Begründung:
Die
Firma Electrabel Kraftwerk Wilhelmshaven GmbH & Co. KG
beabsichtigt im Rüstersieler Groden nördlich des
E.O.N.-Kraftwerkes ein Steinkohlekraftwerk der 800 MW-Klasse zu
errichten und zu betreiben. Die Anlage soll im Jahre 2011 in Betrieb
genommen werden und Strom in das öffentliche Netz einspeisen.
Die Versorgung des Kraftwerkes mit Steinkohle erfolgt über die
Niedersachsenbrücke.
Für die Durchflusskühlung
wird Wasser aus der Jade entnommen und nach Durchlaufen der
Kühlaggregate wieder in die Jade eingeleitet.
Electrabel
wird die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die
Errichtung und den Betrieb des Kraftwerkes in einem gestuften
Genehmigungsverfahren mit mehreren Teilgenehmigungen beantragen.
Die beantragte 1. Teilgenehmigung beinhaltet
- die
Baufeldfreimachung sowie die Errichtung und Herstellung der
Erschließungs-
straßen, Büro- und
Sanitärcontainer, Lagerhallen, Werkstätten, Strom- und
Wasser-
anschlüssen pp.,
- die Errichtung des
Maschinenhauses, des Kesselshauses, der Rauchgasreinigung
und
des Schornsteins sowie der Silos für die Rest- und
Hilfsstoffe,
- die Errichtung des Kühlwasserpumpenhauses
und des Kraftschlussbeckens;
- die Errichtung der landseitigen
Kühlwasserleitungen einschl. Deichquerungen und
- die
elektrische Anbindung bis zur kraftwerkseitigen Schaltanlage.
Die
1. immissionsschutzrechtliche Teilgenehmigung beinhaltet
die
Baugenehmigung nach der Nds. Bauordnung,
die notwendigen
deichrechtlichen Erlaubnisse und Ausnahmegenehmigungen,
die
strom- und schifffahrtspolizeiliche Genehmigung nach dem
Wasserstraßen-
gesetz,
Befreiungen nach dem
Bundes-Naturschutzgesetz bezüglich artenschutzrecht-
licher
Verbotstatbestände und
Ausnahmen von den Bestimmungen
des Nds. Naturschutzgesetzes bezüglich
gesetzlich
geschützter Biotope.
Die Firma Electrabel hat
beantragt, den vorzeitigen Baubeginn für die mit der 1.
Teilgenehmigung verbundenen Maßnahmen zuzulassen.
Für
die Durchführung des Genehmigungsverfahrens ist das Staatliche
Gewerbeaufsichtsamt Oldenburg zuständig, das am 14.12.2007 auf
das beantragte Genehmigungsverfahren hingewiesen und die Anträge
und Planungsunterlagen öffentlich ausgelegt.
Der
Landkreis Friesland ist als Träger öffentlicher Belange an
dem Verfahren beteiligt.
Die Frist, um Anregungen oder
Bedenken vorzutragen, läuft am 11.02.2008 ab.
Nach
erster Prüfung der Unterlagen durch die Verwaltung wird dazu wie
folgt ausgeführt:
Immissionsschutz:
Nach den eingereichten Antragsunterlagen und den darin
enthaltenen Gutachten sind die Immissionen in Form von Staub,
Schadstoffen und Lärm in der bewohnten Nachbarschaft zum
Kraftwerkstandort so gering, dass die geltenden Richtwerte und
Irrelevanzgrenzen unterschritten werden. Danach wären auf dem
Gebiet des Landkreises Friesland keine vom Kraftwerk
ausgehenden Immissionen zu erwarten, die nicht mehr tolerierbar
sind.
Festzustellen ist, dass hier anscheinend nur das
geplante Kraftwerk selbst im Fokus der
Emissions-/Immissionsbetrachtung stand. Die bereits bestehenden
Vorbelastungen durch das vorhandene Kohlekraftwerk, die vorhandene
Kohlelagerung und die weiteren Industrieanlagen sowie durch die
geplanten umfangreichen Anlagen des unmittelbar nördlich des
geplanten Kohlekraftwerkes liegenden Jade-Weser-Ports sind hier
gegebenenfalls nicht ausreichend berücksichtigt worden. Durch
Überlagerung der Emissionen aus den o. g. Anlagen kann sich die
Immissionssituation für die Gemeinde Wangerland und insbesondere
den Fremdenverkehrsstandort Hooksiel wesentlich ungünstiger
darstellen, als dies in den Antragsunterlagen prognostiziert wird.
