Nachtrag: 07.07.2008 Nummer 2

Beschluss: zur Kenntnis genommen

Mit Schreiben vom 6. Juli 2008 hatte die SPD/FDP-Gruppe einen Eilantrag zur Berichterstattung der Verwaltung über die geplante Abholzaktion im Upjeverschen Forst gestellt.


Kreistagsabgeordnete Schlieper erklärte, bislang sei nicht plausibel, aus welchen rechtlichen bzw. fachlichen Notwendigkeiten heraus eine großflächige Abholzungsaktion im Upjeverschen Forst erfolgen solle. Die Art der Abwicklung des Verfahrens und der Stil im Umgang lasse öffentlichen Protest aufkommen. Man warte auf Informationen.


Nach wie vor müsse das Landen von Flugzeugen in Upjever möglich sein. Nur eine sachgerechte, geringstmögliche Abholzung sei bei ausreichender und nachvollziehbarer Begründung der Maßnahmen denkbar. Es gehe nicht an, eine 30 ha-Abholzungsaktion in einem ausgewiesenen FFH-Gebiet durchzuführen. Die Kreisverwaltung werde um Mitteilung der vorliegenden Informationen gebeten. Ggf. müsse der Kreistag entsprechende Aufklärung seitens der beteiligten Stellen einfordern.


Landrat Ambrosy teilte mit, die Angelegenheit sei in der Tat dringlich, nachdem es am Mittwoch der vergangenen Woche neue Informationen gegeben habe. Der Landkreis Friesland sei von der Wehrbereichsverwaltung am 4. Februar und 18. März 2008 erstmals über geplante Maßnahmen im Forst Upjever unter dem Betreff "Beseitigung von Flughindernissen im Bereich der Einflugschneise Richtung Schortens" informiert worden. Als Begründung sei die Anwendung von Verfahrensregeln gemäß IACO genannt worden, die international gültig seien.


Anlässlich einer Besprechung auf dem Fliegerhorst Upjever am 6. Mai 2008 habe Herr Tuinmann als Vertreter der unteren Naturschutzbehörde darauf hingewiesen, dass mit der Planung der Wehrbereichsverwaltung massiv in Altholzbestände (rd. 200 Jahre) des Forstes Upjever eingegriffen würde. Insbesondere habe Herr Tuinmann auf die Existenz eines Gebietes nach der FFH-Richtlinie der EU verwiesen. Diese Tatsache sei weder der Wehrbereichsverwaltung noch einer sonstigen Dienststelle der Bundeswehr bekannt gewesen.


Daraufhin verabredeten sich die Teilnehmer der Besprechung, sich noch einmal eingehend mit der Thematik zu beschäftigen. Der Landkreis sei insofern von den weiteren Ereignissen überrascht worden, als man davon ausgegangen sei, dass man in einem weiteren Gespräch erörtere, wie das Verfahren geregelt werden könne.


Grundsätzlich beabsichtige der Bund, im Bereich des Altholzbestandes die Höhe der Bäume auf 5 - 20 m zu reduzieren. Da dies weder technisch möglich noch fachlich zu vertreten sei, müsse von Seiten der unteren Naturschutzbehörde von einer Beseitigung von Wald auf rd. 20 ha und von Altholz auf rd. 10 ha ausgegangen werden.


Die Altholzbestände befänden sich im FFH-Gebiet. Es handele sich um einen Teil des Gebietes 184; es liege eine EU-Kennzeichnung vor. Die Listung des Gebietes sei in einer Entscheidung der EU-Kommission vom 12.11.2007 getroffen worden; damit sei hier europäisches Umweltrecht maßgebend. Die Entscheidung sei im Amtsblatt der EU vom 15.01.2008 veröffentlicht worden und damit bestandskräftig.


Die vollständigen Gebietsdaten mit Stand vom März 2008 sagten aus, dass es sich bei dem Gebiet Upjever um mesophilen Eichenmischwald, mesophile und bodensaure Buchenwälder sowie um bodensaure Eichenwälder handele. Die Schutzwürdigkeit bestehe in der Verbesserung der Repräsentanz von Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwäldern und bodensauren und mesophilen Buchenwäldern in der naturräumlichen Einheit der ostfriesischen Geest.


Vor Durchführung des Vorhabens sei nach § 34 Abs. 1 a Bundesnaturschutzgesetz eine Verträglichkeitsprüfung durchzuführen. Die Kreisverwaltung gehe davon aus, dass die Wehrbereichsverwaltung hierfür zuständig sei unter der Voraussetzung, dass diese auch für die Planung, Zulassung etc. des Vorhabens zuständig sei. Von einer mindestens Benehmensherstellung mit dem Landkreis Friesland gehe die Kreisverwaltung aus.


Die untere Naturschutzbehörde prüfe derzeit auch, ob es sich bei dieser beantragten Maßnahme evtl. um eine Waldumwandlung nach dem Nds. Landeswaldgesetz handele. Dann wäre der Landkreis Friesland zuständig.


Nach den Bestimmungen des § 34 Abs. 2 Bundesnaturschutzgesetz sei das Vorhaben unzulässig, wenn die Verträglichkeitsprüfung zu dem Ergebnis komme, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen führe. Eine Abweichung sei überhaupt nur dann möglich, wenn das Projekt aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art notwendig sei und zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben seien. - Es müsse also eine Alternativplanung vorgelegt werden bzw. bewiesen werden, dass es keine Alternativen gebe. Und es müsse Ausgleich geschaffen werden, sog. Kohärenzzonen. Dies kenne man analog aus der Problematik des Rohrdommel-Schutzes bei der Verwirklichung des JadeWeserPorts.


