Herr Joachim Müller


Herr Müller verlas verschiedene Fragen:


- Welche Versäumnisse seitens der Verwaltung und der Politik gestehen Sie ein

in der Müllproblematik?


Landrat Ambrosy antwortete, mit den derzeitigen Entwicklungen der Biomechanik am Standort Wiefels könne man naturgemäß nicht zufrieden sein. Ab 2002/2003 habe man die Abfallwirtschaft des Landkreises Friesland neu organisiert, da fest stand, dass ab 30.06.2005 nur noch vorbehandeltes Material auf den Deponien angeliefert werden durfte.


Eine Lösung wäre die vollständige Verbrennung von Abfällen gewesen, über deren Kostenentwicklung man heute bereits gesprochen habe. Der Nachteil dieser Variante wäre gewesen, dass die bereits vorhandene Mechanik der Anlage in Wiefels nicht abgeschrieben gewesen wäre. Wenn es zu einer Stilllegung der Anlage gekommen wäre, wären diese Kosten hinzu gekommen.


Es habe einen einstimmigen Grundsatzbeschluss des Abfallzweckverbandes Wiefels gegeben, dass die bestehende Mechanik ausgebaut und eine mechanisch-biologische Vorbehandlungsanlage errichtet werden solle.


Hinsichtlich der Frage nach Fehlern und Versäumnissen müsse darauf hingewiesen werden, dass in den Gremien des Abfallzweckverbandes das Prinzip der Einstimmigkeit gelte, weil die Landkreise Friesland und Wittmund jeweils über eine Stimme verfügten.


Auch bei den Ausschreibungen habe es außer einer Enthaltung nur einstimmige Beschlüsse gegeben. Man habe die Abfallentsorgung seinerzeit europaweit ausgeschrieben; das Los sei auf die Firma Horstmann gefallen. Niemandem der Verantwortlichen in Politik oder Verwaltung sei zuzuschreiben, dass diese Firma in Insolvenz gegangen sei. Diese Entwicklung habe enorme Probleme mit sich gebracht.

Hinzu komme, dass die Firma Horstmann in Wiefels eine Anlage errichtet habe, für die man nach heutigem Stand nun aus eigener Kraft Neuerungen vornehmen müsse, damit sie überhaupt den erforderlichen Mengendurchsatz erbringen könne.


Im Grunde sei dies ein Fall der Mangelgewährleistung. Vor zwei Monaten habe der vom Landkreis Friesland beauftragte Gutachter, Herr Dziuk, in öffentlicher Sitzung zur Situation vorgetragen; er unterbreite Vorschläge zur Verbesserung der Anlage.


Die insolvente Fa. Horstmann sei in die Vorgänge nicht mehr einbezogen. Der Zweckverband müsse die Anlage in Wiefels nunmehr alleine ertüchtigen. Etwaige Ansprüche einer Mangelgewährleistung seien gegenüber einer insolventen Firma jedoch nicht mehr realisierbar.


- Nach welchen Richtlinien vergeben Sie Aufträge? Überprüfen Sie Unternehmen,

inwieweit sie überhaupt fähig sind, die entsprechenden Arbeiten durchzuführen?


- Gab es seinerzeit im Ansatz bereits die Möglichkeit zu erkennen, dass die Firma

Horstmann nicht so liquide sein würde wie es den Anschein hatte? Es müsste

eine vom Zweckverband zu veranlassende Absicherung geben, um den Bürger vor

den für ihn entstehenden Kosten zu bewahren.


Der Landrat erklärte, im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens werde auch die Leistungsfähigkeit der in Frage kommenden Firma geprüft. Diese Firma müsste zusätzlich auch eine Sicherheitsleistung hinterlegen; diese Mittel der Firma Horstmann seien auch vom Landkreis Friesland gesichert worden, da der Betrag der Insolvenzmasse entzogen gewesen sei. Er sei insofern zur Schadensminderung eingesetzt worden.


Zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Vergabe der Abfallentsorgungsleistungen habe alles für die Firma Horstmann gesprochen, da sie als einer der Marktführer für diese Technik gegolten habe.


Nach damaligem Wissensstand habe man eine entsprechende Empfehlung des beauftragten Ingenieurbüros für diese Firma erhalten.


