Beschluss: einstimmig beschlossen

Beschluss:


Der Ausschuss beschließt,


unter der Voraussetzung, dass die Ko-Finanzierung des Pro-Aktiv-Centers durch das Job-Center im gleichen Umfang wie im ersten Quartal 2009 ab dem zweiten Quartal 2009 gewährleistet ist, wird das Pro-Aktiv-Center mit zwei Vollzeitkräften bei einem finanziellen Eigenanteil des Landkreises Friesland i.H.v. ca. 31.500,00 Euro im Jahr 2009 weiter betrieben (1. Variante) oder


unter der Voraussetzung, dass keine oder eine stark reduzierte Ko-Finanzierung des Pro-Aktiv-Centers durch das Job-Center erfolgt, wird das Pro-Aktiv-Center mit einer Vollzeitkraft bei einem finanziellen Eigenanteil des Landkreises Friesland i.H.v. ca. 49.500,00 Euro im Jahr 2009 weiter betrieben (2. Variante).


Das Pro-Aktiv-Center Friesland ist seit dem 01.03.2004 das Nachfolgemodell des sogenannten Jugendbüros. Das Pro-Aktiv-Center gehört organisatorisch zum Fachbereich 22 - Jugend und Familie.


Die Aufgabe der Pro-Aktiv-Centren ist gemäß der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Pro-Aktiv-Centren (PACE) individuell beeinträchtigten und sozial benachteiligten jungen Menschen den Zugang zu Beschäftigung sowie ihre soziale Integration zu verbessern. Das Pro-Aktiv-Center unterstützt die Aufgabenwahrnehmung der örtlichen Träger der Jugendhilfe nach § 13 SGB VIII und ergänzt die Leistungen des SGB II bzw. des SGB III. Ziel ist es, mit jungen Menschen mit Eingliederungshemmnissen und besonderem sozialpädagogischen Förderbedarf, bei denen ein direkter Übergang in den Arbeits- oder Ausbildungsmarkt nicht zu erwarten ist, den konkreten Unterstützungsbedarf und Hilfemöglichkeiten abzustimmen sowie die notwendigen Hilfen im Rahmen von Casemanagement anzubieten, zu koordinieren und ihren Erfolg zu überprüfen. Zielgruppe des Pro-Aktiv-Centers sind junge Menschen zwischen 14 und 27 Jahren mit multiplen Eingliederungshemmnissen und besonderem Unterstützungsbedarf.


Den jungen Menschen mit multiplen Eingliederungshemmnissen soll durch die Unterstützung des Pro-Aktiv-Centers insbesondere der Übergang von Schule zum Beruf erleichtert werden. Viele junge Menschen haben nach dem Verlassen der Schule keinen Schulabschluss. Das Pro-Aktiv-Center versucht diese jungen Menschen bei der Berufswahl zu unterstützen bzw. zunächst zu motivieren.


Das Klientel des Pro-Aktiv-Centers weist häufig neben der mangelnden schulischen Ausbildung z.B. ein dissoziales Verhalten, Straffälligkeit, Obdachlosigkeit, Anzeichen von Verwahrlosung, Sucht- und andere psychische Erkrankungen oder Gewaltneigung auf. Gerade durch die Häufung von Problemen ist eine Veränderung oft nur mit Hilfe von Außen, in diesem Fall durch das Pro-Aktiv-Center, möglich. Die Klienten werden entweder durch das Job-Center zugewiesen oder wenden sich selbständig bzw. auf Anraten von z.B. Eltern oder Freunden (sogenannter freier Zulauf) an das Pro-Aktiv-Center Friesland.


Außer der Betreuung einzelner junger Menschen werden durch das Pro-Aktiv-Center auch bedarfsgerechte Gruppenangebote geschaffen. Neben der Betreuung werden die jungen Menschen in den Maßnahmen weitergehend unterstützt und stabilisiert. Durch spezielle Projekte zur Förderung der jungen Menschen sollen mangelhafte Basisqualifikationen aufgebaut bzw. verbessert werden. Soweit gewünscht wird Frau Homann (Mitarbeiterin des Pro-Aktiv-Centers) Einzelfälle oder auch Projekte in der Sitzung des Jugendhilfeausschusses vorstellen.



Das Personal des Pro-Aktiv-Centers setzt sich derzeit aus einem Handwerksmeister/Casemanager (befristetes Beschäftigungsverhältnis bis zum 31.03.2009), einer Diplom-Sozialarbeiterin (unbefristetes Beschäftigungsverhältnis) sowie einer stundenweise eingesetzten Verwaltungskraft des gehobenen Dienstes (unbefristetes Beschäftigungsverhältnis) zusammen.


