Beschluss: mehrheitlich abgelehnt

Antrag der Gruppe: „Die Verwaltung wird beauftragt, durch eine externe Stelle ein externes Gutachten zur Verwaltungsstruktur erstellen zu lassen, in dem die Personalbedarfe anhand der gesetzlichen Aufgaben der Kreisverwaltung wie auch die zu erwartenden Veränderungen in Arbeitsabläufen unter anderem durch die Dititalisierung dargestellt werden sollen.“

Begründung der Gruppe: „Vor mehr als 16 Jahren wurde ein entsprechendes Gutachten schon einmal erstellt. Darin waren viele wertvolle Hinweise zur Effizienzsteigerung in der Verwaltung enthalten. In den folgenden Jahren wurden die Hinweise umgesetzt und haben so einen wesentlichen Grundstein zur Verbesserung der finanziellen Situation in der Kreisverwaltung gelegt. Nach diesen vielen Jahren halten wir es für angebracht, die Situation erneut zu prüfen und ggf. Maßnahmen zu ergreifen.“

 

Die Verwaltung hat dazu folgende Stellungnahme abgegeben:

 

Bisherige Organisationsuntersuchungen

 

Der Landkreis Friesland hatte im Jahr 1995 eine Firma beauftragt, die Kreisverwaltung dahingehend zu strukturieren, dass sie den damaligen Anforderungen an eine moderne, leistungsfähige und dienstleistungsorientierte Verwaltung gerecht wird. Dies geschah über einen Zeitraum von ca. 2 Jahren. Es wurden gesetzliche und insbesondere auch freiwillige Aufgaben hinterfragt. Vertraglich vereinbarte Kosten (1995): 362.250 DM.

 

Im Jahr 2004 hatte der Landkreis Helmstedt einen Stellenplanvergleich – Grobanalyse – mit dem vergleichbaren Landkreis Friesland in Auftrag gegeben. Damals wurde festgestellt, dass gut 100 Stellen mehr beim Landkreis Helmstedt vorhanden sind.

 

Ein aktueller sehr grober Abgleich der Stellenpläne der Landkreise Helmstedt und Friesland für das Jahr 2021 zeigt, dass der Landkreis Friesland etwa 30 Stellen weniger als der Landkreis Helmstedt hat.

 

Im damaligen Fachbereich Jugend und Familie (heute: Jugend, Familie, Schule und Kultur) wurde in 2009/2010 eine Organisationsuntersuchung durchgeführt. Der Umfang bestand aus 36 Beratertagen mit 50 Interviews/Gesprächen, 12 Themen-Workshops, Sprechstunden der Berater mit 11 weiteren Gesprächen, schriftlichen Befragungen, Dokumentenanalysen, Einholen von Informationen aus anderen Jugendämtern usw. Im Ergebnis wurde keine Über- oder Unterbesetzung festgestellt. Einige organisatorische Abläufe wurden verändert. Gekostet hat diese Untersuchung ca. 45.000 € - bezogen allein auf die Jugendamts- Aufgaben. Nicht berücksichtigt ist der Aufwand der Kolleginnen und Kollegen für die Interviews und Workshops, der - wie man an der Zahl der Interviews und Workshops sieht, nicht unerheblich gewesen ist.

 

Zuletzt fand eine Aufnahme der Organisationsstrukturen der Organisationseinheiten einschl. Fallzahlen und Stellenanteilen im Rahmen der möglichen „Fusion/Einkreisung“ mit/von Wilhelmshaven durch die KGSt im Jahr 2013 statt.

 

 

Organisationsuntersuchungen bei anderen Landkreisen in Weser-Ems

 

Eine Umfrage bei den Landkreisen in Weser-Ems hat ergeben, dass in den letzten 10 Jahren keine Organisationsuntersuchungen der Gesamtverwaltung in Auftrag gegeben wurden. Wenn Organisationsuntersuchungen durch Externe beauftragt wurden, ist dies nur für einzelne Bereiche, wie z. B. Jugendamt, Kämmerei, Amt für Teilhabe und Soziales geschehen. Der Impuls kam dann in der Regel aus der Verwaltung.

 

 

Organisationsuntersuchungen durch eigene Bedienstete in der Kreisverwaltung

 

Mit dem Stellenplan für das Jahr 2019 wurde das Sachgebiet Organisation um eine Stelle nach Besoldungsgruppe A 10 verstärkt, da bis dahin verschiedene Aufgaben nicht wahrgenommen werden konnten. Seit Juni 2019 ist diese zusätzliche Stelle besetzt.

 

Die beiden Kräfte in dem Sachgebiet Organisation überprüfen jede Personalanforderung der Fachbereiche eingehend.

 

Die Bedarfsermittlungen geschehen aufgrund

 

-       des Anforderungsschreibens der Fachbereiche,

-       der Ermittlung von Fallzahlen und Bearbeitungszeiten,

-       von Kennzahlen und Erfahrungswerten der öffentlichen Verwaltung,

-       Vorgaben des Gesetzesgeber,

-       der Prüfung der Rechtsgrundlagen,

-       von Interviews mit den Führungskräften und den Beschäftigten,

-       von Abgleichen mit anderen Landkreisen in Weser-Ems sowie

-       des Prüfens der Prozesse.

