Beschluss: zur Kenntnis genommen


Der Ausschuss nahm die Ausführungen zur Kenntnis und regte an, mit den örtlichen Bundestagsabgeordneten das Thema eingehend zu erörtern und diese um Unterstützung für die Position der Kommunen zu bitten.

Der Kreisausschuss wird ebenfalls um Kenntnisnahme gebeten.




Wie bereits durch die Medien verbreitet, hat das Bundeskabinett am 30.03.2011 den Entwurf eines Kreislaufwirtschaftsgesetzes beschlossen.

Insgesamt ist festzustellen, dass die von den kommunalen Spitzenverbänden vorgetragenen Bedenken nicht nur nicht berücksichtigt worden sind, sondern dass insbesondere die Vorschriften zu gewerblichen Sammlung in dem Kabinettsbeschluss gegenüber dem bisherigen Entwurf aus kommunaler Sicht weiter verschlechtert worden sind.


Die erste Beratung des Gesetzentwurfes zum neuen Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts im Bundeskabinett kommentierte der Geschäftsführer des Nds. Landkreistages, Dr. Hubert Meyer, treffend wie folgt:

„Der Gesetzentwurf ignoriert in allen zentralen Punkten die Auffassung der Kreistage in Niedersachsen, die – in vielen Fällen einstimmig – eine Resolution zum Gesetzentwurf verabschiedet haben. Der Gesetzentwurf etabiliert bei der Hausmüllentsorgung eiskalt private Doppelstrukturen und wird dazu führen, dass neues Tonnenchaos und Gebührenerhöhungen auf Dauer unvermeidlich sind. Im gerade laufenden Planspiel zur Verpackungsverordnung werden die kommunalfreundlichen Varianten nicht einmal geprüft. Mit abstrusen europarechtlichen Bedenken sollen die Kommunen durch bundesrechtliche Vorgaben Zuständigkeiten im Abfallrecht entzogen werden. All das ist nicht im Interesse der Bürgerinnen und Bürger Niedersachsens.“


Dr. Meyer hofft darauf, dass es im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens noch zu wesentlichen Änderungen kommen wird. „Besonders betrübt sind wir über die Beschwichtigungsversuche aus Berlin, die zumeist am Kern der Sache vorbeigehen. Die Wahrheit ist: Dieser Gesetzentwurf wird in keinem Punkt im Vergleich zur heutigen Rechtslage für eine Verbesserung der Stellung der Kommunen sorgen. Alle Erlöse, die wegprivatisiert werden, fehlen uns künftig im Gebührenhaushalt, um die Abfallgebühren dauerhaft stabil zu halten“, fasste Dr. Meyer zusammen.


Auch die kommunalpolitische Vereinigung in Niedersachsen (KPV) hat sich in einer Pressemitteilung vom 26.03.2011 anlässlich der Landesvertreterversammlung öffentlich sehr kritisch über den Gesetzentwurf geäußert. Derzeit werden im Landtag verschiedene Entschließungsanträge der Fraktionen beraten.


Um noch grundsätzliche Änderungen am Gesetzentwurf der Bundesregierung zu erreichen, wird es nach Empfehlungen des Deutschen und des Niedersächsischen Landkreistages in den nächsten Wochen und Monaten maßgeblich darauf ankommen, den örtlichen Bundestagsabgeordneten, insbesondere der Regierungsfraktionen, die Folgen der Verabschiedung des Gesetzes für die kommunale Abfallwirtschaft vor Ort und insbesondere die künftige Entwicklung der Abfallgebühren zu verdeutlichen.


Bundesweit wird derzeit fraktionsübergreifend deutliche Kritik an dem vorgelegten Entwurf laut. Kritisiert wird vor allem die einseitige privatwirtschaftliche Ausrichtung der gesetzlichen Regelung. Die Kommunen würden lediglich auf unwirtschaftlichen Abfallmengen „hängen bleiben“. Private Abfallentsorger erhielten die Möglichkeit der Wertstoffabschöpfung, aber die Grundlasten der Entsorgung mit hohen Investitionskosten verblieben bei den Kommunen. Bevorteilt werden durch Gesetzentwurf vor allen die sogenannten „Großen Entsorger“. Auch viele mittelständische Entsorgungsunternehmen, die oftmals seit Jahrzehnten mit Kommunen zusammenarbeiten, kritisieren den Entwurf.


Da den „Großen Entsorgern“ mit dem derzeitigen Kabinettsbeschluss mehr oder weniger der Zugriff auf sämtliche Abfallfraktionen (also auch den Restabfall sowie den Bioabfall) ermöglicht wird, sind die kommunalen Entsorgungsstrukturen und die getätigten Investitionen in Abfallentsorgungsanlagen gefährdet. Die Zeche hätten letztlich über steigende Abfallgebühren die Bürger zu tragen, da die Fixkosten entsprechend umgelegt werden müssen.


Ziel der „Großen Entsorger“ ist ganz offensichtlich der Zugriff auf die gesamte Entsorgungskette, d.h. Erfassung beim Bürger bis zur Entsorgung/ Verwertung in eigenen Anlagen. In der öffentlichen Diskussion wird immer wieder so getan, als ob durch die kommunale Abfallentsorgung im Rahmen der Daseinsvorsorge u.a. durch den Zugriff auf werthaltige Abfälle (Altpapier, Metall) diese Abfälle dem allgemeinen Markt und dem „Rohstoffstandort Deutschland“ entzogen würden.

