Beschluss: vorberatend zur Kenntnis genommen / weiter an Kreisausschuss

Abstimmung: Ja: 11

Begründung:

Als der Haushalt des Fachbereiches Soziales und Senioren geplant wurde, waren insbesondere die Entwicklungen der Fluchtbewegungen nicht hinreichend absehbar.

 

Obwohl an einer einzelnen Planungsposition höhere Erträge erzielt wurden, können die Mehraufwendungen im Jahr 2023 nicht vollumfänglich gedeckt werden.

 

Die wesentlichsten Abweichungen waren auf nachfolgenden Produkten zu verzeichnen:

Produkt

Bezeichnung

Abw. vom Plan

P1.03.31.315500

Erstaufnahme von Flüchtlingen

-         8.678.940  

 -> s. Erläuterung 1

P1.03.31.313000

Leistungen nach AsylbLG

+        2.279.854  

- > s. Erläuterung 2

P1.03.31.311600

GruSi im Alter & b. Erw.m.(4.Kap.SGBXII)

-           524.000  

 -> s. Erläuterung 3

P1.03.31.311800

Hilfe z. Pflege (7. Kap.SGB XII) ab 2017

-           476.000  

 -> s. Erläuterung 3

P1.03.31.311400

Hilfe z. Gesundheit (5. Kapitel SGB XII)

-           300.000  

 -> s. Erläuterung 3

P1.03.31.314000

Eingliederungshilfe f. Behind.n.d.SGB IX

-           221.240  

 -> s. Erläuterung 4

P1.03.31.311100

Hilfe z. Lebensunterh. (3. Kap. SGB XII)

-           180.971  

- > s. Erläuterung 5

P1.03.31.311900

Verwaltung der Sozialhilfe

-           120.950  

 -> s. Erläuterung 6

 

Erläuterung 1: Ende 2022 /Anfang 2023 war die Diskussion zwischen Bund und Ländern im vollen Gange, inwieweit der Bund sich an den kommunalen Flüchtlingskosten beteiligen würde. Seitens der Verwaltungsführung ist davon ausgegangen worden, dass hieraus erhebliche Erstattungen zu erwarten gewesen seien. Das hat sich leider nicht bestätigt. Die summarisch größte Erstattung aus dem „50 Millionen Paket des Landes Niedersachsen“ betrug für den Landkreis Friesland lediglich 578.000 € sowie die Mehreinnahmen nach dem AsylbLG (s. auch Erläuterungen unter 2.)

 

Erläuterung 2: Die Mehreinnahme ergab sich aus der höheren (als prognostizierten) Zahl an Asylbewerbern, die im Rahmen der „Kopfpauschale“ nach dem AufnG abgerechnet werden würden. Wir hatten 2022 mit vorsichtig weniger Asylbewerbern (-170) geplant und insoweit auch weniger Einnahmen angenommen. Trotz der Einnahmen „über Plan“ von rd. 2,3 Millionen Euro konnten über die Pauschale nach dem AufnG kaum Erstattungen für ukrainische Geflüchtete generiert werden, die die erheblichen Unterbringungsaufwendungen hätten abfangen können. Dieses Missverhältnis hat seinen Ursprung in der statistischen Meldeformel, wonach die Kopfpauschale (aktuell 11.871,00 € p.P/Jahr) nur dann in voller Höhe ausgezahlt wird, wenn die Person an allen fünf maßgeblichen Stichtagen im Bezug von Leistungen nach dem AsylbLG gestanden hat – ansonsten wird die Person nur anteilig zu den gemeldeten Stichtagen berücksichtigt.

è Folge für die kommunalen Träger: durch die Aktivierung der Massenzustromrichtlinie und der damit einhergehenden zügigen Zuerkennung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG gingen ukrainische Geflüchtete bereits nach wenigen Wochen vom AsylbLG-Bezug in den SGB II-Leistungsbezug über und waren zu den jeweiligen Stichtagen nicht zählbar oder ggf. nur an einem von fünf Stichtagen. Die Kommunen haben Land und Bund sehr zeitnah über dieses Melde- und Abrechnungsproblem in Kenntnis gesetzt, was im Ergebnis zu „zusätzlichen Zähltagen“ am 30.04. und am 31.05. führte. Dieses Zugeständnis konnte aber die Berücksichtigung von ukrainischen Geflüchteten im Rahmen der Pauschale nach dem AufnG nur in Teilen abfedern – ansonsten hätte die „Mehreinnahme“ in Höhe von 2,3 Mio. Euro noch deutlich höher ausfallen müssen.

