Beschluss: einstimmig beschlossen

Abstimmung: Enthaltungen: 2

Beschluss:

Dem Abschluss des Gesellschaftsvertrages für das „Zukunftszentrum Technologie und Ausbildung Varel-Friesland GmbH“ in der der Wirtschaftsausschuss-Niederschrift vom 11.03.2009 anliegenden Fassung wird zugestimmt. Der außerplanmäßigen Ausgabe in Höhe von 12.500,- € wird ebenfalls zugestimmt.


Die Federführung in dieser Angelegenheit übernimmt der Landkreis Friesland.




Der Kreistag nahm die Ausführungen zu TOP 3.1.10 der Kreisausschuss- Niederschrift vom 18. März 2009 zur Kenntnis.


Kreistagsabgeordneter Wolfgang Janßen erklärte, die BfB-Fraktion werde sich zu diesem Tagesordnungspunkt der Stimme enthalten. Man sehe die mit der Nutzung des Zukunftszentrums verbundenen Risiken als zu hoch an. Nicht nur aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung sei es unrealistisch, dass Firmen außerhalb der Premium Aerotec GmbH dort Unterrichtseinrichtungen anmieteten. Es wäre hilfreich gewesen, das Kompetenzzentrum in Stade zu besuchen, um vor Ort das Geschäftsmodell in der Praxis zu sehen und Antworten auf Fragen zum laufenden Betrieb zu erhalten.


Die Beteiligung des Landkreises Friesland mit 12,5 % der Baukosten durch Kreditaufnahmen sei angesichts des Schuldenbestandes sehr problematisch. Mietausfälle würden dem ohnehin mit 60 Mio. Euro Schulden belasteten Kreishaushalt aufgebürdet. Hinzu kämen noch 18 Mio. Euro an Kassenkrediten. In den nächsten Jahren werde die Finanzierung des Haushalts schlechthin problematisch werden.


Landrat Ambrosy erklärte, im Verlaufe des Kampfes um Airbus in Varel habe man folgende Forderungen aufgestellt:


  • Arbeitspakete für den A 350-XWB; diese habe man erhalten;

  • Ansiedlungen im Umfeld des Werkes;

sie seien erforderlich, um das Werk krisenfester zu machen.

Im Aeropark deuteten sich erste Ansiedlungen an. In den nächsten Wochen

werde es zu ersten Grundsteinlegungen kommen.

  • Die wichtigste Forderung lautete, Forschung und Entwicklung standortspezifisch

vor Ort zu bringen. Wenn dies nicht gelänge, so würde es immer nach gewissen

Entwicklungsphasen in der Technik, also etwa alle 5 – 10 Jahre, erneut

Diskussionen um den Standort geben. Diese würden mit den geplanten Maßnahmen

vermieden.


Natürlich berge das Projekt Risiken. Niemand könne die Entwicklung voraus sagen. Aber es nicht zu vollziehen, bedeute, die Diskussion und Situation wie vor rd. 2 Jahren wieder herbei zu führen und sich erneut angreifbar zu machen. Daher handele es bei diesem Beschluss wohl um eine der wichtigsten entwicklungsstrukturellen Maßnahmen des Landkreises in den vergangenen Jahrzehnten. Vergleichbar hiermit seien die Entscheidungen für das TCN-Gelände und andere strategische Fragestellungen.


Der Landkreis sollte sich diese Maßnahmen leisten und durchführen, da


  • die Zusage des Landes über eine erfreulich hohe, nämlich 75 %ige Förderung

vorliege und

  • unter Vorbehalt der endgültigen Zusage daran gearbeitet werde, eine weitere

Förderung aus einem anderen Topf für Bildung und Forschung zu erhalten.

Diese erhalte man dann zusätzlich.


Der Landkreis könne unter diesen Voraussetzungen davon ausgehen, dass sich der reale Mitteleinsatz in einem überschaubaren Rahmen halte. - Man wage gewisse Risiken, müsse dem jedoch die Gegenleistungen gegenüberstellen: Man erhalte eine Forschungs- und Ausbildungseinrichtung im Gegenwert von netto 11 – 12 Mio. Euro, die Stadt Varel und Landkreis über die Gesellschaft je zur Hälfte gehöre. Hierbei handele es sich um einen enormen Wertzuwachs. Insofern sei es hinnehmbar und notwendig, wie vorgeschlagen zu verfahren. Es handele sich im Übrigen um keine einzelbetriebliche Maßnahme zu Gunsten von Premium Aerotec; viele weitere Unternehmen, die Universitäten und Fachhochschulen sowie Berufsbildende Schulen seien Nutznießer dieser Einrichtung, hätten ihr Interesse bekunde und seien im Begriff, ihre Ausbildungsinhalte abzustimmen. Der Bedarf sei vorhanden. Am Standort Varel entstehe eine Einichtung, die es in ganz Norddeutschland für die Zerspanungstechnik im Bereich Titan nicht gebe. Deshalb gelte es unbedingt zu handeln.


