Beschluss: einstimmig beschlossen

Beschluss:

 

Der Klimanotstand wird erst dann ausgerufen, wenn mit den bisher geplanten Maßnahmen und gesetzlichen Vorgaben zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung und den dafür zur Verfügung gestellten Ressourcen die bislang beschlossenen Ziele nicht erreicht werden können.

 


Zum Begriff „Klimanotstand“ schreibt das Umweltbundesamt (UBA)[1] auf seiner Seite:

Hinter dem Klimanotstand verbirgt sich ein Beschluss von Parlamenten oder Verwaltungen. Der Beschluss zeigt auf, dass das beschließende Gremium erkannt hat: unsere bisher ergriffenen Maßnahmen zur Eindämmung des rasch voranschreitenden Klimawandels und der daraus resultierenden Risiken reichen nicht aus. Das beschließende Gremium beauftragt somit Regierung und Verwaltungen zusätzliche, wirksame Maßnahmen auszuarbeiten. Das umfasst Maßnahmen sowohl zur Minderung von Treibhausgasemissionen als auch zur Anpassung an den Klimawandel. Damit erkennen Beschlüsse zum Klimanotstand den dringenden politischen und praktischen Handlungsbedarf an, der aus zunehmenden Risiken durch den Klimawandel resultiert. Durch die Verwendung des Begriffs „Notstand“ wird diesen Maßnahmen höchste, nicht aufschiebbare Priorität zugeschrieben. (…)“

 

Zentral bei der Entscheidung, ob der Landkreis Friesland den Klimanotstand ausrufen sollte, sind daher folgende zwei Fragen:

  1. Tun wir bereits genug für den Klimaschutz und die Klimaanpassung und liegen die entsprechenden Beschlüsse vor?
  2. Falls nein: Welche zusätzlichen, wirksamen und prioritären Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung ergreifen wir als Reaktion auf das Ausrufen des Klimanotstands?


zu a):.

Am 21.12.22 hat sich der der Kreistag zum Treibhausgasneutralitätsziel 2030 bekannt, sodass die Beschlusslage eine klare Zielvorgabe formuliert. Dazu wurden in den MEZ und HSP wesentliche Aspekte von Klimaschutz und –Anpassung als strategische Ziele und Handlungsschwerpunkte des Landkreises benannt. Unter anderem basierend auf diesen Beschlüssen werden aktuell folgende Vorhaben durchgeführt oder geplant:

 

  • Umstellung Energieversorgung in allen Liegenschaften,
  • Energiebericht als Basis künftiger CO2-Bilanzen,
  • Elektrifizierung der Fahrzeugflotte,
  • Ladeinfrastrukturkonzept,
  • Integriertes Vorreiterkonzept als neues Klimaschutzkonzept des Landkreises,
  • Integriertes Klimaanpassungskonzept,
  • Kommunale Wärmeplanung,
  • Moorschutz,
  • Öffentlichkeitsarbeit und Bürgerberatung,
  • Fairtrade,
  • Unterstützung landkreisangehöriger Kommunen.

 

In der Summe sind somit sowohl entsprechende Beschlüsse als auch Umsetzungspfade gegeben. Ob damit ausreichende Maßnahmen ergriffen wurden, ist objektiv nicht einfach feststellbar. Gemessen an der Definition des UBA ist auch immer die Wirkebene zu betrachten, sodass nicht alle denkbaren Maßnahmen auch auf Landkreisebene umsetzbar sind. In diesem Sinne kann aber festgehalten werden, dass insgesamt das Handlungserfordernis und dessen Priorität anerkannt sind und das Ausrufen eines Notstands keine sofort wirkende Verbesserung ermöglicht.

 

Im Sinne der Frage b) werden im Antrag von „Die linke Fraktion“ zwei Handlungsmaßnahmen genannt:

 

1.      Eine jährliche CO2-Bilanz der Verwaltung

2.       Sammlung von Daten der Auswirkungen des Klimawandels auf den Landkreis

 

Zu 1: Laut § 17 des Niedersächsischen Gesetzes zur Förderung des Klimaschutzes und zur Minderung der Folgen des Klimawandels (NKlimaG) muss für das Jahr 2022 erstmals ein Energiebericht erstellt werden und daraufhin jeweils in einem Zeitraum von drei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren. Außerdem müssen Landkreise bis Ende 2025 Klimaschutzkonzepte für die eigene Verwaltung erstellen inkl. Treibhausgasemissionsbilanz (§ 18). Durch den Antrag von „Die linke Fraktion“ müsste die Verwaltung also jedes Jahr anstatt der gesetzlich geforderten drei Jahres-Zeiträume eine Bilanz erstellen. Basis würde dann das hierzu in Aufbau befindliche möglichst automatisierte Energiemanagement sein. Die Verwaltung prüft derzeit, ob hierfür weitere Fördermittel akquiriert werden können, um dies zu beschleunigen.

