Beschluss: mehrheitlich beschlossen

Beschluss:

Frieslands Vertreter werden gebeten, sich weiter massiv für eine kundenfreundliche

Lösung in den Gremien der EWE AG einzusetzen. Sie werden dahingehend vom Kreistag unterstützt,

- dafür einzutreten, dass die EWE Kunden individuell auf Basis des jeweiligen Verbrauchs eine freiwillige, vollständige Rückerstattung erhalten,

- dafür einzutreten, dass an die Auszahlung keine weiteren Voraussetzungen geknüpft

werden,

- dafür einzutreten, dass die Sonderauszahlung an die Kunden sich nicht negativ bei den Beschäftigten der EWE auswirken werden.


Eine Lösung, die nicht diese Mindestanforderungen erfüllt, sollten die Vertreter des

Landkreises Friesland nicht mittragen.


Kreistagsabgeordneter Just verwies auf die Konkretisierung des BfB-Antrages vom 06.08.2010 mit Schreiben vom 14. September 2010:


Die Vertreter des Landkreises Friesland werden aufgefordert, sich in der EWE-Verbandsversammlung

für eine freiwillige und vollständige Rückzahlung der vom

BGH beanstandeten Gaspreiserhöhungen für Sonderkunden einzusetzen.“


Der BGH habe am 14.07.2010 festgestellt, dass EWE zu Gaspreiserhöhungen für sog. Sondervertragskunden seit 2007 nicht berechtigt gewesen sei. Grund seien unzulässig benachteiligende Geschäftsbedingungen. Betroffen seien 600.000 = 85 % aller Gaskunden. Erhöhungen habe EWE im Zeitraum vom 01.04.2008 bis 30.06.2009 / 15 Monate vorgenommen. Der sich daraus ergebende Rückzahlungsanspruch betrage 1,35 Cent pro kWh eines Jahresverbrauchs. Bei einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 25.000 kWh, wie von EWE angegeben, ergebe sich pro Haushalt ein durchschnittlicher Rückzahlungsanspruch von 337,50 Euro. Bei 600.000 Kunden ergäben sich rd. 200 Mio. Euro. Für die EWE seien 19 % Mehrwertsteuer in Abzug zu bringen = 170 Mio. Euro; abzüglich 25 – 30 % Ertragsteuer = Nettobelastung für EWE von 120 – 130 Mio. Euro. Dabei handele es sich um rd. 60 % eines Jahresgewinns; diese Größenordnung gefährde EWE nicht.


EWE habe 85 % der früheren Tarifkunden zu sog. Sondervertragskunden gemacht, um Konzessionsabgabe zu sparen. Für Tarifkunden seien 0,22 Cent je kWh Gas an die Kommunen zahlen; für Sonderkunden dagegen nur 0,03 Cent. Durch diese Maßnahme spare EWE über 85 % Konzessionsabgabe an die Kommunen.


Der BGB habe vor diesem Hintergrund entschieden, dass dieser große Anteil an Sondervertragskunden wie Normalkunden zu bewerten sei. In den Vertragsbedingungen dürften diese Normalkunden nicht schlechter gestellt werden als die übliche Tarifkundschaft.


EWE spare pro Sonderkunde bei einem Verbrauch von 25.000 kWh Gas pro Jahr 47,50 Euro = 28,5 Mio. Euro bei 600.000 Kunden an Konzessionsabgabe. Der Rückzahlungsbetrag von 120 – 130 Mio. Euro sei von der EWE also in vier bis fünf Jahren wieder aufzufangen. Es gebe keine Veranlassung, das Unternehmen aus dieser Zahlungsverpflichtung zu entlassen. Die Kommunen verzichteten zu Gunsten der EWE jährlich auf 30 Mio. Euro an Konzessionsabgaben; beim Verkauf von 26 % EWE-Anteilen seien von den 2 Mrd. Euro Verkaufserlös nur 650 Mio. Euro bei den Kommunen angelangt, den Rest habe das Unternehmen erhalten. Der Antrag der SPD/FDP laute darauf, dass 600.000 Kunden zu Gunsten der angeblich Not leidenden EWE auf berechtigte Ansprüche aus den Gaspreiserhöhungen verzichten sollten. Dies sei nicht einzusehen.


