Beschluss:


Die Ausführungen werden zur Kenntnis genommen.


Mit dem Stellenplan 2011 wird für die gesetzlich neu vorgesehene Aufgabe „Früherkennungsuntersuchungen von Kindern“ eine Stelle nach Entgeltgruppe S 11 TVöD eingerichtet. Die Verwaltung wird ermächtigt, die Stelle kurzfristig mit 0,5 AK zu besetzen.


Früherkennungsuntersuchungen für Kinder


Damit Kinder gesund aufwachsen und Krankheiten früh erkannt und behandelt werden können, bieten alle Krankenkassen und privaten Krankenversicherer in Deutschland die Früherkennungsuntersuchungen U1 bis U9 in den ersten sechs Lebensjahren des Kindes an. Diese Untersuchungen sind ein wichtiger Teil der Gesundheitsvorsorge. Sie finden zu bestimmten Zeiten statt, an denen die Kinder entscheidende Entwicklungsfortschritte machen. Die Teilnahme an allen Früherkennungsuntersuchungen ist daher für alle Kinder wichtig.



Das Land Niedersachsen verfolgt das Ziel die Gesundheit von Kindern zu fördern und den Kinderschutz zu verbessern. Dazu soll die Zahl der Kinder erhöht werden, die an Gesundheitsuntersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten (Früherkennungs-untersuchungen) teilnehmen. Hierzu hat das Land Niedersachsen mit dem Art.1 des „Gesetzes zur Förderung der Gesundheit und Verbesserung des Schutzes von Kindern in Niedersachsen" vom 28.10.2009 ein verbindliches Einladungs- und Meldewesen eingeführt.


Ab dem 01.04.2010 werden die Eltern / gesetzlichen Vertreter aller in Niedersachsen lebenden Kinder zu den Früherkennungsuntersuchungen U5 bis U8 vom Niedersächsischen Landesamt für Soziales, Jugend und Familie eingeladen. Neben dem Einladungsschreiben erhalten die Eltern eine Rückmeldekarte, auf der die Durchführung der entsprechenden Früherkennungsuntersuchung durch die untersuchende Ärztin / den untersuchenden Arzt zu bestätigen ist (§ 3 NfrüherkUG).




Das Verfahren


  • Die Einladung erfolgt zu Beginn der Toleranzgrenze der jeweiligen Untersuchungsstufe.


  • Liegt nach Ablauf des letzten Lebensmonats der jeweiligen Untersuchungsstufe keine Bestätigung über die Durchführung der Früherkennungsuntersuchung vor, wird ein Erinnerungsschreiben versandt.


  • Soweit nach Ablauf der Toleranzgrenze eine Bestätigung über die Durchführung der Früherkennungsuntersuchung nicht vorliegt, wird hierüber das zuständige örtliche Jugendamt unterrichtet.


Der zuständige Jugendhilfeträger (örtliches Jugendamt ) „ist berechtigt, die über-mittelten Daten für seine Aufgaben nach dem Achten Buch des Sozialgesetzbuchs zu verarbeiten“.


Das Gesetz sieht keinen Ausgleich für den finanziellen Aufwand der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor.


Das bedeutet, dass das Land Niedersachsen das Verfahren in Gang setzt und im Falle einer nicht auszuschließenden drohenden Kindeswohlgefährdung (Eltern nehmen die vorgegebenen U- Untersuchungen nicht in Anspruch) die Information an das örtliche Jugendamt Landkreis Friesland geht. Der Vollzug der Aufgabe obliegt dem öffentlichen Jugendhilfeträger. Er entscheidet über Art und Ausmaß der Aufgabenerfüllung und trägt auch die weiteren Kosten.



