Landrat Ambrosy teilt mit, am späten Nachmittag des 14. Oktober sei der Landkreis Friesland als einer von zwanzig – von entsprechenden Maßnahmen bislang nicht betroffenen - niedersächsischen Landkreisen von der Landesregierung um Amtshilfe durch Schaffung einer Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge gebeten worden. In Friesland erwarte man den ersten Zustrom von rd. 100 Menschen am Samstag, 17. Oktober. Voraussichtlich seien weitere rd. 100 Flüchtlinge am Donnerstag, 22. Oktober, aufzunehmen.


Bereits vor ca. 3 Wochen hat die Kreisverwaltung einen „Stab für außergewöhnliche Ereignisse“ (SaE) gebildet, um vor Ort zeitnah auf die aktuelle Entwicklung in der Flüchtlingssituation reagieren zu können. Seit Bekanntwerden der nun auch Friesland betreffenden Auswirkungen arbeiten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit großem Einsatz daran, die entsprechenden Vorbereitungen zu treffen. Die voraus-sichtlich mit zwei Bussen anreisenden Menschen sollen lt. Entscheidung des Stabes in der alten Sonderschule in Jever, Schlosserstraße, untergebracht werden; sie verfügt über eine Aufnahmekapazität von rd. 200 Plätzen.


Landrat Ambrosy erläutert, dass die Erstaufnahme im Rahmen einer zentralen Unter­bringung erfolgt. Da die bislang bestehenden Einrichtungen im Lande überfüllt sind, hat das Land über ein Amtshilfeersuchen um Unterstützung durch Schaffung weiterer Anlaufstellen gebeten. Die in der Sonderschule anzusiedelnde Erstaufnahmeeinrichtung ist somit eine - organisatorisch durch den Landkreis betriebene - Landes-Einrichtung.


Man stehe derzeit, so der Landrat, in Gesprächen mit Wohlfahrtsverbänden, um einen Betreiber zu finden, der über entsprechende sachliche und personelle Ressourcen für eine dauerhafte Versorgung und Betreuung der Menschen verfügt. Der Landkreis Friesland übernimmt die Registrierung und medizinische Erstunter-suchung der Flüchtlinge; das DRK wird hierbei flankierend bis zum Wochenende (18.10.) unter­stützen.


Nach Eintreffen der Busse am Samstag, 17.10., werden die Menschen zunächst zur Feuerwehrtechnischen Zentrale in Jever geleitet, wo eine Erstversorgung durch Ärzte, DRK und Gesundheitsamt stattfindet. (Anm.: Die medizinische Untersuchung der Flüchtlinge wurde in Abänderung dieser Planung am 17.10. im Nordwest-Krankenhaus Sanderbusch vorgenommen.) Im Anschluss werden sie die Räumlich-keiten der Schule am Schlosserplatz beziehen.


Die bauliche Herrichtung der Friedrich-Schlosser-Schule samt Turnhalle läuft derzeit, so der Landrat, auf Hochtouren. Hausmeister, Firmen und ehrenamtlich Tätige arbeiten Hand in Hand. Im Umfeld der Schule wird ein Sicherheitsdienst für die Gewährleistung von Ruhe und Ordnung eingesetzt werden. Die Zufahrt zum Philosophenweg wird für die Anwohner voraussichtlich über von der Stadt Jever auszustellende Anwohner-/Pkw-Ausweise geregelt, um den Zutritt Nichtberechtigter zum Schulbereich soweit als möglich auszuschließen. (Anm.: In Abänderung der Planung wurde auf die Ausstellung von Anwohner-Ausweisen zwischenzeitlich verzichtet.). Die Straßenbeleuchtung wird nachts durchgehend eingeschaltet sein.


Vorab wurden Info-Briefe mit allen maßgeblichen Auskünften vor Ort an die Haus-halte im Umfeld des Philosophenweges verteilt (siehe Anlage). Ferner ist seit heute – 15.10. - ab 14.00 Uhr ein Bürgertelefon unter 04461 – 919 3333 geschaltet, das täglich von 08.00 – 20.00 Uhr erreichbar ist. Im Stab für außergewöhnliche Ereignisse ist auch die Polizei vertreten, mit der man eng zusammenarbeitet, so der Landrat.


Weitere Amtshilfeanfragen des Landes sind derzeit nicht bekannt. - Der Landkreis Friesland dankt allen Helferinnen und Helfern für ihr Engagement sowie den Anwohnern der Friedrich-Schlosser-Schule für ihr Verständnis.


