Beschluss: vorberatend zur Kenntnis genommen / weiter an Kreisausschuss

Begründung:

Der Verwaltung ist daran gelegen, dass die Rahmenbedingungen für die Pflegeeltern weiterhin attraktiv bleiben und damit die Qualität der Vollzeitpflege erhalten bleibt. Die Richtlinie bedarf der Aktualisierung, nachfolgend werden die wesentlichen Änderungen erläutert.

 

Im Jahr 2021 wurde das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) als letzte Novelle des SGB VIII verabschiedet. Daraus resultierend erfolgte eine Änderung der pädagogischen Arbeit, wie z.B. in der regelmäßigen Frequenz der Beratungstermine in den Pflegefamilien zur Sicherung des Kinderschutzes.

 

Beim Punkt 3 wurde der seit dem 01.01.2023 geltende Betrag des kalendertäglichen Bereitschaftspflegegeldes von 69,00 € eingetragen (die jährliche Neuberechnung des Wertes ist der Nummer 4.7 der Anlage 1 zur Richtlinie zu entnehmen). Der Zuschuss zur Kleidung wie auch andere Beihilfen und Zuschüsse des Landkreises (s. Punkte 5.2., 5.3., 5.4., 5.8., 5.13.,5.14.,5.17.) wurden rechnerisch unter Bezugnahme der Inflationsraten der letzten Jahre hochgerechnet.

 

Beim Punkt 5.5.1 (Fahrtkosten der Pflegeeltern) wurde eine neue Regelung, die für mehr Klarheit sorgen soll, aufgenommen. Es sollen Hausärzte, Zahnärzte, Fachärzte etc. möglichst heimatnah und nächstgelegen im Landkreis Friesland gewählt werden. Hierfür gibt es keine Fahrtkostenerstattungen. Sofern ein Facharzt, eine Therapie oder Klinik weiter als heimatnah oder nächstgelegen besucht wird, evtl. wöchentlich, können die Kosten mit einem Nachweis über die wahrgenommenen Termine beim Facharzt, Therapie etc. einreichet werden. Durch die wirtschaftliche Jugendhilfe werden die Fahrtkosten ab dem 61. gefahrenen Kilometer mit je 0,30 € erstattet. Die Fahrtkosten können von den Pflegeeltern einzeln aber auch monatlich eingereicht werden.

 

Beim Punkt 5.9. wurde eine Erhöhung des pauschalen Zuschusses von 100,00 € auf 170,00 € vorgenommen. Diese Erhöhung war aus Sicht der Verwaltung erforderlich, um einen ähnlich hohen Zuschuss wie im Bereich des SGB II zu gewähren. Die Auszahlung der 170,00 € erfolgt jährlich zum 01.08. eines Jahres (bei Kindern bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres ohne erforderliche Antragstellung).

 

Aufgrund einer dreijährigen Abschreibungsfrist für Computer, Laptop etc. wird bei Punkt 5.12. zukünftig alle drei Jahre ein Zuschuss in den dort genannten Fällen ermöglicht.

 

Bei Punkt 5.15. wurde eine Ergänzung für über 18-jährige Pflegekinder vorgenommen. Ihnen kann zukünftig ein Zuschuss zu Brillengläsern bis max. 300 € gewährt werden nach Vorlage entsprechender Nachweise.

 

Schäden, die Pflegekinder der Pflegefamilie zufügen, sind weder über eine Haftpflichtversicherung der Herkunftsfamilie noch über die Pflegefamilie abgedeckt. Ebenso sind Schäden, die die Pflegeeltern oder deren Kinder den Pflegekindern zufügen, nicht abgedeckt. Daher wurde ab dem 01.01.2020 Punkt 6.3. der Richtlinie zur Bezuschussung einer Haftpflichtversicherung der Pflegeeltern mit einer sogenannten Binnenhaftpflicht eingefügt, demnach können Pflegeeltern auf Antrag einen Zuschuss in Höhe von maximal 80,00 € zu einer Privathaftpflichtversicherung mit Binnenhaftpflicht vom Landkreis erhalten. Diese Bezuschussung einer Privathaftpflichtversicherung mit einer Binnenhaftpflicht führt zu einer gegenseitigen Absicherung der Pflegekinder und Pflegefamilien im Binnenverhältnis. Leider haben bisher nicht alle Pflegeeltern eine derartige Binnenhaftpflichtversicherung abgeschlossen. Mit der neuen Richtlinie wird deutlich darauf hingewiesen, dass der Landkreis Friesland bei Nichtabschluss einer Binnenhaftpflichtversicherung nicht für entstandene Schäden durch das Pflegekind eintritt.

