Sitzung: 01.12.2020 Ausschuss für Umwelt, Abfall und Landwirtschaft
Beschluss: zur Kenntnis genommen
Vorlage: 1082/2020
Beschluss:
Die Info-Vorlage 380kV-Leitung Wilhelmshaven 2 –Conneforde und Stellungnahme zur Änderung der Bundesbedarfsplangesetzes (Novelle) wird vom Ausschuss zur Kenntnis genommen.
Das Projekt im Netzentwicklungsplan Nr. 175 bzw. Nr. 73
des Bundesbedarfsplangesetzes, die 380kV-Leitung WHV II - Conneforde soll die bestehende 220 KV-Leitung parallel
zur aktuell im Bau befindlichen 380 KV-Leitung aufrüsten. Dabei hätte nach den
bisherigen Planungen die bestehende 220 kV-Leitung Wilhelmshaven-Conneforde
zurückgebaut werden sollen. Da in Wilhelmshaven nun durch den Netzausbau sowie
der Gründung weiterer Offshore-Windparks so viel Energie anlandet, benötigt es
eine zweite Höchstspannungsleitung für genau dieselbe Strecke Wilhelmshaven-Conneforde.
Während dort noch Erdkabelabschnitte auf Druck der Region
(seit 2008!) realisiert werden, soll bei dem Projekt 175 auf eine
Teilerdverkabelung verzichtet werden und dies auch auf den Abschnitten, wo
aktuell eine Erdverkabelung realisiert wurde, was einen wesentlichen Beitrag
zur konfliktarmen und schlussendlich schnellen Realisierung des Vorhabens
geleistet hat.
Der durchgängige Freileitungsbau erfolgt lediglich mit
der Begründung „Niedersachsen habe schon so viele Erdkabel-Projekte“. Dies kann
keine Lösung sein, denn ein wesentlicher Teil der kooperativen Haltung der
Region fußt auch eben auf der Teilerdverkabelung.
Der Landkreis und auch die Stadt WHV tragen
verantwortungsvoll zu den Herausforderungen der Energiewende bei. Die bisherigen
kooperative Haltung beruht vor allem auf den Beiträgen der Regionalplanung zur
Lösung räumlicher Konflikte und der festen Überzeugung, dass der Nordwesten und
vor allem FRI+WHV als Energiedrehscheibe der Zukunft auch Nutzen aus der
Energiewende ziehen zu können. Auch deshalb hat der Landkreis zusammen und
unter Beteiligung des Landkreises Wittmund und der Stadt Wilhelmshaven ein
entsprechendes Trassenkonzept im RROP vorbereitet, das bislang bei der BNetzA
unbeachtet bleibt. Aus den formalen Verfahren gab es ferner vor den weiteren
Planungsschritten oder -entscheidungen keine Rückmeldung seitens der BNetzA an
uns.
Mit Bekanntwerden der Planungen wurde eine Stellungnahme
und Forderung an das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie abgegeben, die
Trasse Wilhelmshaven II – Conneforde (Projekt Nr. 73 nach BBPlG) mit dem
Vermerk „F“ in das Bundesbedarfsplangesetz zur Teilerdverkabelungsoption
aufnehmen (siehe Anlage 1 Stellungnahme an Bundesminister Altmaier vom
25.09.20). Parallel wurden Bemühungen vom ML/ MU sowie dem NLT und DLT und LR
Winkel als Vorsitzender der Landrätekonferenz aufgenommen, dieses Ziel zu
unterstützen und fördern. Daraufhin wurde in den federführenden Fachausschüssen
(Wi, U, Wo) des Bundesrates der Entwurf zum Bundesbedarfsplangesetz geändert
(siehe Anlage 2 zur Vorlage Empfehlungen, Drucksache 570/1/20): enthält nun den
Zusatz „F“ für die Teilerdverkabelungsoption für das Projekt Wilhelmshaven II –
Conneforde.
Abweichend zu der Beschlussempfehlung beschließt der
Bundesrat in der 995.Sitzung am 06.11.20 über den Gesetzesentwurf. Dabei wird
der Empfehlung des Fachausschusses nicht gefolgt (siehe Anlage 3 zur Vorlage: Sitzung
Bundesrat – Abstimmung über Ausschussempfehlungen).
Das heißt die Erdkabelteilverkabelungsoption wurde aus
dem Gesetzesentwurf wieder herausgenommen (Streichung Zusatz „F“) und durch den
Landkreis Friesland wird neben der teilerdverkabelten 380kV-Leitung
Wilhelmshaven – Conneforde I eine neue 380kV-Oberleitung Wilhelmshaven –
Conneforde II verlaufen. Es fällt aus planerischem Verständnis heraus schwer,
diese Entscheidung des Bundesrates nachzuvollziehen und vor allem der
friesischen Bevölkerung, die in diesen Bereichen lebt und schon durch die
bestehende Höchstspannungsleitung sowie weiteren Raumrestriktionen schwer
betroffen ist, diese Entscheidung zu vermitteln und zu vertreten.
Die bisherige kooperative Haltung der Region und vor
allem der Bevölkerung darf nicht ausgenutzt und als „Weg des geringsten
Widerstands“ missinterpretiert werden! Bisher hatte TenneT nur einzelne
politische oder kommunale Vertreter angesprochen und „vier Augengespräche“
geführt, es lag kein überregionales kooperatives Konzept vor, obwohl dieses bei
einer so großen Reichweite der Planung vorliegen sollte und die
Netzverknüpfungspunkte als Anfangs- und Endpunkte bereits klar gesetzt sind.
Die Landkreise
Wittmund, Ammerland, Friesland und die Stadt Wilhelmshaven sowie das Amt für
regionale Landesentwicklung haben daher den Arbeitskreis Trassenplanung
gegründet, um diesem offensichtlich nicht koordinierten Vorgehen entgegen zu
treten. Im regelmäßigen Turnus (4 wöchig) wird sich daher nun zu den
anstehenden Herausforderungen und Planungen abgestimmt, sodass ein Dialog auf
Augenhöhe untereinander stattfindet und Lösungen mit Mehrwert für die Region
(Einbeziehung aller Landkreise und kreisfreien Städte in Trassenverläufe und
mögliche Standorte) erarbeitet werden können. Ziel ist die Entwicklung einer Strategie für die Region/
Energiedrehscheibe Nordwest unter Einbeziehung der Städte und Gemeinden, die
dann gegenüber den überregionalen Akteuren als Forderung und Lösung
gleichermaßen vertreten werden soll.
Beratung
Der Ausschuss spricht sich einhellig gegen die derzeitigen Planungen
der Bundesregierung aus. Insbesondere ist es für den Ausschuss nicht
nachvollziehbar warum die geplanten Höchstspannungsleitungen anders als bisher,
obgleich im gleichen Korridor verlaufend, als Freilandleitung und nicht als
Erdverkabelung umgesetzt werden sollen. Zudem ist nach dem Regionalen
Raumordnungsprogramm 2020 und dem darin enthaltenen Trassenkonzept bei Aus-
oder Neubau eine Bündelung mit bestehender (Leitungs-)Infrastruktur vorzuhalten
sowie die kürzeste Verbindung bzw. geringste Rauminanspruchnahme oder
Zerschneidung neuer Räume anzustreben. Die Kreistagsfraktionen werden sich mit
dem Thema befassen und entsprechende Anträge für die weitere politische
Erörterung vorbereiten.