Sitzung: 22.02.2018 Ausschuss für Bauen, Feuerschutz u. Mobilität
Landrat Ambrosy berichtet, dass er im Januar 2018 auf
Einladung des niedersächsischen Umweltministers Lies an einem Runden Tisch in
Aurich teilgenommen habe.
Gemeinsam habe man sich mit Vertretern des Bundes, des Havariekommandos und der
Insel- und Küstenkommunen mit der Havarie der Glory Amsterdam beschäftigt und
Handlungsbedarfe erarbeitet, um die Sicherheit für die Küstenregion im
Havariefall weiter zu verbessern. Der Austausch war wichtig, zur Zeit wird der
Hergang des Seeunfalls und dessen Abwicklung vom Bund analysiert.
Am Rande des Runden Tisches hat der Landrat mit dem Leiter des
Havariekommandos, Herrn Hans-Werner Monsees, die Teilnahme an der heutigen
Ausschusssitzung vereinbart und gleichzeitig für die frühzeitigere Einbindung
und Unterstützung bei Havarien durch die Landkreise geworben.
Herr Monsees stellt den Aufbau und die Kompetenzen des
Havariekommandos vor und differenziert dabei nach Zuständigkeiten der Länder
und des Bundes.
Das Havariekommando ist eine gemeinsame Einrichtung des Bundes und der
Küstenländer und gewährleistet ein gemeinsames Unfallmanagement auf Nord- und
Ostsee. Das Havariekommando bündelt die Verantwortung für die Planung,
Vorbereitung, Übung und Durchführung von Maßnahmen zur Verletztenversorgung,
zur Schadstoffunfallbekämpfung, zur Brandbekämpfung, zur Hilfeleistung und zur
Gefahrenabwehr bezogenen Bergung bei komplexen Schadenslagen auf See sowie
einer strukturierten Öffentlichkeitsarbeit.
Das Havariekommando ist im Alltagsbetrieb
ein Kompetenzzentrum mit etwa 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Das Maritime Lagezentrum (MLZ)
ist im 24-Stunden Dienstbetrieb mit erfahrenen Nautikern besetzt. Im Maritimen
Lagezentrum wird ständig ein aktuelles, maritimes Lagebild vom deutschen
Hoheitsgebiet in Nord- und Ostsee erstellt. Dabei werden alle Informationen
über Umstände, die für die Bekämpfung einer komplexen Schadenslage erheblich
sein können, gesammelt, aufbereitet, bewertet und gesteuert,
erforderlichenfalls Alarmierungen ausgelöst und Sofortmaßnahmen eingeleitet.
Herr Monsees verdeutlicht, dass das Havariekommando nicht über eigene Führungs-
und Einsatzmittel verfügt. Im Falle des Eintritts einer komplexen Schadenslage
übernimmt das Havariekommando die Einsatzleitung und führt die Einsatzkräfte
durch Auftragstaktik.
Im Anschluss erläutert Herr Monsees detailliert den zeitlichen Ablauf, den
Driftverlauf und die Einsatzschwerpunkte der Havarie der Glory Amsterdam.
Aufgrund der Wetterbedingungen mit Windstärke 12 und hohem Wellengang gelang es
trotz des schnellen Einsatzes des Schleppers Nordic nicht, eine Schleppverbindung
zur Glory Amsterdam herzustellen. Aufgrund der extremen Witterungslage war ein
Aufwinschen des Boardingteams von der Nordic in einen Helikopter nicht möglich,
es bestand Lebensgefahr für die Einsatzkräfte.
Herr Monsees erklärt weitere Einsatzoptionen und stellt das mit einem
Privatunternehmen abgestimmte Bergungskonzept vor, welches durch das Ablassen
von Ballastwasser und der zusätzlichen sicheren Leinenverbindung zu zwei
schweren Schleppern zum Erfolg führte.
Herr Monsees benennt eine Vielzahl von Optimierungsmöglichkeiten, die beim
Eintritt von komplexen Schadenslagen an der Nord- und Ostsee zukünftig die
Abarbeitung der Lage verbessern können:
- ab Windstärke 8 Verlegung von Boardingteams auf das Festland
- Schaffung von optimierten Winschflächen bei Schiffsneubauten
- zügige Realisierung der Ersatzbeschaffung für das Mehrzweckschiff Mellum
- Herausgabe von Sicherheitshinweisen für Ankerlieger bei extremen Wetterlagen
- Vor-Ort-Unterstützung durch die Pressestelle des Havariekommandos
- Optimierung der Schnittstellen zwischen Havariekommando und Aufgabenträgern
- Verkürzung und Verbesserung interner Abläufe
- Verbesserung der technischen Ausstattung im Havariekommando
- Möglichkeiten zum Draggen auf allen drei im Einsatz befindlichen Schleppern
schaffen
Herr Monsees betont, dass sich die vorgestellten Optimierungsmöglichkeiten nicht ausschließlich aus der Einsatznachbearbeitung der Havarie der Glory Amsterdam ergeben. Zudem verdeutlicht er, dass trotz intensiver Vorbereitung die extremen Wetterbedingungen, die im Einsatz vorlagen, nicht zu beherrschen waren.
Im Anschluss an den Vortrag fragt KTA Esser, ob das
Havariekommando die verantwortlichen Katastrophenschutzbehörden nicht hätte
früher einschalten können, damit diese sich auf den Eintritt eines möglichen
Schiffs-/Schadstoffunfall hätten vorbereiten können.
Herr Monsees erwidert, dass die Inseln und die anliegenden Landkreise sehr
frühzeitig informiert wurden; zudem ist das NLWKN wegen einer möglichen
Ölbekämpfung in Bereitschaft versetzt worden.
KTA Harms hinterfragt, ob die
Schlepplast der in der Deutschen Bucht zum Einsatz kommenden Schlepper
ausreichend ist, um mögliche Havarien zu vermeiden.
Herr Monsees betont, dass die Schlepper Mellum, Nordic und Neuwerk über einen
ausreichenden Pfahlzug verfügen; stärkere Schlepper werden nicht benötigt.
KTA Esser gibt zu bedenken, dass die Kosten für die Neubeschaffung für ein
Mehrzweckschiff deutlich geringer sind als die Kosten, die sich aus einer
möglichen Ölkatastrophe im niedersächsischen Wattenmeer ergeben.
Herr Monsees erklärt, dass für den Neubau eines Schleppers aktuell 127
Millionen Euro geplant werden.
KTA Ratzel hofft, dass die Beteiligten aus den gesammelten
Erfahrungen der Havarie Lehren ziehen und zukünftig schnellere Abläufe
sicherstellen. Er fragt konkret nach, ob der Kapitän der Glory Amsterdam die
nötige Kooperationsbereitschaft vermissen ließ.
Herr Monsees antwortet, dass diese Frage derzeit durch die Wasserschutzpolizei
untersucht werde.
Herr Monsees verlässt die Sitzung um 16:27 Uhr nach TOP 5.1.1.