Sitzung: 05.09.2019 Jugendhilfeausschuss
Beschluss: zurückverwiesen an die Fraktionen
Abstimmung: Ja: 0, Nein: 0, Enthaltung: 0, Befangen: 0
Vorlage: 0760/2019
Beschluss:
Zurückstellung des Tagesordnungspunktes 5.2.1 bis
zur nächsten Sitzung des Jugendhilfeausschusses am 26.11.2019
Die
Vollzeitpflege stellt eine wichtige Säule der Jugendhilfe im Landkreis
Friesland dar. Der Verwaltung ist daran gelegen, dass die Rahmenbedingungen für
die Pflegeeltern weiterhin attraktiv bleiben und damit die Qualität der
Vollzeitpflege erhalten bleibt. Die Richtlinie bedarf der Aktualisierung, da
diese zuletzt im November 2013 aktualisiert wurde.
Viele Punkte der bisherigen Richtlinie wurden
lediglich neu gegliedert. Einige Änderungen der Richtlinie werden nachfolgend
erläutert.
Die Pauschale für die Urlaubsreisen und Freizeiten
(sh. Punkt 5.3.der Richtlinie) wurde von 125,00 € je Pflegekind auf 140,00 €
erhöht, zudem brauchen die Pflegeeltern diese nicht mehr gesondert unter
Vorlage von Nachweisen zu beantragen. Die Urlaubsbeihilfe von 140,00 € je
Pflegekind wird mit dem Pflegegeld zum 01.06. eines Jahres ausbezahlt. Dies
stellt eine Vereinfachung für die Pflegeeltern dar.
Dies gilt ebenso für Schulmaterialen, Bücher etc. (sh.
Punkt 5.9. der Richtlinie), hierfür ist ebenfalls keine Beantragung und
Nachweiserbringung mehr erforderlich. Für Pflegekinder ab der Einschulung bis
zum vollendeten 15. Lebensjahr werden jährlich zum 01.08. pauschal 100,00 € für
Schulmaterialien etc. mit dem Pflegegeld ausbezahlt. Erst nach Vollendung des
15. Lebensjahres ist jährlich unter Vorlage der Schulbescheinigung die
Pauschale i.H.v. 100,00 € zu beantragen.
Neu eingefügt wurde die alle sechs Jahre mögliche
Bezuschussung eines Computers mit bis zu max. 300,00 € (sh. Punkt 5.12. der
Richtlinie), sofern die Schule die Notwendigkeit des PC, Laptop/ Notebook,
Tablet für schulische Zwecke bestätigt.
Für Pflegeeltern, die ein Kind im Alter von 0 bis zur
Vollendung des dritten Lebensjahres in Vollzeitpflege aufnehmen, wird auf
Antrag zusätzlich zum Pflegegeld eine Betreuungspauschale in Höhe von 500,00 €
monatlich für maximal sechs Monate gewährt (sh. Punkt 5.6. der Richtlinie).
Voraussetzung dafür ist, dass ein Pflegeelternteil Elternzeit nach dem
Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz in Anspruch nimmt (in Absprache mit dem
Pflegekinderdienst) und auch keiner Teilzeittätigkeit in diesem Zeitraum
nachgeht. Dem Antrag ist die Elternzeitbescheinigung des Arbeitgebers
beizufügen, in der zusätzlich bestätigt wird, dass auch keine Teilzeittätigkeit
mehr ausgeübt wird. Diese Sonderleistung ist neu in die Richtlinie aufgenommen
worden. Die Betreuungspauschale soll die Pflegefamilien in die Lage versetzen,
sich zu Beginn der Hilfe intensiv um das Kind in einer existentiellen Krise zu
kümmern und den
Bindungsaufbau und damit das Gefühl der Sicherheit für das Kind
schnellstmöglich zu erreichen.
