Begründung:
Bei der
Antwort des BMU vom 04.01.2011 handelt es sich, wie der Nds.
Landkreistag (NLT) am 31.01.2011 ausgeführt hat, um eine
standartisierte Stellungnahme zu den Resolutionen zum
Referentenentwurf des Kreislaufwirtschaftsgesetztes und wiederholt
darin seine europarechtlichen Bedenken gegen die Forderungen der
Kommunen, ohne diese näher zu spezifizieren. Das BMU ist der
Auffassung, dass der Referentenentwurf zur Neuordnung des
Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts auf die kommunalen Belange
Rücksicht nimmt und sieht die Zuständigkeit der Kommunen
für Abfälle aus privaten Haushalten auch gegen den
Widerstand der Wirtschaft im bisherigen Umfang erhalten.
Nach
Auffassung des BMU sind, um die Ziele einer Kreislauf- und
Abfallwirtschaft zu erreichen, hinsichtlich des Ressourcenschutzes
alle Beteiligten – so auch die öffentlich-rechtlichen
Entsorgungsträger – in der Pflicht. Da noch mehr als die
Hälfte der Bundesbürger nicht an eine Biotonne
angeschlossen sei und der Bioabfall erhebliche stoffliche und
energetische Potenziale aufweise, sei eine Getrenntsammlung in diesem
Bereich anzustreben. Dennoch verbliebe den Verantwortlichen vor Ort
noch ein breiter Entscheidungsspielraum.
Die gemeinsame
haushaltsnahe Wertstofferfassun nach Ansicht des BMU eines der
zentralen Projekte auf dem Weg hin zu einer umfassenden Rückgewinnung
wertvoller Rohstoffe aus Abfällen. So habe sich auch die
Umweltministerkonferenz von Bund und Ländern eindeutig zu der
Forderung der kommunalen Seite, in den gelben Tonnen nicht nur
Verpackungen, sondern auch stoffgleiche Haushaltsabfälle, wie
Kunststoffeimer, Bratpfannen und Kinderspielzeug zu sammeln, bekannt.
Da hier jedoch noch Fragen der Finanzierung und der Trägerschaft
offen seien, müsse zunächst auf wissenschaftlicher
Grundlage ein Konzept erarbeitet werden, das sich als Fundament für
ein eigenständiges Rechtssetzungsverfahren eignet.
Bemerkenswert sind aus Sicht des NLT die Ausführungen
zur kommunalen Trägerschaft einer einheitlichen Wertstofftonne,
die nach Auffassung des BMU bereits rechtlich nicht zulässig
sei, da in diesem Fall (d.h.der kommunalen Trägerschaft) die
bislang ohne ökologische Probleme im Wettbewerb verwerteten
Verpackungsabfälle unter das kommunale Monopol fallen würden.
Dafür fehle es an einer EU-rechtlichen Rechtfertigung. Da die
Entsorgung der sonstigen in der Wertstofftonne zur erfassenden
Haushaltsabfälle bislang in die kommunale Daseinsvorsorge falle,
sei eine Kooperation von öffentlicher und privater
Entsorgungswirtschaft daher, – soweit die verwertbaren
Nichtverpackungs-abfälle aus Haushaltungen nicht im Wege der
Produktverantwortung gänzlich aus der kommunalen
Entsorgungszuständigkeit herausgelöst werden -, nahezu
unumgänglich.
Sollte diese Einschränkung tatsächlich Gesetz werden, wäre den Kommunen der Zugriff auf werthaltige Stoffe in den Abfällen entzogen und die Erlöse aus den werthaltigen Abfällen kämen allein Dritten, aber jedenfalls nicht den Gebührenzahlern zugute. Gerade dieser Aspekt ar es, der die kommunalen Spitzenverbände veranlasst hatte, diesen Punkt in den Resolutionsentwurf aufzunehmen.
Die
Forderung, Abfälle aus privaten Haushalten der Kommune zu
überlassen, wird vom BMU grundsätzlich geteilt; zumal auch
der Referentenentwurf die bisherige Rechtslage fortführe und
eine umfassende Überlassungspflicht für alle
Haushaltsabfälle, unabhängig davon, ob sie gemischt oder
getrennt gesammelt würden, statuiere. Da das EU-Recht jedoch
eine gesetzliche Öffnungsklausel für sämtliche
Sammlungen verlange, müssten die mit den kommunalen
Überlassungspflichten verbundenen Beschränkungen der
Warenverkehrs- und Wettbewerbsfreiheit zwangsläufig auf ein
zulässiges Maß begrenzt werden.