 

è Errichtungs-und Unterhaltskosten: ungeachtet der zu erwartenden Erstattungen hatten die Landkreises und kreisfreien Städte binnen kurzer Frist Unterbringungsmöglichkeiten für eine noch nicht abschätzbare Zahl an Geflüchteten zu schaffen. Der Landkreis Friesland und seine kreiseigenen Kommunen sind –zu Lasten des AsylbLG-Haushaltes- finanzielle Verpflichtungen in erheblicher Höhe eingegangen, um Wohnraum für eine 1.000 bis ggf. 1.400 Personen umfassende Zahl von Menschen zu schaffen. Es lag auf der Hand, dass diese Menschen nicht dezentral in Wohnungen untergebracht werden können, was zur zügigen Errichtung von Gemeinschaftsunterkünften führte. So wurden:

 

 

·         die Heinz-Neukäter- Schule Roffhausen

·         die Gymnastikhalle Varel

·         die Turnhalle der BBS Varel

·         die Klaus-Bünting-Halle Sande

·         das Dorf Wangerland (kurzzeitig)

·         Waldhaus Zetel

·         am Dorfbrunnen Wangerland (Wiarden)

·         Sporthalle Kieler Str. in Schortens

 

ergänzend/ersetzend:

o   alte Post Bockhorn (noch in Errichtung)

o   Containerdorf Jever (statt BBS Varel)

o   ehemaliger “Edeka“ Obenstrohe

 

für die Unterbringung hergerichtet.

 

 

Die Kosten für die Herrichtung und den Betrieb der Unterkünfte, die zum Teil durch externe Betreiber realisiert werden mussten, waren aus dem laufenden Haushalt zu bestreiten und nur in Teilen kalkulierbar. So wurden Unterkünfte (bspw. die Klaus-Bünting-Halle in Sande), zwar aufwändig errichtet, aber über mehr als 10 Monate hinweg nicht belegt, da die vom Land avisierten Zuweisungszahlen dann nicht in der Höhe erfolgten und von dort auch keine verlässliche Prognose zu erhalten war. Gleichwohl waren die laufenden Kosten zu tragen, ohne dass demgegenüber zugewiesene Geflüchtete mit dem Land abzurechnen gewesen wären.

è Die auf diesen Produkten im 1. Halbjahr 2023 abgerechneten Aufwendungen saldieren aktuell auf rund 4,5 Millionen Euro

 

Erläuterung 3: viele Geflüchtete sind aus dem AsylbLG (aufgrund Alters) sehr zügig ins SGB XII (Grundsicherung oder Pflege) übergegangen. Die Fallzahl hat sich erhöht und zusätzlich ab 01.01.2023 der Regelsatz deutlich (+50 € Kopf/Monat). Zudem verfügen die Geflüchteten nicht über Ansprüche aus der Pflegeversicherung (keine Vorversicherung), was zu deutlich erhöhten Pflegeheimkosten und auch Gesundheitskosten („unechte Krankenversicherung“) geführt hat.

 

Erläuterung 4: spürbarer Zuwachs Geflüchteter (insbes. behinderter Kinder) auch in die EGH

 

Erläuterung 5: im Wesentlichen auf die Regelsatzerhöhung ab 01.01.2023 zurückzuführen, sowie ukrainische Kinder unter 15 Jahren, die vom AsylbLG in die HLU gewechselt sind ohne über einen SGB II Anspruch zu verfügen (z.B. Einreise ohne Elternteil)

 

Erläuterung 6: Verlust der Landesförderung, da für den langzeiterkrankten Mitarbeiter kein Verwendungsnachweis erbracht werden konnte, sowie Mehrausgaben insbes. im Rahmen der IT / Einkauf zusätzlicher Supportleistungen im Zuge der Digitalisierung der Verwaltung

 


Herr Rocker erklärt, dass die beiden folgenden Vorlagen das Ergebnis des Finanzberichts sind und die daraus resultierenden überplanmäßigen Ausgaben von den zuständigen Gremien zu beschließen sind.

 

Beschlussvorschlag:

Das Gremium nimmt die geänderte Ertragslage zur Kenntnis und beschließt die überplanmäßigen Aufwendungen des Fachbereichs 50.

 


Abstimmungsergebnis:

Einstimmig beratend zur Kenntnis genommen

Ja:

11