 

In der Regel wird festgestellt, dass sich die Fachbereiche in den Bedarfsanforderungen zurückhalten bzw. konservative Ansätze wählen. Das Sachgebiet Organisation stellt häufig einen höheren Bedarf fest.

 

Mit der Vorlage Nr. 1025/2020 wurde eine mögliche Organisationsuntersuchung des Fachbereichs Gesundheitswesen thematisiert. Im Ergebnis wurde beschlossen, dass eine Organisationuntersuchung durch eine externe Firma nicht durchgeführt wird und die Personalbedarfsprüfungen intern durch den Bereich Organisation erfolgen.

 

 

Digitalisierung

 

Im Hinblick auf die erwartete Veränderung der Arbeitsabläufe durch die Digitalisierung wurde das Sachgebiet IT-Steuerung verstärkt, so dass im Rahmen der Umstellung auf die digitale Vorgangsbearbeitung die zu digitalisierenden Prozesse insgesamt überprüft werden bzw. auch schon wurden (sh. Sachstandsbericht zur Digitalisierungsstrategie zuletzt Vorlage 0100/2022).

 

Auch für die anderen Behörden ist dies erstmalig abzuarbeiten, so dass auch von einer externen Firma noch nicht auf Erfahrungswerte zurückgegriffen werden kann.

 

Die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) hat vor einigen Jahren festgestellt, dass die Kosten durch die Digitalisierung eher steigen werden. Ein Einsparpotential ist vermutlich eher langfristig zu sehen.

 

Ob hierdurch wirklich auch Kosten eingespart werden, wird sich zeigen, z.B.

 

-       Anträge werden über Jahre hybrid bearbeitet (analog wird weiterhin möglich sein; Online-Verfahren sukzessive zunehmen).

-       mehr Personal in IT-Steuerung

-       mehr Personal in IT-Technik

-       mehr Personal bei der Verfahrensbetreuung (Fachadministration) - mehr Programme und Schnittstellen, zunehmende Komplexität

-       mehr Lizenzentgelte und Kosten für Externe für z.B. KDO

-       z.B. mehr Lehrerlaptops haben zu einem erhöhten dauerhaften Bedarf in der IT-Technik geführt

-       mittelfristig werden voraussichtlich eher Kräfte der niedrigeren Entgeltgruppen eingespart; andere Bereiche wie IT mit höheren Entgeltgruppen zunächst ausgebaut

 

Die Motive bei der Digitalisierung sind ja nicht nur Einsparungen sondern im Bereich E-Government vor allem eine Orientierung am Bürger („Anträge vom Sofa stellen“), was nicht zwingend auch zu Kosteneinsparungen führt.

 

 

Zusätzliche Belastung für die Fachbereiche

 

Der Aufwand für die Zuarbeit an eine externe Firma im Rahmen der Organisationsuntersuchung würde zu der jetzt schon zusätzlichen Aufgabe der Digitalisierung der Verwaltung hinzukommen und die Kolleginnen und Kollegen stark belasten. Das geht über die ohnehin erforderliche Zulieferung von Zahlen, Daten, Fakten und die Ermittlung von Kennzahlen hinaus. Eine Mit- und Zuarbeit (durch Interviews, Teamgespräche usw.) ist in jedem Fall erforderlich, da sich keine Firma (auch wenn auf Verwaltungen spezialisiert) im Detail so sehr auskennt, dass sie dies ohne Mitarbeitergespräche durchführen könnte. Häufig haben sich externe Firmen auf bestimmte Bereiche, z. B. „Jugendamt“ spezialisiert.

 

Einige Fachbereiche, die mit zusätzlichen Tätigkeiten rund um Corona sowie den Geflüchteten aus der Ukraine zu tun haben, sind bzgl. der Digitalisierung im Verzug. Eine zusätzliche umfangreiche Organisationsuntersuchung können diese derzeit nicht leisten. Selbst wenn zeitliche Kapazitäten vorhanden wären, müssten diese genutzt werden, um Arbeitsrückstände abzubauen sowie die Digitalisierung auf den Weg zu bringen, bzw. die erheblichen Mehrstunden, die durch Corona aufgebaut wurden, abzubauen.

 

Seitens der Verwaltung wird daher dringend davon abgeraten, eine Organisationsuntersuchung durchzuführen, da Zeit und Kostenaufwand im Vergleich zum erwarteten Nutzen als sehr gering eingeschätzt werden.

 

Aus diesen Gründen empfiehlt die Verwaltung, den Antrag abzulehnen.

 

Herr Homfeldt erklärt, den Antrag aufrecht zu erhalten. Herr Schürgers unterstützt den Antrag.

 

 


Abstimmungsergebnis:

 

Ja:

3

Nein:

7

Enthaltung:

0