Beschluss: zur Kenntnis genommen

Das Gremium nimmt die Umstrukturierung des Fachbereiches Jugend, Familie, Schule und Kultur zur Kenntnis.


Mit der Zusammenlegung der beiden Fachbereiche „Schule“ und „Jugend“ zum 01.12.2012 ist eine grundlegende Weichenstellung zur engeren Verzahnung dieser beiden Aufgabenbereiche vorgegeben. Die zentralen Erkenntnisse des 14. Kinder- und Jugendberichtes aus 2013 bestätigen die strategische Entscheidung des Landkreises Friesland. O.g. Bericht verweist darauf, dass die Bildung als Schlüssel für faire Chancen von Kindern und Jugendlichen erachtet werden muss. Die frühkindliche Bildung ist für den erfolgreichen Bildungsweg entscheidend und das Bildungsverständnis zielt auf die Vermittlung sozialer Fähigkeiten und lebensnaher Alltagskompetenzen und geht über die reine Vermittlung von Wissen hinaus.


Die deutliche Absicht der engeren Verzahnung Bildung und Erziehung innerhalb des Fachbereiches, die stärkere Betonung des Qualitätsprozesses in der institutionalisierten Kindertagesbetreuung und die Weiterentwicklung des bestehenden präventiven Ansatzes der Kinder- und Jugendhilfe im Landkreis Friesland machen eine Umstrukturierung des Fachbereiches erforderlich:



Qualitätsentwicklung und -sicherung in der institutionellen Kindertagesbetreu­ung:


Die Kindertagesbetreuungseinrichtungen sind gesellschaftlich als Bildungseinrichtungen im Elementarbereich etabliert. Im Landkreis Friesland bestehen Kindertageseinrichtungen unterschiedlicher Ausstattung und konzeptioneller Ausrichtung. In der Kitabedarfsplanung ist in den vergangenen Jahren v.a. eine quantitative Beurteilung erfolgt.


Der Aufgabenbereich der Fachberatung für Kitas ist im Gesamtverständnis zur Verbesserung des Bildungsauftrages zu verstehen. Gemäß den Empfehlungen des Deutschen Vereins zur konzeptionellen und strukturellen Ausgestaltung der Fachberatung im System der Kindertagesbetreuung aus Dezember 2012 wird Fachberatung als Initiatorin und Unterstützerin von Veränderungsprozessen in den Angebotsstrukturen der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung eingeordnet (NDV, Dezember 2012, S. 565). Die Fachberatung hat den Auftrag der Qualitätsentwicklung und -sicherung. Daher ist sie unbedingt auch mit der Fortschreibung des Kitabedarfsplanes zu koppeln.


Um den Themenbereichen Betreuungsqualität und frühkindliche Bildung sowie der Übergangsgestaltung Kita-Grundschule mehr Entwicklungsspielraum geben zu können, ist eine erhöhte personelle Ausstattung für die Fachberatung erforderlich und außerdem die enge Verzahnung mit den Schul- und Bildungsaufgaben des Fachbereiches vollzogen worden. Das Ziel ist im Dialog mit den Trägern der Kindertagesstätten die Qualitätsentwicklung und -sicherung zu fördern und in einem dynamischen Verfahren gemeinsame Qualitätsstandards zu definieren.



Das anliegende Organigramm beschreibt die Struktur des Fachbereiches seit dem 01.05.2014 und belegt eine gemeinsame Verantwortung in der jeweiligen Aufgabenstruktur. Parallel zur Umorganisation sind in folgenden Arbeitsfeldern die Schnittstellen zwischen Bildung und Erziehung von der Fachverwaltung vorangetrieben worden:


Fachberatung Kindertagesbetreuung, Bildungsregion Friesland, Schulsozialarbeit, Ausbau der Ganztagsschule, Inklusion, Kinderschutzverfahren in Schulen und Konzept zum Umgang mit Schulabsentismus.



Weiterentwicklung der Präventionsarbeit des Fachbereiches:

Durch den inhaltlichen Umbau der Familien- und Kinderservicebüros (FamKi) soll eine verstärkte Sozialraumorientierung und die Bildung kommunaler Präventionsketten erfolgen. Das grundlegende Ziel ist die gemeinsame Weiterentwicklung lokaler Netzwerke Früher Hilfen.


Die päd. Fachkräfte der Frühen Hilfen, die Familienhebammen und die Regiestelle sind dem Hauptsachgebiet (HSG) III in Form eines eigenen Sachgebietes „Familien- und Kinderservicebüro“ zugeordnet worden.


