Sitzung: 07.10.2020 Kreistag des Landkreises Friesland
Beschluss: Verweisung an den zuständigen Fachausschuss
Herr KTA Chmielewski spricht der Verwaltung
gegenüber ein Lob zum bisherigen Umgang mit den Infektionszahlen aus. Es finde
eine schnelle Information der Öffentlichkeit über Neuinfektionen statt und die
zu treffenden Maßnahmen werden zeitnah kommuniziert und umgesetzt. Die
Forderungen nach der Zuordnung der Infektionszahlen zu den einzelnen Kommunen
seien nur von wenigen Bürger*innen gestellt worden. Durch die Erläuterungen,
wie von Herrn Landrat Ambrosy bereits vorgetragen, würden auch diese Menschen
verstehen, dass die Zuordnungen keine Aussagekraft hätten. Durch die täglichen
Meldungen der Infektionszahlen durch den Landkreis Friesland und die Medien, sei
für jeden nachvollziehbar, dass es bislang keine Hotspots, sondern eine normale
Verteilung der Infektionen im Kreisgebiet gegeben habe. Er rege hierbei an, die
Bürger*innen dahingehend mehr zu sensibilisieren, die täglichen bzw. aktuellen
Ereignisse zu verfolgen und sich nicht auf Berechnungen oder Zahlen in den
einzelnen Kommunen der letzten Wochen zu konzentrieren, da von diesen Personen
durch Quarantäne-Maßnahmen dann schon kein Risiko mehr ausgehe.
Herr KTV Pauluschke verweist diese Anregungen, wie bereits die o.g.
beschlossenen Anträge, ebenfalls in den Ausschuss
für Arbeit und Soziales.
Herr KTA Müller stellt bei den Ausführungen von KTA Chmielewski in
Frage, dass bei den aktuellen Meldungen bzw. über die aktuellen Geschehnisse
Zahlen für die einzelnen Kommunen für die Bürger*innen nachvollziehbar seien.
Er begründet den Antrag der Fraktion Zukunft Varel auf Veröffentlichung der
konkreten Zahlen pro Kommune damit, dass die, durch den Anstieg der Infektionsfälle,
stark frequentierten Kommunen so besser gemieden werden könnten.
Herr Landrat Ambrosy entgegnet, dass es ein Fehler sei, eine solche
Kommune mit z. B. 17 Infektionsfällen zu meiden, da davon keine Gefahr für die
Bürger*innen ausgehe, weil diese Personen sich bereits in Quarantäne befinden
würden. Aufgrund der bisherigen Infektionszahlen, war es dem Landkreis aufgrund
der datenschutzrechtlichen Regelungen nicht möglich, diese nach einzelnen
Kommunen aufgeschlüsselt zu veröffentlichen, um eine konkrete Zuordnung zu
verhindern. Aufgrund der nunmehr höheren Zahlen sagt Herr Landrat Ambrosy eine
erneute Prüfung über die Veröffentlichung zu.
Herr KTV Pauluschke verweist darauf, dass die weiteren Beratungen zu
diesen Anträgen jedoch im Fachausschuss erfolgen.
Herr KTA Homfeldt hält hingegen die
weitergehende Diskussion im Kreistag für besonders wichtig, um damit möglichen
Spekulationen Einhalt zu gebieten bzw. den Eindruck in der Bevölkerung zu
vermeiden, dass es dem Kreistag vorbehalten sei, über die Kreisverwaltung
hinweg, andere Entscheidungen in diesem Bereich treffen zu können. Es sei
wichtig, dass der Kreistag gemeinsam mit der Verwaltung einheitliche Signale an
die Bevölkerung sende. Im politischen Raum wurde mit diesem Thema teilweise recht
anmaßend umgegangen, was ihm sehr missfalle. Dem Kreistag obliege es zwar, die
Verfahrensweise der Verwaltung kritisch zu hinterfragen, aber die Grundlage des
Infektionsschutzgesetzes stehe hierbei nicht zur politischen Diskussion und
müsse Beachtung finden. Herr KTA Homfeldt spricht sich positiv für die
Vorgehensweise der Verwaltung aus und macht noch einmal deutlich, dass die
Verbesserungen bereits am „Runden Tisch“ besprochen seien, so dass künftig mehr
Kommunikation zwischen Verwaltung, Schulen und Eltern stattfinde.
