Beschluss: mehrheitlich beschlossen

Abstimmung: Ja: 29, Nein: 11, Enthaltungen: 1

Beschluss:

Der Antrag der Gruppe SPD-Bündnis 90/Die Grünen vom 8. Oktober 2012 auf Verabschiedung einer Resolution betr. Einführung des Betreuungsgeldes wird in den Jugendhilfeausschuss überwiesen.



Kreistagsabgeordneter Lies erläuterte die Intention des Antrages. Aus kommunaler Sicht müsse ein großes Interesse daran bestehen, in Quantität und Qualität von Betreuungsangeboten zu investieren. Für die optimale personelle und sächliche Ausstattung von Kindertagesstätten und Krippen seien zukünftig noch mehr Mittel als bisher aufzuwenden. Eine im Rahmen des Betreuungsgeldes vorgesehene parallele Finanzierung von 2 Mrd. Euro durch den Bund und von 200 Millionen Euro durch das Land gehe in die falsche Richtung.


Die Gesellschaft müsse Kinder so früh wie möglich erreichen und im Rahmen der bestehenden Einrichtungen fördern. Die Zahlung eines Betreuungsgeldes an Eltern, die das bestehende Betreuungsangebot für ihre Kinder nicht nutzten, laufe diesen Vorstellungen entgegen.


Vor allem Städte, Gemeinden und ihre Institutionen könnten diese Gelder besser zielgerichtet für die Optimierung ihrer Betreuungseinrichtungen einsetzen; die speziellen Bedarfe vor Ort seien bekannt.


Kreistagsabgeordneter Vehoff erklärte, das Betreuungsgeld basiere auf einem Beschluss der Großen Koalition von 2008. Absicht sei es, Eltern dabei zu unterstützen, die Betreuung ihrer Kinder so zu organisieren, wie es aus ihrer Sicht sinnvoll sei. Das könne sowohl durch Sachleistungen – z. B. durch Kinderkrippen – aber auch über Geldzuwendungen zur Organisation von Betreuung finanziert werden. Eltern könnten am besten entscheiden, was dem Wohle ihres Kindes entspreche. Ihnen müsse die Wahlfreiheit zwischen verschiedenen Lösungen ermöglicht werden.


Eine Betreuung und Erziehung von Kindern sei durchaus auch außerhalb von Krippen möglich. Das mit dem Antrag vermittelte Gesellschaftsbild teile die CDU-Fraktion nicht. Eine weitere „Verstaatlichung“ der Kinderbetreuung wolle man nicht; der freie Elternwille müsse Vorrang genießen.


Kreistagsabgeordneter Harms führte namens der FDP-SWG-UWG-BBV/F-Gruppe aus, man sehe für den Antrag keine Notwendigkeit. Die Gruppe vermöge nicht zu entscheiden, ob und nach welchen Kriterien letztlich die Zahlung eines Betreuungsgeldes sinnvoll und gerecht sei.


Die Gemeinden hätten bereits viele Leistungen zur Deckung des Betreuungsbedarfs erbracht. Der Bund stehe in der Pflicht, die Kommunen entsprechend finanziell auszustatten, um dieser übertragenen Aufgabe gerecht werden zu können. Jeder sollte selbst entscheiden, ob Kinder eine Krippe besuchen sollten. - Die Gruppe empfehle zum Antrag Nichtbefassung bzw. Verweisung in den Fachausschuss.


Kreistagsabgeordneter Lies befürwortete eine inhaltliche Diskussion im Fachausschuss. Der Antrag habe hohe Aktualität und ziele inhaltlich keinesfalls darauf ab, Kinder bzw. deren Betreuung zu „verstaatlichen“.


Niemand wolle den Eltern vorschreiben, dass ihr Kind eine Krippe besuchen müsse. Unverständlich sei aber die Zahlung eine Betreuungsgeldes, wenn Eltern auf die Inanspruchnahme entsprechender gesellschaftlicher Leistungen verzichteten. Diese Mittel von 2 Mrd. Euro seien deutlich besser für die Optimierung des bestehenden Betreuungsangebotes geeignet.


Kreistagsabgeordneter Just erklärte, der Inhalt des Antrages sei eigentlich eine Angelegenheit der Bundespolitik, mit der sich der Kreistag und seine Ausschüsse nicht befassen müssten.


Sollte aber eine Weiterbehandlung im Fachausschuss erfolgen, so werde die BfB-Fraktion dem Antrag inhaltlich zustimmen. Denn möglicherweise schaffe das Betreuungsgeld Fehlanreize. Gerade sozial schwachen und bildungsfernen Familien werde unter Umständen der falsche Impuls vermittelt, das Kind nicht betreuen zu lassen und das Betreuungsgeld für andere, so nicht gewollte Zwecke zu verwenden.