 

Der Landkreis Friesland bearbeitet derzeit 147 laufende Vollzeitpflegefälle. Aufgrund der geänderten Richtlinie ab dem 01.06.2023 wird von jährlichen Mehrkosten in Höhe von ca. 15.000,00 bis 20.000,00 € für den Landkreis Friesland ausgegangen. Hiervon erfolgt derzeit in ca. 47% der Fälle eine Erstattung der Aufwendungen über einen anderen Jugendhilfeträger. Es dürften somit ca. 8.000,00 € bis 11.000,00 € als tatsächliche Mehrkosten seitens des Landkreises Friesland zu tragen sein.

 

Diese Änderungen der Richtlinie werden aus den zuvor genannten Gründen seitens der Verwaltung für erforderlich gehalten.

 

 

Herr Rosenthal fasst zusammen, dass die Änderungen der Richtlinien zur Vollzeitpflege notwendig waren, da die Beträge inflationsbedingt nicht mehr haltbar waren. Zudem war eine Anpassung der Fahrtkosten notwendig, der Passus war zu flexibel gestaltet und führte zu Unstimmigkeiten. Weiter wurden die Entscheidungswege verdeutlicht dargestellt.

 

Herr Zenker-Wandschneider geht diesbezüglich zuerst auf die veranschlagte Kilometerpauschale ein. Eine Berechnung der Fahrtkosten ab dem 61 km/Fahrt sei zu hoch angesetzt. Laut Herrn Zenker-Wandschneider verlieren die Pflegeeltern zu viel Geld in dem Bereich. Weiter merkt Herr Zenker-Wandschneider an, dass die Betreuungspauschale in Elternzeit kein Inflationsausgleich beinhaltet, dies sollte überdacht werden. Die Anpassung, alle drei Jahre einen Zuschuss für einen Computer zu geben erfreut ihn sehr, auch wenn die Endgeräte ca. 11% teurer geworden sind und eine finanzielle Anpassung des Betrages angestrebt werden sollte. Die Kosten der Erstausstattung seien im Vergleich zum Bürgergeld zu gering angesetzt worden. Eine Mietkaution auf Darlehensbasis wäre hier wünschenswert, so Herr Zenker-Wandschneider. Zuletzt stößt Herr Zenker-Wandschneider an, dass die unter Punkt 8.4. beschriebene Familienentlastung in Höhe von 300 €/jährlich seines Erachtens nach nicht ausreichend genutzt werden würde, weil diese zu gering angesetzt sei. Beim letzten Netzwerktreffen wurde diesbezüglich überlegt, wie man sich stattdessen untereinander Entlasten könne.

 

Frau Renken erläutert, dass der heimische Nahraum durch die 60 km abgedeckt sind. Somit würden notwendige überregionale Fahrten weiterhin finanziell unterstützt werden. Weiter erläutert Herr Rosenthal, dass eine Mietkaution auf Darlehensbasis nicht umsetzbar sei, da in der Jugendhilfe der rechtliche Arbeitszusammenhang erlischt, dies wird beim Bürgergeld weiterhin aufrechterhalten. Frau Renken merkt an, dass ausreichend Entlastungen durch Pflegefamilien abgerufen werden würden. Herr Rosenthal ergänzt, dass sie unter anderem von Pflegekinderdienst zukünftig mehr Unternehmungen und Veranstaltungen mit den Pflegeeltern machen wollen, um die offene Kommunikation miteinander zu stärken und Bedürfnisse noch besser zu unterstützen.

 

Frau Sudholz schlägt vor, dass der TOP ebenfalls beratend zur Kenntnis genommen werden würde. Herr Zenker-Wandschneider könne seine Punkte an die Verwaltung geben. Diese könne die Punkte in Zusammenarbeit mit Herrn Zenker-Wandschneider in den Kreisausschuss geben. Herr Zenker-Wandschneider stimmt dem Vorschlag zu, er möchte dennoch Abschließend bitten, dass jegliche Änderungen Rückwirkend zum 01.01.2023 erfolgen. Hier die Gegenüberstellung zur Verdeutlichung der Forderungen:

 

Änderung der „Richtlinie über Hilfen zur Erziehung in Form von Vollzeitpflege“

Gegenüberstellung des Richtlinienentwurfs in Bezug auf die Anregungen des Pflegeelternvereins

 

 

Betroffener Text des Richtlinienentwurfs ab dem 01.06.2023 – sh. Vorschlag für JuhiA am 04.05.2023 (beratend zur Kenntnis genommen)

Weitere Anregungen des Pflegeelternvereins zum Entwurf der Richtlinie

Anmerkung der Verwaltung zu den Anregungen des Pflegeelternvereins

Punkt 5.5.1. Fahrtkosten der Pflegeeltern

Hausärzte, Zahnärzte, Fachärzte oder auch Therapien der Pflegekinder etc. sind heimatnah und nächstgelegen von den Pflegeeltern möglichst innerhalb des Landkreises Friesland zu wählen. Hierfür werden daher keine gesonderten Fahrtkosten seitens des Landkreises erstattet.

