlägt vor, die vorliegenden Informationen zur  Kenntnis zu nehmen und die Vorlage zur weiteren Beratung zurück in die Fraktionen zu geben. Hier sei die Politik noch einmal berufen, sich im Detail mit dem neuen Kenntnisstand auseinander zu setzen und eine zufriedenstellende Situation für die Kindertagespflegepersonen herbeizuführen.

 

Frau Vogelbusch nimmt diesen Vorschlag auf und gibt den Hinweis auf den nächsten Kreistag am 23.06.2021. Sie schlägt vor, den Beschlussvorschlag im Kreisausschuss am 09.06.2021einzureichen.

 

Herr Neugebauer spricht sich im Rahmen einer Satzungsänderung insbesondere dafür aus, dass die der zeitliche Aufwand  für Fortbildungen, die vom Landkreis Friesland aufgrund des Qualitätsstandards gefordert werden, angerechnet und vergütet werden.

 

Frau Vogelbusch stellt die Wichtigkeit der Tagespflegepersonen für den Landkreis Friesland heraus um eine Betreuung für Kinder ohne Krippenplatz zu gewährleisten oder Randzeiten abzudecken.

 

Auf Nachfrage berichtet Frau Renken, dass zur Zeit 223 Kinder im Landkreis Friesland  in Kindertagespflege untergebracht sind. In 2018 waren 312 Kinder in dieser Betreuungsform. Die Rückläufigkeit begründet sich zum Teil durch den Ausbau der Krippen. Die Anzahl der Tagespflegepersonen hat sich zudem reduziert auf aktuell 52 Personen (Statistik 01.03.2021). Einige  Tagespflegepersonen suchen sich in den neu errichteten Krippen neue Beschäftigungsverhältnisse.

 

Frau Vogelbusch nimmt  die Vorlage unaufgefordert auf die Tagesordnung des Kreisausschusses am 09.06.2021. Gleichsam wird der Antrag der CDU-Faktion für den Kreisausschuss am 09.06.2021 zurückgestellt.