Kreistagsabgeordneter Funke erklärte, der Besuch des Kindergartens verschaffe Kindern soziale Kontakte zu Gleichaltrigen. Allerdings dürfe im Gegenzug nicht der Schluss gezogen werden, eine im familiären Rahmen organisierte Betreuung sei im Vergleich geringwertiger.


Für Kinder aus schwierigen familiären Verhältnissen sei eine Betreuung durch Krippe oder Kindergarten empfehlenswert. Einer im Grunde intakten Familie müsse dem gegenüber aber auch zugestanden werden, die Betreuung ihrer Kinder selbst in geeigneter Weise zu organisieren und dafür Zuschüsse des Staates zu erhalten. - Beide Varianten hätten für sich gesehen ihre Berechtigung und dürften nicht gegen einander ausgespielt werden.


Die für die Kinder angestrebten Ziele seien nicht nur in staatlichen Einrichtungen erreichbar. Wichtig sei es, das von der Bundesregierung gewollte Betreuungsgeld vernünftig einzusetzen. So sollte für finanziell gut gestellte Familien eine Alimentierung des Kindergarten- bzw. Krippenbesuchs durch den Staat ausgeschlossen sein.


Möglicherweise lasse sich durch eine Umformulierung des Resolutionstextes breiter Konsens innerhalb des Kreistages finden. Es gehe letztlich um kommunale Finanzen; die Zuständigkeit des Kreistages sei gegeben. Die Deutung, die Bundesregierung wolle mit der Zahlung eines Betreuungsgeldes Anreize geben, Kinder vom Besuch einer Betreuungseinrichtung fernzuhalten, spiegele nicht die tatsächliche Absicht des Gesetzentwurfs wider. Diesem Umstand müsse die Resolution in ihrer Formulierung gerecht werden, um Zustimmung zu finden. Der Antrag sollte vor diesem Hintergrund in den zuständigen Fachausschuss verwiesen werden.


Kreistagsabgeordneter Chmielewski sprach sich dafür aus, die Verabschiedung einer Resolution weiter zu verfolgen, auch wenn es sich um ein sehr politisches Thema handele. Wie bei der Bezuschussung einer Stiftungsprofessur an der European Medical School gehe es auch hier um Aufgaben, die den Kommunen von oben verordnet seien. Ihnen werde auferlegt, Kindergarten- und Krippenplätze zu schaffen, ohne dafür ausreichende finanzielle Mittel zu erhalten.


Die Schaffung von Kindergarten- und Krippenplätzen sei noch nicht einmal gegenfinanziert. Mit der Zahlung eines Betreuungsgeldes verschärfe sich die Situation für die Kommunen weiter, da die Mittel parallel anderen zugute kämen. Folge sei, dass Kindergarten- und Krippenplätze an Attraktivität verlören. Die Gruppe SPD-Bündnis 90/Die Grünen möge vor diesem Hintergrund die Verabschiedung einer Resolution forcieren, auch wenn möglicherweise kein einstimmiges Votum erzielbar sei.


Kreistagsabgeordneter Lies erklärte, über Formulierungen lasse sich im Zuge der weiteren Beratungen diskutieren. Keinesfalls wolle man aber mit der Verabschiedung der Resolution jene diskreditieren, die ihr Kinder nicht der Betreuung einer Krippe oder eines Kindergartens überließen.


Kreistagsabgeordneter Just sprach sich dafür aus, der Kreistag solle sich auf jeden Fall mit der Thematik befassen, da den Kommunen Mittel entzogen würden, die ihnen für die Schaffung und den Ausbau von Kindergarten- und Krippenplätzen fehlten.


Kreistagsabgeordneter Ratzel verwies auf die noch laufende bundespolitische Diskussion; Entscheidungen seien noch nicht getroffen. Grundsätzlich sollten Resolutionen sich nicht gegen, sondern für eine Sache aussprechen. In diesem Fall sei es das Ziel, mehr Geld vom Bund zur Schaffung von Betreuungseinrichtungen zu erhalten. Im Grunde müsse auf das Betreuungsgeld gar nicht abgestellt werden; die Bundesregierung solle vielmehr aufgefordert werden, den Kommunen mehr Geld für die im zweiten Teil der Resolution geschilderten Zwecke an die Hand zu geben.


Frau Bödecker sprach sich dafür aus, den Antrag so schnell wie möglich zur weiteren Diskussion in die zuständigen Gremien zu geben, da voraussichtlich Ende November der Fortgang des Gesetzgebungsverfahrens im Bundesrat zu erwarten sei.


Kreistagsvorsitzender Pauluschke stellte fest, Beschlussvarianten seien die Verweisung an Jugendhilfeausschuss, Kreisausschuss und Kreistag oder die Nichtbefassung. Er ließ sodann über die Verweisung an die Gremien als die weitergehende Beschlussempfehlung abstimmen.


Der Kreistag entschied wie folgt:









Abstimmungsergebnis:

mehrheitliche Zustimmung

(29 Ja-Stimmen, 11 Gegenstimmen, 1 Enthaltung)