Aus immissionsschutzrechtlicher Sicht muss sichergestellt
sein, dass die bestehenden und die zu erwartenden Vorbelastungen
durch alle industriellen Emittenten bei der Bewertung ausreichend
berücksichtigt werden. Es ist der Nachweis zu erbringen,
werden, dass die Immissionen auf dem Gebiet des Landkreises Friesland
auch durch Überlagerungseffekte nicht das zulässige Maß
überschreiten können.
Naturschutz
und Landschaftsschutz:
Aus naturschutzfachlicher Sicht
sind noch folgende Fragestellungen im Zulassungsverfahren zu klären:
Es ist nachzuweisen, dass es durch die Einleitung von zusätzlichem Kühlwasser in die Jade hier nicht zu einer nicht mehr tolerierbaren Veränderung der Lebensraumbedingungen kommt. Es ist bekannt, dass es in der Jade während einer Tide nicht zu einem vollständigen Austausch der Wassermassen kommt. So findet z.B. ein vollständiger Wasseraustausch im Jadebusen erst innerhalb einer Jahres statt. Hierbei ist auch die allgemein festzustellende Tendenz zur Erwärmung der Nordsee und der küstennahen Bereiche zu berücksichtigen, die bereits zum Auftreten von bisher fremden Arten geführt. Die Auswirkungen von derartigen Artenverschiebungen, d.h. das Verschwinden bzw. das Verdrängen von Arten und das Auftreten neuer Arten ist zu berücksichtigen und zu bewerten.
Die Auswirkungen von Immissionen auf das Umfeld von Wilhelmshaven, die durch das projektierte Kraftwerk hervorgerufen werden, sind zu bewerten. Hierzu gehören die Auswirkungen auf den Menschen aber auch auf die Standortbedingungen von Pflanzen und Tieren.
Die Abführung des gewonnenen Stroms gehört ursächlich mit zu der Planung. Bereits heute ist das Umfeld von Wilhelmshaven erheblich durch Leitungs- und Kabeltrassen tangiert, die es immer schwieriger werden lassen neue Trassen zu finden, die konfliktarm zu verwirklichen sind. Die Unterlagen sind entsprechend zu ergänzen.
Der Bau des Kraftwerks ist mit Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden. Nach der Naturschutzgesetzgebung des Bundes und des Landes Niedersachsen sind hierfür Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen notwendig. In den Unterlagen wird hier auf eine zu gründende Stiftung verwiesen, die die Kompensationsmaßnahmen verwirklichen soll. Die Erfahrung mit anderen Großprojekten in Wilhelmshaven lehrt, dass im Stadtgebiet Kompensationsmaßnahmen nur sehr gegrenzt möglich sind. Vorhabenträger sind gezwungen, auf das Umland auszuweichen. Durch zahlreiche Großvorhaben wie den Bau des JadeWeserPorts und andere geplante Vorhaben werden bereits heute Flächen in großem Umfang in Anspruch genommen. Es wird zunehmend schwieriger, geeignete Bereiche in ausreichender Größe zu finden, in denen die notwendigen Kompensationsmaßnahmen durchgeführt werden können. Institutionen wie die Flächenagentur Region Friesland-Wittmund-Wilhelmshaven oder die Naturschutzstiftung Region Friesland-Wittmund-Wilhelmshaven erleichtern zwar die Organisation der Flächen und stehen auch für Vorhaben in der Region zur Verfügung. Notwendig ist jedoch eine intensive, längerfristig angelegte Zusammenarbeit, um das notwendige Einvernehmen und die erforderliche Akzeptanz für den Bedarf und letztendlich die Inanspruchnahme von Flächen herstellen zu können.
Raumordnung:
Für den Landkreis Friesland liegt ein rechtskräftiges regionales Raumordnungsprogramm 2003 vor, dass es zu berücksichtigen gilt, sofern durch die Planungen Bereiches des Landkreises betroffen sind. In diesem Zusammenhang wird der Landkreis Friesland im Rahmen des Genehmigungsverfahrens auf folgende Aspekte hinweisen:
1. Gesamtkonzeptionelle Diskussion des Vorhabens,
Überlegungen zur
Trassierung von Stromableitungen
Die
vorliegende Planung der Fa. Electrabel hat zunächst den Bau
eines 800 MW Kohlekraftwerks zum Inhalt. Darüber hinaus muss
bereits jetzt über den notwendigen Stromabfluss diskutiert
werden. Hierzu werden in den Antragsunterlagen keine Aussagen
dargestellt.
Im
Rahmen der Änderung und Ergänzung des LROP Niedersachsen,
wurde Aussagen zu weiteren Leitungstrassen getroffen. Es ist
darzustellen, wie die Ableitung des gewonnen Stroms des
Kohlekraftwerkes erfolgen soll.
