Beschluss: zustimmend zur Kenntnis genommen

Abstimmung: Enthaltungen: 1

Beschluss:

1. Die Ausführungen der Verwaltung werden zur Kenntnis genommen.


2. Die Baumaßnahmen aus der Priorität A mit Kosten von ca. 335.000 € werden in den Entwurf zum Haushalt 2013 eingestellt.


3. Die weiteren baulichen Maßnahmen werden wie vorgeschlagen in den Folgehaushaltsjahren bis voraussichtlich zum Jahre 2019 in den jeweiligen Haushalt eingestellt.



In den Sitzungen des Ausschusses für Schule, Sport und Kultur am 01.12.2009, 17.03.2011 und 09.02.2012 wurde bereits ausführlich über die Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen durch das Nds. Schulgesetz berichtet (Stichwort: Einführung der inklusiven Beschulung in Niedersachsen), siehe Vorlagen Nr. 598/2009 vom 18.11.2009, 893/2011 vom 03.03.2011 und 45/2012 vom 09.02.2012.


Der Gesetzentwurf zur Änderung des Nds. Schulgesetzes ist inzwischen vom Niedersächsischen Landtag verabschiedet worden; die Einführung der inklusiven Schule in Niedersachsen tritt zum 01.08.2012 in Kraft.


Gem. § 4 Abs. 2 Satz 4 kann danach ein Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung in den Förderschwerpunkten Lernen, Emotionale und Soziale Entwicklung, Sprache, Geistige Entwicklung, Körperliche und Motorische Entwicklung, Sehen und Hören festgestellt werden.


Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 sollen Förderschulen nach diesen Förderschwerpunkten geführt werden.


Im Landkreis Friesland bestehen folgende Förderschulen:

- Friedrich-Schlosser-Schule
Es ist eine Förderschule mit den Schwerpunkten Lernen und Geistige Entwicklung.
Ca. 270 Schülerinnen/Schüler werden in 27 Klassen unterrichtet in den
Jahrgangsstufen 1 bis 10, in der Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen
und in den Klassen 1 bis 12 in der Förderschule mit dem Schwerpunkt Geistige
Entwicklung

- Pestalozzischule Varel
Es handelt sich um eine Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen.
Ca.175 Schülerinnen/Schüler werden in 17 Klassen unterrichtet in den
Jahrgangsstufen 1 bis 10

- Heinz-Neukäter-Schule
Die Heinz-Neukäter-Schule ist eine Förderschule für Emotionale und Soziale
Entwicklung.
Ca. 85 Schülerinnen/Schüler werden in 9 Klassen unterrichtet in den Jahrgangs-
stufen 1 bis 8

- Sprachheilklassen bei der Grundschule Jungfernbusch
In zwei Grundschulklassen werden 18 Schülerinnen/Schüler unterrichtet.

Generell ist bezüglich des Gesetzes zur Einführung der inklusiven Schule in Niedersachsen festzuhalten, dass

- grundsätzlich alle Schulen inklusive Schulen werden sollen (§ 4),


- aufsteigend ab der ersten und der fünften Klasse die Inklusion in allen Schulen ab dem 01.08.2013 beginnen soll. Im Schuljahr 2012/2013 können die Grundschulen auf freiwilliger Basis die inklusive Beschulung anbieten, wenn der Schulträger hierzu bereit ist
(§ 183 c Abs. 1).

- die Eltern grundsätzlich wählen können, ob Kinder mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung eine allgemeine oder eine Förderschule besuchen sollen,

- wegen der Wahlfreiheit alle Förderschulen mit den jeweiligen Förderschwerpunkten dem Bedarf entsprechend weiter geführt werden sollen. Lediglich der Primarbereich im Förderschwerpunkt Lernen soll schrittweise aufgehoben werden. Dementsprechend soll die Beschulung von Kindern mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf im Bereich Lernen im Primarbereich grundsätzlich an den Grundschulen stattfinden. Die Förderschule soll gleichzeitig sonderpädagogisches Förderzentrum sein, das die gemeinsame Erziehung und den gemeinsamen Unterricht an allen Schulen unterstützen soll
(§ 14),

