Zum Antrag der CDU-Fraktion nach einer Freigabe des Begleiteten Fahrens für Wege zur Schule bzw. zum Ausbildungsplatz erläutert Herr Hinrichs die Rechtslage, die im Folgenden dem Protokoll hinzugefügt wird:

Nach den Vorschriften der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) beträgt das Mindestalter für das Führen von Kraftfahrzeugen der Fahrerlaubnisklasse B (z. B. Pkw) grundsätzlich 18 Jahre, eine Reduzierung dieses Alters auf 17 Jahre ist abschließend nur in den Fällen des begleiteten Fahrens oder für spezielle Ausbildungsberufe, die im Zusammenhang mit einer Fahrtätigkeit stehen (Berufskraftfahrer/in, Fahrkraft im Fahrbetrieb und Ausbildungsberufe, in dem vergleichbare Fertigkeiten und Kenntnisse zum Führen von Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen vermittelt werden), vorgesehen.

 

Hierbei ist anzumerken, dass der Verordnungsgeber gerade die doch große Personengruppe von Schülern und Auszubildenden (aus allen anderen Ausbildungsbereichen) gezielt in die Reduzierung des Mindestalters nicht mit aufgenommen hat. Hieraus kann nur geschlossen werden, dass seitens des Verordnungsgebers ein pauschaler Zugang aller Schüler/innen und Auszubildenden zum unbegleiteten Fahren mit bereits 17 Jahren nicht gewollt und somit ausgeschlossen ist.

 

Nach § 74 (1) FeV können die nach Landesrecht zuständigen Behörden allerdings in bestimmten Einzelfällen  Ausnahmen von den Vorschriften der FeV genehmigen, hierunter fallen auch die Vorschriften über das Mindestalter.

 

Diese Ausnahmemöglichkeit zielt auf Fälle ab, die von den Vorschriften der FeV nicht abgedeckt sind und somit für den/die Antragsteller/in eine durch den Verordnungsgeber nicht beabsichtigte unzumutbare Härte bedeuten, die schwerer wiegt als das öffentliche Interesse an der Verkehrssicherheit. Sie soll allerdings keine Hintertür für die Umgehung der Vorschriften über das Mindestalter sein, in dem pauschal einer größeren Personengruppe (Schüler/innen und Auszubildende) eine Fahrerlaubnis ohne Beachtung des Mindestalters erteilt wird.

 

Bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich, dass es sich hier nur um Einzelfälle handeln kann. Ein Erlass des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (Stand 01.01.2015) regelt darüber hinaus, dass für die Ausnahmen von den Mindestalter-Vorschriften die unteren Fahrerlaubnisbehörden zuständig sind. Des Weiteren wird auf eine restriktive Handhabung dieser Ausnahmemöglichkeit verwiesen. Eine Ausnahme soll somit nur dann in Frage kommen, wenn im Einzelfall außergewöhnliche Umstände vorliegen, die für den/die Antragsteller/in eine unzumutbare Härte bedeuten würden und sich aus einer medizinisch-psychologischen Begutachtung (kostenpflichtig für den/die Antragsteller/in) keine Bedenken bzgl. der geistigen Reife ergeben.

 

Außergewöhnliche Umstände liegen nur vor, wenn sich die maßgeblichen persönlichen Umstände des/der Betroffenen wesentlich von denen, der Gleichaltrige in der Regel ausgesetzt sind, unterscheiden. Des Weiteren kann eine unzumutbare Härte nur angenommen werden, wenn u. a. das beabsichtigte Ziel (hier Erreichen eines weiter entfernten Schul- bzw. Ausbildungsortes) nicht auf andere Art und Weise möglich ist. Hierzu gehören neben den öffentlichen Verkehrsmitteln, Fahrgemeinschaften, familiärer Fahreinsatz und ggfs. einer zeitweisen Wohnsitzverlegung auch die Inanspruchnahme von Fahrzeugen, für die geringere Mindestalter-Vorschriften gelten (z. B. Kleinkrafträder und 4-rädrige Leichtkraftfahrzeuge der Fahrerlaubnisklasse AM). Auch erheblich längere Fahrzeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln sind grundsätzlich in Kauf zu nehmen. Die Kosten für die Alternativen können hier in den Hintergrund treten, da sich diese durchaus im vergleichbaren Rahmen zu den Anschaffungs-, Betriebs- und Unterhaltskosten eines eigenen Pkw bewegen.

 

Somit bleibt festzustellen, dass bereits die zwingende Einzelfallbetrachtung der Möglichkeit einer pauschalen  Ausnahmegenehmigung nach § 74 (1) FeV für alle Schüler/innen und Auszubildenden entgegensteht. Ungeachtet dessen liegen bei einer pauschalen Ausnahme dieser Art auch keine außergewöhnlichen Umstände, die eine unzumutbare Härte bedeuten, vor. Festzuhalten bleibt, dass eine pauschale Ausnahme nach für das unbegleitete Fahren von 17-jährigen zu entfernten Schul- oder Ausbildungsorten somit rechtlich nicht möglich ist, diese Rechtslage gilt bundesweit und wird im Übrigen auch vom Landkreis Wittmund berücksichtigt, auch dort wird der jeweilige Ausnahmetatbestand im Einzelfall geprüft.