Herr Joachim Müller, Zetel, meldete sich zu Wort und stellte dem Landrat verschiedene Fragen.


Die Bundesregierung habe sich ein Sparprogramm auferlegt. Herr Müller fragte, ob auch Ähnliches im Landkreis beabsichtigt sei, z. B. der Verzicht auf das Projekt „Trockenvergärungsanlage“, das eine hohe Verschuldung von 10,7 Mio. Euro mit sich bringe?! Die Einkünfte der Menschen nähmen ab, während die Gebühren anstiegen. Daher sollten Entscheidungen zurück genommen werden, zumal wenn politisch keine Einigkeit erzielt werde, ob eine solche Anlage z. B. überhaupt errichtet werden solle.


Landrat Ambrosy verwies darauf, dass die angesprochene Trockenvergärungsanlage in der alleinigen Zuständigkeit des Zweckverbandes Wiefels liege. Die genehmigte Haushaltssatzung des Landkreises weise einen Ausgleich des Ergebnishaushaltes aus. Nach Jahren habe man aus diesem Grunde erstmals kein Konsolidierungsprogramm vorlegen müssen. Gleichwohl verfolge der Landkreis einen rigiden Sparkurs. Bei bestimmten Ausgabenpositionen habe die Verwaltung eine generelle 3 %ige Kürzung vorgenommen, um von sich aus aktiv zu Einsparungen beizutragen.


Die Bürgerinnen und Bürger seien finanziell belastet. Insofern sei es angebracht, die Verwaltung in die Pflicht zu nehmen und durch eine gute, effiziente Wirtschafts- und Verwaltungsführung die Kosten in den Griff zu bekommen, um die Bürger nicht noch weiter zu belasten.


Der Landkreis Friesland stehe für die bisherigen Verhältnisse vergleichsweise gut da. Das zeige sich auch daran, dass man zusätzliche Einnahmen wie die Sonderzuwendung des EWE-Zweckverbandes und ggf. auch Verbesserungen in der EWE-Rendite ab 2012 zu erwarten habe. Hinzu komme, dass man an der Sonderausschüttung vorbehaltlich der Beschlussfassung der Gremien auch die Städte und Gemeinden beteiligen wolle, weil man auch deren finanzielle Belastung erkenne.


Über ein klassisches „Sparpaket“ verfüge der Landkreis Friesland damit nicht, aber man achte sehr auf Kostenkontrolle und Haushaltskonsolidierung. 12 – 14 Mio. Euro (anstatt der prognostizierten ca. 30 Mio. Euro) habe der Landkreis nach wie vor als Fehl im Ergebnishaushalt zu verzeichnen; diesen Betrag gelte es abzubauen. Dafür sei es erforderlich, im Ergebnishaushalt ein Plus zu erwirtschaften, um die kurzfristigen Schulden zu senken.


Darüber hinaus müsse das Plus hoch genug sein, um im Rahmen der Doppik auch im Finanzhaushalt einen Mehrbetrag zu erzielen. Nur so könnten dann auch langfristige Schulden dezimiert werden, deren Zinsen zukünftige Generationen belasteten.


Die Situation auf Kreisebene sei mit der des Bundes also nicht unmittelbar vergleichbar. Bereits seit Jahren habe der Landkreis Friesland Sparprogramme verabschiedet und umgesetzt; Leistungen seien soweit vertretbar herunter gefahren worden. Aus diesem Grunde stehe man heute für bisherige Verhältnisse vergleichsweise sehr gut da.


Die Trockenvergärungsanlage in Wiefels stehe zur Beschlussfassung in der Zweckverbandsversammlung an. Die Landkreise Wittmund und Friesland als Träger des Zweckverbandes hätten sich eingehend mit dieser Frage beschäftigt. Auch wenn es in der Sache eine politische Auseinandersetzung über mögliche Alternativen gebe, sei lt. Bewertung der eingeschalteten Fachleute die Trockenvergärung die kostengünstigste Variante.


