Sitzung: 13.02.2018 Ausschuss für Umwelt, Abfall und Landwirtschaft
Beschluss: zur Kenntnis genommen
Vorlage: 0353/2018
Der Umweltausschuss nimmt die Ausführungen zum Sachstand zur Kenntnis.
Aktuelle Berichtserstattung zur
Erstellung der CO2-Bilanz
Im Jahre 2016 wurde vom Umweltausschuss
beschlossen, dass das Klimaschutzkonzept des Landkreises Friesland
fortgeschrieben werden soll. Die Erstellung einer CO2-Bilanz soll
hierbei als Hauptbestandteil und Neuerung im Vergleich zum alten Konzept
einfließen. Innerhalb der CO2-Bilanzierung werden die drei Gesichtspunkte
„Mobilität, Beschaffung und Energie“ mitbeleuchtet. Insgesamt kann durch die
Erstellung der CO2-Bilanz der Klimaschutz und die Menge der
Treibhausgasemissionen für das Kreisgebiet „greifbar“ gemacht und beziffert
werden.
Bei den kreiseigenen Liegenschaften kann
beispielsweise aufgezeigt werden, zu welchem Zeitpunkt eine Sanierungsmaßnahme,
die Umstellung des Energieträgers oder die Änderung von Halb- auf
Ganztagsschule erfolgt und wie sich diese Maßnahmen auf die CO2-Bilanz
auswirkt.
In Abbildung 1 ist zu erkennen, dass die
Liegenschaft „OBS Bockhorn“ im Zeitraum 2010 – 2016 einen deutlich reduzierten
Gesamtenergieverbrauch verzeichnet. Die Verbräuche der Energieträger Strom und
Erdgas sind ab November 2010 stark zurückgegangen, da zu diesem Zeitpunkt die
energetische Sanierung (KP II) abgeschlossen wurde. Während 2010 ein Wert von
rd.92.000 KWh verzeichnet wurde, hat sich dieser bis 2016 auf rd. 45.500 kWh
verringert.
Abbildung
1: Gesamtenergieverbrauch der OBS
Bockhorn 2010 - 2016
Quelle:
Landkreis Friesland, 2018, unter Verwendung von EcoSpeed Business
Abbildung
2: Treibhausgasemissionen der OBS
Bockhorn 2010 – 2016
Quelle:
Landkreis Friesland, 2018, unter Verwendung von EcoSpeed Business
Derselbe Effekt schlägt sich auch in der
Gesamtzahl der Treibhausgasemissionen nieder: Eine deutliche Senkung der
Treibhausgasemissionen von rd. 20 t in 2010 auf rd. 14 t in 2016 konnte durch
das Programm EcoSpeed festgehalten werden. Dabei fällt im Vergleich zum
Gesamtenergieverbrauch auf, dass die Anteile des Energieträgers Strom sich auf
einen höheren Umrechnungsfaktor der Treibhausgasemissionen beziehen, sprich die
Säulen des Stromverbrauches höher ausfallen, als das es beim Energieträger
Erdgas ausmacht.
Klimaschutzmaßnahmen im Landkreis
Friesland: Klimaschutz in der Regional-, Stadt- und Bauleitplanung
Die Regional- und Stadtplanung bietet
dem Klimaschutz als Fachplanung die Möglichkeit, urbanen Raum möglichst
frühzeitig resilient gegenüber klimatischen Auswirkungen zu gestalten. Die
zentralen Handlungsfelder stellen dabei die Anpassung von sowohl Siedlungs-,
Freiraum als auch Infrastrukturen an den Klimawandel dar. Die Regional- und
Stadtplanung als querschnittsorientierte Aufgabe kann durch ihre Steuerungs-
und Koordinierungsfunktion wesentlich dazu beitragen, die Ziele des
Klimaschutzes und der –anpassung zu erreichen, da sie unmittelbar auf die
Ressourcen Boden, Luft und Wasser wirkt. Durch die Koordinierungs- und
Steuerungsfunktion der einzelnen Fachplanungen, kann es durch die Regional- und
Stadtplanung ermöglicht werden, eine fachübergreifende und interdisziplinäre
Arbeitsweise auszuüben – aber auch
anwendungsbezogene Lösungen für Problemstellungen des Klimawandels und Herausforderungen
der Klimaanpassung zu erarbeiten.