Herr KTA Just erläutert, dass seine Kritik gegenüber der Verwaltung im
Hauptvorwurf nicht die getroffenen Maßnahmen oder ihre Rechtmäßigkeit an sich
betreffe, sondern diese in Unverhältnismäßigkeit zu den Infektionszahlen
gestanden haben. Dies habe auch das Nds. Kultusministerium kritisiert, weil die
Inzidenz von 30 nicht erreicht oder überschritten wurde und demnach
spekulierend auf einen möglichen Anstieg hin getroffen worden seien. Dem
Warnstufensystem der Landesregierung entsprechend habe der Landkreis eine
Maßnahme entsprechend der Warnstufe 4 oder 5 gewählt, wobei die Inzidenz
(unterhalb 30) einer Warnstufe der Kat. 2 oder 3 entsprochen hätte. Diese
Maßnahme sei im Konzept der Landesregierung konkret definiert und erst bei den
Warnstufen 4 oder 5 zu ergreifen, wenn die Inzidenz bei über 50 liege. Der
Landkreis habe hier die Maßnahme zu früh oder im Glauben daran, dass die
Inzidenz noch weiter ansteigen würde, ergriffen, was mit dem tatsächlichen
Inzidenzgeschehen nicht zu rechtfertigen sei. Die Kritik beschränke sich daher
reinweg auf die Unverhältnismäßigkeit.
Herr Landrat Ambrosy stellt noch einmal richtig, dass eine
unverhältnismäßige Maßnahme rechtswidrig sei. Das Kultusministerium habe die
Rechtmäßigkeit hingegen bestätigt, so wie es in der gemeinsamen Stellungnahme
von Landrat und Kultusminister nachzulesen sei. Auch das zuständige
Gesundheitsministerium (MS) habe die Maßnahme ebenfalls nicht kritisiert. Die
Kreisverwaltung habe aufgrund der Abstrich-Testungen am Donnerstag, 24.9.2020
eine Prognose aufstellen können, da zu diesem Zeitpunkt 50 Abstriche der
Schulen BBS Jever und OS Varel, Arngaster Str. sowie unabhängig hierzu von
einer privaten Hochzeitsfeier (15 Personen) vorgelegen haben. Hiervon hätten 35
Tests positiv sein können und die Inzidenz dadurch massiv ansteigen lassen.
Genauso sei mit dem aktuellen Fall bei der Kita Varel zur verfahren, da dort
130 Kinder und Mitarbeiter betroffen sind. Ein Plan müsse auch schon im Vorfeld
gefasst sein, noch bevor Testergebnisse bekanntgegeben werden. Eine ex ante
Betrachtung, wie aus richterlicher Sicht, sei hier nicht angebracht, hingegen
aber eine Abschätzung der Situationsentwicklung noch vor Eintritt der
Ereignisse. Aufgrund der Anzahl und der Ausbreitung der Testungen sei zu erwarten
bzw. befürchten gewesen, dass diese positiv ausfallen und unter einer
unspezifischen Betrachtungsweise sich dann Gefahrenherde im gesamten
Kreisgebiet mit Ausnahme der Insel Wangerooge gebildet hätten. Es lagen
Informationen zu den Infektionen an den Schulen vor, die Anlass zu der
Befürchtung gaben, dass in den Schulen eine Infizierung stattfindet, ohne dass
hier eine Eingrenzung möglich gewesen wäre. Darüber hinaus habe die
Informationslage des Gesundheitsamtes jeden Anlass gegeben, die entschiedenen Maßnahmen
zu treffen. Das Ampelsystem der Landesregierung, das Innenministerium (MI)
sowie auch das Gesundheitsministerium (MS) können den Landkreis nicht aus
seiner Verantwortung entlassen, wenn Umstände geboten sind, strengere Maßnahmen
als das Land zu treffen. Zudem habe der Landkreis kein Motiv unverhältnismäßige
Maßnahmen zu veranlassen. Er lasse sich lieber für zu vorsichtige Maßnahmen
kritisieren, so der Landrat, als im Nachhinein durch hohe Inzidenzzahlen und
viele Erkrankungsfälle in seinem Handeln bestätigt zu sein. Es müsse vermieden
werden, erst zu reagieren, wenn ein positiver Corona-Fall in der Schule
auftritt, so Herr Landrat Ambrosy. Dies sei nach dem Infektionsschutzgesetz
(IfSG) zu spät und werde als Unterlassung gewertet, die mindestens eine
fahrlässige Körperverletzung nach sich ziehe und wenn auf positive Testungen
keine Reaktion erfolge, gelte dies schuldhaft als bedingter Vorsatz.
