Beschluss: zur Kenntnis genommen

Abstimmung: Ja: 10




In den „Empfehlungen zur Verbesserung der psychiatrischen Versorgung in Niedersachsen“ der Niedersächsischen Fachkommission Psychiatrie ist bereits 1993 dargelegt worden, dass psychiatrische 'Angebote zur Beratung, Behandlung oder Unterstützung psychisch Kranker bislang aufgrund von Initiativen einzelner Personen bzw. Träger und weniger auf der Grundlage einer wechselseitig abgestimmten und am tatsächlichen Bedarf orientierten Planung „eher zufällig und unkoordiniert“ entstanden wären'. Dadurch entsteht eine Vielzahl zersplitterter und isolierter Einrichtungen, die häufig an den Bedürfnissen der Patienten/Klienten vorbeigehen.

Um in den verschiedenen Regionen in sich geschlossenen Hilfesysteme zu etablieren, ist daher die Bildung „Sozialpsychiatrischer Verbünde“ auf kommunaler Ebene vorgeschlagen worden. In diesen sollten

  • sämtliche ambulanten Angebote, die in der Behandlung, Beratung und Betreuung chronisch psychisch Kranker engagiert sind, verknüpft werden,

  • Kommunen und frei gemeinnützige Träger durch wechselseitig geschlossene Versorgungsverträge eine Vollversorgung gewährleisten, an der auch die psychiatrische Klinik durch deren Institutsambulanz und die kassenärztliche Vereinigung für die niedergelassenen Fachärzte teilhaben,

  • engmaschige Hilfesysteme repräsentiert werden, in welchen durch medizinische, soziale und berufliche Rehabilitation die erforderlichen Hilfen gewährleistet werden. In einem fortgeschrittenen Stadium sind die Verbünde – unter kommunaler Koordination – als Zweckverbände zu organisieren.



Die o.g. Vorstellungen finden sich im § 8 und – quasi als exekutives Element dessen – im § 9 des Nds. Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke (NPsychKG) in der Fassung vom 16. Juni 1997 wieder:



§ 8 Sozialpsychiatrischer Verbund

Abs. 1

Die Landkreise ..... bilden Sozialpsychiatrische Verbünde.

Im Sozialpsychiatrischen Verbund sollen alle Anbieter von Hilfen ..... vertreten sein. Der Sozialpsychiatrische Dienst führt dessen laufende Geschäfte.



Abs. 2

Der Sozialpsychiatrische Verbund sorgt für die Zusammenarbeit der Anbieter von Hilfen und für die Abstimmung der Hilfen, um die Versorgung .... sicherzustellen.

Die ... Verbünde in benachbarten Gemeinden sollen zu diesem Zweck zusammenarbeiten.



Abs. 3

Plant ein Anbieter von Hilfen oder dessen Träger eine wesentliche Änderung des Angebots an Hilfen, so hat er den Sozialpsychiatrischen Verbund hierüber unverzüglich zu unterrichten.





§ 9 Sozialpsychiatrischer Plan

Der Sozialpsychiatrische Dienst erstellt im Benehmen mit dem Sozialpsychiatrischen Verbund einen Sozialpsychiatrischen Plan über den Bedarf an Hilfen und das vorhandene Angebot. Der Sozialpsychiatrische Plan ist laufend fortzuschreiben.





Die Etablierung der Verbünde als obligatorische Aufgabe ist durch Finanzzuweisungen des Landes als Anschubfinanzierung – abhängig von der Einwohnerzahl der jeweiligen Gebietskörperschaft – unterstützt worden. Hinsichtlich der Organisationsform, Ausgestaltung bzw. Arbeitsform sind vom Gesetzgeber keinerlei Vorgaben gemacht worden, so dass es landesweit zu recht unterschiedlich strukturierten und arbeitenden Verbünden gekommen ist.



Mit konstituierender Sitzung vom 22. Juni 1998 etablierte sich für den Landkreis Friesland ein Sozialpsychiatrischer Verbund auf der Grundlage von „Vereinbarungsregelungen über den Sozialpsychiatrischen Verbund im Landkreis Friesland“, denen sich jeder organisierte Anbieter von regionalen Hilfen anschließen kann.



Zitat aus der Präambel der „Vereinbarungsregelungen über den Sozialpsychiatrischen Verbund im Landkreis Friesland“:

Alle am Sozialpsychiatrischen Verbund beteiligten Hauptberuflichen, Ehrenamtlichen, Verantwortlichen, Betroffenen und Angehörigen engagieren sich im Sinne eines multiprofessionellen und interdisziplinären Ansatzes auf allen Ebenen gleichberechtigt und freiwillig mit dem Ziel, eine quantitative und qualitative gute ambulante, teilstationäre und stationäre Versorgung von psychisch Kranken und psychisch Behinderten zu erreichen. Dazu ist ein flankierendes, komplementäres Angebot von Hilfen im Bereich Wohnen, Tagesstrukturierung und Beschäftigung mit rehabilitativer Ausrichtung neben den stationären Behandlungsangeboten notwendig.“



Die Geschäftsführung und Koordination des Sozialpsychiatrischen Verbundes Friesland wird über den Sozialpsychiatrischen Dienst, Beethovenstraße 1 in 26441 Jever wahrgenommen.