Für Fahrten zu Fachärzten, Kliniken, Therapien werden ab dem 61. gefahrenen Kilometer entsprechend der Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz i.H.v. derzeit 0,30 € je Kilometer erstattet. Voraussetzung der Erstattung ist eine schriftliche Bestätigung der Praxis, Klinik etc. über die wahrgenommenen Termine. Die Erstattung für Fahrtkosten kann einzeln aber auch monatlich bei der Wirtschaftlichen Jugendhilfe eingereicht werden.

 

Entstandene Fahrtkosten der Pflegeeltern für Umgangskontakte mit den leiblichen Eltern des Pflegekindes werden entsprechend der im Rahmen der Hilfeplanung vereinbarten Häufigkeit von der Wirtschaftlichen Jugendhilfe erstattet, wobei zu beachten ist, dass auch die leiblichen Eltern möglichst gleichrangig die Fahrtkosten der Umgangskontakte zu tragen haben.

Wir hatten uns eine Präzisierung der Regelungen für anfallende Fahrkosten der Pflegenden gewünscht, um eine klare, transparente Regelung zu haben. Denn insbesondere in der heutigen Zeit sind die Kosten, in einem Flächenland wie Friesland, doch sehr hoch und können oft deutlich das Budget der Familien belasten. Allerdings sah unser Vorschlag eine deutlich geringere Grenze von 10 km, für die einfache Strecke, vor. Ich möchte gerne ein paar Beispiele für anfallende Fahrten geben.

- Fahrten zu Diagnostik in der KJP WHV oder Oldenburg, mindestens 6 Termine

- Therapien nach Diagnostik, mind. wöchentlich, oft über Jahre hinweg

- Kinder in der Bereitschaftspflege müssen oft Wochen lang täglich in ihre ursprüngliche Kita oder Schule gebracht werden, bevor die Beauftragung eines Fahrdienstes, der sicher mehr kostet, erfolgt.

- Besuchskontakte mit der Herkunftsfamilie, auch da insbesondere in der Bereitschaftspflege, oft mehrmals die Woche

 

Die Ausführungen zu Punkt 5.5.1 Fahrtkosten der Pflegeeltern beschreiben den Regelfall, der in der überwiegenden Anzahl von Fällen vorliegt und durch diese Regelung geklärt ist.

 

Wenn im Ausnahmefall hohe Fahrtkosten anfallen durch z.B. wöchentlich erforderliche Fahrten zur Therapie in Oldenburg (aus dem Wangerland abfahrend), so ist weiterhin wie bisher eine Einzelfallentscheidung mit der Verwaltung zu treffen. Dann werden in diesen Ausnahmefällen die Fahrtkosten ab dem 1. Kilometer getragen. Diese Einzelfälle lassen sich nicht über eine Regelung in der Richtlinie präzisieren. Es gibt die verschiedensten Fallkonstellationen.

 

Punkt 5.6 Betreuungspauschale bei Inanspruchnahme von Elternzeit

Für Pflegeeltern, die ein Kind im Alter von 0 bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres in Vollzeitpflege aufnehmen, wird auf Antrag zusätzlich zum Pflegegeld eine Betreuungspauschale in Höhe von 500,00 € monatlich für maximal sechs Monate gewährt. Voraussetzung dafür ist, dass ein Pflegeelternteil Elternzeit nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz in Anspruch nimmt (in Absprache mit dem Pflegekinderdienst) und auch keiner Teilzeittätigkeit in diesem Zeitraum nachgeht. Dem Antrag ist die Elternzeitbescheinigung des Arbeitgebers beizufügen, in der zusätzlich bestätigt wird, dass auch keine Teilzeittätigkeit mehr ausgeübt wird (zumindest in den sechs Monaten des beabsichtigten Bezuges der Betreuungspauschale nach dieser Richtlinie).

 

Bei Aufnahme von kleinen Kindern und auch oft so, ist es den Pflegemüttern nicht möglich, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Dies kann nicht durch die Kosten für die Pflege und Erziehung in aktueller Höhe von 275 € pro Kind kompensiert werden. In der letzten Richtlinie wurde eine Betreuungspauschale bei Inanspruchnahme von Elternzeit geschaffen, da Pflegeeltern zwar grundsätzlich in Elternzeit gehen können, aber kein Anspruch auf Elterngeld nach Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes haben. Diese Pauschale in Höhe von 500 €, hat in dem vorliegenden Entwurf, leider keinen Inflationsausgleich erhalten.

