Betreff
Künftige Aufgabenwahrnehmung der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) im Landkreis Friesland
Vorlage
399/2008
Art
Beschlussvorlage

Begründung:

Mit seinem Urteil vom 20. Dezember 2007 hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die Arbeitsgemeinschaften (ARGEn) nach § 44 b SGB II in ihrer jetzigen Form nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sind und den Bundesgesetzgeber aufgefordert, bis zum 31. Dezember 2010 eine verfassungsgemäße Neuregelung zur Wahrnehmung der Aufgaben nach dem SGB II herbeizuführen.


Die Entscheidung hat die politische Diskussion auf Bundes- und auf Landesebene über die Neugestaltung der Organisationsstrukturen im Bereich des SGB II neu entfacht. Das Land Niedersachsen hat durch einen fraktionsübergreifenden Antrag „Den Fortschritt sichern, Arbeitslosigkeit bekämpfen, Bürokratie vermeiden“ (LT-Drs. 16/613) bereits im Juni 2008 ein wichtiges Zeichen gesetzt.


Die Länder haben sich im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in der Arbeits- und Sozialministerkonferenz (ASMK) am 14. Juli 2008 darauf verständigt, eine gemeinsame Aufgabenwahrnehmung von Bundesagentur für Arbeit und Kommunen verfassungsrechtlich zu gewährleisten. Gleichzeitig haben sie sich auch für den verfassungsrechtlich abgesicherten Fortbestand des bisherigen Optionsmodells ausgesprochen.


Der Bund war aufgefordert worden, gemeinsam mit den Ländern einen entsprechenden Lösungsvorschlag zu erarbeiten. Das BMAS hat mit Stand vom 23. September 2008 hierzu ein Eckpunktepapier vorgelegt. Dieses sieht als Nachfolgemodell für die ARGEn künftig die Errichtung von „Zentren für Arbeit und Grundsicherung“ (ZAG) als Mischbehörden auf der Grundlage eines Bundesgesetzes vor, wonach die Leistungsträger Bundesagentur für Arbeit und die Kommunen für ihre jeweiligen Aufgabenbereiche verpflichtet werden, diese einheitlich im ZAG wahrzunehmen. Das gilt auch für die sozialintegrativen Leistungen der Kommunen. Weiterhin soll jeder Aufgabenträger einen unbeschränkten Weisungsdurchgriff auf seinen jeweiligen Aufgabenbereich erhalten.


Da die Bundesagentur für die aktiven Leistungen zuständig ist und dem Bund die Aufsicht über die Bundesagentur zukommt, ist auf diesem Weg künftig ein noch stärkeres Hineinregieren des BMAS in die ZAG zu erwarten. Damit bleiben die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte für die Kommunen sogar hinter dem jetzigen

schon nicht zufriedenstellenden – Status Quo zurück.


Infolgedessen haben die Arbeits- und Sozialminister der Länder auf ihrer Konferenz am 13./14. November 2008 einen weiteren einstimmigen Beschluss zur Neugestaltung der Organisationsstrukturen im SGB II gefasst. Der Vorschlag des Bundes, neben dem Versicherungszweig der BA eine eigenständige „Organisationseinheit SGB II“ zu etablieren, ist von den Ländern im Ansatz begrüßt worden. Weiterhin halten die Länder als Grundlage für eine gemeinsame Aufgabenwahrnehmung die Grundidee der Rahmenvereinbarung aus August 2008 für geeignet, wonach die Umsetzungsverantwortung beim ZAG und die Gewährleistungsverantwortung bei den Einzelträgern liegen sollte. Daneben halten die Länder es aber für erforderlich, angemessene und gesetzlich abgesicherte Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte für sich zu erhalten.


Der Fortbestand des bisherigen Optionsmodells wird zwar als unstreitig betont.

Der Vorschlag des BMAS, die Aufsicht über die zugelassenen kommunalen Träger künftig auf den Bund zu übertragen, wird als nicht akzeptabel zurückgewiesen.

