Betreff
Vorstellung der Arbeit des sozialpsychiatrischen Verbundes
Vorlage
110/2007
Art
Beschlussvorlage

Begründung:


In den „Empfehlungen zur Verbesserung der psychiatrischen Versorgung in Niedersachsen“ der Niedersächsischen Fachkommission Psychiatrie ist bereits 1993 dargelegt worden, dass psychiatrische 'Angebote zur Beratung, Behandlung oder Unterstützung psychisch Kranker bislang aufgrund von Initiativen einzelner Personen bzw. Träger und weniger auf der Grundlage einer wechselseitig abgestimmten und am tatsächlichen Bedarf orientierten Planung „eher zufällig und unkoordiniert“ entstanden wären'. Dadurch entsteht eine Vielzahl zersplitterter und isolierter Einrichtungen, die häufig an den Bedürfnissen der Patienten/Klienten vorbeigehen.

Um in den verschiedenen Regionen in sich geschlossenen Hilfesysteme zu etablieren, ist daher die Bildung „Sozialpsychiatrischer Verbünde“ auf kommunaler Ebene vorgeschlagen worden. In diesen sollten

  • sämtliche ambulanten Angebote, die in der Behandlung, Beratung und Betreuung chronisch psychisch Kranker engagiert sind, verknüpft werden,

  • Kommunen und frei gemeinnützige Träger durch wechselseitig geschlossene Versorgungsverträge eine Vollversorgung gewährleisten, an der auch die psychiatrische Klinik durch deren Institutsambulanz und die kassenärztliche Vereinigung für die niedergelassenen Fachärzte teilhaben,

  • engmaschige Hilfesysteme repräsentiert werden, in welchen durch medizinische, soziale und berufliche Rehabilitation die erforderlichen Hilfen gewährleistet werden. In einem fortgeschrittenen Stadium sind die Verbünde – unter kommunaler Koordination – als Zweckverbände zu organisieren.


Die o.g. Vorstellungen finden sich im § 8 und – quasi als exekutives Element dessen – im § 9 des Nds. Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke (NPsychKG) in der Fassung vom 16. Juni 1997 wieder:


§ 8 Sozialpsychiatrischer Verbund

Abs. 1

Die Landkreise ..... bilden Sozialpsychiatrische Verbünde.

Im Sozialpsychiatrischen Verbund sollen alle Anbieter von Hilfen ..... vertreten sein. Der Sozialpsychiatrische Dienst führt dessen laufende Geschäfte.



Abs. 2

Der Sozialpsychiatrische Verbund sorgt für die Zusammenarbeit der Anbieter von Hilfen und für die Abstimmung der Hilfen, um die Versorgung .... sicherzustellen.

Die ... Verbünde in benachbarten Gemeinden sollen zu diesem Zweck zusammenarbeiten.



Abs. 3

Plant ein Anbieter von Hilfen oder dessen Träger eine wesentliche Änderung des Angebots an Hilfen, so hat er den Sozialpsychiatrischen Verbund hierüber unverzüglich zu unterrichten.




§ 9 Sozialpsychiatrischer Plan

Der Sozialpsychiatrische Dienst erstellt im Benehmen mit dem Sozialpsychiatrischen Verbund einen Sozialpsychiatrischen Plan über den Bedarf an Hilfen und das vorhandene Angebot. Der Sozialpsychiatrische Plan ist laufend fortzuschreiben.




Die Etablierung der Verbünde als obligatorische Aufgabe ist durch Finanzzuweisungen des Landes als Anschubfinanzierung – abhängig von der Einwohnerzahl der jeweiligen Gebietskörperschaft – unterstützt worden. Hinsichtlich der Organisationsform, Ausgestaltung bzw. Arbeitsform sind vom Gesetzgeber keinerlei Vorgaben gemacht worden, so dass es landesweit zu recht unterschiedlich strukturierten und arbeitenden Verbünden gekommen ist.


Mit konstituierender Sitzung vom 22. Juni 1998 etablierte sich für den Landkreis Friesland ein Sozialpsychiatrischer Verbund auf der Grundlage von „Vereinbarungsregelungen über den Sozialpsychiatrischen Verbund im Landkreis Friesland“, denen sich jeder organisierte Anbieter von regionalen Hilfen anschließen kann. Eine Liste der beigetretenen Mitglieder mit Stand vom 01. 05. 2007 liegt an (Anlage 1).



Zitat aus der Präambel der „Vereinbarungsregelungen über den Sozialpsychiatrischen Verbund im Landkreis Friesland“:

Alle am Sozialpsychiatrischen Verbund beteiligten Hauptberuflichen, Ehrenamtlichen, Verantwortlichen, Betroffenen und Angehörigen engagieren sich im Sinne eines multiprofessionellen und interdisziplinären Ansatzes auf allen Ebenen gleichberechtigt und freiwillig mit dem Ziel, eine quantitative und qualitative gute ambulante, teilstationäre und stationäre Versorgung von psychisch Kranken und psychisch Behinderten zu erreichen. Dazu ist ein flankierendes, komplementäres Angebot von Hilfen im Bereich Wohnen, Tagesstrukturierung und Beschäftigung mit rehabilitativer Ausrichtung neben den stationären Behandlungsangeboten notwendig.“



Die Geschäftsführung und Koordination des Sozialpsychiatrischen Verbundes Friesland wird über den Sozialpsychiatrischen Dienst, Beethovenstraße 1 in 26441 Jever wahrgenommen.


