Beschluss: mehrheitlich beschlossen

Beschluss:

Die Wiedereinführung wurde abgelehnt.



- Entwicklung der Sach- und Rechtslage -



1) Initiative der Verkehrsministerkonferenz im April 2011 und Verordnungsentwurf



Anlässlich der Verkehrsministerkonferenz im April 2011 wurde auf Initiative einiger Bundesländer der Bund gebeten, eine Rechtsänderung der Fahrzeugzulassungsverordnung (FZV) herbeizuführen, die die Wiedereinführung von auslaufenden Unterscheidungskennzeichen (wie z.B. JEV) ermöglicht.

Dies führte bundesweit zu lebhaften Diskussionen über die Notwendigkeit dieser Änderung. U.a. hatte sich auch der Nds. Landkreistag dagegen ausgesprochen und dagegen beim zuständigen Verkehrsministerium interveniert.

Belebt wurde die Diskussion zusätzlich durch die Untersuchung des Prof. Dr. Ralf Bochert der Hochschule Heilbronn, der durch die sog. „Heilbronner Initiative“ im Oktober 2011 eine Befragung in den Kreisstädten durchführte, die früher einmal ein kreisstadt-bezogenes Kennzeichen geführt hatten.

Diese Befragung wurde u.a. auch in der Stadt Jever durchgeführt.

Lt. diesem Gutachten wurden in Jever insgesamt 228 Personen befragt. Unter den 228 Befragten waren 183 Bürger, die in Jever leben, also mithin 80%.

Nach Angaben des Instituts sprachen sich 70,8 % der 228 Befragten für die Wiedereinführung des JEV-Kennzeichens aus.

Fortan wurde in den Medien darüber berichtet, dass sich über 70 % „der Bürger“ für die Wiedereinführung ausgesprochen haben sollen.

Inwieweit dieses Ergebnis als repräsentativ für den gesamten Landkreis zu werten war, wurde dabei allerdings selten hinterfragt.

Im November 2011 hatte der Nds. MW die betroffenen Landkreise gebeten, mit den Kommunen des Landkreises einvernehmlich abzustimmen, ob auslaufende Unterscheidungskennzeichen (UKZ) wieder eingeführt werden sollen. Dies wurde verbunden mit der Maßgabe, dass keine zusätzlichen Kosten und keine zusätzliche Bürokratie entstehen dürfen.



2) Beschluss des Landkreises Friesland



Daraufhin beschloss der Kreisausschuss am 08.02.2012 (Vorlage 29/2012), dass das „FRI-Kennzeichen“ als identitätsstiftende Klammer für alle Einwohner Frieslands beibehalten werden sollte und dass das "JEV" für den Landkreis Friesland nicht zusätzlich wieder eingeführt werden soll.

Der Beschluss wurde von allen Gemeinden mitgetragen.



3) Änderung / Erweiterung des Verordnungsentwurfes: Ausgabemöglichkeit von mehreren UKZ

Im März 2012 unterrichtete der NLT darüber, dass nach dem neuesten Verordnungsentwurf, der dem Bundesrat vorlag, nicht mehr nur evtl. die auslaufenden UKZ wieder eingeführt werden können, sondern generell mehrere UKZ je Zulassungsbehörde freigegeben werden sollen. Begründet wurde dies durch verfassungsrechtliche Bedenken, diese Möglichkeit nur auf auslaufende Kennzeichen zu beziehen.

Hierdurch wurde nicht nur die Diskussion über das JEV-Kennzeichen wieder neu entfacht, sondern noch ausgeweitet, weil jetzt theoretisch noch mehrere andere Unterscheidungskennzeichen wie z.B. VAR, BOC, ZET, JEV, SAN, SCH möglich wären –vorausgesetzt, diese Kombinationen wären bundesweit noch frei.

Dieser Verordnungsentwurf löste wiederum lebhafte Diskussionen auch in den Medien aus. Der NLT hatte sich im Vorfeld vehement gegen die Ausweitung der UKZ ausgesprochen und dazu aufgefordert, die bereits anlaufende „Vorreservierung“ neuer UKZ zu stoppen.



4) Beschluss eines geänderten VO-Entwurfes und Inkrafttreten der ÄndVO zur FZV am 01.11.2012 (Streichung der Möglichkeit der Ausgabe mehrerer UKZ, nur Ausgabe von auslaufenden UKZ möglich)



Der Bundesrat hat dann am 21.09.12 dem Verordnungsentwurf –allerdings mit Änderungen- zugestimmt.

Auf Antrag u. a. der Länder Niedersachsen, Bayern und Sachsen wurde die Möglichkeit der Ausweitung auf mehrere UKZ im Entwurf wieder gestrichen und nur die Möglichkeit der Einführung von evtl. auslaufenden Kennzeichen beschlossen, weil verfassungsrechtliche Bedenken nicht gesehen wurden.

Die entsprechende Änderung der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) trat dann zum 01.11.2012 in Kraft.

Seitdem können die betreffenden Landkreise die Wiederausgabe auslaufender UKZ über das jeweilige Landes-Verkehrsministerium beantragen.

