Betreff
Schutz von Alleen, Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Vorlage
938/2011
Art
Beschlussvorlage

Begründung:


Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen haben mit Schreiben vom 27.04.2011 einen Antrag zur Thematik „Alleenschutz“ gestellt:


  1. Der Landkreis Friesland erstellt ein Alleenkataster für die Kreisstraßen in Friesland.

  2. Abgängige Alleenbäume werden zukünftig durch Neuanlagen ersetzt.

  3. Es wird geprüft, welche Straßen sich für die Neuanlage von Alleen eignen.


Der Antrag wird wie folgt begründet:

In ausgeräumten Agrarlandschaften vernetzen Alleen und Baumreihen Biotope und sind selbst Lebensraum seltener Pflanzen- und Tierarten. Darüber hinaus sind sie ökologisch bedeutsam als Staub- und Abgasfilter und als Sauerstoffproduzent. Beispielsweise können Straßenalleen im belaubten Zustand bis zu 70 % der Feinstäube und bis zu 60 % im Winter herausfiltern. Je nach Alter und Baumart kann ein Alleebaum bis zu 1 Tonne Staub pro Jahr aus der Luft ausfiltern und an einem Tag werden von einer 100-jährigen vitalen Buche mit einer Blattfläche von 1.600 m² durch Fotosynthese 1,7 kg Sauerstoff pro Stunde erzeugt. Pro Jahr erzeugt diese Buche den Sauerstoff für 10 Menschen.

Alleen sind heute stark gefährdet vor allem durch Verletzungen im Kronen- und Wurzelbereich (straßen- und ackerseitig), durch vielfältige Standortveränderungen (insbesondere durch Streusalz) oder schlichtweg durch das hohe Alter.

Viele Beispiele zeigen, dass Alleenschutz und Verkehrssicherheit an Straßen und Wegen vereinbar sind. Allerdings erfordert Alleenschutz auch künftig ein Engagement durch die breite Öffentlichkeit und Unterstützung durch ein politisches Einvernehmen.



Die „Richtlinie für passiven Schutz an Straßen durch Verkehrsrückhaltesysteme“ (RPS 2009) wird zur Zeit kontrovers diskutiert. Es wird befürchtet, dass dieses Regelwerk zur Abholzung von Straßenbäumen in großem Umfange führen könnte. Die RPS 2009 ist u. a. für den Bereich der kommunalen Straßen im Zusammenhang mit der Bewilligung einer Förderung nach dem Entflechtungsgesetz (früher GVFG) eingeführt. Dies bedeutet, dass die Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr bei Förderanträgen prüft, ob die Einhaltung der technischen Regelwerke, und damit auch der RPS, berücksichtigt wird.


Die RPS gilt nur für die Absicherung von Gefahrenstellen beim Neu-, Um- oder Ausbau von Straßen. Eine Sanierung, wenn der Fahrbahnquerschnitt unverändert bleibt, ist hiervon nicht betroffen.



Der Kreisausschuss des Landkreises Friesland hat 2006 einen Beschluss zum Umgang mit Straßenbäumen an Kreisstraßen gefasst.

Pauschale Regelung wurden seinerzeit abgelehnt. Es sind Einzelfallregelungen anzustreben. Dabei stellt die Baumschau, an der jeweils ein vertretbarer Kompromiss zwischen Verkehrssicherheit und der Erhaltung der Bäume an Kreisstraßen gesucht und gefunden wird, ein gutes Instrument dar.


Beschluss des Kreisausschusses vom 08.05.2006:

Sofern es unter Beachtung der Verkehrssicherheit vertretbar und auch aus landschaftlicher Sicht geboten ist, soll nach übereinstimmender Auffassung des Kreisausschusses der Erhalt von Alleen soweit als möglich gewährleistet werden. Flächenbedarf ist für Ersatzanpflanzungen sowie die sich daraus für die Landwirtschaft ergebenen Beeinträchtigungen sind zu klären. Das natürliche Gepräge der friesischen Landschaft soll soweit wie möglich erhalten bleiben.


  1. Straßen- bzw. Baumschauen gehören schon seit Jahren zum Standard im Bereich des Landkreises Friesland und werden regelmäßig durchgeführt. Das Ergebnis dieser Schauen dient als Arbeitsgrundlage bei Entscheidungen hinsichtlich von Eingriffen in die Straßenbaumbestände, deren Erhaltung hohe Priorität hat.

