Beschluss: mehrheitlich beschlossen

Abstimmung: Ja: 32, Nein: 9, Enthaltungen: 1

Abstimmung über den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen:

Der Landkreis Friesland beantragt die Zulassung als Optionslandkreis. Die Kreisverwaltung wird beauftragt einen entsprechenden Antrag zu stellen.“





Kreistagsvorsitzender Pauluschke verwies auf die vielfachen intensiven Erörterungen der Thematik „gemeinsame Einrichtung/Option“ in den Kreisgremien. Heute gehe es darum, eine abschließende Entscheidung in der Sache zu treffen.


Kreistagsabgeordneter Burgenger erinnerte an den Kreistagsbeschluss vom 10. Dezember 2008, mit dem man sich für die künftige Wahrnehmung der Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende im Rahmen einer erweiterten gesetzlichen Option ausgesprochen habe. Danach sei kein weiterer Beschluss zur Option erfolgt. - Am 22. September 2010 habe der Kreistag von Vertragsverhandlungen der Kreisverwaltung mit der Bundesagentur für Arbeit Kenntnis genommen.


Der Kreistagsbeschluss vom 10.12.2008 habe allerdings keinen rechtsverbindlichen Charakter mehr, da der Bundesgesetzgeber vorgebe, dass ein Optionsbeschluss nur gelte, wenn er nach dem 17. Juni 2010 gefasst worden sei.


Mehr als fünf Jahre habe die CDU-Kreistagsfraktion die Option gefordert; nun, wo eine reelle Chance dafür bestehe, spreche sie sich dagegen aus. Die Zusammenarbeit mit der BA werde gelobt, obwohl den Kreisausschuss-Protokollen vom 4. Februar 2009 bzw. 18. März 2009 zu entnehmen sei, mit welchen Schwierigkeiten sie tatsächlich behaftet sei.


Für den Landkreis Friesland stelle sich die Frage, ob er zukünftig eine aktive Rolle in der arbeitsmarktorientierten Sozialpolitik übernehmen wolle. In den Jobcentern konzentriere sich die Betreuung immer mehr auf die klassische Sozialhilfe-Klientel; Ursachen seien sinkende Arbeitslosigkeit und demografischer Wandel. Die Anliegen dieser Menschen gehörten von jeher zur Kernkompetenz der Kommunen. Im Gegenzug sei erkennbar, dass die BA immer mehr Einfluss in den gemeinsamen Einrichtungen gewinne. Die bundesweite Arbeitsvermittlung verliere aber an Bedeutung.


Im Interesse der Menschen in Friesland müsse ein Höchstmaß an Entscheidungen vor Ort getroffen werden – nicht in Nürnberg. Auch bei Fehlentwicklungen könne dann lokal gegen gesteuert werden.


Vor diesem Hintergrund werbe er dafür, so Herr Burgenger, die Zulassung des Landkreises Friesland als Optionskommune zu beantragen. Alle Gutachter und um Informationen gebetenen Optionskommunen wie z. B. die Landkreise Ammerland und Osnabrück hätten über gute Erfahrungen berichtet; finanziell sei die Option nach deren Auskünften auskömmlich. Keine der 69 Optionskommunen in Deutschland habe im übrigen von einem Rücktritt Gebrauch gemacht; offenbar sei diese Variante die bessere Lösung.


Kreistagsabgeordneter Thiesing verwies auf die Veränderung der Rahmenbedingungen seit dem Kreistagsbeschluss aus 2008. Die damalige Entscheidung für eine Optionskommune basiere auf ganz anderen Gegebenheiten. Ferner habe sich im Rahmen der Kooperation zwischen Kommunen und BA die Zusammenarbeit seitdem verbessert, so dass die anfangs geäußerten Vorbehalte nicht mehr existent seien. Die heute andere Einstellung der CDU -Fraktion sei somit den geänderten Rahmenbedingungen des neuen Optionsmodells geschuldet.


Kreistagsabgeordneter Koch erklärte, Entscheidungen bei Option oder Arge würden nicht in Nürnberg, sondern vor Ort getroffen. Die Zahl der überregionalen Vermittlungen nehme momentan eher zu statt ab. Bei den Arbeitslosen verfestige sich immer mehr das Bewusstsein, sich nur dann aus ihrer Situation befreien zu können, wenn sie auch für überregionale Vermittlungen offen seien.