 

Zu 2: Tatsächlich fehlt es bisher an einer Sammlung von Klimawandel-Daten die speziell auf den Landkreis zugeschnitten sind. Dies wird sich allerdings durch die Einstellung des Klimaanpassungsmanagers und die Erstellung eines integrierten Klimaanpassungskonzepts ändern, z.B. sollen Potentialflächen für den Deichbau und die Freiflächenrückgewinnung ermittelt werden. Zudem werden aktuell immer mehr Daten von externen Dienstleistern und Fachbehörden zum Klimawandel in Niedersachsen zur Verfügung gestellt, wie z.B. die Starkregengefahrenkarte des OOWV und der Aufbau des Niedersächsischen Klimainformationssystems (NIKLIS) vom niedersächsischen Umweltministerium[2]. Eine weitere Datengrundlage bietet der NIBIS® KARTENSERVER vom Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie[3]. Gemäß § 19 NKlimaG müssen niedersächsische Gemeinden bis Ende 2028 Entsiegelungskataster erstellen.
Durch den Antrag käme neu hinzu, dass Forschungsvorhaben gefördert werden sollen, um fehlende Daten zu generieren. Dies ist grundsätzlich zu begrüßen und wird, da auch meist mit Förderverfahren verbunden, laufend geprüft.

 

Zusammengefasst: Als Konsequenz auf die Ausrufung des Klimanotstands soll laut dem Antrag die Datenverfügbarkeit (CO2-Bilanz und Daten zu den Auswirkungen des Klimawandels) verbessert werden.

 

Die im Antrag genannten Maßnahmen sind aus Sicht des Klimaschutzes und der Klimaanpassung begrüßenswert, sind jedoch in naher Zukunft als gesetzliche Pflichtaufgabe durch den Landkreis größtenteils sowieso zu ergreifen. Darüber hinaus sind bereits mehrere Maßnahmen zur Erreichung der vom Kreistag am 21.12.22 beschlossenen Treibhausgasneutralitätsziele für das Jahr 2030 angelaufen oder in der Planung. Ein Notstand im obigen Sinne kann also jederzeit durch das Festhalten an den strategischen Zielen sowie operativen Maßnahmen vermieden werden. Dabei sind die Ressourcen strategisch so auszurichten, dass alle Projekte, Maßnahmen und Verfahrensweisen des Landkreises auf Klimaschutz und –Anpassung ausgerichtet werden.

 

Die Verwaltung schlägt demzufolge vor, den Klimanotstand erst dann auszurufen, wenn mit den bisher geplanten Maßnahmen und gesetzlichen Vorgaben und den aktuell zur Verfügung stehenden Ressourcen die bisher beschlossenen Treibhausgasneutralitätsziele nicht erreicht werden können. In diesem Fall sollte die Ausrufung des Klimanotstands dann mit dem Beschließen zusätzlicher wirksamer Maßnahmen sowie der Zurverfügungstellung der dafür notwendigen personellen und finanziellen Ressourcen einhergehen.

 

Anlage(n):

 

Anlage 1: Antrag Klimanotstand

 

 

 

Herr KTA Möller äußert sich und bezieht sich dabei auf die Vorlage. Er erkundigt sich, ob keine Datenlage vorliege und weist darauf hin, dass man irgendwie einen Überblick darüber haben müsse, ob die getroffenen Klimaschutzmaßnahmen ausreichen oder nicht. Zudem müsse laut der Definition des Umweltbundesamts auch immer die Wirkebene der Maßnahmen betrachtet werden. Er verweist nochmals auf den Bericht des IPCC und den dort formulierten, dringenden Handlungsbedarf.

 

Herr Neuhaus verweist darauf, dass genau diese Zahlen ermittelt werden und man danach den Zustand und die Wirkebene bewerte, um somit eine Einschätzung treffen zu können, ob die Maßnahmen ausreichend sind und wo sowohl in der Datenerfassung, der Auswertung und den darauf aufbauenden Maßnahmen noch Verbesserungs- bzw. Nachholbedarf bestehe. Zudem gebe es verpflichtende Aufgaben, bspw. die CO2-Bilanz, die ebenfalls bereits in Umsetzung seien.

 

Frau KTAe Esser verlässt gegen 16:47 Uhr den Raum.

 

Herr KTA Möller möchte wissen, wie gut die Klimadatenlage für Friesland ist

 

Herr Cremer antwortet, dass es verschiedene Angebote vom Land Niedersachsen gebe und nennt hierfür als Beispiel den NIKLIS-Server, welcher diese sehr gut, auch landkreisbezogen aufschlüssele.

 

Herr KTA Möller fragt nach, ob der NIKLIS-Server auch öffentlich einsehbar sei.