Klimawandel findet sich oft in fast
allen Umweltbelangen und Handlungsfeldern wieder, wie z.B. der Wasser- und
Energieversorgung, der Gesundheitsbranche sowie in der Biodiversität und Natur
und Landschaft. Durch die Integration von Klimaschutz in die formellen und
informellen Instrumente der Stadt- und Regionalentwicklung, kann ein möglichst
umfassender und mittel- bis langfristig
ausgerichteter Ansatz für die Bewältigung der Auswirkungen des Klimawandels für
die Region und den Landkreis Friesland angewandt werden. Wesentliche
Instrumente stellen der Regionalplan in Form der Neuaufstellung des Regionalen
Raumordnungsprogrammes für den Landkreis Friesland sowie die Bauleitplanung für
die friesischen Städte und Gemeinden dar.
Mit der Bauleitplanung und Anwendung des
BauGBs sind Kommunen damit beauftragt, innerhalb ihres Gemeindegebietes die
städtebauliche Entwicklung und Ordnung zu steuern und somit den Wirkungsgrad
von Umweltauswirkungen sowie deren Schadenspotenzial, beispielsweise durch
Hochwasser, zu reduzieren.
Die Ziele des Klimaschutzes haben
Eingang in das BauGB als tragende planerische Zielvorgaben gefunden, sodass sie
bei Planungsprozessen eine Möglichkeit zur Umsetzung der klimarelevanten
Belange bieten:
· BauGB: „Klimaschutzklausel“ §1, Abs. 5, Satz 2 seit BauGB-Novelle 2011: Klimaanpassung ist ein Planungsgrundsatz der Bauleitplanung und somit in der Abwägung gem. §1 Abs. 7 BauGB zu berücksichtigen,
· Anpassung an Hochwasserereignisse (§1 Abs. 6 Nr.12 BauGB),
· Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse (§1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB).
In der Neuaufstellung des Regionalen
Raumordnungsprogrammes werden die Themen Klimaschutz und Klimaanpassung direkt
in die jeweiligen Fachthemen integriert. Ein Beispiel hierfür stellt das neue
Siedlungsmodell dar, bei welchem die Leitmotive „eine flächensparende, am
Bedarf orientierte Siedlungsentwicklung“ und „die Stärkung der Zentralen Orte
zur Sicherung der Daseinsvorsorge“ umfassen. Hier ist erstmalig die Verknüpfung
von den unterschiedlichen Fachplanungen der Siedlungsentwicklung, des
Mobilitätverhaltens und der Daseinsvorsorge erfolgt.
Neben dem Klimaschutzaspekt zielt das
Siedlungsmodell darauf ab, die Grund- und Mittelzentren des Landkreises zu
stärken, denn nur starke Zentren können die Versorgungsaufgaben für das gesamte
Stadt- bzw. Gemeindegebiet übernehmen und erfüllen. Dabei werden die
bestehenden Strukturen der Daseinsvorsorge sowie deren Erreichbarkeit
berücksichtigt, um deren Sicherung und gleichmäßige Auslastung zu erreichen.