Kreistagsabgeordnete Schlieper bekundete, den Antrag der BfB-Fraktion vom 14.09.2010 werde man in dieser Form nicht mittragen. Gleichwohl habe die EWE mehrfach seit 2007 die Preise auf Basis einer unwirksamen Preisanpassungsklausel erhöht. Im BGH-Urteil sei kein Rückzahlungsanspruch definiert. Hier liege das Problem, weil das Urteil nun von diversen Juristen unterschiedlich interpretiert werde und nicht klar sei, was genau die vor Gericht vertretenen Parteien nun zu veranlassen hätten.


Festzustellen bleibe, dass die EWE immer ein verlässlicher und fairer Lieferant gewesen sei. Man erwarte, dass die EWE in Ausfluss des Urteils nun eine freiwillige Ausschüttung an ihre Kunden vornehme, um das Vertrauensverhältnis wieder herzustellen und sie nicht zu einer Klageerhebung zu zwingen.


Die SPD/FDP stelle daher folgenden Änderungsantrag zum Antrag der BfB-Fraktion:


Frieslands Vertreter werden gebeten, sich weiter massiv für eine kundenfreundliche Lösung in den Gremien der EWE AG einzusetzen. Sie werden dahingehend vom Kreistag unterstützt,


- dafür einzutreten, dass die EWE Kunden individuell auf Basis des jeweiligen Verbrauchs eine freiwillige Rückerstattung erhalten,

- dafür einzutreten, dass an die Auszahlung keine weiteren Voraussetzungen geknüpft

werden,

- dafür einzutreten, dass die Sonderauszahlung an die Kunden sich nicht negativ bei den Beschäftigten der EWE auswirken werden.


Eine Lösung, die nicht diese Mindestanforderungen erfüllt, sollten die Vertreter des

Landkreises Friesland nicht mittragen.


Begründung:

Seit dem 1. April 2007 hatte EWE zwei Mal im Jahr 2008 (je zum 1.4.08 und 1.8.08) die

Preise erhöht. Diese Preiserhöhungen erfolgten auf Grundlage der nun vom BGH für

unwirksam erklärten Preisanpassungsklausel.


Ob den betroffenen Kunden Rückzahlungsansprüche zustehen hat der BGH nicht

entschieden, da es sich nur um ein Feststellungsurteil zur Frage der Wirksamkeit der

Klauseln handelt.


Der Kreistag des Landkreises Friesland erwartet dennoch von der EWE

eine freiwillige Rückzahlung an die Kunden, um das Vertrauensverhältnis zwischen EWE und der Mehrheit seiner Kunden wieder herzustellen und um eine Flut von Einzelklagen zu vermeiden.


Die Situation ist nicht durch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der EWE verursacht worden, weshalb diesen dadurch auch keine Nachteile entstehen dürfen.“



Kreistagsabgeordneter Harms stellte fest, nicht nur die Interessen der Bürger Frieslands, sondern aller EWE-Kunden gelte es zu vertreten. Aus dem BGH-Urteil resultiere ein Rechtsanspruch, der von vielen schon geltend gemacht worden sei und sich auf alle Kunden erstrecke. Der Antrag der BfB-Fraktion auf vollständige Rückzahlung durch EWE werde unterstützt.


Herr Just betonte die wesentlichen Aspekte des BfB-Antrages einer freiwilligen und vor allem vollständigen Rückzahlung. In der Forderung nach einer vollständigen Rückzahlung sehe die SPD/FDP-Gruppe offenbar Probleme; die Höhe der Rückzahlung werde damit aber in das Belieben der EWE gestellt. Nach dem eindeutigen BGH-Urteil sei den betroffenen 600.000 Kunden das aber nicht zumutbar.


