Sitzung: 28.09.2011 Ausschuss für Umwelt, Abfall und Landwirtschaft
Beschluss: zustimmend zur Kenntnis genommen
Vorlage: 987/2011
Der Ausschuss nahm die Ausführungen zustimmend zur Kenntnis.
Kreisausschuss und Kreistag werden ebenfalls um Kenntnisnahme gebeten.
Das Plenum des Bundesrates hat in seiner Sitzung am 27.05.2011 eine Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts beschlossen. Wie zuvor der Umwelt-, Innen- und Finanzausschuss des Bundesrates macht sich der Bundesrat vor allem die Ausschussbeschlüsse zur gewerblichen Sammlung zu eigen. Die insoweit vom Bundesrat beschlossenen Änderungsanträge tragen den Forderungen der kommunalen Spitzenverbände in vollem Umfang Rechnung. Sie decken sich zudem mit den Forderungen der Kommunen, die wie der Landkreis Friesland Resolutionen gegen den Kabinettsentwurf zum Kreislaufwirtschaftsgesetz beschlossen haben.
Die
Positionierung des Bundesrates hinsichtlich der Stärkung bzw.
Klarstellung der Abfallentsorgung als Aufgabe der Daseinsvorsorge ist
als äußerst erfreulich zu bezeichnen.
Mit
Schreiben vom 14.04.2011 hat der Nds. Landkreistag (NLT) Herrn
Ministerpräsidenten Mc Allister um Unterstützung der
kommunalen Position im laufenden Gesetzgebungsverfahren gebeten. In
seinem Antwortschreiben hat der Ministerpräsident jedoch im
Schwerpunkt lediglich auf die vom Bundesrat in der Sitzung vom
27.05.2011 beschlossenen Stellungnahme verwiesen. Niedersachsen hatte
sich diesbezüglich im Bundesrat allerdings enthalten.
Mit Schreiben vom 06.07.2011 (sh. Anlage) hatte der NLT zudem alle Niedersächsischen Abgeordneten des Bundestages nochmals um eine kommunalfreundliche Positionierung im Gesetzgebungsverfahren gebeten.
Zwischenzeitlich hat die Bundesregierung eine Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates veröffentlicht.
Erwartungsgemäß werden darin alle bisherigen Regelungen des Gesetzentwurfes verteidigt und zum Teil noch verschärft. Zugestimmt hat die Bundesregierung lediglich der Ersetzung des Begriffs „Wertstofftonne“ durch „Wertstofferfassung“.
Aus
kommunaler Sicht besonders bedauerlich ist der Vorschlag der
Regierungskommission, in § 17 (3) des notifizierten
Gesetzentwurfes statt der Formulierung „Auswirkungen der
gewerblichen Sammlung auf die Planungssicherheit und die Organisation
der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger“ vor dem
Hintergrund der Erleichterung des Wettbewerbes besser die
Formulierung „wesentliche Auswirkungen ...“ zu
verwenden. Dieser Ergänzungsvorschlag würde die kommunale
Position vor Ort im Hinblick auf eine mögliche Untersagung
gewerblicher Sammlungen weiter erschweren, weil weniger gravierende
Auswirkungen für die Planungssicherheit und die Organisation der
öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger unbeachtlich sein
sollen.
Die kommunale Position unterstützt hingegen ein
Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.07.2011, mit dem eine
Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein Urteil des OVG Schleswig-Holstein
zurückgewiesen worden ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat in
der Entscheidung insbesondere noch einmal festgestellt, dass es die
seinerzeitige Auslegung im Altpapierurteil vom 18.06.2009 als mit dem
Europäischen Unionsrecht in Einklang stehend erachtet und sich
daher auch nicht veranlasst gesehen hat, eine Vorabentscheidung des
Europäischen Gerichtshofes herbeizuführen. Anderslautende
(taktische) Behauptungen seitens der „Großen
Entsorgungsverbände“ wurden somit entkräftet.
Deutlich
positioniert haben sich zahlreiche politisch Verantwortliche, u. a.
in direkten Schreiben an Bundesumweltminister Dr. Röttgen.
Vor
dem Hintergrund der bundesweit niedrigen Abfallgebühren sowie
der europaweit höchsten Recyclingquoten Deutschlands durch die
kommunale Abfallwirtschaft sei unerklärlich, weshalb die
Bundesregierung die Kommunen aus der Verantwortung für die
Erfassung und Verwertung von Wertstoffen mehr oder minder
herausdrängen wolle.