Punkt 6 der Richtlinie stellt die Leistungen für die
Pflegeeltern dar. Diese Leistungen wurden auch in Vorjahren seitens des
Landkreises Friesland in Absprache mit dem Pflegekinderdienst erbracht bzw.
gewährt, waren bisher allerdings nicht in der Richtlinie genannt. Um
interessierten möglicherweise zukünftigen Pflegeeltern oder auch den jetzigen
Pflegeeltern die Möglichkeiten der Hilfs- und Unterstützungsangebote des
Landkreises zu verdeutlichen, wurde in dieser Richtlinie eine Konkretisierung
vorgenommen. Die Pflegeeltern werden auf die Möglichkeiten der Fortbildung,
Supervision und Familienentlastung explizit hingewiesen.
Das Fortbildungsangebot bzw. auch die finanzielle
Unterstützung des Landkreises für Fortbildungen soll ausgeweitet werden, dies
resultiert aus den gestiegenen Qualitätsanforderungen des Fachbereiches Jugend,
Familie, Schule und Kultur sowie den größeren Herausforderungen an die
Pflegefamilien. Die Unterstützungsleistungen werden weiterhin individuell auf
den jeweiligen Bedarf angepasst.
Schäden, die Pflegekinder der Pflegefamilie zufügen,
sind weder über eine Haftpflichtversicherung der Herkunftsfamilie noch über die
Pflegefamilie abgedeckt. Ebenso sind Schäden, die die Pflegeeltern oder deren
Kinder den Pflegekindern zufügen, nicht abgedeckt. Daher wurde Punkt 8 der
Richtlinie zur Bezuschussung einer Haftpflichtversicherung der Pflegeeltern mit
einer sogenannten Binnenhaftpflicht eingefügt, demnach können Pflegeeltern auf
Antrag einen Zuschuss i.H.v. maximal 80,00 € zu einer
Privathaftpflichtversicherung mit Binnenhaftpflicht vom Landkreis erhalten.
Diese Bezuschussung einer Privathaftpflichtversicherung mit einer
Binnenhaftpflicht führt zu einer gegenseitigen Absicherung der Pflegekinder und
Pflegefamilien im Binnenverhältnis. Bereits in der Bewerbungsphase wurde die
bisherige nicht vorhandene Absicherung als Hemmnis und Risiko von den
Interessenten wahrgenommen. Diese unklare bzw. bisher ungeklärte Rechtslage
führte zu Verunsicherung in den Pflegefamilien und bereitete in der
Zusammenarbeit gerade angesichts vielfach nur eingeschränkt steuerungsfähiger
Kinder häufig Konflikte.
Der Landkreis Friesland hat derzeit 143 laufende
Vollzeitpflegefälle, für ca. 45% der Fälle erfolgt eine Erstattung der
Aufwendungen über einen anderen Jugendhilfeträger. Aufgrund der anteiligen
Kostenerstattung auch zur veränderten Richtlinie ab dem 01.01.2020 wird von
jährlichen Mehrkosten i.H.v. ca. 26.400,00 € für den Landkreis Friesland
ausgegangen.
Diese Änderungen der Richtlinie werden aus den zuvor
genannten Gründen seitens der Verwaltung für erforderlich gehalten.
Frau Renken trägt die Veränderungen
entsprechend der Vorlage zur Neufassung der Richtlinie über Hilfen zur
Erziehung in Form von Vollzeitpflege zusammenfassend vor.
Zudem wurde auf Nachfrage erläutert, dass Pflegeeltern-Bewerber zunächst
eine Schulung bei der Volkshochschule zur Vorbereitung auf die
Erziehungsanforderungen absolvieren (siehe Anlage). Das Jugendamt erörtert mit
allen potentiellen Pflegeeltern in persönlichen Gesprächen die Qualifikationen.
So kann eine Zuordnung zu den entsprechenden Formen der Vollzeitpflege
erfolgen.
- Allgemeine
Vollzeitpflege
- Sozialpädagogische
Vollzeitpflege
- Sonderpädagogische
Vollzeitpflege
Es ist im vorrangigen Interesse, Pflegekinder innerhalb des Landkreises
Friesland zu vermitteln, oder zumindest in nächster Region. Eher selten werden
Kinder an andere Jugendämter übergeben mit der Folge des Übergangs der
Zuständigkeit gemäß § 86 Absatz 6 SGB VIII nach zwei Jahren.