Die Stellungnahme
des BMU zum Altpapierurteil vom 18.06.2009 und zum „Rosinenpicken“
entsprechen dem Referentenentwurf und seiner Begründung. Danach
seien gewerb-liche Sammlungen einen Monat vor ihrer Aufnahme
anzuzeigen und könnten von der zuständigen Behörde mit
Anordnungen belegt werden. Eine gewerbliche Sammlung dürfe nicht
unverhältnismäßig in die kommunale Entsorgungsplanung
eingreifen und könne abgewehrt werden, wenn sie die
Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen
Entsorgungsträgers beeinträchtigen würde. Das wäre
der Fall, wenn die Entsorgungs-aufgabe nicht mehr zu wirtschaftlich
angemessenen Bedingungen erfüllt werden können. Allerdings
dürfe auch dieser Schutz nach EU-Recht nur soweit reichen, wie
der gewerbliche Sammler nicht auf Dauer ein besseres Sammlungs- und
Verwertungs-system gewährleisten würde. Die Behörde
habe auch die Möglichkeit, dem Sammler eine Mindestsammelfrist
von mindestens einem Jahr vorzugeben, so dass, wenn dieser die
Sammlung vorzeitig einstellt oder seine Ziele nur mangelhaft erfüllt,
die einstands-pflichtige Kommune die Erstattung aller Mehrkosten von
ihm verlangen könnte.
Die Forderung, die Kommunen selbst
über die Untersagung gewerblicher Sammlungen entscheiden zu
lassen, wird vom BMU als problematisch angesehen, weil sie der
Rechtsprechung des EuGH, wonach Entscheidungen in Wettbewerbsfragen
nicht von einer Stelle getroffen werden dürfen, die im
entscheidungsrelevanten Sachverhalt selbst als Konkurrenz auftritt,
widerspricht. Die Installation einer neutralen Stelle, die über
die Untersagung gewerblicher Sammlungen entscheidet, sei daher
EU-rechtlich geboten und stärke die Transparenz und die
Akzeptanz der behördlichen Entscheidungen.
Resümee:
- Auch wenn das BMU unsere Forderung teilt, dass Abfälle aus privaten Haushalten
den Kommunen zu überlassen sind, wird diese Überlassungspflicht in dem
Referentenentwurf durch die nahezu unbeschränkt mögliche gewerbliche
Sammlung von Wertstoffen ausgehöhlt und damit weitestgehend konterkariert.
Insbesondere die europarechtlichen Bedenken des BMU werden vom NLT nicht geteilt. Auch in der Resolution wird schon klargestellt, dass eine Änderung des Abfallrechts europarechtlich nicht geboten ist. Durch das Urteil des Bundes-verwaltungsgerichts vom 18.06.2009 zur Altpapierentsorgung gibt es hier eine rechtlich vollkommen ausreichende höchstrichterliche Klarstellung.
Die zukünftige Gesetzgebung müsste - vor allem im Hinblick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts – die kommunale Zuständigkeit für die Hausmüll-entsorgung festlegen. Gewerbliche Sammlungen des Hausmülls dürfen im Sinne der Daseinsvorsorge nur die absolute Ausnahme darstellen. Insbesondere für die derzeit diskutierte „Wertstofftonne“ ist aus kommunaler Sicht eine eindeutige gesetzliche Klarstellung notwendig, dass dafür allein und umfassend die Kommunen zuständig sind.
Die Bedenken der Kommunalen Spitzenverbände zum Referentenentwurf und zum Antwortschreiben des BMU zur Resolution der Kommunen werden seitens des Landkreises Friesland in vollem Umfange geteilt.
Der Wortlaut der Resolution des Landkreises vom 17.12.2010, das Antwortschreiben des BMU vom 04.01.2011 sowie die Stellungnahme des NLT (Rundschreiben 103/2011) vom 31.01.2011 liegen dieser Vorlage als Anlagen bei.
Beschlussvorschlag:
Die
Antwort des Bundesumweltministeriums zur Resolution des Landkreises
Friesland zur Neuordnung des Kreislaufswirtschafts- und Abfallrechts
wird zur Kenntnis genommen.
Der Kreisausschuss wird ebenfalls
um Kenntnisnahme gebeten.
Finanzielle Auswirkungen: Nein |
Gesamtkosten der Maßnahmen (ohne Folgekosten) |
Direkte jährliche Folgekosten |
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€ |
€ |
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Erfolgte Veranschlagung:Ja, mit € Nein im Ergebnishaushalt Finanzhaushalt Produkt- bzw. Investitionsobjekt: |
___ _________________________ Sachbearbeiter/in Fachbereichsleiter/in |
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Beratungsergebnis: |
Einstimmig |
Ja-Stimmen
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Nein-Stimmen
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Enthaltungen
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Anlagen:
Anlage 1:
Resolution des Landkreises Friesland vom 17.12.2010
Anlage 2:
Antwortschreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz
und
Reaktorsicherheit vom 04.01.2011
Anlage 3:
NLT-Rundschreiben 103/2011 vom 31.01.2011