Die Wahrscheinlichkeit eines Bleiberechts der neu eintreffenden Flüchtlinge sei ohne weitere Informationen derzeit noch nicht einschätzbar. Gegenwärtig sammen ca. 60 % aller momentan in Friesland lebenden Flüchtlinge aus den Westbalkanstaaten; für sie gilt eine Anerkennung als Asylberechtigte bzw. ein Bleiberecht auf Basis des aktuellen Ausländerrechts als nicht realisierbar. Die Gesetzeslage sei angesichts verschiedenster juristischer Aufenthalts- und Bleiberechtsformen sehr komplex.


Auf Nachfrage von Herrn KTA Vehoff erläutert der Landrat, die Dauer eines Aner­kennungsverfahrens für Flüchtlinge beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge betrage pro Fall durchschnittlich 9 Monate.


Die Flüchtlinge verbleiben in der Friedrich-Schlosser-Schule, bis die Landesaufnahme­behörde über ihre Weiterverteilung innerhalb des Landes Niedersachsen entschieden hat. Dem Landkreis sind keine Details zu den demnächst eintreffenden Menschen wie Alter, Herkunft, Familie/Einzelperson bekannt. Landrat Ambrosy appelliert daran, die Flüchtlingssituation als besondere Herausforderung anzunehmen und sie durch engagiertes gemeinsames Agieren zu meistern.


Derzeit sei die Zuweisung von Flüchtlingen nach Durchlaufen der Erstaufnahme-einrichtung in dezentrale Wohnunterkünfte der Städte und Gemeinden noch möglich. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten. Die Gemeinde Wangerooge ist von der Verteilung ausgenommen. Innerhalb der HVB-Runde besteht zur Thematik eine laufende enge Abstimmung.


KTA Loers verweist auf den erheblichen Umfang der Flüchtlingsströme nach Deutschland. Landrat Ambrosy unterstreicht die besondere Belastung in den bestehenden zentralen Aufnahmeeinrichtungen. Die für den Landkreis Friesland zuständige Einrichtung in Bramsche reagiere pragmatisch auf die Entwicklungen. Sollte die Zuwanderung von Flüchtlingen auch in nächster Zeit nicht nachlassen, werde das Land Niedersachsen die Möglichkeiten der Verteilung überdenken müssen.


Für die Versorgung eines Flüchtlings in der Zuständigkeit des Landkreises nach Zuweisung durch die Landesaufnahmebehörde entstehen dem Landkreis jährlich Kosten von durchschnittlich 11.000 Euro. Die bislang von Bund und Land zugestandenen Mittel sind leider nicht auskömmlich. Eine Anhebung der Kreisumlage, so der Landrat, kommt aus seiner Sicht aber nicht in Betracht.

Auch eine Streichung von Ausgabepositionen des Kreises oder Kündigung von Mietraum wird es nicht geben.


Die dem Landkreis entstehenden Kosten der Amtshilfe für den Betrieb der Erstauf­nahmeeinrichtung am Schlosserplatz werden durch das Land erstattet. Derzeit werden alle verfügbaren Hausmeister des Landkreises für die baulichen Arbeiten an der ehem. Schlosserplatzschule eingesetzt, auch sind weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kreisverwaltung vor Ort eingesetzt. Die personelle Situation wird grundsätzlich Thema im Rahmen der Stellenplanberatungen zum Haushalt 2016 sein.


Herr Chmielewski dankt für die sachliche Handhabung der Problematik und die Informationspraxis des Landkreises. Hinsichtlich der von Herrn Wilken gestellten Frage nach Einführung einer Gesundheitskarte für Flüchtlinge verweist der Landrat auf die Zuständigkeit des Bundes bzw. die Weisungsbefugnis des Landes. Dem Landkreis Friesland obliegt kraft der Gesetzeslage die Sicherstellung der Erst- bzw. Akut­versorgung im Krankheitsfall.


Im übrigen durch den Landkreis Sprachkurse für erwachsene Flüchtlingen und Sprach­unterricht für Flüchtlingskinder an Schulen angeboten; Wirtschaftsförderung und Jobcenter steuern Projekte zur Steigerung der Vermittlungsfähigkeit in den Arbeitsmarkt.


Der Ausschuss nimmt die Ausführungen zur Kenntnis.