Die CDU-Kreistagsfraktion spreche sich für eine gemeinsame Einrichtung aus, weil die Arge Friesland weit überdurchschnittliche Arbeit geleistet habe. Auch die Verwaltung habe im Rahmen ihrer Vereinbarungsverhandlungen positiv bewertet, dass alle vom Kreistag geäußerten Anforderungen mit der BA ausgehandelt werden konnten. Alle Anzeichen sprächen dafür, in diesem Sinne die Zusammenarbeit in einer gemeinsamen Einrichtung fortzusetzen.


Kreistagsabgeordnete Schlieper stellte fest, nur wenige Themen seien in den politischen Gremien so eingehend erörtert worden wie die Fragestellung Arge oder Option. Man sei sich einig darin, dass es keine richtige oder falsche Entscheidung in der Sache gebe; für beide Modelle gebe es ein Für und Wider. Namens der Fraktion beantragte Frau Schlieper die geheime Abstimmung zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Kreistagsabgeordneter Just bekundete die Zustimmung der BfB-Fraktion zum Optionsantrag, weil der Landkreis Friesland und seine Gremien über dieses Modell mehr Einflussmöglichkeiten erlangten. Der bisherigen Einrichtung stehe die Fraktion kritisch gegenüber. Wie bereits im Kreistag am 22. September 2010 erläutert, sei es seitens der BA als Erfolg bewertet worden, dass die Leistungen doppelt so stark gekürzt worden seien wie die Zahl der Bedarfsgemeinschaften zurück gegangen sei. Damit sei nach Auffassung der Fraktion auf Kosten der Leistungsempfänger gespart worden.


Ferner sei von der BA positiv dargestellt worden, dass bei der ARGE Friesland weniger als 10 % der Widersprüche zum Erfolg führten. Diese Feststellung sei zynisch, weil die Erfolgsquote vor Gericht bei 30 – 35 % liege. Offenbar werde hier die Unbedarftheit der Menschen ausgenutzt und gegen berechtigte Ansprüche vorgegangen. Beide Träger der gemeinsamen Einrichtung seien für dieses Vorgehen zu kritisieren. - Im Rahmen einer Optionskommune wäre Ansprechpartner zukünftig nur noch der Landkreis; für die Leistungsempfänger könne dadurch vor Ort mehr getan werden.


Landrat Ambrosy widersprach. Jedem Bürger stehe der Rechtsweg und damit die Prüfung seiner Leistungsansprüche offen; hier gebe es keine Einschränkungen, zumal Verfahren vor dem Sozialgericht kostenfrei seien.


Die heutige Situation sei für ihn persönlich, so der Landrat, nicht einfach, weil er seine Doppelfunktion als politisches Mitglied des Kreistages und Hauptverwaltungsbeamter gleichermaßen verspüre und wahrzunehmen habe. - Der Kreistag habe ihn am 22. September 2010 als Verhandlungsführer beauftragt, einen Vertragsentwurf vorzulegen, dem der Kreisausschuss am 17. November 2010 zugestimmt habe. Als grundsätzlicher Befürworter der Option befinde er sich nunmehr in der schwierigen Lage, einerseits in nichtöffentlicher Sitzung über diesen Vertrag abstimmen zu lassen, sich andererseits aber auch mit dem vorliegenden Optionsantrag auseinander setzen zu müssen.


Durch die heutige späte Beschlussfassung in der Sache ergebe sich für die Verwaltung angesichts einzuhaltender Fristen ein drängendes Zeitproblem. Hierauf gelte es in aller Deutlichkeit und im Interesse des Schutzes der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hinzuweisen. Der Antrag hätte dem Nds. Sozialministerium bereits am Freitag, 10. Dezember 2010, zur ersten Sichtung vorliegen sollen (Fristablauf: 31.12.2010). Die Kreisverwaltung habe daher vorsorglich dem Land avisiert, dass möglicherweise sehr kurzfristig noch eine Antragstellung erfolge.


