Beschluss: vertagt

Der Antrag wird zurückgestellt, da die Gruppe CDU/ZV/UWG/WPW der Verwaltung zunächst einen Fragenkatalog zur Beantwortung zur Verfügung stellen wird.


Zum Antrag der Gruppe CDU/ZV/UWG/WPW zur Verstärkung der Bemühungen in der Akquise und Begleitung von Pflegestellen in Familien hat die Verwaltung mit Vorlage 0171/2022 die aktuelle Situation dargestellt:

 

Aktuelle Situation

Im Landkreis Friesland wurden in 2021 153 Kinder durch 114 Pflegepersonen gefördert. Einige Pflegeeltern sind inzwischen nach mehr als zwei Jahrzehnten der Zusammenarbeit aus Altersgründen ausgeschieden. Andere Pflegeeltern sind erst seit kurzem aktiv. Aktuell haben 6 mögliche Pflegepersonen die Ausbildung beendet.

 

Die Rahmenbedingungen für Familien haben sich in den letzten Jahren in vielfältiger Weise geändert. Dies beeinflusst selbstverständlich auch die Strukturen, Kompetenzen und Lebensstile in den Pflegefamilien. Ein wesentliches Moment ist dabei beispielsweise die Tatsache, dass die in fast allen Pflegefamilien beide erziehenden Erwachsenen einer Berufstätigkeit nachgehen. Dies hatte zur Folge, dass der Landkreis Friesland in seinen Richtlinien, die am 01.01.2020 in Kraft getreten sind, Leistungen den Pflegepersonen zugesagt hat, die ähnlich leiblichen Elternteilen zustehen (Erziehungszeiten u.ä.). Auch die Einstufung der Pflegeverhältnisse wurde den zunehmend komplexen Problemlagen der untergebrachten, jungen Menschen angemessen unter Berücksichtigung der bundesweit gültigen Kategorien weiterentwickelt.

 

Ausblick

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen haben sich weiter verändert. Das Mitte 2021 in Kraft getretene KJSG sieht vor, dass Pflegepersonen viel enger als bisher mit den Elternteilen der jungen Menschen, die bei Ihnen leben, zusammenarbeiten. Die jungen Menschen sollen gestärkt werden ihre individuellen Rechte zu kennen und wahrzunehmen. Insbesondere der Schutz der jungen Menschen in den Pflegefamilien ist durch die rechtliche Veränderung noch einmal mehr in den Fokus der Arbeit gestellt worden. Ein entsprechendes Konzept befindet sich in der Vorbereitung.

 

Diese und andere Herausforderungen sind nur in der guten Zusammenarbeit mit den Pflegepersonen und besonders auch mit ihren Zusammenschlüssen zu erreichen. Mit dem Arbeitskreis der Pflege- und Adoptiveltern im Landkreis Friesland wurden bereits Absprachen getroffen. So werden als erstes gemeinsame Fortbildungen geplant und die weiteren Themen in einem engen Austausch bearbeitet werden.

 

So gesehen wurden die Rahmenbedingungen, die vom Landkreis Friesland gestaltet werden können, in den letzten Jahren stetig verbessert und die Attraktivität ein Pflegeverhältnis übernehmen zu wollen, ist gesteigert worden. Zusätzlich zu den „klassischen“ Formen der Vollzeitpflege gibt es 16 Stellen der Bereitschaftspflege, die gewährleisten, dass insbesondere Kleinstkinder und Kinder aber auch teilweise Jugendliche in Notsituationen, weiterhin in familiären Settings betreut werden.

 

Ein weiteres Thema ist das der Rückführung - insbesondere bei jungen Menschen - welches durch eine engere Zusammenarbeit des Allgemeinen Sozialdienstes und des Pflegekinderdienstes in einem Konzept klarer gefasst werden soll.

 

Das Gremium nimmt die Informationen der Verwaltung zur aktuellen Situation zur Kenntnis.

 

 

Frau Sudholz verweist auf die vielfach geführte Diskussion, dass die Kosten für die ambulanten und stationären Jugendhilfemaßnahmen stetig steigen. Es ist daher wünschenswert, dass sich der Landkreis Friesland stärker bemüht, Pflegefamilien zu finden, die Kinder bei sich aufnehmen. Neben dem Kostenaspekt sei sie von einer einfacheren Integration von in Familiensystemen untergebrachter Kinder überzeugt.