 

Frau Tammen bejaht dies und erklärt, dass der NIKLIS-Server bereits viele Daten bereitstellt, bspw. Szenarien zur Entwicklung von Starkregenereignissen. Auch der NIBIS-Kartenserver des Landesbergamtes Niedersachen (LBEG) hat eine Vielzahl von klimarelevanten Daten, bspw. über Moorböden oder ähnlichem.

 

Der Vorsitzende Herr Homfeldt verweist auf die Starkregengefahrenkarte des OOWV und bittet darum die Informationsquellen zu den zuvor genannten Punkten ins Protokoll aufzunehmen.

Diese nachfolgend:

 

NIKLIS (umweltkarten-niedersachsen.de)

NIBIS Kartenserver : powered by cardo.Map (lbeg.de)

 

Herr KTA Ratzel äußert sich positiv zur Aufstellung des Landkreises im Bereich Klimaschutz und Klimafolgenanpassung und bezeichnet diesen hierin als Vorreiter. Dabei merkt er an, dass der Landkreis aktuell noch keinen Klimanotstand ausrufen müsse. Das müsse man erst, wenn bestimmte Kriterien erfüllt seien und es sich auch wirklich um einen solchen handle. Dennoch sei er der Meinung, man könne zusätzliche Maßnahmen, wie Katastrophenschutzübungen für den Ernstfall ergreifen.

 

Herr KTA Möller gehe mit dem Vorschlag mit, wolle aber dennoch darauf hinweisen, dass die Klimakrise eine Notlage sei. Er habe, für alle einsehbar, den Link zum IPCC-Bericht zur Verfügung gestellt und man könne dort nachlesen, dass von einer 3,2 Grad Erwärmung ausgegangen werde. Damit würden die Ziele verfehlt werden, die sich die Bundesrepublik Deutschland gesetzte hat. Zudem liege Deutschland nach den Richtlinien des Climate Action Trackers weit über dem 2-Grad-Ziel, weshalb man sich jetzt schon auf extreme Klimawandelfolgen einstellen könne. Gerade Friesland als Küstenregion werde sehr mit den Klimawandelfolgen kämpfen, da nicht nur Hitze und Trockenheit zum Problem werde, sondern beispielsweise auch stärkere Sturmereignisse und Starkregen und damit werde das Leben hier immer schwieriger.

 

Der Landrat Herr Ambrosy stimmt Herrn Möller bezüglich der Gefahren zu und betont, dass der Landkreis Friesland hinsichtlich der eigenen Flächen und des Bevölkerungsanteils einen ausreichenden Beitrag für den Klimaschutz leiste. Er spricht sich für den Antrag aus, gibt allerdings zu bedenken, dass man sich bei dem Wort „Notstand“ schon im Katastrophenschutzgesetz befinde und man dort definitiv noch nicht sei. Sollte man irgendwann feststellen, dass die Maßnahmen nicht ausreichen, dann könne man den Klimanotstand immer noch ausrufen.

 

Frau KTAe Sudholz erachtet einen jährlichen Bericht über alle Maßnahmen als wichtig und hebt hervor, dass man dabei alle Maßnahmen einzeln beleuchten solle, da ihrer Ansicht nach nicht alle Kriterien gleichzeitig erfüllt werden müssen, damit ein Klimanotstand ausgerufen werden könne. Auch ein Punkt könne dafür ausreichen die gesetzten Klimaziele nicht zu erreichen und man müsse dem frühzeitig entgegenwirken können.

 

Herr KTA Möller befürwortet den jährlichen Bericht, kann sich der Aussage des Landrats anschließen, schätzt die gesamte Lage aber als deutlich ernster ein.

 

Der Landrat Herr Ambrosy weist darauf hin, dass dazu im Kreistag mittelfristige Entwicklungsziele beschlossen wurden und der Landkreis somit gar nicht in die Lage kommen dürfe, einen Klimanotstand ausrufen zu müssen. Zudem müssen die Handlungsschwerpunkte im Haushalt abgebildet werden und das sei eine gute Voraussetzung für die Lösung des Problems.

 

Der Vorsitzende Herr Homfeldt lässt über den Beschluss abstimmen.

  



[1] https://www.umweltbundesamt.de/deutsche-kommunen-rufen-den-klimanotstand-aus#undefined

[2] https://www.umweltkarten-niedersachsen.de/niklis/#xmin=345995.66748980456&xmax=558490.6061225391&ymin=5823473.93443607&ymax=5991788.270719985&Kategorie=0&basemap=Topographie+Grau

[3] https://www.lbeg.niedersachsen.de/kartenserver/nibis-kartenserver-72321.html


Abstimmungsergebnis:

 

einstimmig beschlossen

 

Ja:

10

Nein:

0

Enthaltung:

0