Das FamKi ist einerseits erste Anlaufstelle für Leistungen an jungen Familien (Tages­pflegevermittlung, niedrigschwellige Beratung und finanzielle Unterstützungsleistungen), anderseits wird das FamKi als Schnittstelle zu den sozialen Angeboten der jeweiligen Stadt / Gemeinde genutzt. Die FamKis leisten in direkter Zusammenarbeit mit den Akteuren vor Ort aktive Gemeinwesenarbeit, sind Mittler zu den Leistungen des Fachbereiches und sollen die vor Ort bestehenden psychosozialen Unterstützungsan­gebote ergänzen und eine kommunale Präventionskette begründen. Die konkrete Ausgestaltung der Arbeit des betreffenden FamKis wird im direkten Dialog mit der jeweiligen Stadt / Gemeinde bestimmt. Wichtig ist die Einbindung der Ressourcen vor Ort und die ergänzende Arbeit der päd. Fachkraft. Je nach regionaler Besonderheit der jeweiligen Stadt / Gemeinde soll in Kooperation mit Mehrgenerationenhäusern, Familienzentren, Kindertagesstätten, Schulen, Jugendhäusern, Polizei, Vereinen und den MitarbeiterInnen der Gemeinde / Stadt die inhaltliche Arbeit des FamKi betrieben werden. Die der jeweiligen Stadt / Gemeinde zugeordnete Fachkraft soll die Rahmen­konzeption der Arbeit der FamKis (siehe Anlage) auf die Besonderheiten vor Ort anpassen und eine regionalisierte Konzeption erstellen, die die sozialen Angebote der Stadt / Gemeinde entsprechend berücksichtigt und die kommunale Präventionskette verdichtet.


Angebote der Familienhebammen, Elterntrainingskurse, Angebote der sozialen Gruppenarbeit durch freie Träger im präventiven Bereich, Elterncafe, freizeitpädagogische Angebote für Familien, generationsübergreifende Veranstaltungen sind hier Beispiele für die verstärkte Gemeinwesenarbeit, die durch das FamKi mit den anderen Akteuren vor Ort gestaltet werden können. Gleichzeitig soll das jeweilige FamKi vor Ort auch als erste Anlaufstelle für die kommunalen Netzwerkpartner genutzt werden. Die päd. Fachkraft ist zur Klärung des Hilfebedarfes, der formlosen Beratung und Betreuung sowie ggf. Mittlerin zu den übrigen Unterstützungsmöglichkeiten des Fachbereiches.


Die Ausgestaltung der Arbeit der FamKis wird vom „Bündnis für Familien“ begleitet.


Zur praktischen Umsetzung werden die bestehenden Personalkapazitäten von 3,5 päd. Fachkräften auf die Arbeit der zukünftigen FamKis verteilt. Somit steht für jede Stadt / Gemeinde 0,5 AK zum gemeinschaftlichen Betrieb eines FamKis zur Verfügung (Wangerooge wird durch 0,5 AK des ASD Nord und besonderer inhaltlicher Ausrichtung abgedeckt). Mit der Zuordnung der päd. Fachkräfte des FamKi zum HSG III ist die Schnittstelle zur Bezirkssozialarbeit gegeben und es wird eine direkte Vernetzung mit dem zuständigen Bezirkssozialarbeiter erwartet. In Form regelmäßiger und verlässlicher Vernetzungstreffen und Präsenzzeiten der Bezirkssozialarbeit wird die bedarfsorientierte Zusammenarbeit erleichtert. Unter Beteiligung des Controllings und der Fachbereichsleitung werden die Dienstbesprechungen im Gesamtteam des HSG III quartalsweise genutzt, um nachzusteuern und die Dichte und Qualität der Kooperation zu verbessern.

Die Familienhebammen werden grundsätzlich dem Team der FamKis im HSG III zugeordnet. Durch die direkte Zusammenarbeit mit den päd. Fachkräften wird in der Auftragserfüllung ein engmaschiges Miteinander erreicht. Der Einsatz der Familienhebamme erfolgt ausdrücklich im primärpräventiven Bereich.


Die Überprüfungen nicht erfolgter Früherkennungsuntersuchungen werden von den päd. Fachkräften der FamKis wahrgenommen.


Die Regiestelle koordiniert die Arbeit der päd. Fachkräfte der gemeinde- bzw. stadtbezogenen Zusammenarbeit, erstellt eine Übersicht der sozialen Hilfen, sichert die Sachberichte für die Förderprogramme und wird außerdem dazu genutzt, Entlastung im administrativen Bereich der Haupt- und Sachgebietsleitung zu erzielen.