Die Rechtspflichten des Jugendhilfeträgers (Landkreis Friesland) gemäß § 8a SGB VIII in Verbindung mit § 4 Abs.2 NFrüherkUG bedeutet für das Jugendamt, dass es gemäß § 8a SGB VIII verpflichtet ist, „gewichtigen Anhaltspunkten“ auf eine Kindeswohlgefährdung nachzugehen und eine Gefährdungsabschätzung vorzunehmen. Dies ist nur durch eine Inaugenscheinnahme des Kindes möglich. Die Begründung des Gesetzes geht sinngemäß davon aus, dass die versäumte Durchführung einer Früherkennungsuntersuchung einen gewichtigen Anhaltspunkt dafür darstellt, dass eine Kindeswohlgefährdung vorliegen könnte.



Damit wird die gesetzliche Verpflichtung des Jugendhilfeträgers (örtliches Jugendamt ) zur Kontaktaufnahme und in Augenscheinnahme des Kindes nach § 8a SGB VIII ausgelöst.


Von vornherein versäumte Untersuchungen als Kindeswohlgefährdung zu bewerten und das entsprechende § 8a-Verfahren durchzuführen, hätte für das Jugendamt den Vorteil auf der „sicheren Seite“ zu sein, d.h. sich nicht dem Vorwurf einer Unterlassung ausgesetzt zu sehen. Das würde aber über das Ziel hinausschießen, weil Früherkennungsuntersuchungen ein Angebot der Krankenkassen sind, das Eltern annehmen oder ablehnen können. Die nicht wahrgenommene Möglichkeit allein lässt noch keinen Schluss auf eine Kindeswohlgefährdung zu und ist kein rechtsrelevanter Tatbestand. Erst wenn weitere gewichtige Anhaltspunkte hinzukommen, kann von Kindeswohlgefährdung die Rede sein. Es muss davon ausgegangen werden, dass in den meisten Fällen keine weiteren gewichtigen Anhaltspunkte vorliegen. Eltern sollten nicht unnötigerweise unter Generalverdacht gestellt werden. Aber die Verordnung verpflichtet das Jugendamt in eigener Zuständigkeit zu entscheiden, ob gewichtige Anhaltspunkte vorliegen. Das entspricht selbstverständlich dem gesetzlichen Auftrag des Jugendamtes. Das Jugendamt muss in seiner Funktion als Wächter des Kindeswohls eine Überprüfung vornehmen. Das heißt, die Meldung als möglichen Hinweis auf eine Kindeswohlgefährdung behandeln. Die Fachkräfte des Jugendamtes sollten mit hoher Verbindlichkeit auf die Familien zugehen und deutlich machen, dass sie klären müssen, wie es dem Kind geht. Erst wenn weitere gewichtige Anhaltspunkte hinzukommen, sollte ein Verfahren gem. § 8a SGB VIII durchgeführt werden.


Ob Eltern dieses Vorgehen als Übergriff auf ihr elterliches Handeln oder als berechtigte Klärung im Interesse des Kinderschutzes erleben, hängt unter anderem auch von der Rollensicherheit und kommunikativen Kompetenz der zuständigen Fachkräfte ab.


Das Jugendamt des Landkreises Friesland sieht die Umsetzung des Gesetzes hier nicht nur als weitere Kontrollaufgabe sondern auch als Chance, Eltern Unterstützung zur nachhaltigen Erweiterung ihrer elterlichen Kompetenz anzubieten, besonders vor dem Hintergrund des im Vorfeld eingeführten Beobachtungsverfahrens und dessen Auswertung. Unter Berücksichtigung der Brisanz zwischen Kontrolle und Prävention ist es wichtig, ein „freundliches Bild“ bei Eltern zu hinterlassen, um Schwellenängste zu minimieren und ihnen rechtzeitig und auf freiwilliger Basis die Inanspruchnahme von Hilfen anbieten zu können, bevor Erzieherische Hilfen greifen müssen. Aus dem Grund wird angestrebt, unter Berücksichtigung der umfangreich vorgegebenen gesetzlichen Verpflichtungen und den Durchführungsvorgaben die Umsetzung des Gesetzes (NFrüherkUG) im präventiven Bereich anzusiedeln, das heißt in den Familien- und Kinderservicebüros. Durch das Konzept HAnd in HaND im Landkreis Friesland ist die fachliche Verbindung zwischen dem präventiven und dem eingreifenden Kinderschutz konzeptionell klar geregelt, so das sich diese fachliche Zuordnung klar herausstellt.