Mit dem Sozialpsychiatrischen Verbund Wilhelmshaven erfolgt – aufgrund der Zuständigkeit gemeinsamer Träger und Schnittmengen im Versorgungsangebot – eine intensive Kooperation. In der Vergangenheit hat es sowohl gemeinsame Mitgliederversammlungen als auch gemeinsam geplante, organisierte und durchgeführte Veranstaltungen gegeben.


Ein herausragendes Ereignis ist die Planung und Durchführung der „Ersten Friesländer/Wilhelmshavener Tage der Sozial-Psychiatrie“ zum Thema 'Lebenswelten – Menschen zwischen Hilfe und Ausgrenzung' mit Veranstaltungen in Varel, Wilhelmshaven und Jever in der Zeit vom 17. bis 19. Oktober 2002 und eine Ausstellung von Kunstobjekten psychisch erkrankter Menschen in der Nordseepassage WHV in der Zeit vom 20. bis 24. August 2002 gewesen. An Nachmittags- und Abendveranstaltungen haben Fachreferenten Vorträge gehalten, Podiumsdiskussionen durchgeführt, einen Markt der Möglichkeiten mit szenisch-musikalischen Einlagen zu speziellen Themenschwerpunkten in der Versorgungssituation psychisch kranker Menschen unserer Region abgehalten, u.a.m.



Ein weiteres Arbeitsergebnis ist der „Sozialpsychiatrische Plan“, der vom Sozialpsychiatrischen Dienst Friesland auf der Grundlage der Auswertung von Erfassungsbögen auf deskriptiver Ebene als eine „Inventarisierung nach dem Bausteinesystem erstellt und quasi als Katalog in Form einer „Loseblatt-Sammlung“ zur Verfügung gestellt wird.


Zu den derzeitigen Aufgaben des Sozialpsychiatrischen Verbundes Friesland:

Bis Januar 2004 haben ein 1. Vorsitzender und ein Stellvertreter den Sozialpsychiatrischen Verbund Friesland nach außen vertreten. Um allen Mitgliedern die Chance zur Verbesserung und Akzentuierung der inhaltlichen Arbeit zu ermöglichen, hat sich die Mitgliederversammlung den Auftrag gegeben, thematisch abgegrenzte Arbeitsgruppen zu bilden:

Arbeitsgruppe 1: Kinder- und Jugendpsychiatrie

Arbeitsgruppe 2: Suchterkrankungen

Arbeitsgruppe 3: Gerontopsychiatrie

Arbeitsgruppe 4: Allgemeine Psychiatrie



Diese Arbeitsgruppen sind Bestandteile des Verbundes und nehmen eigenständig und autonom ihre jeweiligen Aufgaben wahr. Jede Mitgliedsorganisation kann sich durch ihre MitarbeiterInnen an beliebig vielen Arbeitsgruppen beteiligen. Die Gruppen geben sich eine zweckmäßige Arbeits- und Informationsstruktur und können externe Fachkräfte, Experten usw. hinzuziehen. Die jeweiligen Arbeitsvorhaben und deren Ergebnisse werden im zweimal jährlich stattfindenden Plenum allen Mitgliedern vorgestellt und erörtert (Anlage 2).



Auf den zweimal jährlich stattfindenden allgemeinen großen Mitgliederversammlungen werden neben den Ergebnissen der Arbeitsgruppen auch allgemein interessierende Themen aufgegriffen und bearbeitet, wie zum Beispiel:

Vorstellung und Erörterung der „Empfehlungen des Landesfachbeirats Psychiatrie zur

Dokumentation,

Information und aktueller Sachstand zu Hartz IV,

Organisation von Fortbildungsveranstaltungen,

• „Integrierte Versorgung“ nach dem Gesundheitsreformgesetz (GRG) im

Zusammenwirken niedergelassener hiesiger Fachärzte und einem Maßnahmeträger,

• „Psychose und Sucht“, vertiefende Darstellung und Erörterung eines drängenden

Problems,

• „Trägerübergreifendes Persönliches Budget“ (§ 57 SGB XII),

Informationen zur „Forensischen Institutsambulanz“ beim LKH-Wehnen, u.a.m.



Beschlussvorschlag:


Der Ausschuss für Familie, Senioren und Soziales nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.


Finanzielle Auswirkungen: Nein

Gesamtkosten der Maßnahmen (ohne Folgekosten)

Direkte jährliche Folgekosten

Finanzierung:


Eigenanteil

objektbezogene Einnahmen



Sonstige einmalige oder jährliche laufende Haushaltsauswirkungen


Erfolgte Veranschlagung:Ja, mit € Nein

im Verwaltungshaushalt Vermögenshaushalt Haushaltsstelle:


___ _________________________

Sachbearbeiter/in Fachbereichsleiter/in

Sichtvermerke:

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Abteilungsleiter Kämmerei Landrat

Beratungsergebnis:

Einstimmig

Ja-Stimmen



Nein-Stimmen



Enthaltungen



Kenntnisnahme

Lt. Beschluss­vorschlag

Abweichender Beschluss



Anlagen:


Nr. 1: Liste der Mitglieder des Sozialpsychiatrischen Verbundes Friesland


Nr. 2: Protokollierte Arbeitsergebnisse der vier Arbeitsgruppen des

Sozialpsychiatrischen Verbundes Friesland (beispielhaft)