Die bisherigen Sonderformen der Tagespflege werden neu kategorisiert:


Ist eine Tagespflege aus Gründen der erzieherischen Entlastung und/oder der Notwendigkeit eines Bedarfes der unterstützenden Tagesstrukturierung des Kindes erforderlich, kann eine entsprechende Vermittlung durch die päd. Fachkräfte der FamKis und/oder der Bezirkssozialarbeit erfolgen. Die Beratung ist Schlüsselqualifikation der päd. Fachkräfte und steht für den Anspruch, helfende Interaktion mit dem Adressaten zu gestalten. Die Rechtsgrundlage für diese Hilfe richtet sich am Bedarf: Bei primärpräventiver Ausrichtung kann im Dialog mit dem HSG II eine Vermittlung erfolgen (bei paralleler Elternberatung nach § 16 SGB VIII durch die päd. Fachkräfte des FamKi) oder bei vorliegendem erzieherischen Bedarf eine offene Hilfe nach § 27 SGB VIII (bei Beteiligung der päd. Fachkräfte des ASD).



Herr Meyer-Helfers stellt den Anwesenden ergänzend zur Vorlage die erfolgte Umstrukturierung des Fachbereiches Jugend, Familie, Schule und Kultur vor. Begründet ist die Umstrukturierung zum Einen durch die Notwendigkeit, die Aufgabenbereiche Jugendhilfe und Bildung weiter zu verzahnen und den Bildungsauftrag in den Tageseinrichtungen für Kinder zu stärken. Zum Anderen soll die Präventionsoffensive des Landkreises inhaltlich weiterentwickelt werden.


Bislang ist die Präventionsarbeit auf die Altersstruktur der 0- bis 3-Jährigen beschränkt gewesen. Diese Altersstruktur soll auch vor dem Hintergrund des vom Nationalen Zentrums Frühe Hilfen geprägten Präventionsbegriffs ausgeweitet werden.

Zur besseren Nutzung der Potentiale der Familien- und Kinderservicebüros  steht für jede Stadt oder Gemeinde ein fester Ansprechpartner mit 0,5 AK zur Verfügung. Dieser Ansprechpartner hat das Ziel, mit den Städten und Gemeinden sowie weiteren Netzwerkpartnern kommunale Präventionsketten aufzubauen.

Darüber hinaus sollen die Familien- und Kinderservicebüros kleine Jugendämter vor Ort darstellen. Ratsuchende können sich direkt an die zuständige Mitarbeiterin der Familien- und Kinderservicebüros wenden und werden ggf. von dort an den richtigen Ansprechpartner vermittelt.

Zusätzlich zu dem o.g. Aufgabenkatalog bieten die Familien- und Kinderservicebüros weiterhin eigene niedrigschwellige Beratung an.


Herr Neugebauer berichtet von dem Fragekatalog, den die Wählergemeinschaft Zukunft Varel als Reaktion auf die Mitteilung der Umstrukturierung an den Landkreis gerichtet habe. Dieser sei ausführlich beantwortet worden, allerdings habe er Bedenken gegen das Verständnis der Familien- und Kinderservicebüros als kleine Jugendämter. Des Weiteren wünsche er sich eine Erklärung für die stetige Kostensteigerung bei den ambulanten, teilstationären und stationären Hilfen.


Herr Meyer-Helfers warnt davor, das Jugendamt in einen bunten Bereich (materielle Hilfen und Kinderbetreuung) und einen dunklen Bereich (Eingriffsbehörde) aufzuteilen, da es so schwieriger werde, Eltern für die Inanspruchnahme erzieherischer Hilfen zu öffnen. Der Auftrag der Jugendhilfe muss im Gesamtverständnis der Hilfeleistung und -stellung für Familien verstanden werden. Ca. 50% der über die Frühen Hilfen begleiteten Fälle sind in der Vergangenheit über die Bezirkssozialarbeit vermittelt worden, weil eine erzieherische Hilfe nicht (mehr) notwendig war. Allerdings sind auch ca. 50% der Fälle der Frühen Hilfen an die Bezirkssozialarbeit verwiesen worden, weil Frühe Hilfen dem Hilfebedarf der Familien nicht entsprochen haben. Eine engere Verzahnung der beiden Aufgabenbereiche ist daher für einen sanften Übergang erforderlich.

Bezüglich der Kostenentwicklung bestätigte Herr Meyer-Helfers, dass die Fallzahlen in der ambulanten Kinder- und Jugendhilfe steigen. Die Fallzahlenentwicklung in der stationären Kinder- und Jugendhilfe sei jedoch trotz zeitweiliger Spitzen weitgehend stabil. Massive Entgeltsteigerungen von z.T. 15% bis 20% bedingt durch den neuen Rahmenvertrag und notwendige individuelle Sonderleistungen seien für die Mehrausgaben verantwortlich.