Die Förderung von Pro-Aktiv-Centren ist ein Landesprogramm und wird durch Zuschüsse aus Landes- und ESF-Mitteln unterstützt. Aufgrund der Einführung des SGB II ab dem 01.01.2005 wurde der Zuschuss aus Landes- und ESF-Mitteln ab dem 01.07.2005 von 80 Prozent auf 50 Prozent verringert. Die Gesamtkosten des Pro-Aktiv-Centers betrugen im Jahr 2008 ca. 170.000,00 Euro und beinhalten die Personalkosten, die Integrationsleistungen sowie Verwaltungs- und Sachkosten. Das Job-Center Friesland hat sich aufgrund einer Vereinbarung mit dem Landkreis Friesland bis Ende 2008 an diesen Kosten mit ca. 50 Prozent beteiligt. Im Auftrage des Job-Centers wurden dafür im Schnitt ca. 40 junge Menschen intensiv betreut.


Für die Jahre 2008 bis 2010 hat der Landkreis Friesland einen Zuwendungsvertrag mit der NBank abgeschlossen. Die NBank ist für die Durchführung des Förderprogramms der Pro-Aktiv-Centren zuständig. Der Zuschuss aus Landes- und ESF-Mitteln beträgt unverändert 50 Prozent.


Bis Ende des letzten Jahres war aufgrund einer erwarteten Gesetzesänderung im SGB II die Ko-Finanzierung des Job-Centers für das Pro-Aktiv-Center Friesland ab dem 01.01.2009 ungewiss. Erst am 30.12.2008 wurde das Pro-Aktiv-Center Friesland aufgrund des zum 01.01.2009 in Kraft tretenden § 16 f SGB II per Zuwendungsbescheid des Job-Centers Friesland bis zum 31.03.2009 weiter beauftragt. Da das Job-Center für das erste Quartal 2009 von im Schnitt ca. 30 zugewiesenen jungen Menschen ausging, wurde der Zuschuss entsprechend reduziert. Der Zuschuss beträgt bis zum 31.03.2009 16.500,00 Euro. Der Eigenanteil des Landkreises Friesland wird sich vermutlich auf ca. 8.100,00 Euro für das erste Quartal 2009 belaufen. Aufgrund der unklaren Rechtslage und fehlender Auslegungshinweise ist ausnahmsweise eine Verlängerung genehmigt worden.


Laut Mitteilung des Job-Centers ist derzeit weiterhin nicht geklärt, ob und unter welchen Voraussetzungen die Projektförderung eines Pro-Aktiv-Centers seitens des Job-Centers über den 31.03.2009 hinaus fortgesetzt werden kann. Die zuständige Regionaldirektion der Bundesagentur will sich diesbezüglich mit dem Land Niedersachsen noch verständigen, um eine verbindliche Arbeitshilfe bzw. einen Musterzuwendungsbescheid zur Verfügung zu stellen. Vorab soll allerdings eine Prüfung und Genehmigung durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) erfolgen. Hiervon unabhängig wies das Job-Center darauf hin, dass gemäß § 16 f SGB II Projektförderung nur für Maßnahmen für Langzeitarbeitslose ermöglicht werden könne. Laut Aussage des Job-Centers ist zu befürchten, dass es nicht genügend langzeitarbeitslose junge Menschen gibt, die dem Pro-Aktiv-Center zugewiesen werden könnten. Derzeit ist somit nicht absehbar, ob und wie eine Ko-Finanzierung seitens des Job-Centers erfolgt. In der Trägerversammlung des Job-Centers Friesland am 23.02.2009 wurde beschlossen, dass das Job-Center das Pro-Aktiv-Center soweit rechtlich möglich weiterhin finanziell unterstützt.


1. Variante:

Sollte eine weitere Beauftragung durch das Job-Center ab dem 01.04.2009 möglich sein, so wäre ausgehend von einem Zuschuss wie im ersten Quartal i.H.v. 16.500,00 Euro eine Ko-Finanzierung i.H.v. ca. 66.000,00 Euro im Jahr 2009 sichergestellt. Der Landkreis hätte Mindereinnahmen von ca. 31.500,00 Euro im gesamten Jahr 2009, die als Eigenanteil in das Projekt einzubringen wären. Es wird darauf hingewiesen, dass bei der Berechnung der Ko-Finanzierung nicht von einer weiteren Reduzierung des Zuschusses durch das Job-Center, angepasst an die evtl. rückläufige Anzahl der zugewiesenen jungen Menschen, ausgegangen wird. Andernfalls würde der Eigenanteil des Landkreises Friesland erheblich steigen (bei gleichbleibender personeller Ausstattung des Pro-Aktiv-Centers).