Die offensichtlich beabsichtigte Privatisierung der Wertstofferfassung und -verwertung ist zudem bei genauerer Betrachtung zutiefst mittelstandsfeindlich. Die meisten öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger arbeiten eng mit der mittelständischen Entsorgungswirtschaft zusammen, indem sie diesen langfristige Verwertungsaufträge und damit Planungs- und Investitionssicherheit bietet. Profitieren würden von der Gesetzesänderung lediglich die großen Entsorgungsunternehmen. Diesen stehen jedoch ganz andere finanzielle Mittel zur Verfügung, um sich am Markt durchzusetzen, als den nur regional agierenden mittelständischen Entsorgungsunternehmen.
Dies
trifft insbesondere für den Landkreis Friesland zu. Sämtliche
Entsorgungsaufträge sind an regionale Entsorgungsunternehmen
vergeben worden. Zum Beispiel das kommunal über ein
Entsorgungsunternehmen gesammelte Altpapier wird bei der Kartonfabrik
in Varel verwertet.
Restabfall und Bioabfall werden durch
beauftragte Entsorgungsunternehmen gesammelt und in den Anlagen des
Zweckverbandes Abfallwirtschaftszentrum Friesland/Wittmund in Wiefels
entsorgt bzw. verwertet und tragen zudem zur Energieerzeugung bei.
Andere Wertstoffe wie z. B. Altmetall werden über
beauftragte Entsorgungsunternehmen gesammelt und bei lokalen
Entsorgungs- und Verwertungsbetrieben verwertet.
Hierdurch
findet eine regionale Wertschöpfung statt und es werden
Arbeitsplätze in Friesland gesichert.
Insbesondere der
Landkreis Friesland hat bei der Verwertung von Abfällen eine
Vorreiterrolle gespielt und bereits in den 80er Jahren im Sinne
einer nachhaltigen Abfallwirtschaft die Weichen für eine
kommunale Entsorgung von Altpapier, Altglas und insbesondere
Bioabfällen gestellt, obwohl hier noch keine Erlöse zu
erzielen waren und private Entsorger diesen Bereich noch nicht für
sich „entdeckt“ hatten. Viele Kommmunen haben ihren
Bürgerinnen und Bürgern eine nachhaltige Abfallentsorgung
angeboten, und den Grundstein für die Verwertung von Abfällen
gelegt. Die kommunale Abfallwirtschaft kann somit auch zu Recht als
„Wiege der Abfallverwertung“ bezeichnet werden.
Die durch den Landkreis getätigten Investitionen in die Infrastruktur, insbesondere beim Zweckverband sind durch den Gesetzesentwurf mittelfristig gefährdet. Dies würde unterm Strich zu deutlichen Abfallgebührenerhöhungen führen.
Deutlich angemerkt wird, dass das Kreislaufwirtschaftsgesetz eine Schlüsselfunktion für mehr Ressourceneffizienz, Green Economy und sichere Arbeitsplätze hat.
Die Investitionen des Landkreises Friesland und der regional ansässigen Entsorgungs- und Verwertungsbetriebe müssen daher dauerhaft gesichert und angesichts der sich möglicherweise bietenden Chancen für die Region noch ausgebaut werden.
Auf diesem Wege wird daher nochmal an alle Entscheidungsträger auf Landes- und Bundesebene appelliert, sich auch weiterhin für die kommunale Position einzusetzen.
Bei allen Diskussionen bundesweit darf nicht vergessen werden, dass es bei den Gesetzesänderungen um Veränderungen bei der Abfallentsorgung bei Privathaushalten geht (die Entsorgung des Gewerbeabfalls wird ohnehin bereits durch die private Entsorgungswirtschaft geregelt, bis auf einen Pflicht-Restabfallanteil).
Das Ziel können daher nur bürgerfreundliche Entsorgungsstrukturen sein. Dass die Bürger am Ende die Zeche für die gesetzlichen Veränderungen tragen, muss unter allen Umständen vermieden werden. Der Versuch, Erlöse zu privatisieren und die Verluste den Gebührenzahlen aufzubürden muss weiterhin gemeinsam mit den relevanten Entscheidungsträgern abgewendet werden.