Mit dem Sozialpsychiatrischen Verbund Wilhelmshaven erfolgt – aufgrund der Zuständigkeit gemeinsamer Träger und Schnittmengen im Versorgungsangebot – eine intensive Kooperation. In der Vergangenheit hat es sowohl gemeinsame Mitgliederversammlungen als auch gemeinsam geplante, organisierte und durchgeführte Veranstaltungen gegeben.



Ein herausragendes Ereignis ist die Planung und Durchführung der „Ersten Friesländer/Wilhelmshavener Tage der Sozial-Psychiatrie“ zum Thema 'Lebenswelten – Menschen zwischen Hilfe und Ausgrenzung' mit Veranstaltungen in Varel, Wilhelmshaven und Jever in der Zeit vom 17. bis 19. Oktober 2002 und eine Ausstellung von Kunstobjekten psychisch erkrankter Menschen in der Nordseepassage WHV in der Zeit vom 20. bis 24. August 2002 gewesen. An Nachmittags- und Abendveranstaltungen haben Fachreferenten Vorträge gehalten, Podiumsdiskussionen durchgeführt, einen Markt der Möglichkeiten mit szenisch-musikalischen Einlagen zu speziellen Themenschwerpunkten in der Versorgungssituation psychisch kranker Menschen unserer Region abgehalten, u.a.m.



Ein weiteres Arbeitsergebnis ist der „Sozialpsychiatrische Plan“, der vom Sozialpsychiatrischen Dienst Friesland auf der Grundlage der Auswertung von Erfassungsbögen auf deskriptiver Ebene als eine „Inventarisierung nach dem Bausteinesystem erstellt und quasi als Katalog in Form einer „Loseblatt-Sammlung“ zur Verfügung gestellt wird.



Zu den derzeitigen Aufgaben des Sozialpsychiatrischen Verbundes Friesland:

Bis Januar 2004 haben ein 1. Vorsitzender und ein Stellvertreter den Sozialpsychiatrischen Verbund Friesland nach außen vertreten. Um allen Mitgliedern die Chance zur Verbesserung und Akzentuierung der inhaltlichen Arbeit zu ermöglichen, hat sich die Mitgliederversammlung den Auftrag gegeben, thematisch abgegrenzte Arbeitsgruppen zu bilden:

Arbeitsgruppe 1: Kinder- und Jugendpsychiatrie

Arbeitsgruppe 2: Suchterkrankungen

Arbeitsgruppe 3: Gerontopsychiatrie

Arbeitsgruppe 4: Allgemeine Psychiatrie



Diese Arbeitsgruppen sind Bestandteile des Verbundes und nehmen eigenständig und autonom ihre jeweiligen Aufgaben wahr. Jede Mitgliedsorganisation kann sich durch ihre MitarbeiterInnen an beliebig vielen Arbeitsgruppen beteiligen. Die Gruppen geben sich eine zweckmäßige Arbeits- und Informationsstruktur und können externe Fachkräfte, Experten usw. hinzuziehen. Die jeweiligen Arbeitsvorhaben und deren Ergebnisse werden im zweimal jährlich stattfindenden Plenum allen Mitgliedern vorgestellt und erörtert



Auf den zweimal jährlich stattfindenden allgemeinen großen Mitgliederversammlungen werden neben den Ergebnissen der Arbeitsgruppen auch allgemein interessierende Themen aufgegriffen und bearbeitet, wie zum Beispiel:

Vorstellung und Erörterung der „Empfehlungen des Landesfachbeirats Psychiatrie zur

Dokumentation,

Information und aktueller Sachstand zu Hartz IV,

Organisation von Fortbildungsveranstaltungen,

• „Integrierte Versorgung“ nach dem Gesundheitsreformgesetz (GRG) im

Zusammenwirken niedergelassener hiesiger Fachärzte und einem Maßnahmeträger,

• „Psychose und Sucht“, vertiefende Darstellung und Erörterung eines drängenden

Problems,

• „Trägerübergreifendes Persönliches Budget“ (§ 57 SGB XII),

Informationen zur „Forensischen Institutsambulanz“ beim LKH-Wehnen, u.a.m.



Herr Liefländer stellt den sozialpsychiatrischen Verbund ( spV) vor.


Zunächst wird deutlich gemacht, dass der spV auf der gleichen Grundlage beruht wie der sozialpsychiatrische Dienst (spD).


Der spD wurde am 01.07.1981 gegründet und war zunächst beim Gesundheitsamt angesiedelt. Zuständig war der spD damals für die Aufgaben aus dem übertragenen Wirkungskreis.