  2. Wildwachsende Bäume sind als solche ein bekanntes Problem. Sie werden nach und nach entfernt, wenn sie wegen eines zu geringen Abstandes von der Straße verkehrsgefährdend wirken oder alt bzw. krank sind. Im übrigen werden wild ausschlagende Gehölze regelmäßig auf den Stock gesetzt, um sie auf Dauer als Sträucher zu erhalten.

  3. Eine summarische Absicherung von Straßenbäumen durch Schutzplanken soll mit der damit verbundenen Unfallgefahr (Echoeffekt) sowie wegen des immensen finanziellen Aufwandes nicht erfolgen. Nur dort, wo ein Unfallbrennpunkt durch Baumunfälle festgestellt wurde und Bäume, aus welchen Gründen auch immer, nicht beseitigt werden sollen oder können, erfolgt die umgehende Absicherung durch Leitplanken.

  4. Ersatzpflanzungen (sh. hier auch Ziffer 2). Neue Bäume, zum Beispiel im Zuge des Neubaus von Radwegen, werden immer hinter dem Radweg angepflanzt oder aber abseits des eigentlichen Verkehrsraumes (lt. Planfeststellungsbeschluss).

    (Maßgabe des Kreisausschusses: Sobald verkehrssicherheitstechnisch vertretbar: Alleenschutz, Erhaltung eines attraktiven Landschaftsgepräges; nach Möglichkeit Trennung von Radweg und Fahrbahn durch Anpflanzungen. Anpflanzungen hinter dem Radweg: Ggfls. Grundstückskaufprobleme, da auch meist landwirtschaftliche Flächen).

  5. Für Büsche gilt das für Bäume ausgeführte sinngemäß. Büsche werden auf den Stock gesetzt, um sicherzustellen, dass sie einerseits nicht Baumstärke erreichen, andererseits nicht so mächtig werden, um beim Unfallgeschehen Schäden wie bei Baumunfällen hervorrufen. Diese Verfahrensweise stellt auch die wesentlich preisgünstigere Alternative dar, da sich der Pflegeaufwand so in einem auskömmlichen Verhältnis bewegt.


Für die Beachtung der technischen Standards und Regelwerke ist jede Kommune selbst verantwortlich. Für bestehende Straßen, einschließlich der Straßenbäume, sind die Empfehlungen zum Schutz vor Unfällen mit Aufprall an Bäumen (EFAB 2006) ein weiteres Regelwerk.

Hier wird auch dargelegt, dass zur Bestandssicherung von Alleen und einseitigem Baumbereich, die hinsichtlich ihrer Gesamtstruktur vital sind und eine gesicherte, weitere Lebenserwartung von mehr als 10 Jahren haben, und die nicht unfallauffällig, die Möglichkeit besteht, in kleineren Baumlücken eine Nachpflanzung unter Beibehaltung der bisherigen Baumflucht vorzunehmen.


Die bisherige Verfahrensweise durch den Beschluss des Kreisausschusses aus dem Jahre 2006 ist im Zusammenhang mit der Praxis der Baumschau praxisnah und führt zu keinem Problem. Dies insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass aus Gründen der Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflicht durch den Landkreis an Kreisstraßen die flexible Möglichkeit des Umgangs mit Straßenbäumen gewährleistet sein muss. Dabei wird durch die Institution der Baumschau gewährleistet, dass veranwortungsbewusst mit Straßenbäumen umgegangen wird und die Beseitigung zu den begründeten Ausnahmen gehört.


Im Haushalt des Landkreises sind im Titel für die Unterhaltung und Instandsetzung der Kreisstraßen jährlich 10.000,-- € für Anpflanzungen an Kreisstraßen eingestellt. Der Landkreis Friesland nimmt die Pflege der Bäume sowie Neu- und Ersatzpflanzungen so vor, dass der erwähnte Beschluss des Kreisausschusses sowie die geltenden Richtlinien befolgt werden.



Alleen sind „beidseitig mit relativ gleichaltrigen und vom Habitus gleichaltrigen Bäumen im gleichmäßigen Abstand sowie vom Fahrbahnrand als auch außerhalb der Reihe bestandene Straßen.“

Alleen sind eine traditionelle und besondere Form des Straßenbegleitgrüns mit landeskulturellen Eigenschaften.