2. Variante:

Sollte eine weitere Beauftragung des Pro-Aktiv-Centers ab dem 01.04.2009 durch das Job-Center nicht möglich sein, so bedeutet dies, dass die Betreuung der bisher im Schnitt ca. 30 zugewiesenen jungen Menschen nicht mehr vom Pro-Aktiv-Center erfolgt. Die Betreuung wäre dann vom Job-Center zu gewährleisten, wie es auch das SGB II vorsieht.


Aufgrund der Reduzierung der Anzahl der zu betreuenden jungen Menschen, die nach Wegfall der SGB II-Klienten noch zu betreuen sind, und der fehlenden Ko-Finanzierung ab dem 01.04.2009 ist die Weiterführung des Pro-Aktiv-Centers lediglich mit einer Vollzeitstelle für eine sozialpädagogische Kraft erforderlich.


Die Kosten des Pro-Aktiv-Centers (Personalkosten inkl. Verwaltungs- und Sachkosten sowie Integrationsleistungen) vom 2. bis zum 4. Quartal 2009 würden ca. 82.500,00 Euro betragen. Aufgrund des voraussichtlichen Wegfalls der Ko-Finanzierung ab dem zweiten Quartal 2009 hat der Landkreis voraussichtlich Mindereinnahmen i.H.v. ca. 41.400,00 Euro. Zuzüglich der Mindereinnahmen aus dem ersten Quartal 2009 i.H.v. ca. 8.100,00 Euro, ergäbe sich ein Eigenanteil des Landkreises i.H.v. ca. 49.500,00 Euro.


Im Jahr 2010 ist mit Gesamtausgaben i.H.v. ca. 110.000,00 Euro zu rechnen, der Eigenanteil würde sich auf ca. 55.000,00 Euro belaufen.



Nach der Vorstellung der Vorlage von Herrn Wehnemann erläuterte Frau Homann die Tätigkeiten des Pro-Aktiv-Centers auch anhand der Vorstellung von Einzelfällen. Bezüglich der vorgestellten Power-Point-Präsentation von Frau Homann gab es mehrere Nachfragen. Herr Wehnemann wies anhand der Präsentation darauf hin, dass der gesteuerte und der freie Zulauf etwa gleich hoch seien. Auf Nachfrage erklärte Frau Homann, dass der gesteuerte Zulauf lediglich die zugewiesenen Klienten des Job-Centers seien. Es wurde seitens des Ausschusses um Überarbeitung der Präsentation gebeten. Die überarbeitete Präsentation von Frau Homann ist als Anlage 1 zu TOP 3.1.3 zum Protokoll beigefügt.


Im Rahmen der sich anschließenden Aussprache wurde deutlich, dass die Anwesenden eine weitere finanzielle Unterstützung des Pro-Aktiv-Centers durch das Job-Center auch nach dem 31.03.2009 begrüßen würden. Wenn das Pro-Aktiv-Center nicht mehr die zugewiesenen Fälle des Job-Centers zu betreuen hätte, würden Synergien für beide Gruppen (gesteuerter und freier Zugang) verloren gehen.


Der Jugendhilfeausschuss sprach sich grundsätzlich für eine Aufrechterhaltung des Pro-Aktiv-Centers Friesland auch bei wegfallender Ko-Finanzierung durch das Job-Center aus. Die Betreuung des freien Zulaufs solle weiterhin durch das Pro-Aktiv-Center Friesland erfolgen. Herr Wehnemann verdeutlichte, aus der Sicht der Verwaltung wäre derzeit eine Vollzeitstelle neben einer stundenweise eingesetzten Verwaltungskraft erforderlich. Sollte sich später herausstellen, dass es Nachbesserungsbedarf bezüglich des Personals gebe, so würde der Jugendhilfeausschuss unterrichtet werden.


Herr Wehnemann bat den Jugendhilfeausschuss um Unterstützung auf Landes- und Bundesebene, damit bald eine weitere Ko-Finanzierung über die Arbeitsgemeinschaften geklärt werde. Der Jugendhilfeausschuss sicherte Unterstützung zu.


Herr Osterloh fasste zusammen, die Priorität des Ausschusses liege auf der ersten Variante. Sollte dennoch der Fall der fehlenden Ko-Finanzierung oder einer stark reduzierten Ko-Finanzierung eintreten, so wäre die zweite Variante die Minimallösung eines Pro-Aktiv-Centers in Friesland. Zumindest der Eigenanteil der zweiten Variante solle für den Erhalt eines Pro-Aktiv-Centers in Friesland verwendet werden.



Abstimmungsergebnis:


Einstimmig