Weiter
erscheint es aus Sicht des Landkreises Friesland notwendig eine
gesamtkonzeptionelle Entwicklungsperspektive für die
Stromerzeugung und den Stromabfluss von verschiedenen
Energieeinrichtungen im Küstenraum zu skizzieren, um auch
Belastungsgrenzen für
den Küstenraum definieren zu können. Es wird gleichermaßen
hierbei auf die Berücksichtigung der Bauleitplanungen und
Siedlungsentwicklungbereiche der Städte und Gemeinden als zu
berücksichtigende Belange verwiesen. Hervorgehoben wird hier
insbesondere das interkommunale Industrie- und Gewerbegebiet
JadeWeserPark.
Zu einem Gesamtkonzept gehört insbesondere
die unvorhereingenommene Prüfung einer Nutzung des Kühlwassers
durch ein Fernwärmenetz. Anstatt durch die Einleitung in die
Jade weitere ökologische Probleme zu schaffen, kann eine
Fernwärmenutzung des Kühlwassers zur Verringerung von
CO2-Emissionen beitragen und so die CO2-Bilanz des Vorhabens
insgesamt verbessern. Diese Möglichkeit wurde in der bisherigen
Diskussion zu wenig berücksichtigt.
Bereits im Scopingverfahren wurde gefordert, dass eine gezielte Zusammenarbeit und betriebswirtschaftliche Abstimmung zwischen den einzelnen Energieversorgern und dem Antragsteller erreicht werden muss, damit Synergieeffekte z.B. bei der Leitungsnutzung genutzt und zusätzliche Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes vermieden werden können. Vor diesem Hintergrund wäre aus Sicht des Landkreises eine Einbeziehung der Planungen der Fa. E.ON zielführend.
2.
Auswirkungen auf den Tourismus
Der Landkreis Friesland als Küstenlandkreis stellt eine bedeutende Tourismusregionen dar. Insbesondere in der Gemeinde Wangerland stellt der Fremdenverkehr einen Hauptwirtschaftszweig dar. Bei der Realisierung von Energieeinrichtungen gilt es vor diesem Hintergrund negativen Auswirkungen durch Emissionen/ Immissionen sowie die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und der Erholungslandschaft und damit nicht verträglichen Auswirkungen auf die Tourismusstandorte im Landkreis Friesland zu vermeiden. Dies gilt insbesondere für die auch als Vorranggebiete für Erholung im Regionalen Raumordnungsprogramm des Landkreises Friesland dargestellten Küstenorte Hooksiel und Hormuersiel mit ihrem Umfeld. Sie weisen eine besondere Wertigkeit für die Erholung auf und müssen entsprechende Entwicklungsperspektiven auch zukünftig realisieren können.
Zusammenfassend
sind die Auswirkungen der o.a. Planungen auf die Tourismusstandorte
im Landkreis Friesland umfassend zu prüfen. Es ist auf eine
ganzheitliche Diskussion der Verträglichkeit des Vorhabens
hinzuwirken und die Stromableitung mit einzubeziehen.
Soweit sich bei der fachlichen Prüfung der Unterlagen noch weitere Erkenntnisse ergeben, wird die Verwaltung im Ausschuss ergänzend vortragen.
Der
Projektkoordinator von Electrabel, Herr Albers, wird dem
Umweltausschuss das Projekt vorstellen und stellt sich auch den
Fragen des Ausschusses.
Der Landkreis Friesland bittet
Electrabel
a) einen höchstmöglichen Effizenzgrad
anzustreben,
b) die Kraft-Wärme-Koppelung (KWK)
einzuführen,
c) eine CO2-Abscheidung zu prüfen.
Beschlussvorschlag:
Der
Ausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.
Finanzielle Auswirkungen: Nein |
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Gesamtkosten der Maßnahmen (ohne Folgekosten) |
Direkte jährliche Folgekosten |
Finanzierung:
Eigenanteil objektbezogene Einnahmen
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Sonstige einmalige oder jährliche laufende Haushaltsauswirkungen
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€ |
€ |
€ |
€ |
€ |
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Erfolgte Veranschlagung:Ja, mit € Nein |
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___ ______________________Peters___ Sachbearbeiter/in Fachbereichsleiter/in |
Sichtvermerke: ____________ ________________ ________________ Abteilungsleiter Kämmerei Landrat |
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Beratungsergebnis: |
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Einstimmig |
Ja-Stimmen
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Nein-Stimmen
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Enthaltungen
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Kenntnisnahme |
Lt. Beschlussvorschlag |
Abweichender Beschluss |
Anlagen:
Kurzfassung des Genehmigungsantrages zur Errichtung und zum Betrieb des Kraftwerkes.