Sitzung: 13.02.2018 Ausschuss für Umwelt, Abfall und Landwirtschaft
Beschluss: zu a) einstimmige Zustimmung, zu b) mehrheitliche Zustimmung
Vorlage: 0351/2018
Beschluss:
- Die Verwaltung
wird beauftragt, zusammen mit den Akteuren des Naturschutzes, z. B. den
Naturschutzverbänden, der Landwirte, der Jägerschaft und einem Fachbüro
eine Strategie zur nachhaltigen Verbesserung
der Lebensbedingungen von Insekten und hier insbesondere der Hautflügler
(Fluginsekten) im Landkreis
Friesland zu erarbeiten. Es sind kurzfristige Maßnahmen für 2018 zu
erarbeiten.
- Für die fachgerechte und kontinuierliche Umsetzung der
Strategie im Landkreis Friesland ist eine zusätzliche Fachstelle (50 %)
einzurichten. Zur Folgefinanzierung der Maßnahme sind vorrangig
Fördergelder einzuwerben.
Fachlicher Hintergrund:
In den letzten 25
Jahren ist die Insektenzahl in Deutschland um ca. 75 % zurückgegangen.
Dieser Verlust ist
nicht spezifisch für bestimmte Biotoptypen, er betrifft vielmehr das ganze
Offenland. Die Biomasseverluste betragen für die Sommerperiode 81,6 Prozent
(79,7 bis 83,4 Prozent) und für die Vegetationsperiode von April bis Oktober
76,7 Prozent (74,8 bis 78,5). Die Verluste in der Sommerperiode sind höher, da
die Insektenbiomasse in diesen Monaten am höchsten ist. Es zeigt sich auch,
dass die bekannten Rückgänge von Artengruppen wie Schmetterlingen, Wildbienen
und Nachtfaltern einhergehen mit den drastischen Biomasseverlusten bei
Fluginsekten. Dies betrifft nicht nur seltene und gefährdete Arten, sondern die
gesamte Welt der Insekten.
Insekten sind
jedoch die Nahrungsgrundlage vieler Tierarten, wie z. B. der Fledermäuse und
der Vögel. Aufgrund fehlender Insekten ist gerade für die Vogelarten der
Offenlandschaft die Jungenaufzucht massiv erschwert. In Deutschland ist, wie
eine aktuelle Untersuchung zeigt, in den letzten zwölf Jahren die Anzahl der
Brutvogelpaare um 15 Prozent zurückgegangen. Mit Sicherheit sind diese Einbußen
auf den Rückgang der Insektenfauna zurückzuführen; fast alle betroffenen Arten
füttern ihre Jungen mit Insekten
Zudem bestäuben
Insekten 80 % unserer Kulturpflanzen.
Wenn diese Nützlinge weiter reduziert werden, drohen große Schäden für die
Landwirtschaft und die Nahrungsmittelproduktion.
Zum Erhalt der
Insekten ist es wichtig, dass ausreichend Nahrungsquellen und Lebensräume für
sie zur Verfügung stehen. Um dies zu gewährleisten, sind in der freien
Landschaft und im besiedelten Bereich insektenfreundliche Vegetationsinseln und
Linienstrukturen wie etwa Randstreifen an Äckern, Gewässern und Wegen zu schaffen.
Motivation:
Durch Anträge der
Mehrheitsgruppe sind in den diesjährigen Kreishaushalt 50.000 € für die
Förderung der Biodiversität eingestellt worden. Der so an die Kreisverwaltung
erteilte Auftrag bedarf einer schnellen und effektiven Handlungsstrategie.
Insbesondere Maßnahmen zum Schutz von Hautflüglern erfordern zeitnahe
Maßnahmen. So sind bspw. Saatmischungen für artenrelevante Pflanzen bis
spätestens Ende April/Anfang Mai auszubringen um ein ansprechendes Habitat
herzurichten.