Allerdings wird der im Einvernehmen mit dem BMAS gefasste Beschluss vom 14. Juli 2008 bezüglich der Ausweitung des Optionsmodells unterschiedlich interpretiert. Die Mehrheit der Länder hat sich aber für eine einfach gesetzliche Möglichkeit zur Ausweitung des Optionsmodells ausgesprochen. Diese strittige Frage soll auf der Ebene der Regierungschefs der Länder und der Bundeskanzlerin geklärt werden.


Zeitgleich zur letzten ASMK hat der Niedersächsische Landtag am 14. November 2008 einen Entschließungsantrag der Regierungsfraktionen „Wahlfreiheit für Kommunen gestalten – Optionsmodell dauerhaft im Grundgesetz absichern“ (LT-Drs. 16/613) angenommen.


Darin wird zugunsten der niedersächsischen Kommunen gefordert, aufbauend auf den bisherigen Erfolgen der bestehenden Optionskommunen ein weiteres Signal zu geben, weil eine unbeschränkte Wahlfreiheit der Kommunen zwischen dem Nachfolgemodell der Arbeitsgemeinschaft und der Option weder Bestandteil des ASMK-Beschlusses vom 14. Juli 2008 noch des Eckpunktepapiers des BMAS vom 23. September 2008 ist.


Zusammenfassend ist festzustellen, dass auch der ASMK-Beschluss vom 14. November 2008 für das Nachfolgemodell der ARGEn keine gleichberechtigte Zusammenarbeit von Arbeitsagenturen und Kommunen sicherstellt. Daher ist zu befürchten, dass die Rahmenbedingungen des Nachfolgemodells ZAG sogar noch hinter die bisherigen Gestaltungsmöglichkeiten zurücktreten.


Von daher erachten die politischen Gremien und die Verwaltung des Landkreises Friesland als einzige Lösung die kommunale Option. Dies auch vor dem Hintergrund, dass zukünftig eine Zusammenarbeit im ZAG verpflichtend ist und keine Ausweichmöglichkeit in eine getrennte Aufgabenwahrnehmung mehr bestehen wird.


Die bundesweit insgesamt 69 Optionskommunen haben erfolgreich gezeigt, dass eine einheitliche und eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung den individuellen Bedürfnissen der von Langzeitarbeitslosigkeit betroffenen Personen und auch der Erwartungshaltung der örtlichen Wirtschaftsbetriebe am besten entspricht.


Um im Wirtschaftsraum Weser-Ems, in dem bereits sechs der zwölf Landkreise optiert haben, auf Dauer eine gemeinsame Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik erfolgreich umsetzen zu können, müssen die politischen Vertreter auf der Landes- und Bundesebene aufgefordert werden, sich mit aller Kraft dafür einzusetzen, dass den jetzigen ARGEn im ehemaligen Regierungsbezirk Weser-Ems eine Optionsmöglichkeit eröffnet wird, um einen einheitlichen „Optionsteppich“ in Weser-Ems organisieren zu können.




Beschlussvorschlag:

  1. Die politischen Gremien des Landkreises Friesland fordern für die Kommunen eine Wahlmöglichkeit zwischen dem Nachfolgemodell der ARGEn und der kommunalen Option.

  2. Der Landkreis Friesland spricht sich dafür aus, die Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende künftig im Rahmen einer erweiterten gesetzlichen Option wahrzunehmen.

  3. Die Kreisverwaltung wird beauftragt, die notwendigen Schritte zur Umsetzung dieses Beschlusses einzuleiten.



Finanzielle Auswirkungen: Ja Nein - entf. -

Gesamtkosten der Maßnahmen (ohne Folgekosten)

Direkte jährliche Folgekosten

Finanzierung:


Eigenanteil

objektbezogene Einnahmen



Sonstige einmalige oder jährliche laufende Haushaltsauswirkungen


Erfolgte Veranschlagung:Ja, mit € Nein

im Verwaltungshaushalt Vermögenshaushalt Haushaltsstelle:

gez. S. Wiese

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Sachbearbeiter/in Fachbereichsleiter/in

Sichtvermerke: gez. S. Ambrosy

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Abteilungsleiter Kämmerei Landrat

Beratungsergebnis:

Einstimmig

Ja-Stimmen



Nein-Stimmen



Enthaltungen



Kenntnisnahme

Lt. Beschluss­vorschlag

Abweichender Beschluss