Landrat Ambrosy führte aus, der Landkreis Friesland wolle alle Schulen im Kreis gleich behandelt wissen. Daher habe die Verwaltung gemeinsam mit den Anträgen für die Oberschulen in Hohenkirchen und Sande auch einen Antrag für die IGS Friesland in Schortens auf Umwandlung in eine gebundene Ganztagsschule zum Schuljahr 2011/2012 gestellt.


Nunmehr sei dieser Antrag durch das Nds. Kultusministerium mit Schreiben vom 30. Mai 2011 (sh. Anlage) abgelehnt worden. Als Begründung gebe das MK an, dass die Oberschulen per Gesetz teilweise ganztags gebunden seien, andere Schulen aber aus Kostengründen zurzeit noch nicht, sondern sukzessive umgewandelt werden sollten.


Bei der Beantragung von Ganztagsschulen habe der Landkreis immer die gebundene Form beantragt, aber die nicht gebundene auf freiwilliger Basis sei genehmigt worden. Hier wiederhole sich der Vorgang in ähnlicher Weise. Neu sei, dass es nun um zwei Schulformen – Oberschule und andere weiterführende Schulen inkl. IGS - gehe, die man unterschiedlich behandele. Diese Ungleichbehandlung dürfe nicht lange währen; mit Sicherheit sei Unmut bei den Eltern zu erwarten, so der Landrat.


Auf Nachfrage von Herrn Burgenger erklärte der Landrat, Rechtsmittel gegen diese Entscheidung des MK wäre ggf. eine Klage (Rechtsmittelfrist 1 Jahr, da keine Rechtsbehelfsbelehrung). Herr Burgenger empfahl diesen Weg. Kreistagsvorsitzender Pauluschke verwies darauf, es sollte zunächst der Ausgang der anhängigen Klagen des Landkreises Oldenburg abgewartet werden; mit Entscheidungen sei voraussichtlich vor Beginn der Sommerferien zu rechnen. Dann könne über die weitere Vorgehensweise befunden werden.


2. stellv. Landrat Lies empfahl ein deutliches Signal des Kreistages und ggf. eine Klage gegen die Ablehnung aus dem Kultusministerium. Schulträger klagten mittlerweile in großer Geschlossenheit gegen die freiwillige Gründung von Gesamtschulen – wie z B. im Landkreis Oldenburg. In diesen Klagen komme zum Ausdruck, dass dem Elternwillen nicht Rechnung getragen werde.


Vor der Landtagswahl habe man mit großer Deutlichkeit den Elternwillen in Friesland zum Ausdruck gebracht, eine Gesamtschule zu errichten. Wohl alle seien seinerzeit bei der Beschlussfassung davon überzeugt gewesen, dass sie in einer Form gewollt sei, die der IGS Wilhelmshaven entspreche – nämlich als komplett gebundene Ganztagsschule. Die Gesetzgebung habe diese gewollte IGS-Form nicht zugelassen.


Trotzdem sei die Entscheidung für eine IGS Friesland richtig gewesen. Nun aber stehe eine Form der Ungleichbehandlung zur Debatte, die aufzeige, um was es politisch gehe: Die Oberschule mit teilgebundenem Ganztagsbetrieb zu stärken, während bewusst die Gesamtschule geschwächt werde, indem man ihr das teilgebundene Ganztagsangebot nicht zugestehe. Das könne nicht im Sinne des Kreistagsbeschlusses aus 2007 sein; damals sei ein hoher qualitativer Standard mit anderen Maßgaben gewollt gewesen. Es gelte zu demonstrieren, dass man sich dieses Vorgehen nicht gefallen lasse. Eltern, deren Kinder die IGS besuchten, treffe die Ablehnung aus dem Kultusministerium erheblich.


Kreistagsabgeordnete Kindo stellte in Frage, ob sich die Bezeichnung „Integrierte Gesamtschule“ unter den geschilderten Bedingungen überhaupt noch aufrecht erhalten lasse.


Kreistagsabgeordneter Just empfahl. einer Benachteiligung der IGS mit Protest zu begegnen. Eine Klage werde durch die BfB-Fraktion begrüßt. Darin wäre ein Signal für alle Einwohnerinnen und Einwohner in Friesland erkennbar, dass man sich im Sinne der Sache ernsthaft streiten wolle für eine Gleichbehandlung der Schulen. Dabei gehe es um die Ausstattung mit ausreichendem Personal für nachmittags, aber auch um die Frage der Zügigkeit, wo die Ungleichbehandlung ebenfalls deutlich werde. Stets werde die Beachtung des freien Elternwillens betont, hierauf sollte hingewirkt werden.


Kreistagsabgeordneter Husemann erklärte mit Nachdruck, diese vom Landrat angestoßene Verlautbarung könne und werde nicht zu einer landespolitischen Debatte im Kreistag verkommen. In den Wortbeiträgen werde die Sachlage im Lande verdreht und falsch dargestellt. Insofern wäre es wichtig gewesen, den entscheidenden Mittelteil des Schreibens des MK vom 30. Mai 2011 zu zitieren. Hier heiße es:


...Mittelfristig gilt es, den freiwilligen Weg aller Schulformen in die zumindest teilgebundene Ganztagsbeschulung finanziell abzusichern“.