Aus Sicht der Verwaltung ist die Betreuungspauschale zum Kennenlernen des neu aufgenommenen Kindes gedacht. In dieser Zeit soll auch keiner Teilzeittätigkeit nachgegangen werden. Die Pauschale wurde nicht erhöht, da es sich lediglich um eine zusätzliche Ausgleichszahlung handelt.

Punkt 5.12. Computer

Für Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter kann auf Antrag bei der Wirtschaftlichen Jugendhilfe alle drei Jahre ein Zuschuss in Höhe von bis zu maximal 300,00 € zur Beschaffung eines Computers (Laptop/ Notebook, PC, Tablet) gewährt werden, wenn die Notwendigkeit des Computers für schulische Zwecke durch schriftliche Bestätigung der Schule nachgewiesen wird.

Für die Beschaffung eines Handys, Smartphone o.ä. wird kein Zuschuss gewährt.

Wir halten es für einen sehr guten Vorschlag, den Zeitraum der möglichen Bezuschussung von 6 Jahre auf 3 Jahre zu verkürzen, aber auch hier halten wir einen Inflationsausgleich für notwendig. Das Statistische Bundesamt gibt für den Bereich der tragbaren Computer eine Teuerungsrate von 11,3 % im Zeitraum 03/22 – 03/23 an.

Aus Sicht der Verwaltung handelt es sich um einen Zuschuss, daher wurde hier keine Erhöhung vorgenommen. Zudem jetzt auch die Möglichkeit geschaffen wurde, bereits alle drei Jahre einen Zuschuss zu erhalten.

Es ergibt sich bei den bisherigen Punkten 8.1. bis 8.5. eine neue Nummerierung, durch die Einfügung des Punktes 8.1. Kontinuierliche Beratung.

 

 

Punkt 8.4. Familienentlastung (nur Nummerierung neu, Text wie vorher)

Bei besonders belasteten Situationen kann zur Aufrechterhaltung des Pflegeverhältnisses im Rahmen des Hilfeplans durch den Pflegekinderdienst die Notwendigkeit einer Familienentlastung im Einzelfall festgestellt werden. Das Entlastungsangebot umfasst ein jährliches Budget von maximal 300,00 Euro je Pflegekind, das zweckgebunden einzusetzen ist und für Angebote gewährt wird, die zuvor mit dem Pflegekinderdienst abgestimmt wurden.

Weiterhin halten wir ein jährliches Budget von 300 € für zu gering. Damit wäre zum Beispiel ein Wochenende bei der LEBENSHILFE WHV/Friesland nicht zu bezahlen. Hier bedarf es aber auch einer organisatorischen Unterstützung durch das Jugendamt, um eine Möglichkeit der gegenseitigen Entlastung der Pflegefamilien herbeizuführen.

 

Es gibt verschiedene Möglichkeiten die Entlastung zu nutzen, dies entscheidet jede Pflegefamilie grundsätzlich für sich. Die Pflegepersonen sollen auf die Entlastungsmöglichkeiten bzw. Nutzung dieser Familienentlastung und deren Angebote nochmals hingewiesen werden.

Punkt 9. Inkrafttreten

Die vorstehende Richtlinie wurde am 04.05.2023 durch den Jugendhilfeausschuss und am 10.05.2023 durch den Kreisausschuss des Landkreises Friesland beschlossen. Sie tritt zum 01.06.2023 in Kraft. Zum gleichen Zeitpunkt tritt die Richtlinie vom 11.12.2019 (gültig ab dem 01.01.2020) außer Kraft.

Des Weiteren halten wir den 01.01.23 zur Inkraftsetzung der Richtlinie für angemessen, da es auf Grund der hohen Arbeitsbelastung in der Verwaltung nicht möglich war, die Aktualisierung der Richtlinien frühzeitiger vorzulegen.

 

Es sollte beim 01.06.2023 bleiben.

Stand: 12.05.2023

 

Herr Ambrosy führt aus, dass sich die genannten Punkte nochmal genauer angeschaut werden würden. Es müsse diesbezüglich genauer beleuchtet werden, was bereits steuerlich absetzbar sei. Wenn Herr Zenker-Wandschneider einverstanden sei, dass in Abstimmung mit ihm eine Entscheidung im Kreisausschuss getätigt werden dürfe, würden die Anpassung der Richtlinien zum 01.06.2023 in Kraft treten können.

 

Beschluss:

Der Jugendhilfeausschuss nimmt die ab dem 01.06.2023 geltende Richtlinie über Hilfen zur Erziehung in Form von Vollzeitpflege gemäß dem beigefügten Entwurf beratend zur Kenntnis.