Gerade für den Landkreis Friesland ist jedoch festzustellen, dass die meisten Entsorgungsleistungen über Ausschreibungen an privatwirtschaftliche Unternehmen vergeben werden. Insbesondere Wertstoffe (Altpapier, Metall, heizwertreiche Fraktionen) werden der privaten Entsorgungswirtschaft zugeführt. Das in Friesland gesammelte Altpapier zum Beispiel wird der Kartonfabrik Varel zugeführt.

Mit der Ausweitung der gewerblichen Sammlungen durch den Gesetzentwurf besteht auch die Gefahr, dass bestehende gut funktionierende Kooperationen und Verträge von Kommunen mit privaten Entsorgern und Verwertern gefährdet werden, was sich auch negativ auf die regionale Wertschöpfung auswirken würde. Mittelständische Entsorger und Verwerter hätten bei den beabsichtigten Gesetzesänderungen zum Großteil ebenfalls das Nachsehen.


Derzeit versucht das BMU, das Altpapierurteil des Bundesverwaltungsgerichts vom Juni 2009 in sein Gegenteil zu verkehren – im Interesse der gewerblichen Sammler und gegen die Interessen der kommunalen Entsorgungsverantwortung. Das Bundesverwaltungsgericht hat seine europarechtlichen Ausführungen aus Sicht der Spitzenverbände jedoch fundiert dargelegt. Das Bundesverwaltungsgericht habe die kommunale Entsorgungszuständigkeit bestätigt und sich dabei auch mit der europarechtlichen Zulässigkeit auseinandergesetzt.

Nicht verkennen darf man, dass die Kommunen die 3. Ebene des Staates sind, der die Entsorgungsverantwortung als Pflichtaufgabe übertragen worden ist. Die Entscheidung über das „Wie“ der Aufgabenerfüllung liege daher eindeutig bei den Kommunen. Insbesondere das Abholen und die Behandlung von Haushaltsabfällen seien unstreitbar eine im Allgemeininteresse liegende öffentliche Aufgabe.

Der Aufbau paralleler Entsorgungsstrukturen, der Entzug kommunaler Verwertungserlöse und eine zu erwartende Rechtsunsicherheit bei Vergabeentscheidungen muss daher verhindert werden.

Vielfach kritisiert wird auch die derzeitige Verordnungsermächtigung für eine einheitliche Wertstofftonne ohne konkrete Regelungen wichtiger Grundsatzfragen (z.B. der konkreten Zuständigkeit). Sie sei daher ein Blankoscheck für abfallwirtschaftliche Überlegungen in alle Richtungen. Nach den derzeitigen Entwürfen wird jedoch deutlich, dass diese Wertstoffe nicht der kommunalen Überlassungspflicht unterliegen sollen, sondern zukünftig alle Wertstoffe und alle daraus generierbaren Erlöse den Kommunen entzogen werden sollen. Zu denselben Auswirkungen käme es, wenn die Kommunen zur Mitbenutzung eines privaten Systems gedrängt würden.


Aus Sicht der Kommunen ist für die derzeit diskutierte „Wertstofftonne“ eine eindeutige gesetzliche Klarstellung notwendig, dass hierfür allein und umfassend die Kommunen zuständig sind. Da die Kommunen nicht über entsprechende Sortier- und Verwertungsanlagen verfügen würde die vielfach praktzierte gute Zusammenarbeit zwischen privaten Entsorgern und den Kommunen als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger weiter fortgeführt. Unter kommunaler Regie aus privaten Haushalten erfasste Wertstoffe würden nach Ausschreibungen von privatwirtschaftlichen Unternehmen aufbereitet bzw. verwertet werden. Vorteil ist eindeutig, dass gerade im ländlich geprägten Raum wie Friesland die Abfallentsorgung als Aufgabe der Daseinsvorsorge erhalten bleibt, und die Bürgerinnen und Bürger über erzielte Erlöse bei der Wertstoffvermarktung erzielte Erlöse über den Abfallgebührenhaushalt profitieren.


Die kommunalen Spitzenverbände und die Kommunen mit ihren oftmals einstimmig gefassten Resolutionen sind sich einig, dass die derzeit vom BMU betriebene ordnungspolitische Weichenstellung zu Gunsten der privaten Entsorgungswirtschaft und zu Lasten der kommunalen Daseinsvorsorge sowie der Abfallgebührenstabilität unbedingt verhindert werden muß. Die beabsichtigte Aushöhlung der kommunalen Entsorgungsverantwortung insgesamt muss gestoppt werden.

Zusammenfassend wird festgehalten, dass angesichts des aktuellen Kabinettsbeschlusses die Hoffnungen derzeit vor allem auf den örtlichen Bundestagsabgeordneten ruhen, sich entsprechend in das Gesetzgebungsverfahren einzubringen.


Letztlich geht es aus kommunaler Sicht auch nicht um den vielfach propagierten „Kampf zwischen privaten Entsorgern und Kommunen“, sondern um die Interessen der Bürgerinnen und Bürger.

Es gilt nun im Sinne der Bürgerinnen und Bürger ein Umdenken im Bundesumweltministerium zu erreichen, um eine völlige Veränderung der Entsorgungs- und Verwertungslandschaft ohne die Kommunen zu verhindern.


Ergänzend führte Landrat Ambrosy aus, dass der Bundesrat dem Gesetzesentwurf in der Sitzung am 27.05.2011 nicht zugestimmt hat. Der Bundesrat sieht hier noch erheblichen Nachbesserungsbedarf seitens der Bundesregierung.