Es entstehen in der Umsetzung der Aufgaben zusätzliche Aufgabenfelder in Form von Dokumentationen, Kontaktaufnahmen, Besuchsfahrten etc.. Es wird empfohlen zur Umsetzung entsprechende Arbeitskraftanteile auf der Grundlage der Empfehlung der Arbeitsgemeinschaft der Jugendämter (Die AGJÄ ist eine Vereinigung von örtlichen und überörtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe in Niedersachsen und Bremen) bereitzustellen.



Daraus ergibt sich folgender AK (Arbeitskraft)- Bedarf:

Auszug aus der KA-Vorlage 375 2008 vom 24.10.2008 ....es wäre ein weiterer Arbeitsaufwand von 1260 Stunden abzudecken. Nach KGSt ist bei einer 39 Stundenwoche von einem Jahreswert von 1581 Stunden auszugehen. Es ist somit damit zu rechnen, dass zusätzlicher Personalbedarf notwendig wird. Die Erhöhung bleibt abzuwarten. Es ist zunächst vorsorglich eine halbe Stelle hierfür bereitzustellen.





Seitens der Verwaltung wurde erläutert, dass die Ansiedlung dieser Aufgabe im Bereich der Prävention erfolgen solle. Bisher gebe es einen Fall dem nachzugehen wäre. Einige Eltern nehmen auch bewusst nicht an den Früherkennungsuntersuchungen teil, daher sei nicht immer eine Kindeswohlgefährdung zu vermuten.



Von Herrn Osterloh wurde die Frage aufgeworfen, warum das Land nicht den finanziellen Aufwand der Landkreise als örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe ausgleiche. Herr Wehnemann erklärte, die Meldung werde vom Nds. Landesamt für Soziales, Jugend und Familie lediglich übersandt, der Landkreis müsse dann in eigener Zuständigkeit über eine mögliche Kindeswohlgefährdung entscheiden und der Meldung ggf. nachgehen.



Herr Zielke sprach sich aufgrund der gegenwärtigen schlechten Finanzsituation gegen eine personelle Mehrung aus, da keine Kommune trotz Personalmehrung vor einem Fall „Kevin“ sicher wäre. Zudem würde er vorher noch in den Fraktionen darüber beraten wollen. Er sehe politisch keine Notwendigkeit zum Beschluss.



Herr Osterloh verlas den geänderten Beschlussvorschlag der Verwaltung. Dieser solle ergänzt werden um den folgenden Zusatz und letztlich vom Kreistag beschlossen werden:

Mit dem Stellenplan 2011 wird für die gesetzlich neu vorgesehene Aufgabe „Früherkennungsuntersuchungen von Kindern“ eine Stelle nach Entgeltgruppe S 11 TVöD eingerichtet. Die Verwaltung wird ermächtigt, die Stelle kurzfristig mit 0,5 AK zu besetzen.



Herr Osterloh wies darauf hin, dass entsprechend der Vorlage rechnerisch 0,8 AK herauskämen, gefordert werde lediglich die Einrichtung einer Stelle mit 0,5 AK.



Frau Kaiser-Fuchs und Frau Schwitters sprachen sich für eine Beschlussfassung in diesem Jugendhilfeausschuss aus.



Herr Wehnemann erläuterte, dem Landkreis wäre zum einen an der Prävention gelegen, damit nicht später evtl. teure Maßnahmen folgen würden zum anderen gehe es hier womöglich um Kindeswohlgefährdung. Der Landkreis sei dann in der Pflicht zu handeln.



Frau Lorentzen erklärte, ihr sei wichtig, dass die Mitarbeiter im Jugendamt wüssten, dass der Jugendhilfeausschuss hinter ihnen stände und sprach sich daher für einen Beschluss aus.



In Abänderung des Beschlussvorschlages der Verwaltung ergeht folgender Beschluss.


Abstimmungsergebnis:


8 Ja-Stimmen

1 Nein-Stimme