Betreff
Resolution des Landkreises Friesland zur Neuordnung des Abfallrechts, hier: Antwort des Bundesumweltministeriums vom 04.01.2011
Vorlage
868/2011
Art
Beschlussvorlage

Begründung:


Bei der Antwort des BMU vom 04.01.2011 handelt es sich, wie der Nds. Landkreistag (NLT) am 31.01.2011 ausgeführt hat, um eine standartisierte Stellungnahme zu den Resolutionen zum Referentenentwurf des Kreislaufwirtschaftsgesetztes und wiederholt darin seine europarechtlichen Bedenken gegen die Forderungen der Kommunen, ohne diese näher zu spezifizieren. Das BMU ist der Auffassung, dass der Referentenentwurf zur Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts auf die kommunalen Belange Rücksicht nimmt und sieht die Zuständigkeit der Kommunen für Abfälle aus privaten Haushalten auch gegen den Widerstand der Wirtschaft im bisherigen Umfang erhalten.

Nach Auffassung des BMU sind, um die Ziele einer Kreislauf- und Abfallwirtschaft zu erreichen, hinsichtlich des Ressourcenschutzes alle Beteiligten – so auch die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger – in der Pflicht. Da noch mehr als die Hälfte der Bundesbürger nicht an eine Biotonne angeschlossen sei und der Bioabfall erhebliche stoffliche und energetische Potenziale aufweise, sei eine Getrenntsammlung in diesem Bereich anzustreben. Dennoch verbliebe den Verantwortlichen vor Ort noch ein breiter Entscheidungsspielraum.

Die gemeinsame haushaltsnahe Wertstofferfassun nach Ansicht des BMU eines der zentralen Projekte auf dem Weg hin zu einer umfassenden Rückgewinnung wertvoller Rohstoffe aus Abfällen. So habe sich auch die Umweltministerkonferenz von Bund und Ländern eindeutig zu der Forderung der kommunalen Seite, in den gelben Tonnen nicht nur Verpackungen, sondern auch stoffgleiche Haushaltsabfälle, wie Kunststoffeimer, Bratpfannen und Kinderspielzeug zu sammeln, bekannt. Da hier jedoch noch Fragen der Finanzierung und der Trägerschaft offen seien, müsse zunächst auf wissenschaftlicher Grundlage ein Konzept erarbeitet werden, das sich als Fundament für ein eigenständiges Rechtssetzungsverfahren eignet.

Bemerkenswert sind aus Sicht des NLT die Ausführungen zur kommunalen Trägerschaft einer einheitlichen Wertstofftonne, die nach Auffassung des BMU bereits rechtlich nicht zulässig sei, da in diesem Fall (d.h.der kommunalen Trägerschaft) die bislang ohne ökologische Probleme im Wettbewerb verwerteten Verpackungsabfälle unter das kommunale Monopol fallen würden. Dafür fehle es an einer EU-rechtlichen Rechtfertigung. Da die Entsorgung der sonstigen in der Wertstofftonne zur erfassenden Haushaltsabfälle bislang in die kommunale Daseinsvorsorge falle, sei eine Kooperation von öffentlicher und privater Entsorgungswirtschaft daher, – soweit die verwertbaren Nichtverpackungs-abfälle aus Haushaltungen nicht im Wege der Produktverantwortung gänzlich aus der kommunalen Entsorgungszuständigkeit herausgelöst werden -, nahezu unumgänglich.


Sollte diese Einschränkung tatsächlich Gesetz werden, wäre den Kommunen der Zugriff auf werthaltige Stoffe in den Abfällen entzogen und die Erlöse aus den werthaltigen Abfällen kämen allein Dritten, aber jedenfalls nicht den Gebührenzahlern zugute. Gerade dieser Aspekt ar es, der die kommunalen Spitzenverbände veranlasst hatte, diesen Punkt in den Resolutionsentwurf aufzunehmen.



Die Forderung, Abfälle aus privaten Haushalten der Kommune zu überlassen, wird vom BMU grundsätzlich geteilt; zumal auch der Referentenentwurf die bisherige Rechtslage fortführe und eine umfassende Überlassungspflicht für alle Haushaltsabfälle, unabhängig davon, ob sie gemischt oder getrennt gesammelt würden, statuiere. Da das EU-Recht jedoch eine gesetzliche Öffnungsklausel für sämtliche Sammlungen verlange, müssten die mit den kommunalen Überlassungspflichten verbundenen Beschränkungen der Warenverkehrs- und Wettbewerbsfreiheit zwangsläufig auf ein zulässiges Maß begrenzt werden.