Frau Sudholz bedankt sich bei Frau Renken und Herrn Rosenthal für die
Arbeit des Jugendamtes, bemerkt aber in aller Deutlichkeit dass der Kontakt
zwischen den Pflegeeltern und dem Jugendamt unzureichend ist. Hervorzuheben sei
die besondere Leistung der Pflegeeltern. Die Möglichkeit für die Kinder,
integriert in einer Pflegefamilie zu leben, stellt sie weit über die
alternative Heimunterbringung und appelliert insofern an die Verwaltung, den
Pflegeeltern weitreichendere Unterstützungen und Hilfen anzubieten.
Daraufhin wird die Notwendigkeit von Qualitätsstandards,
Fortbildungsangeboten und weiteren Unterstützungen der Pflegeeltern diskutiert.
Insbesondere ging es um die Frage, ob Fortbildungen für die Pflegeeltern
verpflichtend sein sollen, ob die in den Richtlinien heimatnahe Wahl der Ärzte
das Recht auf eine freie Arztwahl beschreibt, sowie die Notwendigkeit der
Nachbetreuung von Pflegeeltern, wenn das Pflegekind die Pflegefamilie verlässt.
Es wird eine Anlehnung an die gesetzlichen Qualitätsstandards in der
Kindertagespflege empfohlen. Bereits vorhandene Standards zum Beispiel sind
unter anderem wegweisend dafür, ob Bewerber für Pflegeeltern als Pflegefamilie
zugelassen werden oder nicht. Frau Renken lobt die Arbeit der Mitarbeiter des
Pflegekinderdienstes, die im guten Kontakt zu den Pflegeeltern stehen. Gemäß
§36 SGB VIII sind in regelmäßigen Abständen Hilfeplangespräche durchzuführen.
Dies geschieht im Pflegekinderdienst mindestens jährlich, bei Bedarf
halbjährlich. Im Rahmen des Hilfeplangesprächs wird auch mit dem Kind alleine
gesprochen.
Informationen des Vereins werden auch an alle Pflegeeltern verschickt, die
nicht dem Verein angehören.
Frau Vogelbusch erklärt zusammenfassend den Bedarf der Intensivierung des
Kontaktes mit den Pflegeeltern, hinausgehend über die halbjährlichen bzw.
jährlichen Hilfeplangespräche. Die pädagogischen Mitarbeiter des Jugendamtes
kümmern sich um einen verbesserten Austausch.
Frau Renken sagt zu, den Verteiler der Fortbildungen, Fachtage und
Veranstaltungen, die durch den Landkreis Friesland durchgeführt werden, noch
einmal zu überprüfen, ob alle Pflegeeltern mit berücksichtigt werden. Bei
Bedarf wird dieser dahingehend ergänzt.
Frau Bastrop stellt den Antrag den Beschlussvorschlag zu verschieben um zunächst
in den Fraktionen dezidiert zu beraten. Sie schlägt die Wiederaufnahme des
Beschlussvorschlages im nächsten Jugendhilfeausschuss vor.
Frau Sudholz bittet darum, die Erfahrungen aus allen
Bereichen, wie auch z.B. die Stellungnahme des Vereins für Pflege- und Adoptiveltern, bei der
Überarbeitung der Richtlinien zu berücksichtigen.
Anmerkung der Protokollführerin: Die Stellungnahme des Vereins der
Pflege- und Adoptiveltern Friesland e.V. liegt diesem Protokoll an.
Es ergeht sodann folgender
organisatorischer Beschlussvorschlag:
Zurückstellung des
Tagesordnungspunktes 5.2.1 bis zur nächsten Sitzung des Jugendhilfeausschusses
am 26.11.2019
Abstimmungsergebnis:
einstimmig
Abstimmungsergebnis:
Einstimmig