Ergänzend betont Frau Vogelbusch, Fallzahlen dürften nicht isoliert betrachtet werden, sondern müssen im Vergleich zu anderen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe gesehen werden. Es sei zudem schwer zu mutmaßen, wie sich die Fallzahlen der ambulanten, teilstationären und stationären Hilfen durch den Einsatz der Frühen Hilfen entwickelt haben bzw. wie sie sich ohne die Präventionsoffensive des Landkreises entwickelt hätten.


Herr Weber berichtet aus der Praxis von der aktuell sehr hohen Nachfrage für stationäre Jugendhilfe. Er bestätigt, dass frühe Hilfen und das damit einhergehende frühe Hinschauen keine ambulanten oder (teil)stationären Hilfen verhindern.


Herr Hellmuth erläutert, viele der jetzigen jungen Eltern haben selbst eine defizitäre Erziehung erhalten und somit nicht gelernt, die Bedürfnisse ihrer Kinder adäquat zu erkennen. Im Zweifel reichen 10 Unterbringungsfälle aus, um die von der Verwaltung benannten Kostensteigerungen im stationären Bereich zu generieren.


Frau Andersen berichtet als Leiterin des Ev. Kindergartens Weichselstraße in Schortens von der bisherigen Zusammenarbeit mit dem Familien- und Kinderservicebüro, die nach Anfangsschwierigkeiten endlich reibungslos funktioniert habe. Seit der Umstrukturierung erhalte sie jedoch von ratsuchenden Eltern die Rückmeldung, dass diese von den Mitarbeiterinnen der Familien- und Kinderservicebüro nicht die notwendige Hilfestellung erhalten haben sollen.


Herr Meyer-Helfers teilt daraufhin mit, dass Kooperationspartner wie z.B. Tageseinrichtungen Eltern nicht mehr an die Familien- und Kinderservicebüros verweisen müssten, sondern die Mitarbeiterinnen konzeptionell geplant in die Einrichtungen gehen und gemeinsam eine „Fallübergabe“ erfolge. Er gibt zu, dass die Umstrukturierung sehr kurzfristig im März beschlossen und Anfang Mai umsetzt worden sei. Dadurch müsse das neue Konzept evtl. erst noch verinnerlicht werden.


Herr Weber führt aus, aus fachlicher Sicht sei die erfolgte Umstrukturierung sinnvoll. Er sei sich sicher, dass die von Frau Andersen genannten Probleme lediglich Anlaufschwierigkeiten seien, die im direkten Dialog angesprochen werden können.


Auf Nachfrage von Herrn Wilken erklärt Herr Meyer-Helfers, die Öffnungszeiten der Familien- und Kinderservicebüros werden derzeit in Abstimmung mit den Kooperationspartnern überarbeitet. Die telefonische Erreichbarkeit außerhalb der Öffnungszeiten der Familien- und Kinderservicebüros sei über die Servicenummer 04461 / 919 – 1919 weiterhin gewährleistet.


Herr Chmielewski bedauert, dass die Akteure im Anschluss über die Umstrukturierung in Kenntnis gesetzt werden und offensichtlich nicht richtig mitgenommen wurden.


Herr Meyer-Helfers weist darauf hin, dass die Rahmenkonzeption der Familien- und Kinderservicebüros als organisatorischer Rahmen bekannt sei und diese nun für jede Stadt oder Gemeinde ausgefüllt werden müsse.


Da Frau Ralle die Befürchtung äußert, die vorgesehenen 0,5 AK pro Familien- und Kinderservicebüro könnten nicht ausreichen, erklärt Herr Meyer-Helfers, dass die Nutzung von Synergieeffekten einen Grundsatz der Netzwerkarbeit darstellt. Des Weiteren werde nicht erwartet, dass die Familien- und Kinderservicebüros alle Maßnahmen in Eigenregie anbieten, sondern im Hilfeverbund mit Kooperations- und Netzwerkpartnern.


Frau Zubrod bittet darum, bei der Präventionsarbeit auch die Problemlagen älterer Kinder zu berücksichtigen, z.B. durch Patenschaften für Schüler in der 2. bis 6. Klasse.


Abschließend teilt Herr Osterloh mit, er begrüße die Umstrukturierung des Fachbereiches Jugend, Familie, Schule und Kultur. Ein erster kurzer Sachstandsbericht werde in der nächsten Sitzung des Jugendhilfeausschusses erfolgen. Auf Wunsch von Herrn Neugebauer wird die Fallzahlenentwicklung dem Protokoll als Anlage beigefügt.