- eine Übergangsregelung (§ 183 c Abs. 2 und 3) den Schulträgern bis zum 31.07.2018 ermöglichen soll, ihre Schulen den Bedürfnissen entsprechend erst nach und nach zu inklusiven Schulen auszustatten. Bis dahin können die Schulträger ihrer Verpflichtung, die erforderlichen Schulanlagen zu errichten, einzurichten und auszustatten, auch dadurch nachkommen, dass sie sogenannte Schwerpunktschulen bestimmen. Allerdings muss gewährleistet sein, dass die Schülerinnen/Schüler mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung wenigstens eine allgemeine inklusive Schule in zumutbarer Entfernung erreichen können. Dies muss nicht zwingend im Gebiet des Schulträgers liegen,

- in Art. 3 Abs. 2 eine Überprüfung der Auswirkungen des Gesetzes im Jahr 2018 vorgesehen ist. Neben den Aufwendungen für den Schulträger im Hinblick auf z. B. bauliche Änderungen und räumliche Ausstattungen sollen nach der Begründung des Gesetzentwurfes auch die finanziellen Auswirkungen für die Träger der Schülerbeförderung sowie die Sozialhilfeträger bezüglich der Eingliederungshilfe nach SGB XII (z. B. für Integrationshelfer) geprüft werden.

Damit erkennt der Gesetzentwurf im Grundsatz die Konnexität an. Die entstehenden Kosten werden jedoch als nicht erheblich im Sinne von Art. 57 Abs. 4 der Nds. Verfassung angesehen.

Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände weist darauf hin, dass aus ihrer Sicht erhebliche finanzielle Belastungen sowohl im Hinblick auf bauliche Anforderungen und Sachausstattungen, insbesondere aber auch bezüglich der vermehrten Anzahl von einzusetzenden Integrationshelfern zu erwarten sind.

Mithin wird aus der Sicht dieser Arbeitsgemeinschaft ein Konnexitätsanspruch entstehen, der entsprechend der verfassungsrechtlichen Vorgaben unverzüglich auszugleichen ist.

Die Bildungsregion Friesland hat eine Arbeitsgruppe gebildet, die ein Konzept zur Umsetzung der Vorgaben zur Einführung der inklusiven Schule im Landkreis Friesland erarbeiten soll.

Dieses Konzept soll in einer der nächsten Sitzungen des Ausschusses für Schule, Sport und Kultur vorgestellt werden.

Im Zusammenhang mit den genannten Punkten wurde nun durch den Fachbereich 11 in Abstimmung mit dem Bauordnungsamt an jeder einzelnen Schule in der Trägerschaft des Landkreises der konkrete Bedarf an notwendigen baulichen Maßnahmen zur Umsetzung dieses kommenden Gesetzes festgestellt. Im Wesentlichen richten sich diese Vorgaben zu den baulichen Maßnahmen nach der DIN 18040-1:2010-10. Diese Norm regelt die Voraussetzungen der Barrierefreiheit der Gebäude und baulichen Anlagen. Diese Norm gilt für die barrierefreie Planung, Ausführung und Ausstattung von öffentlich zugänglichen Gebäuden und deren Außenanlagen.


Wesentliche Punkte der Barrierefreiheit sind:

  • PKW-Stellplätze,

  • Zugangs- und Eingangsbereiche,

  • Anforderungen an die Türkonstruktionen,

  • Aufzugsanlagen,

  • Toiletten.


In der Tabelle der Anlage sind die wesentlichen und nötigen Baumaßnahmen mit ihren voraussichtlichen Kosten verzeichnet und in Prioritäten aufgestellt.

Die Gesamtkosten der notwendigen baulichen Maßnahmen belaufen sich auf ca. vier Millionen Euro.



Aufteilung der Prioritäten:


Priorität A:

In der Priorität A sollen alle baulichen Maßnahmen umgesetzt werden, die die Erreichbarkeit der Schule gewährleisten. Dieses sind u.a. die Herrichtung von Rampen in den Eingangsbereichen, Herrichtung von PKW-Stellplätzen und bauliche Maßnahmen, die das barrierefreie Erreichen des Gebäudes ermöglichen. Hinzu kommt noch die Herrichtung oder Umrüstung von behindertengerechten WC-Anlagen.