Kreistagsabgeordneter Kammer formulierte einen eigenen Antrag der CDU-Kreistagsfraktion:


Die CDU-Fraktion im Landkreis Friesland fordert aufgrund des BGH-Urteils vom 14.07.2010 die EWE auf, die nach dem Urteil zu Unrecht eingenommenen Entgelte aus den beklagten Gaspreiserhöhungen an ihre Kunden zu erstatten.“


Für die Fraktion sei es selbstverständlich, dass alle Kunden eine Rückzahlung zu erhalten hätten; die Vertreter des Landkreises bitte man darum, entsprechend zu votieren. - Herr Just stellte fest, BfB gehe nach dem Wortlaut des CDU Antrages von einer gewollten vollständigen Rückzahlung aus und könne sich dieser Formulierung anschließen.


Kreistagsabgeordnete Schlieper erklärte, im Grunde sei den Vertretern des Landkreises Friesland in den EWE-Gremien auch ohne Votum des Kreistages klar, wie sie in der Verbandsversammlung aufzutreten hätten. Man habe sich stets für eine kundenfreundliche Lösung für alle rd. 600.000 Betroffenen eingesetzt.


Kreistagsvorsitzender Pauluschke stellte fest, dass die im CDU-Antrag formulierte Aufforderung nur gegenüber den Vertretern in der EWE-Verbandsversammlung, nicht aber gegenüber den in den Aufsichtsrat entsandten Mitgliedern Wirkung entfalten könne.


Kreistagsabgeordneter Just verwies auf die grundsätzlich bestehende Differenz, wonach der Antrag der SPD/FDP zwar auf eine individuelle Lösung für jeden Kunden abziele, aber damit nicht zwingend auch eine dem Kunden individuell zustehende vollständige Erstattung in Betracht komme.


Herr Pauluschke stellte die Unterschiede der vorliegenden Anträge dar:


Adressaten des BfB- und des CDU-Antrages seien die Vertreter in der Verbandsversammlung; der SPD/FDP-Antrag sei auf ALLE Vertreter gerichtet, stelle aber keine Aufforderung dar, sondern eine Bitte, sich im Sinne des Antrages einzusetzen. Unter diesem Aspekt sei der SPD/FDP-Antrag der weiter gehende.


Landrat Ambrosy erklärte, es sei von vornherein klar gewesen, dass man eine am jeweiligen Verbrauch orientierte Erstattungslösung anstrebe. Die Freiwilligkeit der Leistung ergebe sich aus der Tatsache, dass die EWE streng juristisch nicht zur Auszahlung an alle Kunden verpflichtet sei; im Grunde müsse sie nur auf eingeklagte Ansprüche reagieren. Einigkeit bestehe darin, dass ein solcher Weg aber nicht in Frage komme.


Den Vertretern Schlieper, Tischer und Ambrosy müsse insofern nicht aufgegeben werden, was zu tun sei. In allen bisherigen Sitzungen hätten sie sich im Sinne der heutigen Diskussion verhalten; insofern sei es nicht hinnehmbar, dass nun Misstrauen geschürt werde.


Kreistagsabgeordneter Kammer erklärte, die im SPD/FDP-Antrag enthaltenen Einschränkungen hinsichtlich evtl. Auswirkungen auf EWE-Mitarbeiter/innen stünden nicht in direktem Zusammenhang mit dem ergangenen BGH-Urteil. Der CDU-Antrag beschränke sich daher auf die Rückerstattung der zu Unrecht eingenommenen Entgelte.

Der Appell, sich in diesem Sinne einzusetzen, gehe naturgemäß an die Vertreter des Landkreises in der EWE-Verbandsversammlung.


Im Ergebnis der eingehenden Diskussion erklärte sich Frau Schlieper namens der SPD/FDP-Gruppe einverstanden damit, in den Antrag der Gruppe das Wort „vollständige (Rückerstattung)“ einzufügen, um so zu einer einvernehmlichen Beschlussfassung zu gelangen. Die Vertreter des Landkreises hätten sich stets für eine kundenfreundliche Lösung eingesetzt; letztlich bleibe der Schlichterspruch in dieser Angelegenheit abzuwarten.


Der Kreistag stimmte sodann über den insofern geänderten, inhaltlich weiter gehenden Antrag der SPD/FDP-Gruppe ab und beschloss wie folgt:











Abstimmungsergebnis:

mehrheitliche Zustimmung bei 4 Gegenstimmen und 7 Enthaltungen