- Bei Abschluss des Vertrages mit dem Unternehmen Horstmann ist somit keine versicherungsvertragliche Absicherung getroffen worden, um die Bürger davor zu bewahren, evtl. Kosten zu übernehmen?


Landrat Ambrosy antwortete, einer Insolvenz könne man durch Versicherungsvertrag nicht entgegen wirken.


Festzuhalten bleibe, dass man selbst mit diesen neuen Techniken und neuen Mitteln und auch unter Berücksichtigung der unbefriedigenden Situation kostenmäßig wesentlich günstiger liege als die Alternative der Abfallverbrennung. Nach der Abfallgebührenerhöhung werde man voraussichtlich immer noch unter den ersten 10 von 48 Gebühren erhebenden Gebietskörperschaften liegen.


- Im Beschlussvorschlag beziehe man sich auf Energie- und Personalmehrkosten.

Die 60 % Mehrkosten für Energie dürften im Grunde nicht mehr anfallen, da die Energiepreise gesunken seien?


Landrat Ambrosy erklärte, diese Größenordnung beziehe sich auf gestiegene Abfuhrunternehmerentgelte. Sie seien maßgeblich vom Dieselpreis abhängig, der den größten Posten der Preisgestaltung ausmache. Dabei liege nicht allein die zurzeit herrschende Senkung der Energiepreise zu Grunde, sondern auch die in der Vergangenheit von den Unternehmen zu zahlenden Dieselpreise. Die Forderungen der Unternehmen basierten jeweils auf bestimmten Kalkulationen. In zukünftigen Kalkulationen werde auch die günstige Entwicklung der Dieselpreise Einfluss finden. Andere Entwicklungen und Effekte liefen jedoch kostenmäßig unverändert weiter.


- Die Investorengruppe für gewerbliche Biogasanlagen hat bei mehreren Anlässen wie z. B. Informationsveranstaltungen in Wiefels öffentlich bekannt gegeben, dass mit dem Abfallzweckverband ein Optionsvertrag zur Nutzung von Grundstücksflächen im Umfeld der Deponie bestehe. Hat der Vorsitzende des Abfallzweckverbandes, Herr Dietrich Gabbey, vor der Beratung und Entscheidung in dieser Angelegenheit bekannt gegeben, dass er möglicherweise einem Mitwirkungsverbot unterliegt, weil sein Schwiegersohn der Investorengruppe angehört?


Landrat Ambrosy verwies darauf, für die Beantwortung dieser Frage sei der Zweckverband zuständig. Sie sei im Rahmen der heutigen Zweckverbandssitzung erörtert und von Herrn Landrat Schultz beantwortet worden. Der Presse werde die Antwort zu entnehmen sein.


- Wieviel des in Friesland anfallenden Mülls wird in die Verbrennung gegeben?


Landrat Ambrosy bezog sich in seiner Antwort auf die verschiedenen Abfallströme:


Die heizwertreiche Fraktion, die ausgeschleust werden müsse, werde immer - und zwar bundesweit - verbrannt. Diese Abfälle gelangten nicht in die mechanisch-biologische Behandlungsanlage. Eine Ausnahme bildeten die Landkreise, in denen man sich vollständig für die Abfallverbrennung entschieden habe.


Landkreise mit MBA müssten Wertstoffströme organisieren. Einer dieser Ströme seien etwa 35.000 Tonnen an Plastikmaterial und hoch energetischen Stoffen, die dem Abfall entzogen und einer energetischen Verwertung zugeführt würden. Dies sei gesetzlich vorgeschrieben und werde per Ausschreibungsverfahren geregelt. Die Frage von Herrn Müller beziehe sich wahrscheinlich auf eine Komplettverbrennung.


Herr Müller erläuterte, Müllverbrennung sei kostenintensiv. In dieser Branche würden Gewinne in Millionenhöhe mit Wachstumsraten von 35 % pro Jahr gemacht. Es stelle sich die Frage, warum man diesen Firmen überhaupt noch zuliefere, da ihnen ohne die gelieferten Verbrennungsstoffe der Betrieb ihrer Anlagen und solche Gewinne gar nicht möglich seien.