Es ist festzustellen, dass im Landkreis Friesland nur noch in ganz wenigen Abschnitten Straßen mit Straßenbegleitgrün in Alleencharakter vorhanden ist. Im übrigen muss von Alleenrelikten gesprochen werden bzw. von einseitigen Baumreihen und sonstigem Straßenbegleitgrün. Von daher würde ein sog. Alleenkataster nur einen geringen Anteil der Straßenbäume an den Kreisstraßen des Landkreises Friesland erfassen.

Die vorhandenen Alleen und Alleenrelikte an den Kreisstraßen sind in der Anlage 1 dargestellt. In der Anlage 2 sind 3 charakteristische Situationen dargestellt.



Die Erfassung von Straßenbäumen an den Kreisstraßen im Landkreis Friesland ist personell vom Fachbereich Umwelt nicht zu leisten und müsste von daher vergeben werden. Im Haushaltsjahr 2011 stehen hierfür keine Mittel zur Verfügung und können auf Grund der angespannten Haushaltssituation auch nicht erwirtschaftet werden. Im übrigen wäre auch der Einsatz von Finanzmitteln erforderlich, wenn ein derartiges Kataster im Rahmen einer Bachelor- bzw. Masterarbeit erarbeitet würde. Das Thema der Arbeit ist in diesem Fall so stellen, dass es vom Umfang her auch den zu erbringenden Leistungen entsprechen würden.


Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang auch, dass ein Alleenkataster wie jedes andere Kataster auch, gepflegt und fortgeführt werden müsste. Dies wäre mit zusätzlichem Aufwand verbunden.



Ein Alleenkataster für sich erzeugt keinerlei Schutzfunktion. Da Straßenbäume an Kreisstraßen auf den Grundstücken des Landkreises stehen, hat auch der Landkreis die alleinige Verfügungsgewalt. Die Erfahrung zeigt, dass öffentliches Eigentum per se bereits einen „Grundschutz“ erzeugt. Hinzu kommt der verantwortungsbewusste Umgang mit dem Straßenbegleitgrün, die regelmäßige Beobachtung von schwierigen Verkehrssituationen und von kranken und alten Bäumen.


Abgängige Alleebäume werden bereits heute, soweit dies aus Verkehrssicherheitsaspekten möglich ist, durch Neuanpflanzungen ersetzt.


Im Rahmen der Baumschauen wird in der Regel stets geprüft, in welchen Bereichen der Kreisstraßen sich die Bermen bzw. der vorhandene Raum, z. B. hinter Radwegen eignet, um eine Neuanlage oder Ersatzpflanzung durchzuführen.


Beschlussvorschlag:

Die Verwaltung wird gebeten, auf die Erhaltung von Bäumen und sonstigem Straßenbegleitgrün an Kreisstraßen ein besonderes Augenmerk zu richten.

Im Ergebnis der regelmäßigen Baumschauen sollte die Beseitigung von Straßenbegleitgrün nur dann vorgenommen werden, wenn dies aus Gründen der Verkehrssicherheit und des Alters der Bäume bzw. des physischen Zustandes dringend geboten erscheint.

Die Kreisverwaltung wird ebenfalls gebeten, alle Möglichkeiten zu nutzen, insbesondere im Bereich der vorhandenen Alleen bzw. Alleenrelikte Nachpflanzungen unter Beachtung der geltenden technischen Regelwerke vorzunehmen. Die Baumschauen sollen genutzt werden, Standorte für Neu- und Ergänzungspflanzungen zu prüfen.

Von der Erstellung eines Alleenkatasters wird Abstand genommen.



Finanzielle Auswirkungen: Ja Rahmen2 Nein

Gesamtkosten der Maßnahmen (ohne Folgekosten)

Direkte jährliche Folgekosten

Finanzierung:

Eigenanteil objektbezogene Einnahmen

Sonstige einmalige oder jährliche laufende Haushaltsauswirkungen

Erfolgte Veranschlagung: Ja, mit € Nein

im Ergebnishaushalt Finanzhaushalt Produkt- bzw. Investitionsobjekt:


gez. A. Tuinmann gez. G. Peters

Sachbearbeiter/in Fachbereichsleiter/in

Sichtvermerke:


Abteilungsleiter Kämmerei Landrat

Beratungsergebnis:

Einstimmig

Ja-Stimmen


Nein-Stimmen


Enthaltungen


Kenntnisnahme

Lt. Beschluss-vorschlag

Abweichender Beschluss




Anlagen:


Anlage 1 (Karte mit den Alleen und Alleenrelikten)

Anlage 2 (Bilder mit charakteristischen Situationen)