Es gehe dabei um sehr umfassende und zeitaufwändige Verfahren. Der Landkreis Friesland sei erfreut darüber, dass sich die Parteien des Problems "Abholzungen im Upjeverschen Forst" angenommen hätten und die Haltung der Bundeswehr gegenüber nochmals verdeutlicht worden sei.


Kohärenzmaßnahmen seien im Falle der Durchführung der Planung aus Sicht der unteren Naturschutzbehörde zwingend erforderlich. Eine Verwirklichung der Planungen sei gleichbedeutend mit erheblichen Beeinträchtigungen, so dass alternative Wege der Umsetzung bzw. eine deutliche Reduzierung der Maßnahmen angestrebt werden müssten.


Kohärenzmaßnahmen seien mit hohen Ansprüchen verbunden. Die Zeiträume für solche Ersatzmaßnahmen seien dabei auch von Bedeutung. Es werde deutlich, dass hohe Schutzgüter betroffen seien und es um ein schwieriges Verfahren gehe. Die Bundeswehr als Antragsteller müsse sich wie jeder andere den Regelungen unterwerfen, so dass die Kreisverwaltung weiter laufend aus dem Verfahren berichten werde. Planungsschritte und das Antragsverfahren werde der Landkreis anmahnen und begleiten.


Kreistagsabgeordneter Kammer teilte mit, die Wehrbereichsverwaltung Nord in Hannover habe nach seinen Informationen zurzeit alle Überlegungen zur Weiterarbeit an den angekündigten Maßnahmen gestoppt. Man habe die Angelegenheit nach Bonn bzw. Berlin an das Bundesverteidigungsministerium abgegeben und warte die weiteren Maßnahmen ab. Eine entsprechende Mitteilung sei heute an Frau Bürgermeisterin Dankwardt und Herrn Bürgermeister Böhling ergangen. An der Projektierung werde zurzeit nicht weiter gearbeitet. Der öffentliche Aufstand habe erfreulicherweise Wirkung gezeigt. Gleichwohl müsse man an diesem Thema bleiben, denn die Einstellung des Bundesverteidigungsministeriums sei nicht bekannt. Insgesamt sei man jedoch auf einem guten Wege.


Kreistagsabgeordneter Harms erinnerte an die Zeiten der Auflösung des Jagdbombergeschwaders 38 in Upjever. Auch seinerzeit habe die Information der Öffentlichkeit gefehlt. Auch jetzt hätten die meisten Menschen über die geplante Abholzaktion über die Zeitung erfahren; der Aufschrei sei groß geworden. Die Erhaltung der Natur stehe im Vordergrund.


Zwar seien im Vorfeld Maßnahmen im Bereich des Flugplatzes Wittmundhafen bekannt geworden, wo der Sicherheitsbereich für den Einsatz des Eurofighters erweitert werden solle. - Für den Flugplatz Upjever, wo ein Flugbetrieb kaum noch stattfinde, sei die Rodung von rd. 30 ha Waldfläche aber unerwartet und nicht nachvollziehbar. Jever sei staatlich anerkannter Erholungsort, für die Stadt Schortens sei der Wald als Naherholungsort ebenfalls von großer Bedeutung.


Kurzfristig müsse geklärt werden, ob die Bundeswehr ihre Planungen tatsächlich umsetzen werde. Wenn der Bund sich dafür entscheide, werde man vor Ort die Dinge letztlich hinnehmen müsse. Für die Region wäre eine solche Entwicklung sehr bedauerlich. Es gelte wachsam zu bleiben und die Umsetzung der Planungen zu verhindern.


Kreistagsabgeordneter Wolfgang Janßen verwies auf das Fachgespräch der beteiligten Behörden am 6. Mai 2008. Es habe Zeit genug bestanden, die Öffentlichkeit aufmerksam zu machen und die Angelegenheit im Umweltausschuss zu behandeln.


Kreistagsabgeordneter Lahl stellte fest, sofern das Verfahren weiter verfolgt werde, sei der Landkreis eingebunden und werde über den Fortgang in der Sache berichten.


Landrat Ambrosy erklärte, die untere Naturschutzbehörde sei in Gespräche eingebunden worden, ohne dass ihr ein formeller Antrag vorgelegen habe. Es gebe noch kein formelles Antragsverfahren. Im Mai 2008 sei man davon ausgegangen, dass mit den Informationen gegenüber der Wehrbereichsverwaltung ein Weg aufgezeigt worden sei. Der Bund habe dies offensichtlich anders bewertet und gehe davon aus, dass sich das Verfahren relativ einfach abwickeln lasse.


Die Verwaltung habe bislang keinen Anlass gesehen, den Umweltausschuss einzubeziehen, da es noch kein offizielles Antragsverfahren gebe. Es handele sich um ein Geschäft der laufenden Verwaltung; bei Abgabe einer offiziellen Stellungnahme des Landkreises würden natürlich die Gremien entsprechend informiert. Soweit sei die Angelegenheit allerdings noch nicht gediehen.


Kreistagsabgeordneter Burgenger dankte abschließend Herrn Kreistags- und Bundestagsabgeordneten Kammer für seinen Einsatz in dieser Angelegenheit.