Frau KTA Sudholz regt an, für die 3 Oberstufenklassen 11. - 13. der IGS
Friesland Nord eine Ausnahme vom Schichtbetrieb vorzunehmen, wenn dort keine
Infektionsfälle bekannt seien, da diese am Mühlenweg in Schortens, anders als
an der Beethovenstraße, örtlich getrennt zur restlichen IGS untergebracht
seien.
Frau EKR‘in Vogelbusch teilt hierzu mit, dass in der gestrigen
Besprechung mit den Schulleitern abgestimmt worden sei, dass der gesamte
Schulbetrieb für die zwei Tage/ die Zeit so aufrecht erhalten bleibe. Frau KTA
Sudholz zieht ihre Frage zurück.
Eine weitere Anmerkung von Frau KTA Sudholz betreffe das Thema
Corona-Nachbarschaftshilfe. Die Bürger*innen würden sich in diesen schwierigen
Zeiten, vor allem im Falle einer Quarantäne, mit Problemen und Sorgen belasten,
u.a. wie sie ihre Einkäufe erledigen, ihre Haustiere versorgen oder wie ihre
Kinder in die Kita/Schule gebracht würden. Zudem leiden die älteren Mitmenschen
unter Einsamkeit. Es gebe in anderen Städten, wie Rostock, eine
Nachbarschaftshilfe, die von der Stadt aktiv angeboten werde. Sie regt an, ob
ein ähnliches Angebot auf der Internetseite des Landkreises implementiert
werden könne.
Ein solches Angebot würde seitens des Landkreises bereits bestehen,
welches sie gerne noch mehr in den Fokus rücken werde, so Frau EKR‘in
Vogelbusch.
Darüber hinaus äußert Frau KTA Sudholz die Bitte, den
Bericht des Behindertenbeauftragten über Auswirkungen von Corona-Beschränkungen
für Menschen mit Behinderungen zu erhalten.
Anm.: Der Bericht
ist zur Kreisausschuss-Sitzung vom 8.7.2020 (dort TOP 6.5) hinterlegt.
KTA Funke dementiert, dass sein Antrag eine Bewertung der Maßnahmen des
Landkreises, auf ihre Verhältnismäßigkeit hin, beinhalte, außerdem sei nicht
darüber geurteilt worden, ob die Maßnahmen im Rahmen des IfSG angebracht seien.
Einzig die Kritik an der mangelhaften Kommunikation könne er bestätigen. Zu den
Beiträgen im sozialen Netzwerk gebe er keinen Kommentar ab, so Herr KTA Funke.
Herr KTA Ratzel kritisiert, dass der Antrag von Herrn KTA Funke Angriffe
auf einzelne Mitarbeiter*innen der Verwaltung enthalte und darüber hinaus die
Forderung, dass einige Mitarbeiter*innen von ihrer Zuständigkeit entbunden
werden sollten. Das könne so nicht stehen bleiben und er fordere als Mitglied
des Kreistages, dass so etwas künftig zu unterlassen sei.
Herr KTA Funke führt dagegen aus, er habe keinerlei persönliche Kritiken
an Mitarbeiter*innen der Verwaltung in seinem Antrag geäußert und er verbitte
sich solche Unterstellungen. Der Antrag gebe nur die Forderungen des
Kreiselternrates wieder. Er habe in der letzten Kreistagssitzung bewiesen, dass
er mit der Arbeit des Landkreises zufrieden sei und habe entsprechendes Lob
ausgesprochen.