Warum der spD erst im Jahre 1981 gegründet wurde, lässt sich an der Geschichte deutlich machen. In der Zeit des Nationalsozialismus wurden behinderte Menschen größtenteils umgebracht oder sie sind ins Ausland geflohen. Deswegen wurde beim Wiederaufbau nicht an diese Personengruppe gedacht und es wurde versäumt, Einrichtungen oder ähnliches für die behinderten Menschen zu errichten. 1970 wurde dann eine Kommission gebildet, welche eine Psychiatrie -Enquete herausbringen sollte. die Kommission hat eine große bundesweite Untersuchung zur Verbesserung der Situation psychisch Kranker durchgeführt. Durch die Auswertung der Untersuchung konnte die Kommission 1975 die Psychiatrie -Enquete herausbringen, in der Reformmaßnahmen aufgelistet und beschrieben wurden. Zudem wurden hier auch die Missstände aufgeführt.


Kurze Zeit später wurde die Psychiatrie -Enquete als weitgehend überholt angesehen. Deswegen wurden eigene Psychiatriegesetze durch die Länder verabschiedet.


Bis zur Einrichtung des spD im Jahre 1981 gab es lediglich die psychiatrische Klinik Sanderbusch, welche dem Landeskrankenhaus Wehen angegliedert war. Hier war die Situation jedoch sehr schlecht. Außerdem gab es bis zu diesem Zeitpunkt keine ärztliche Versorgung für behinderte Menschen, Wohnungen und ähnliches.

Warum wird so ein Wert auf psychisch Kranke Menschen gelegt? Das liegt daran, dass „normale“ kranke Personen Ihre Persönlichkeit behalten und psychisch kranke Personen nicht. Außerdem haben sie keinen Schmerz, sondern Ängste und verlieren ihren Bezug zur Umwelt. Somit sind sie „anders“ und werden ausgegrenzt.


Der spD machte sich deswegen zur Aufgabe, sich um diese Personengruppe zu kümmern.


Zu den Aufgaben des spV gehören die Beratung, Steuerung und Regelung, sowie die Kontaktaufnahme zu den Maßnahmeträgern. Erst wenn keine andere Möglichkeit mehr besteht, werden die psychisch Kranken eingewiesen.


Heute fällt der Landkreis Friesland nicht mehr in den Zuständigkeitsbereich des Landeskrankenhauses Wehen, sondern in den Bereich der Psychiatrie Wilhelmshaven.


Die Kostenträger dieser Maßnahmen sind die Krankenkassen, die Agentur für Arbeit und auch die Rentenversicherungsträger.


Der spV Friesland wurde im Jahre 1998 gegründet. Mit dem spV Wilhelmshaven erfolgt eine intensive Zusammenarbeit, da gemeinsame Träger und Schnittmengen im Versorgungsangebot vorhanden sind. Mit der spV Wilhelmshaven werden auch Mitgliederversammlungen und Veranstaltungen gemeinsam durchgeführt.


Die Aufgaben des spV Friesland werden seit Januar 2004 in folgende Arbeitsgruppen aufgeteilt, welche die Aufgaben eigenständig und autonom wahrnehmen:

  1. Kinder- und Jugendpsychiatrie

  2. Suchterkrankungen

  3. Gerontopsychiatrie ( Alterspsychiatrie)

  4. Allgemeine Psychiatrie



Herr Chmielewski fragt nach, wie es mit der Kontaktherstellung in Krisensituationen aussieht/ woher man die Kontaktinformationen in einer solchen Situation bekommen kann.


Herr Liefländer gibt an, dass es bereits organisatorische Änderungen gegeben hat. Zudem ist ein Internetauftritt vorbereitet worden, welcher in nächster Zeit ins Netz gestellt werden solle.


Herr Harms gibt an, dass es aus eigener langjähriger Erfahrung bei der Polizei, keine Probleme gibt. LR Ambrosy teilt mit, dass die Erstehilfestruktur der Polizei und Ordnungsämter funktionieren muss. Deswegen können diese gerne zur nächsten Verbandssitzung eingeladen werden. Herr Dr. Fuchs schließt sich der Meinung an, dass das Angebot bei der der Polizei sehr bekannt sei, genauso wie beim Ordnungsamt.


Herr Etzold fragt nach der Qualität der einzelnen Einrichtungen. Diese sei sehr gut, denn es sind noch keine schlechten Erfahrungen gemacht worden.


Frau Kindo fragt, ob die Betreuer kontrolliert werden und welche Voraussetzungen es gibt für die Betreuung. Die Betreuer werden von Rechtspflegern bestellt. Jährlich wird ein Rechenschaftsbericht abgegeben, sonst ist die Kontrolle nicht so intensiv. Zudem könnte die Kooperation mit der Betreuungsstelle besser sein.


Herr Wehnemann gibt an, dass die Betreuungsstelle in der nächsten Sitzung selbst einmal vortragen solle.


Herr Dr. Fuchs teilt mit, dass Fortbildungen geplant sind, da psychische Krankheiten eine besondere Stellung einnehmen. Da der Zeitplan bereits ausgearbeitet ist, solle die Fortbildung nach Möglichkeit noch in diesem Jahr durchgeführt werden.


Die Ausführungen werden zur Kenntnis genommen.