Landrat Ambrosy stellte fest, die Verbrennungsfirmen hätten tatsächlich eine erhebliche Rendite zu verzeichnen und ließen sich die Anlieferung der Brennmaterialien bezahlen. Genau aus diesem Grunde habe man sich in Friesland für die mechanisch-biologische Behandlung der Abfälle entschieden, um nicht zu stark von den Verbrennern abhängig zu sein. Der Markt biete nicht die Voraussetzungen, sich die Anlieferung des Mülls vergüten zu lassen, wie es Herr Müller vorschlage.


Kreistagsvorsitzender Funke bat darum, sich bei Vorliegen so vieler spezieller Fragen möglichst schriftlich an die Verwaltung zu wenden.



Herr Günther Völker, Sillenstede


- Ist der Landkreis Friesland Gewährsträger der Landessparkasse zu Oldenburg?


Landrat Ambrosy antwortete, nicht der Landrat Friesland selbst, sondern der Zweckverband der LzO, dem der Landkreis als eines der Mitglieder angehöre, sei Gewährsträger.


- Ist dem Landkreis Friesland bekannt, dass die Landessparkasse zu Oldenburg nach NS-Recht von 1933 aus einem Gesetz für die Sparkassen und Staatsbanken im Freistaat Oldenburg noch heute heimlich ohne Gerichtsverfahren vollstreckt, sich selbst vollstreckbare Titel mit dem Titel "Beitreibungsbeschluss" ausstellt und über den Gerichtsvollzieher beitreiben lässt?


Landrat Ambrosy erklärte, die Beantwortung dieser Frage liege allein in der Zuständigkeit der LzO.



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Kreistagsabgeordneter Thomas Busch meldete sich im Namen der Belegschaft, des Betriebsrates und des Vertrauenskörpers des früheren Airbus-, jetzt Premium Aerotec-Standortes Varel zu Wort und dankte den Mitgliedern des Kreistages, den Einwohnerinnen und Einwohnern Frieslands sowie den Medien für ihre Unterstützung im Kampf um den Erhalt und die Stärkung des Standortes.


In den letzten zwei Jahren habe er, so Herr Busch, vor dem Hintergrund der ungeklärten Situation für das Werk Varel und den zahlreichen terminlichen Verpflichtungen nur an wenigen Sitzungen der Kreisgremien teilnehmen können. Dies werde sich hoffentlich zukünftig ändern.


Die Sicherung der Zukunft für die Airbus-Werke auch außerhalb Varels habe viel Arbeit und Energie gekostet. Mit der nun geschlossenen Vereinbarung verfüge man über eine Basis, um die Werke Varel, Nordenham und Augsburg in eine neue Firma zu überführen. Entscheidend dabei sei, dass die Arbeitspakete und die Zukunftstechnologie an allen Standorten eingeführt würden und man eine langfristige Zukunftssicherung auch im Kündigungsschutz erreicht habe.


Im Namen der Belegschaft danke er dem Landrat und allen Fraktionen des Kreistages für ihre nachhaltige Unterstützung in den vergangenen 2 1/2 Jahren. Ein Dank gehe auch an Herrn Kammer und Frau Evers-Meyer als Bundestagsabgeordnete sowie Herrn Lies als Landtagsabgeordneten. Die Öffentlichkeit habe seinerzeit mit 24.000 Unterschriften und öffentlichen Kundgebungen ihren Beistand bekundet. Gemeinsam sei es nun gelungen, das Werk weiter nach vorne zu bringen.


Es werde nun auch ein Aeropark sowie ein Technologiezentrum mit zusätzlichen Arbeitsplätzen entstehen, die so vorher nicht abzusehen gewesen seien. Auch die Landesregierung sei eingebunden und versuche, weitere Fördermittel einzubringen.


Ein Dank gehe an alle, die zu diesem Erfolg beigetragen hätten.




Weitere Wortmeldungen lagen nicht vor. Kreistagsvorsitzender Funke schloss die öffentliche Sitzung um 17.00 Uhr. Allen Nichtteilnehmern der nichtöffentlichen Sitzung wünschte er schöne Weihnachtsfeiertage und alles Gute für das Jahr 2009.


Der Kreistag setzte seine Beratung ab 17.05 Uhr in nichtöffentlicher Sitzung fort.