Ausrichtung:
-
ein landkreiseigenes Förderprogramm
(kostenlose Bereitstellung des Saatgutes),
-
Anerkennung der Blühflächen als Kompensationsflächen
und -pool für Gemeinden, Städte und andere Baulastträger (Straßenbau,
Landwirtschaft usw.),
-
das bereits ausgearbeitete Projekt
„Kompensation an Gewässern“ ist mit einzubeziehen,
-
Hauptaugenmerk sollte auf dem Biotopverbund
liegen. Neben Einzelflächen sind primär linienhafte Strukturen als
Verbindungselemente zwischen bereits vorhandenen Biotopen und Schutzgebieten
anzustreben. Hierfür bieten sich Fließgewässer, Wege-, Straßen- und Ackerränder
an,
-
Zur Finanzierung des Projektes sollen Mittel
aus vorhandenen Förderprogrammen und von Dritten (Partnern) eingeworben werden.
Insgesamt soll eine Förderquote von
mindestens 66 % erreicht werden.
Rahmenbedingungen:
-
die Naturschutzverbände im Landkreis sind im
Runden Tisch unter der Leitung von Herrn Henning von Schele zusammen gefasst –
dieses Gremium ist einzubeziehen,
-
als Fachbüro wäre ein Umwelt- und Medienbüro
in Oldenburg geeignet. Das Büro hat bereits für den Runden Tisch einen Vortrag
zu diesem Thema gehalten. Das Büro wäre gegen Kostenerstattung bereit
mitzuwirken.
-
Nach Auskunft von Frau Birgit Luiken, die bis
vor kurzem noch den Arbeitskreis „Blühende Landschaften“ im Landkreis Friesland
geleitet hat, sind für die Arbeiten (Flächenbesichtigung, Saatgutbeschaffung,
Förderprogramme, Abrechnung, Öffentlichkeitsarbeit usw.) die ein solches
Projekt erfordert, mindestens 20 Stunden in der Woche anzusetzen. Die
vorhandenen Ressourcen in der Naturschutzbehörde sind bereits erschöpft,
deshalb ist für die Realisierung eine Personalergänzung erforderlich.
-
Um dauerhaft verbesserte Lebensgrundlagen für
bedrohte Insektenarten zu schaffen, ist das Projekt langfristig anzulegen.
Für Herrn Kreistagsabgeordneten Neugebauer ist das Projekt
eine gute Ergänzung der Klimafolgenanpassungsstrategie.
Herr Kreistagsabgeordneter Ulfers hält es für einen besonders guten und
wünschenswerten Ansatz, Maßnahmen zur Verbesserung der Biodiversität als
Kompensationsmaßnahmen anerkennen zu lassen.
Herr Kreistagsabgeordneter Damm stellt den Bedarf einer ergänzenden Stelle in
Frage. Es sei der falsche Ansatz Geld für Administration einzustellen. Vielmehr
sollen für das eingesparte Geld Saatmischungen für Blühstreifen/-flächen an
interessierte Bürger gegen Schutzgebühr ausgegeben werden.
Herr Kreistagsabgeordneter Harms stützt den Gedanken des vorgestellten Projekts
und plädiert für die Einwerbung von EU-Fördermitteln zur Projektfinanzierung.
Herr Kreistagsabgeordneter Ramke weist darauf hin, dass die Projektdurchführung
mit hohem personellen Aufwand verbunden sei. Die derzeitige Personalausstattung
in der unteren Naturschutzbehörde lasse einen solchen Mehraufwand nicht zu. Es
müsse daher für ausreichende Personalkapazitäten gesorgt werden.
Herr Kreistagsabgeordneter Behrens-Focken sieht eine Projektbegleitung jedoch
eher bei den ehrenamtlichen Institutionen, die mit dem Thema befasst sind.
Herr Menke weist darauf hin, dass trotz des hohen Engagements, das Ehrenamt
diese Aufgabe nicht mit dem erforderlichen Maße professionell begleiten kann.
Abstimmungsergebnis:
Zu a.) einstimmig
Zu b.) mehrheitlich
Ja: |
7 |
Nein: |
3 |
Enthaltung: |
1 |