Diese Formulierung sage aus, dass es ein guter Plan sei, diese Schulen umzuwandeln. Dabei gehe es nicht nur um Gesamtschulen und Oberschulen, sondern auch um alle Grundschulen, Förderschulen, Hauptschulen und Realschulen. Sie alle machten sich auf den Weg, Ganztagsschule zu werden und durchliefen ein Antragsverfahren. Für das Land stehe in Zusammenhang mit den Entscheidungen ein enormes finanzielles Risiko und eine riesige finanzielle Belastung des Landeshaushalts. Wenn es signalisiere, diese Schritte in Stufen abzubauen, dann sei dies eine befriedigende Auskunft, deren Umsetzung man abwarten könne.


Die IGS werde vor diesem Hintergrund nicht benachteiligt, denn der Oberschule stehe der Ganztagsbetrieb, zumindest teilgebunden, gesetzlich zu. Daraus abzuleiten, die IGS sei benachteiligt, würde – auf alle Schulformen übertragen – bedeuten, dass auch Grundschulen, Förderschulen usw. durch dieses Gesetz benachteiligt würden. Die Schulträger seien alle im Begriff, Ganztagsschulen zu planen. Stufenweise werde das Land wie angekündigt diesen Anträgen nachkommen. - Die CDU-Fraktion werde angesichts dieser Sachlage eine Klage nicht mit tragen


Kreistagsabgeordneter Burgenger entgegnete, bereits seit rd. 20 Jahren befänden sich die Integrierten Gesamtschulen auf dem Weg zur Ganztagsschule, nun aber genehmige man diese Form für die Oberschulen. Hierin bestehe eine eklatante Ungleichbehandlung durch die Landesregierung.


KTA Lies führte aus, das Oberschulgesetz stelle sich als „Gesamtschulverhinderungsgesetz“ dar, das nun zur Debatte führe. Sie wäre nicht erforderlich gewesen, wenn Schulen gleichen Typs ohne Bevorzugung und Benachteiligung behandelt würden.


Schon seit geraumer Zeit beantragten Schulen, teilgebundene oder gebundene Ganztagsschulen zu werden. Nach welcher Logik – außer, dass der Gesetzgeber ganz bewusst die Bevorteilung der Oberschulen vornehme, indem er bei diesen die Teilgebundenheit regele – sei verteilt worden, welche zurzeit offene Ganztagsschule zukünftig teilgebundene Ganztagsschule werde? Nachvollziehbar wäre diese Logik nur, wenn Maß gebend der Zeitpunkt der Antragstellung wäre. Es erfolge aber eine rein willkürliche Abarbeitung, die nur die Oberschulen als teilgebundene Ganztagsschulen zulasse, die IGSen aber ausschließe.


Kreistagsabgeordnete Schlieper bat um Klärung, wie mit dieser Information des Landrates weiter verfahren werden solle. Denkbar sei auch ein in Kürze stattfindender Schulausschuss, der sich damit auseinander setze, wie der Landkreis Friesland sich zur Ablehnung des Nds. Kultusministeriums positioniere. Heute könne man nur eine Protestnote auf den Weg bringen.


Kreistagsabgeordneter Chmielewski führte aus, mit einer Klageerhebung sei wohl eher nicht zu rechnen, da andere Klagen bereits anhängig seien. Dennoch dürfe die Ablehnung der Landesregierung nicht ohne Reaktion bleiben. Es müsse darum gehen, die Interessen des Landkreises und der Elternschaft wahrzunehmen und dem Land gegenüber Protest zu erheben. Ein Nichthandeln bedeute Stillhalten. - Das Land stelle zwar in seinen Äußerungen die Bildungspolitik in den Vordergrund; wenn es aber um konkrete Zahlen gehe, gingen die Bildungsmittel im Gesamthaushalt unter, so dass regelmäßig weniger Landesgelder dafür bereit stünden als geplant. Insofern gelte es die Versprechungen der Landesregierung durch Druck der Basis einzufordern.


Kreistagsvorsitzender Pauluschke fasste zusammen, im Ergebnis aller Wortbeiträge gebe es im Kreistag zwei Auffassungen: Sich durch Klageerhebung zu wehren oder mit Verweis auf die Bestimmungen des Nds. Schulgesetzes zur Einrichtung von Gesamtschulen nicht zu reagieren.

Jede Partei des Kreistages habe die Möglichkeit, die Erhebung einer Klage zu beantragen. Er persönlich, so Herr Pauluschke, empfehle, den Ausgang der laufenden Klageverfahren des Landkreises Oldenburg abzuwarten. Auch dort sei Gegenstand des Verfahrens die ungleichmäßige Behandlung der Gesamtschulen gegenüber den Oberschulen. Bei Vorliegen eines Richterspruchs sei eine klare Tendenz erkennbar, wie weiter zu verfahren sei. Für Anträge jeder Art sei Zeit genug, zumal für das Schuljahr 2011/2012 ohnehin nichts mehr zu erreichen sei.


Der Kreistag nahm Kenntnis.