Kurze, fußläufig zu bewältigende Wege und die ÖPNV- und SPNV-Anbindung sind
ebenfalls berücksichtigt worden, sodass es bei der Anwendung des Modells in der
Siedlungsentwicklung auch positive Synergieeffekte auf das Mobilitätsverhalten
der Bevölkerung, in Form einer Reduzierung des MIV-Bedarfes, rückfließen. In
diesem Zusammenhang ist der Grundsatz „Innen- vor Außenentwicklung“ und die
Vermeidung neuer Flächenversiegelungen als Bestandteile einer flächensparenden,
im Sinne einer in alle Richtungen nachhaltigen, Entwicklung zu nennen. Positive
Effekte stellen die verringerten Folgekosten von Infrastruktur (für Städte und
Gemeinden) sowie die Reduzierung der Flächenversiegelung dar. Sowohl aus
ökologischen Aspekten, z.B. Grünland als CO2-Speicher oder als Renaturierungsflächen für
starke Niederschläge und Überschwemmungen, als auch aus verkehrsplanerischer
Sicht, indem durch Funktionenbündelung und Nachverdichtung in den Ortsteilen
und kurze Wege entstehen und neue Flächenpotenziale aktiviert werden, ist ein
reduzierter Flächenverbrauch und –versiegelung anzuführen. Strukturelle,
sozio-demographische Probleme, wie das Überangebote an Bauland bei
gleichzeitigem Leerstand in den Ortskernen, sowie die Ausrichtung am
tatsächlichen Bedarf bzw. der Nachfrage und dem Angebot können durch das
Siedlungsmodell reduziert bzw. bedarfsorientiert entwickelt werden. Die
Festlegungen durch das Regionale Raumordnungsprogramm dienen den Städten/Gemeinden
dabei als Planungs- und Begründungshilfen für die eigene Entwicklung und
Umsetzung der Vorgaben aus dem BauGB, die aktuell auch schon bei Planungen
umzusetzen sind (z. B. § 1 Abs. 5 S. 2 u. 3; § 1 Abs. 6 Nr. 4; § 1a Abs. 2).
Abbildung
3: Siedlungsmodell Landkreis Friesland
Quelle:
Landkreis Friesland, 2018
Das Siedlungsflächenmodell setzt sich
mit diesen Herausforderungen auseinander und stellt ebenso ein planerisches
Instrument für den Klimaschutz dar.
Als Grundlage für das
Siedlungsflächenmodell dienen zum einen die rechtskräftigen
Flächennutzungspläne der Städte und Gemeinden. Zum anderen stellt die
zentralörtliche Funktion den zweiten bedeutenden Baustein des Modells dar.
Anhand zuletzt genannter wurden die Zentralen Orte als zentrale
Siedlungsgebiete (Zone 1) bestimmt. Dabei wurde sich an der aktuell gültigen
zentralörtlichen Funktion orientiert, d.h. die ausgewiesenen Grund- und
Mittelzentren, mit dem jeweiligen zentralen Ortsteil, werden im Rahmen des
Siedlungsmodells als zentrales Siedlungsgebiet übernommen. Auf Grundlage einer
GIS-Analyse entsteht ein 2-Zonen-Siedlungsflächenmodell, welches folgende Zonen
beinhaltet:
Zone 1: Zentrales Siedlungsgebiet (nur
an den Grund- und Mittelzentren möglich),
Zone 2: Standorte für die Sicherung und
Entwicklung von Wohnstätten.
Unter Verwendung der
Flächennutzungspläne und weiteren Einrichtungen der allgemeinen Daseinsvorsorge
wurde anhand einer GIS-Analyse modelliert, welche Ortsteile über ein gewisses
Mindestmaß an Ausstattung mit Daseinsvorsorgeeinrichtung und infrastruktureller
Anbindung verfügen. Diese Ortsteile werden nach dem Siedlungsmodell dann als
Standorte für die Sicherung und Entwicklung von Wohnstätten (Zone 2)
ausgewiesen.
