Das Gremium nimmt von der Weiterentwicklung der Vollzeitpflege Kenntnis.


Das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit hat im November 2008 unter dem Titel „Weiterentwicklung der Vollzeitpflege“ Anregungen und Empfehlungen für die Niedersächsischen Jugendämter veröffentlicht. Mit den Empfehlungen wurde die Absicht verfolgt, „den Stellenwert der Vollzeitpflege im Rahmen der erzieherischen Hilfen zu stärken, für mehr Kinder geeignete Pflegefamilien zu finden und hierüber auch Heimunterbringungen zu vermeiden“.


Vor dem Hintergrund des § 33 Satz 2 SGB VIII („für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche sind geeignete Formen der Familienpflege zu schaffen und auszubauen“) wurden drei Differenzierungsformen der Vollzeitpflege entwickelt: allgemeine Vollzeitpflege, sozialpädagogische Vollzeitpflege und sonderpädagogische Vollzeitpflege. Die neuen Formen der Vollzeitpflege bedeuten für qualifizierte Pflegepersonen einen Anspruch auf erhöhte Pflegegeldzahlungen.


Beim Landkreis Friesland gelten derzeit die Richtlinien über Hilfen zur Erziehung in Form von Vollzeitpflege, die am 01.06.1999 in Kraft getreten sind. Die in diesen Richtlinien unter Ziffer II Punkt C enthaltene Sonderpflege wurde mit Beschluss des Jugendhilfeausschusses vom 29.10.2009 mit Wirkung ab 01.01.2010 ausgesetzt. Ab diesem Zeitpunkt gibt es keine Differenzierung der auf Dauer angelegten Pflegeverhältnisse im Landkreis Friesland. In einigen Fällen wird jedoch auf Grund eines erhöhten materiellen oder erzieherischen Aufwandes im Einzelfall ein Mehrbedarf in Höhe von 100 € bzw. 200 € festgelegt (Bedarfsfeststellung halbjährlich im Hilfeplangespräch).


Zahlreiche Jugendämter in Niedersachsen haben mittlerweile Sonderformen der Vollzeitpflegen gestaltet auf der Grundlage der Empfehlungen des Landes. Seit In-Kraft-Treten des neuen Bundeskinderschutzgesetzes ist der Landkreis Friesland dazu verpflichtet, Pflegeverhältnisse anderer Jugendämter im Bereich des Landkreises Friesland bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 86 Abs. 6 SGB VIII in der ursprünglich gewährten Form fortzusetzen, was die Fortsetzung der erhöhten Pflegegeldzahlungen bedeutet. Die Zuständigkeitsvorschrift des § 86 Abs. 6 SGB VIII regelt, dass der örtliche Jugendhilfeträger zuständig wird, in dessen Bereich die Pflegeeltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, wenn ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson lebt und sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten ist. Für qualifizierte Pflegepersonen ist es daher derzeit attraktiver, Pflegekinder anderer Jugendämter aufzunehmen und damit höhere Pflegegelder zu erhalten als bei Aufnahme eines Pflegekindes aus Friesland. Um mittelfristig attraktiv zu bleiben, ist eine Anpassung an die derzeitige Angebotsstruktur anderer Jugendämter erforderlich.


Daneben wurde in Gerichtsverfahren vor dem Verwaltungsgericht Oldenburg bereits auf die Anforderung des § 33 SGB VIII (geeignete Pflegeformen für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche) hingewiesen.


Um mittelfristig attraktiv zu bleiben und so den Bedarf an geeigneten Pflegestellen im Landkreis Friesland weiterhin sicherstellen zu können, ist eine Anpassung an die derzeitige Angebotsstruktur anderer Jugendämter (entsprechend der Empfehlungen des Ministeriums) erforderlich. Es besteht sonst die Gefahr, dass Kinder mit entsprechendem Bedarf auf Hilfe zur Erziehung vom Jugendamt des Landkreises Friesland in kostenintensiven stationären Maßnahmen in Einrichtungen untergebracht werden müssen, weil keine qualifizierten Pflegepersonen (mehr) zur Verfügung stehen.


Dem Jugendhilfeausschuss wird im kommenden Jahr ein Entwurf der neuen Richtlinien zur Vollzeitpflege einschließlich der umfassenden Information über die finanziellen Auswirkungen zur Beschlussfassung vorgelegt. Die Umsetzung der neuen Richtlinien ist ab dem Kalenderjahr 2014 vorgesehen.



Herr Meyer-Helfers erläutert, die derzeitigen Richtlinien des Landkreises Friesland zur Vollzeitpflege aus dem Jahr 1999 bedürfen einer Anpassung an die aktuellen gesetzlichen Vorgaben. Da die umliegenden Kommunen die GISS-Studie bereits größtenteils umsetzen, profitieren Pflegeeltern bei der Aufnahme eines Kindes aus anderen Jugendamtsbezirken. Um konkurrenzfähig zu bleiben, ist eine Umsetzung der GISS-Studie mittelfristig notwendig.


Während die Stadt Oldenburg sich für eine vollständige Umsetzung der Studie entschieden hat, setzen andere Jugendhilfeträger nur bestimmte Kernbereiche um. Für den Landkreis Friesland ist zunächst eine Umsetzung von Teilbereichen vorgesehen, im Fortschreibungsprozess ist aber ein weiterer Ausbau geplant.