Nach menschlichem Ermessen und heutigem Kenntnisstand dürften damit auf absehbare Zeit keine weiteren finanziellen Belastungen durch Abfallgebühren auf die Bürger zu kommen. Vielmehr erwarte man hinsichtlich der Auswirkungen dieser Entscheidung eine mittelfristige Beruhigung und Einfriedung der Gebührenhöhe; dies sei ausdrückliches Ziel des Zweckverbandes.


Gleichwohl müsse an dieser Stelle eingeräumt werden, dass alle Aussagen unter dem Vorbehalt stünden, dass die derzeitigen Konditionen sich nicht veränderten. Die Bundesregierung überlege, evtl. den Mehrwertsteuersatz für kommunale Wirtschaftsanlagen auf 19 % anzuheben. Sollte dieser Fall eintreten, so seien Gebührensteigerungen unausweichlich.


Diese Entscheidung liege aber in der Macht des Bundessteuergesetzgebers und sei weder von Landkreis noch Zweckverband zu beeinflussen. Der Nds. Landkreistag und andere kommunale Spitzenverbände bemühten sich darum, dieser drohenden Entwicklung entgegen zu wirken. Die Begründung des Bundes, es sei keine Wettbewerbsfreiheit gewährleistet, ziehe hier nicht, da es in Deutschland keine privaten Deponiebetreiber gebe. Es bleibe zu hoffen, dass diese Steueranhebung nicht eintrete. Gleichwohl sei ein Hinweis darauf unerlässlich, um sich ggf. nicht Vorwürfen auszusetzen, man habe im Vorfeld diese potenziell mögliche Entwicklung verschwiegen und das Versprechen gleich bleibender Gebühren gebrochen.



Herr Müller hinterfragte, ob es möglich sei, die Einwohnerfragestunde in der Tagesordnung nach vorne zu ziehen, wie es viele Städte und Gemeinden hinsichtlich ihrer Bürgerfragestunde praktizierten. Bürger hätten dann die Möglichkeit, Beiträge und Fragen einzubringen, die im Verlaufe der anschließenden Diskussion noch mit berücksichtigt werden könnten.


Landrat Ambrosy antwortete, rechtlich sei das Vorziehen der Einwohnerfragestunde möglich. - Wenn beispielsweise in Fachausschuss-Sitzungen Zuhörer zu bestimmten Tagesordnungspunkten anwesend seien, unterbreche der Ausschussvorsitzende die Aussprache zur jeweiligen Angelegenheit und ermögliche den Bürgern, ihre Fragen einzubringen. Danach werde die Tagesordnung fortgesetzt.


Herr Müller nehme des öfteren an Kreistagssitzungen teil und stelle inhaltlich umfangreiche Fragen. Für die Verwaltung wäre es hilfreich, so der Landrat, wenn Herr Müller seine Fragen bis zur Sitzung schriftlich vorlege. Dies ermögliche es, erforderliche Klärungen im Vorfeld herbei zu führen und in der Sitzung abschließend Antworten geben zu können.


Er empfehle Herrn Müller daher, so der Landrat, ihm oder dem Kreistagsvorsitzenden die Fragen schriftlich, zumindest bis unmittelbar vor Sitzungsbeginn, zuzuleiten.


Herr Müller wies darauf hin, die schriftliche Vorlage von Fragen sei nur bedingt oder nicht möglich, wenn entscheidende Fakten erst im Sitzungsverlauf bekannt würden und sich erst daraus Fragestellungen ergäben.




Herr Müller bedankte sich für die Ausführungen.



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Da weitere Wortmeldungen nicht vorlagen, schloss Kreistagsvorsitzender Pauluschke die öffentliche Sitzung um 15.15 Uhr. Der Kreistag setzte seine Beratungen ab 15.20 Uhr in nichtöffentlicher Sitzung fort.