Dabei wird im Sinne des Modells
„infrastruktureller Anbindung“ als Faktor der Daseinsvorsorgeeinrichtungen so
definiert, dass der jeweilige Ortsteil entweder über einen Verkehrsknotenpunkt
(ZOB), und somit über eine Verbindung zum nächsten Grund- bzw. Mittelzentrum,
oder über einen Bahnhaltepunkt verfügt. Des Weiteren werden die medizinische
Ausstattung (mind. ein Allgemeinmediziner, Krankenhäuser, Pflege- und
Altenheime), die Nähe von öffentlichen Verwaltungseinrichtungen, kulturellen
Einrichtungen, stationäre Jugendhilfeeinrichtungen sowie von
Kindertagesstätten, Grundschulen, und weiterführenden Schulen als bedeutende
Kriterien für das Siedlungsflächenmodell herangezogen. Ergänzt werden diese
Daseinsvorsorgeeinrichtungen durch ein Netz von Rettungswachen sowie den
Feuerwehrstandorten, unterteilt in Grundausstattung, Stützpunkt und Schwerpunkt
Feuerwehr. Neben dem spielt die einzelhandels- und dienstleistungsbezogene
Ausstattung eine bedeutende Rolle, sodass eine nahversorgungsrelevante
Ausstattung in fußläufiger Erreichbarkeit[1]
gewährleistet ist. Diese Kriterien flossen in ein GIS-Modell ein, anhand
dessen die Bereiche im Landkreis Friesland bestimmt werden konnten, die über
eine besonders gute Ausstattung mit Einrichtungen der allgemeinen
Daseinsvorsorge verfügen.
Aus den angegebenen Entfernungen ergibt
sich der jeweilige Erreichbarkeitsraum des einzelnen Kriteriums. Es erfolgte
eine pauschalisierte Annahme in Form von den Radien um den jeweiligen
Faktor-Standort. Unter Anwendung eines Bewertungsschlüssels konnte jedem
einzelnen Kriterium eine Gewichtung zwischen 2 und 50 Punkten zugeordnet und
diejenigen Bereiche herausgefiltert werden, die über einen hohen Gesamtwert,
d.h. über ein gewisses Mindestmaß an Ausstattung mit vielen verschiedenen
Funktionen der allgemeinen Daseinsvorsorge sowie über eine infrastrukturelle
Anbindung, verfügen. Dabei erhalten nach dem Bewertungsschlüssel häufig
aufgesuchte Einrichtungen eine höhere Gewichtung und einen kleineren
Erreichbarkeitsraum als geringer frequentierte Einrichtungen oder Einrichtungen
mit einem großen Erreichbarkeitsraum– jedoch ist auch die Funktionserfüllung
innerhalb der zentralörtlichen Funktion von Bedeutung. Primär sind die
Standorte innerhalb der zentralen Siedlungsgebiete (Zone 1), die alle diese
herangezogenen Kriterien erfüllen, weiterzuentwickeln und das dortige
Flächenpotenzial zu nutzen. Sekundär sind die sogenannten Standorte für die
Sicherung und Entwicklung von Wohnstätten (Zone 2) zu entwickeln. Diese sind
als ergänzende Siedlungsgebiete zum zentralen Ort bestimmt, um einerseits
heranrückende störende Nutzungen zu steuern und den Städten und Gemeinden zu
ermöglichen, außerhalb des Zentralen Ortes und geeigneten weiteren Ortsteilen,
die Funktionen der allgemeinen Daseinsvorsorge zu konzentrieren und
weiterzuentwickeln.
Neben dem ist die Eigenentwicklung von
Ortsteilen, die außerhalb der Zentralen Siedlungsgebiete, und den Standorten
für die Sicherung und Entwicklung von Wohnstätten liegen grundsätzlich möglich,
sofern sie angemessen ist und dem Erhalt der baulichen dörflichen Strukturen
bei gleichzeitiger angemessener Dichte dienen.
Durch das Siedlungsflächenmodell ist es
den friesischen Kommunen möglich, eine flächensparende und nachhaltige
Siedlungsentwicklung zukunftsgerichtet zu betreiben und zugleich eine sehr gute
Erreichbarkeit und Ausstattung mit Daseinsvorsorgeeinrichtungen vorzuhalten.
Klimaanpassung im Quartier:
Konkrete Klimaanpassungsmaßnahmen in der
Siedlungsentwicklung sind anhand des vom Difu 2017 geförderten Projektes
„Ostpark Bochum“ gut zu erkennen und auch auf die friesischen Kommunen und
Quartiere gut übertragbar (siehe auch http://www.plan4change.de/materialien.html):