Priorität B:

In der Priorität B sollen alle zwingend notwendigen Fahrstuhlanlagen erstellt oder die vorhandenen Fahrstühle teils umgerüstet werden. Die Fahrstühle der Priorität B sorgen für die barrierefreie Erreichbarkeit u.a. von Fachunterrichtsräumen, Aulen und sonstigen speziell eingerichteten Unterrichtsräumen, deren Infrastruktur ein organisatorisches Umlegen oder Verschieben der Nutzung nicht zulassen.


Priorität C:

In der Priorität C werden vorhandene innere Türanlagen in deren Breite oder Funktion so umgerüstet, dass diese den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.


Priorität D:

In der Priorität D sollen alle weiteren Fahrstühle nachgerüstet werden, die die barrierefreie Erreichbarkeit aller übrigen Gebäudeteile ermöglichen. Diese Fahrstühle sind alle im Einzelfall mit den jeweiligen Schulleitungen abzustimmen. Eventuell kann auf einzelne Fahrstühle verzichtet werden, wenn die innere Organisation der Schule es erlaubt eine erdgeschossige Unterrichtsversorgung zu gewährleisten.


Vorgesehener Zeitrahmen der baulichen Umsetzung und deren Kosten:


Die Maßnahmen der Priorität A sollten kurzfristig bereits im Haushaltsjahr 2013 umgesetzt werden. Die Gesamtkosten belaufen sich auf ca. 335.000,- Euro.


Die Nachrüstung der Fahrstühle der Priorität B könnten auf die Haushaltsjahre 2014 bis 2016 aufgeteilt werden. Die Gesamtkosten belaufen sich auf ca. 2,5 Mio. €. Somit würden auf die Haushaltsjahre 2014 bis 2016 ca. 833.000,- Euro entfallen.


Die baulichen Maßnahmen zur Umsetzung der Priorität C könnten im Haushaltsjahr 2017 mit den Gesamtkosten von ca. 360.000,- Euro erfolgen.


Die Installation der Fahrstühle der Priorität D könnte ggf. - wenn überhaupt notwendig -

wiederum auf mehrere Haushaltsjahre aufgeteilt werden (Gesamtkosten ca. 700.000,- Euro). Die baulichen Maßnahmen würden entsprechend den schulischen Bedürfnissen in den Haushaltsjahren 2018 folgende umgesetzt werden.


Die gesetzlichen Vorgaben würden grundsätzlich entsprechend den v.g. Vorschlägen erfüllt werden können.



Herr Janzen erläuterte kurz die Vorlage und beschrieb die Punkte der Prioritätenliste und verwies für genauere Einzelheiten auf die sehr detaillierten Ausführungen der Vorlage; er stünde dem Ausschuss für Rückfragen und Einzelauskünfte zur Verfügung.


Ergänzend erläuterte Frau Vogelbusch die Problematik der sogenannten Konnexität:

wenn das Land Niedersachsen seinen Kommunen eine bestimmte Aufgabe überträgt und dies zu einer wesentlichen Mehrbelastung führt, muss das Land gleichzeitig für Ausgleich sorgen, indem es Bestimmungen über die Deckung der Kosten trifft oder selbst finanziellen Ausgleich zahlt. Das Land Niedersachsen sieht keine „wesentliche“ Mehrbelastung durch die Herstellung der Schulen durch die Schulträger zur Erfüllung der Barrierefreiheit.

Im Kulturausschuss des Niedersächsischen Landkreistages wurde eine Dokumentation aller anfallenden Aufwendungen zur Erfüllung dieser rechtlichen Verpflichtungen vereinbart. Hierzu gehören auch die weiteren Kosten zum Beispiel für die Beiordnung von Integrationshelfern zur Unterstützung des Schulbesuchs.







Im Anschluss an diesen Tagesordnungspunkt wurde aus dem Ausschuss eine Zwischenfrage über den Baufortschritt beim sogenannten Oberstufengebäude des Mariengymnasiums gestellt. Herr Janzen griff die Frage auf und betonte nach derzeitigem Sachstand die termingerechte Einhaltung der Sanierungs- und Erweiterungsmaßnahmen. Lediglich die Ausschreibungsergebnisse der einzelnen Gewerke weisen aufgrund der derzeitigen guten konjunkturellen Lage Kostenerhöhungen gegenüber den ermittelten Kostenschätzungen aus. Erst nach dem Vorliegen sämtlicher Ausschreibungsergebnisse kann über einen Regelungsbedarf über den Haushalt 2013 befunden werden.