Sollte der Antrag der Grünen heute eine Mehrheit finden, so wäre innerhalb sehr kurzer Zeit ein ca. 100 Seiten umfassendes Antragswerk auf den Weg zu bringen. Die Verwaltung habe den Anspruch, diese Aufgabe bestmöglich zu erfüllen. Dennoch müsse an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass voraussichtliche Optionsbewerber auch die Landkreise Lüchow-Dannenberg, Wittmund, Aurich und Schaumburg-Lippe seien und Friesland damit einer von fünf Bewerbern um drei, maximal vier mögliche Optionen sei. Auch im Landkreis Celle stehe eine abschließende Entscheidung noch aus. Die Ausgangslage sei also schwierig.


Die Kreisverwaltung werde sich vorbehaltlich des Ausgangs der Abstimmung der Aufgabe stellen. Für den Fall einer Ablehnung des Optionsantrages des Landkreises Friesland wolle er, so der Landrat, die besonderen Umstände aber bereits heute in aller Klarheit beim Namen nennen.


Die Übernahme der Aufgaben einer Optionskommune sei mit großen Erwartungen und Ansprüchen verbunden. Die bei einem solch großen Projekt zu erwartenden Probleme und Herausforderungen gerade in der Anfangsphase seien nur gemeinsam zu meistern.


Kreistagsabgeordneter Wimmer erklärte, die FDP-Fraktion habe sich von jeher für das Optionsmodell stark gemacht. Ein wichtiges Argument sei die Nähe zu den betroffenen Menschen. Die enge Vernetzung der beteiligten Behörden beim Landkreis sei von Vorteil und ermögliche eine direkte Problemlösung. Nach langen und intensiven Diskussionen müsse heute durch eine abschließende Beschlussfassung Klarheit geschaffen werden.


Kreistagsabgeordneter Chmielewski erklärte seine Unterstützung für den Optionsantrag.


Nach Abschluss der Wortmeldungen stellte Kreistagsvorsitzender Pauluschke fest, ein Optionsbeschluss erfordere nach den Vorgaben des § 6 a Abs. 2 Satz 3 SGB II eine qualifizierte 2/3-Mehrheit der insgesamt 47 Stimmen der Kreistagsmitglieder = 32 Ja-Stimmen. Anwesend waren zu diesem Zeitpunkt noch 42 Kreistagsabgeordnete.


Auf Antrag von Frau Schlieper namens der SPD-Fraktion sowie entsprechende Unterstützung durch die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen wurde sodann die geheime Abstimmung über den Antrag „Der Landkreis Friesland beantragt die Zulassung als Optionslandkreis“ (Stimmzettel – Wahlkabine – Sammelurne) durch die Verwaltung vorbereitet. Zu Stimmzählern wurden von Herrn Kreistagsvorsitzenden Pauluschke die Kreistagsmitglieder Uwe Osterloh und Ralf Thiesing bestimmt.


Die Kreistagsmitglieder wurden sodann durch Herrn Pauluschke nach alphabetischer, nach Fraktionen geordneter Reihenfolge aufgerufen und gaben geheim ihr schriftliches Votum ab. Die Stimmzähler öffneten die Sammelurne und ermittelten das Abstimmungsergebnis.







Kreistagsvorsitzender Pauluschke stellte das Abstimmungsergebnis wie folgt fest:


Auf den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen entfielen


32 Ja-Stimmen,

9 Gegenstimmen und

1 Enthaltung


Kreistagsvorsitzender Pauluschke stellte fest, dass der Antrag damit mit der erforderlichen 2/3-Mehrheit angenommen worden sei.


Landrat Ambrosy führte zum weiteren Prozedere aus, die Kreisverwaltung werde auf Basis dieses Beschlusses nunmehr einen Optionsantrag (§ 6 a Abs. 2 SGB II) vorbereiten und fristgerecht beim Nds. Sozialministerium einreichen.


Im nichtöffentlichen Teil der heutigen Sitzung stehe gleichwohl der Abschluss des Vertrages zur Schaffung einer gemeinsamen Einrichtung an. Dieser sei nach wie vor erforderlich, weil nach der gesetzlichen Wirkung auch im Falle der Option das Jahr 2011 noch ein Jahr der gemeinsamen Einrichtung sei. Insofern bitte er sehr darum, der Vereinbarung im nichtöffentlichen Teil zuzustimmen, auch für den Fall, dass der Optionsantrag vom Sozialministerium abgelehnt werde. - Der Kreistag nahm Kenntnis.