Kreistagsabgeordneter Chmielewski erklärte, die Wirtschaftlichkeit dieses Projektes sei ganz entscheidendes Kriterium. Zu diesem Zeitpunkt bestehe jedoch keine andere Möglichkeit, als dem Technologiezentrum durch Gründung der GmbH grundsätzlich „grünes Licht“ zu signalisieren. Allerdings mache die MMW wie im Vareler Rat ihre Zustimmung davon abhängig, dass vor Aufnahme der Arbeit der Gesellschaft eine Wirtschaftlichkeitsrechnung vorliegen müsse. Dort lägen die Risiken, dass irgendwo versteckte Kosten enthalten seien, die aus jetziger Sicht nicht erkennbar seien (Zuschüsse, Vermietungssituation/Auslastung, laufende Kosten/Unterhaltung). Der Landkreis habe zugesichert, diese erbetenen Daten nachzuliefern, sobald sie verfügbar seien. Man vertraue darauf, dass die GmbH-Gründung lediglich ein Signal für das Vorankommen der Maßnahme darstelle, die wirtschaftliche Seite aber erst dann einsetze, wenn die erbetenen wirtschaftlichen Daten vorlägen und bewertbar seien.


Kreistagsabgeordneter Wolfgang Janßen ergänzte, insbesondere die Situation bei ausbleibenden Mieteinnahmen gelte es darzustellen.


Kreistagsabgeordneter Busch erklärte, am Beispiel Stade sei erkennbar, welch enorme Sogwirkung durch die dortigen Investitionen entstanden sei. Als Kommunalpolitiker könne man durch die heutige Entscheidung den Grundstein für eine große Entwicklung legen. Das Technologiezentrum Varel habe eine große Bedeutung nicht nur für Premium Aerotec. In der Kombination der 75 %igen Förderung des Landes und der daraus erwachsenden weiteren Förderungen und Projekte des Bundes z. B. über Luftfahrtforschungsprogramme könne man für den Standort Varel, den Landkreis und die beteiligten Firmen hoffentlich großen Nutzen aus dieser Maßnahme ziehen.

In Deutschland gebe es das CTC in Stade; ferner entstünden Projekte am Standort Augsburg. In Varel handele es sich um Investitionen in ein einzigartiges Thema. Es gebe in Deutschland kein vergleichbares Modell, wo Maschinenhersteller, Hersteller von Flugzeugkomponenten und die Zulieferindustrie gemeinsam mit Universitäten, Schulen usw. unter einem Dach ein solches Projekt betrieben. Auch von diesen Maßnahmen werde eine Sogwirkung ausgehen. Daher müsse trotz allen Risikobewusstseins diese Chance ergriffen werden. Eine Besichtigung der Investitionen in Stade empfehle er sehr, so Herr Busch. Er hoffe sehr, dass sich Ähnliches auch in Varel entwickele.


Kreistagsvorsitzender Funke teilte mit, der Wirtschaftsausschuss beabsichtige, die Investitionsmaßnahmen am Standort Stade zu besichtigen.


Kreistagsabgeordneter Etzold erklärte, man sollte im Rahmen der Diskussion zwar auf Risiken hinweisen, sie aber gleichwohl in Relation zu den entstehenden Chancen zu setzen. Nur über den Saldo sei zu entscheiden. Bei einer Förderungszusage von 75 % und verbleibender Finanzierung von 25 % bedürfe es im Grunde keines Wirtschaftsplanes.


Kreistagsabgeordneter Habeck führte aus, wenn es um Zukunft für alle, um Technologie und Ausbildung gehe, dürfe das Thema „Miete/Mietausfall“ im Rahmen der Risikobewertung so gut wie keine Rolle spielen. Hier gehe es um eine förderwürdige große Maßnahme, die allen zugute komme und die es gemeinsam zu verwirklichen gelte.


Abschließend stellte Kreistagsabgeordneter Koch fest, als Kommunalpolitiker habe man die einmalige Chance, aktiv den Arbeits- und Ausbildungsstellenmarkt auf dem Gebiet der Zukunftstechnologie zu beeinflussen. Eine Chance, die sonst kaum jemand erhalte und die es zu nutzen gelte. Die Alternative wäre, tatenlos der weiteren Entwicklung der Wirtschaft zuschauen zu müssen, ohne darauf einwirken zu können. Es dürfe nicht sein, dass man dann möglicherweise Gelder einsetzen müsse für Maßnahmen, die im Ergebnis keine wirksame Hilfe und Weiterentwicklung brächten. - Das Zukunftszentrum sei für den Kreistag eine einmalige Chance, Wirtschaft aktiv zu gestalten, und verdiene Unterstützung.


Weitere Wortmeldungen lagen nicht vor. Kreistagsvorsitzender Funke ließ abstimmen.




Abstimmungsergebnis:

einstimmig bei 2 Enthaltungen