In Niedersachsen haben davon Gebrauch gemacht die Kreise/kreisfreien Städte Aurich (NOR), Göttingen (DUD und HMÜ), Goslar (BRL und CLZ), Hildesheim (ALF), Northeim (EIN und GAN), Rothenburg (BRV) und Schaumburg (RI).



5) Bürgerbeteiligungsplattform LiquidFriesland



Über die Online-Bürgerbeteiligungsplattform LiquidFriesland wurde das Thema noch einmal zur Diskussion gestellt und beantragt, dass der Landkreis noch einmal über die Einführung des JEV-Kennzeichens neu entscheiden solle.

Auch die Presse griff dieses Thema noch einmal auf. U. a. wurde berichtet, „dass das FRI-Kennzeichen kaum bekannt sei“ und häufig mit „Friesoythe“ verwechselt werden würde. Dagegen würde JEV überall bekannt sein und deshalb auch wesentlich „werbewirksamer“ sein. Andere schlugen vor, dass man ja auch durch einen einfachen „Jever-Aufkleber“ Werbung für seine Heimatstadt betreiben könne, dafür müsse nicht das Kennzeichen „missbraucht“ werden. Außerdem finde das JEV-Kennzeichen ja hauptsächlich nur bei einer Minderheit der friesischen Bürger Interesse.

Inzwischen ist das Thema auf LiquidFriesland geschlossen worden: Die Abstimmung ergab 37-ja und 37-nein-Stimmen bei 26 Enthaltungen. Der Antrag wurde deshalb nicht angenommen.



6) Kosten / Aufwand / mögliche Einnahmen



Durch die zusätzliche Ausgabe des JEV-Unterscheidungskennzeichens würden Kosten entstehen.

Zum einen wären diverse Softwareanpassungen nötig. Nach Aussage der Softwarefirma (zuständig für Kfz-Anwendung und Wunschkennzeichen online) sind ca. 2 Personentage Aufwand einzuplanen. Es könnten noch zusätzliche Hardwareressourcen benötigt werden.

Daneben würde ein Mehraufwand beim täglichen Geschäftsverkehr in der Zulassungsstelle entstehen (höhere Fehlerquelle, Zeitaufwand zur Klärung unklarer Anträge, höherer Erfassungsaufwand und diverse Anpassungen, weil in allen Programmen „FRI“ voreingestellt ist).

Als zusätzliche Einnahme für den Landkreis würden durch reine Umkennzeichnungen (von FRI auf JEV) Mehreinnahmen von rund 40,-- € pro Fall entstehen.

Für die Anfertigung neuer Kennzeichenschilder muss der Antragsteller zusätzlich noch ca. 38,-- € bei den privaten Schilderstellen einplanen.

Inwieweit Fahrzeughalter dann bei den von ihnen zu tragenden Kosten von immerhin knapp 80,-- € für den Umtausch (Umkennzeichnung) tatsächlich von der Möglichkeit Gebrauch machen würden, ist nicht abschätzbar.

Erfahrungsgemäß würden anfänglich vermehrt zu erwartende Umkennzeichnungsanträge aber schon nach kurzer Zeit wieder zurückgehen. Diese Erfahrungen hat inzwischen z.B. auch der LK Aurich mit dem „NOR“-Kennzeichen gemacht.

Nach dieser temporären „Umkennzeichnungswelle“ wird i.d.R. nur noch bei Fahrzeugzulassungen / Umschreibungen entweder das FRI oder JEV-Kennzeichen betragt, was aber keine Zusatzeinnahmen nach sich ziehen würde.

Schon jetzt gibt es die Möglichkeit, auch bei Umschreibungen innerhalb des Landkreises ein anderes FRI-Kennzeichen zu bekommen als das bisher zugeteilte. Die Gebühr für diese Umschreibungen ist etwas höher, als wenn das bisherige Kennzeichen beibehalten werden würde. Dennoch wird hiervon schon jetzt überwiegend Gebrauch gemacht. Die Möglichkeit in ein JEV-Kennzeichen umzutauschen, würde also auch hier keine Mehreinnahmen mehr nach sich ziehen.

Dem Argument –wie auch von Heidelberger Institut angeführt-, dass hier durch Umtausch der Kennzeichen auch langfristig hohe Mehreinnahmen für den Landkreis zu erzielen wären, kann deshalb von hier nicht gefolgt werden.


Im Ergebnis sollte der o.g. Beschluss des Kreisausschusses des Landkreises Friesland vom 08.02.2012 aufrecht erhalten und die Wiedereinführung des Kfz.-Kennzeichens „JEV“ abgelehnt werden.



Über die Wiedereinführung des Unterscheidungszeichens „JEV“ gab es zum Teil recht emotionale aber sachliche Diskussionen.



Abstimmungsergebnis:

Eine Gegenstimme und eine Enthaltung



Im Anschluss an diesen Tagesordnungspunkt stellte Frau Vogelbusch den Ausschussmitgliedern und der Presse den neu erstellten Aufkleber „Wir lieben Friesland“ vor. Es wurden auch an alle Sitzungsteilnehmer entsprechende Exemplare verteilt, auf Wunsch auch mehrere. Dieser Aufkleber soll auch durch Anbringen an die PKW an geeigneter Stelle die Verbundenheit und Zuneigung der Bürgerinnen und Bürger zu „ihrem“ Landkreis mit allen Gemeinden ausdrücken.