Die Stellungnahme des BMU zum Altpapierurteil vom 18.06.2009 und zum „Rosinenpicken“ entsprechen dem Referentenentwurf und seiner Begründung. Danach seien gewerb-liche Sammlungen einen Monat vor ihrer Aufnahme anzuzeigen und könnten von der zuständigen Behörde mit Anordnungen belegt werden. Eine gewerbliche Sammlung dürfe nicht unverhältnismäßig in die kommunale Entsorgungsplanung eingreifen und könne abgewehrt werden, wenn sie die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers beeinträchtigen würde. Das wäre der Fall, wenn die Entsorgungs-aufgabe nicht mehr zu wirtschaftlich angemessenen Bedingungen erfüllt werden können. Allerdings dürfe auch dieser Schutz nach EU-Recht nur soweit reichen, wie der gewerbliche Sammler nicht auf Dauer ein besseres Sammlungs- und Verwertungs-system gewährleisten würde. Die Behörde habe auch die Möglichkeit, dem Sammler eine Mindestsammelfrist von mindestens einem Jahr vorzugeben, so dass, wenn dieser die Sammlung vorzeitig einstellt oder seine Ziele nur mangelhaft erfüllt, die einstands-pflichtige Kommune die Erstattung aller Mehrkosten von ihm verlangen könnte.

Die Forderung, die Kommunen selbst über die Untersagung gewerblicher Sammlungen entscheiden zu lassen, wird vom BMU als problematisch angesehen, weil sie der Rechtsprechung des EuGH, wonach Entscheidungen in Wettbewerbsfragen nicht von einer Stelle getroffen werden dürfen, die im entscheidungsrelevanten Sachverhalt selbst als Konkurrenz auftritt, widerspricht. Die Installation einer neutralen Stelle, die über die Untersagung gewerblicher Sammlungen entscheidet, sei daher EU-rechtlich geboten und stärke die Transparenz und die Akzeptanz der behördlichen Entscheidungen.


Resümee:


- Auch wenn das BMU unsere Forderung teilt, dass Abfälle aus privaten Haushalten

den Kommunen zu überlassen sind, wird diese Überlassungspflicht in dem

Referentenentwurf durch die nahezu unbeschränkt mögliche gewerbliche

Sammlung von Wertstoffen ausgehöhlt und damit weitestgehend konterkariert.


  • Insbesondere die europarechtlichen Bedenken des BMU werden vom NLT nicht geteilt. Auch in der Resolution wird schon klargestellt, dass eine Änderung des Abfallrechts europarechtlich nicht geboten ist. Durch das Urteil des Bundes-verwaltungsgerichts vom 18.06.2009 zur Altpapierentsorgung gibt es hier eine rechtlich vollkommen ausreichende höchstrichterliche Klarstellung.


  • Die zukünftige Gesetzgebung müsste - vor allem im Hinblick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts – die kommunale Zuständigkeit für die Hausmüll-entsorgung festlegen. Gewerbliche Sammlungen des Hausmülls dürfen im Sinne der Daseinsvorsorge nur die absolute Ausnahme darstellen. Insbesondere für die derzeit diskutierte „Wertstofftonne“ ist aus kommunaler Sicht eine eindeutige gesetzliche Klarstellung notwendig, dass dafür allein und umfassend die Kommunen zuständig sind.


  • Die Bedenken der Kommunalen Spitzenverbände zum Referentenentwurf und zum Antwortschreiben des BMU zur Resolution der Kommunen werden seitens des Landkreises Friesland in vollem Umfange geteilt.



Der Wortlaut der Resolution des Landkreises vom 17.12.2010, das Antwortschreiben des BMU vom 04.01.2011 sowie die Stellungnahme des NLT (Rundschreiben 103/2011) vom 31.01.2011 liegen dieser Vorlage als Anlagen bei.


Beschlussvorschlag:


Die Antwort des Bundesumweltministeriums zur Resolution des Landkreises Friesland zur Neuordnung des Kreislaufswirtschafts- und Abfallrechts wird zur Kenntnis genommen.

Der Kreisausschuss wird ebenfalls um Kenntnisnahme gebeten.


Finanzielle Auswirkungen: Nein

Gesamtkosten der Maßnahmen (ohne Folgekosten)

Direkte jährliche Folgekosten



Erfolgte Veranschlagung:Ja, mit € Nein

im Ergebnishaushalt Finanzhaushalt Produkt- bzw. Investitionsobjekt:


___ _________________________

Sachbearbeiter/in Fachbereichsleiter/in


Beratungsergebnis:

Einstimmig

Ja-Stimmen



Nein-Stimmen



Enthaltungen






Anlagen:


Anlage 1: Resolution des Landkreises Friesland vom 17.12.2010
Anlage 2: Antwortschreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit vom 04.01.2011
Anlage 3: NLT-Rundschreiben 103/2011 vom 31.01.2011