 

Die Darstellung der Verwaltung zur aktuellen Situation bewertet sie als „eher dünn“. Sie stellt daher den Antrag zunächst ruhend und wird einen Fragenkatalog ausarbeiten und diesen der Verwaltung zur Beantwortung zur Verfügung stellen.

 

Frau Renken stimmt zu, dass mehr Pflegefamilien benötigt werden. Das System Vollzeitpflege hat sich in der Vergangenheit verändert, u.a. auch durch Berufstätigkeit von Pflegepersonen. Insbesondere werden Pflegefamilien benötigt, die sich auch die Aufnahme „schwieriger Kinder“ vorstellen können und diesen ein heilendes System bieten. Dafür ist zum Teil auch der Einsatz begleitender bzw. ergänzender Hilfen erforderlich. Aus ihrer Sicht sei eine Spezialisierung von Pflegefamilien notwendig; allerdings werden diese spezialisierten Pflegefamilien auch sofort wieder belegt sein. Es muss jedoch auch anerkannt werden, dass nicht jedes Kind in einem Familiensystem bzw. einem familienanalogen System leben kann. In diesem Zusammenhang schildert sie ein Pflegeverhältnis mit fünf ergänzenden Hilfen, bei dem trotz intensiver Bemühungen nicht mehr davon ausgegangen werden könne, dass die Vollzeitpflege die richtige Hilfeform darstellt. Frau Renken merkt kritisch an, dass sie wohlwollende Rückmeldungen an die erfahrenen Kolleginnen im Pflegekinderdienst vermisst, zumal ihnen vorrangig gespiegelt werde, was sie aus Sicht anderer Personen falsch machen. Selbstverständlich ist die Vollzeitpflege ein Feld, das weiterentwickelt werden müsse, jedoch funktioniert dies nur gemeinsam und nicht mit Negativzuschreibungen.

 

Herr Zenker-Wandschneider führt aus, Pflegepersonen könnten es sich nicht mehr leisten, wenn ein Pflegeelternteil zu Hause bleibt und keiner Berufstätigkeit nachgeht. Vor 12 Jahren hat er als Pflegeperson in Berlin eine höhere Vergütung erhalten als heute im Landkreis Friesland.

 

Frau Kaiser-Fuchs berichtet, dass eine Tätigkeit als Tagespflegeperson bei gleichzeitiger Berufstätigkeit kein Problem sein muss. Aus ihrer Sicht sei es erforderlich, Kinder früher abzuholen. Dabei ist auch die Gesellschaft gefordert, eine größere Akzeptanz für Pflegefamilien und Pflegekinder mitzubringen.

 

Frau Esser bittet um Zahlen, Daten und Fakten zur Vergütung der Pflegefamilien. Frau Renken berichtet, dass der Landkreis Friesland im Mittelfeld liegt, wie alle Träger der öffentlichen Jugendhilfe, die nach der GISS-Studie arbeiten. Sie bietet an, der Verwaltung weitere Fragen zur Vollzeitpflege zur Beantwortung zur Verfügung zu stellen.

 

Frau Lammers gibt zu bedenken, dass eine Tätigkeit als Pflegeperson kein Job wie jeder andere sei und sich nicht jeder für diese Aufgabe eigne, zumal weit in das Privatleben eingegriffen wird. Sicherlich sei auch der monetäre Aspekt nicht zu vernachlässigen.

 

Frau Renken antwortet, dass seit dem letzten Jahr deutlich mehr sozialpädagogische Pflegeverhältnisse vorliegen, die mit einem höheren Pflegegeld verbunden sind. Auch dies hat nicht bewirkt, dass mehr Pflegefamilien gewonnen werden konnten. Aus ihrer Sicht haben Pflegefamilien weniger monetären Unterstützungsbedarf, sondern benötigen Entlastung in unterschiedlicher Form.

 

Herr Zenker-Wandschneider erklärt, die Vollzeitpflege müsse mehr Aufmerksamkeit erhalten und eine Tätigkeit als Pflegeperson müsse stärker beworben werden. Er schlägt vor, vor bzw. in den Sommerferien ein Treffen zwischen dem Pflegeelternverein und der Politik zu organisieren, um über die Vollzeitpflege zu informieren; das Angebot wird angenommen.