Beschluss: in Abänderung des Beschlussvorschlages beschlossen

Beschluss:


Das Gremium stimmt dem Abschluss von Leistungs- und Entgeltvereinbarungen mit den freien Trägern der ambulanten Jugendhilfe zu und beschließt die anliegenden Leitlinien zur Berechnung der Fachleistungsstunde. Die Angabe 15% für fach- und fallspezifische Minderzeiten ist bis zum Kreisausschuss nachzuverhandeln.


In den regelmäßigen Treffen mit den Anbietern der ambulanten Jugendhilfeleistungen wird die Erwartung formuliert, dass der Landkreis Friesland verbindliche Leistungs- und Entgeltvereinbarungen nach § 77 SGB VIII abschließt.


Bisher erfolgt die Inanspruchnahme eines ambulanten Dienstes bei den freien Trägern der Jugendhilfe im Landkreis Friesland nach dem sog. „Schaufensterprinzip“. Dieses bedeutet, dass der freie Träger seine ambulanten Dienstleistungen beschreibt und mit einem Kostensatz hinterlegt. Die derzeitigen Kostensätze der ambulanten Träger schwanken zwischen 35,00 € bis 45,00 € und zwischen 45 und 60 Minuten direkte Arbeit am und mit dem Fall. Die Erstattungsregelung anfallender Fahrtkosten erfolgt nicht einheitlich. Je nach Bedarfslage „bucht“ der öffentliche Jugendhilfeträger das entsprechende Leistungsangebot. Die angebotene Leistung ist im Vorfeld nicht vereinbart, sondern obliegt alleine der Verantwortung des freien Trägers der Jugendhilfe.


In der Folge gibt es bei konsequenter Anwendung dieser Praxis keinen vereinbarten Qualitätsstandard und der öffentliche Jugendhilfeträger hat keine Möglichkeit, qualitätsentwickelnden Einfluss auf das jeweils bestehende Leistungsangebot zu nehmen. Die Kostenvereinbarung kann nur auf der Basis einer Leistungsvereinbarung erfolgen, die Umfang und Qualität des Angebotes beschreibt und zu deren Erbringung sich der Träger der freien Jugendhilfe verpflichtet.


Im Gegensatz zu den Leistungs- und Entgeltvereinbarungen mit den freien Trägern, die teilstationäre und/oder stationäre Hilfen anbieten, gibt es im Landkreis Friesland mit der bisherigen Praxis der Anwendung des „Schaufensterprinzips“ nur wenig Möglichkeit, auf folgende Inhalte Einfluss zu nehmen: Sicherung der Beteiligungsrechte der Klienten, verbindliche Verfahrensstandards im Kontext des Kinderschutzes und Wirtschaftlichkeit und Angemessenheit der Kosten. Mit dem Bundeskinderschutzgesetz (BkindSchuG) wurde insbesondere der Bereich der Qualitätssicherung und -weiterentwicklung zur zentralen Aufgabe des öffentlichen Jugendhilfeträgers. Durch zukünftige Leistungs- und Entgeltvereinbarungen mit den Leistungsanbietern ambulanter Hilfen kann die Gesamtverantwortung für eine bedarfgerechte, effiziente und effektive Hilfe stärker beachtet und gleichzeitig die fachliche Qualität der Hilfe überprüft werden. Außerdem muss darauf hingewiesen werden, dass gem. Kommentierung die freien Träger einen Anspruch auf Abschluss entsprechender Vereinbarungen haben (Frankfurter Kommentar, 7. Auflage 2013, § 77 Rdnr. 15).


Zukünftige Leistungsbeschreibungen sollen folgende Mindestmerkmale erfüllen:

(analog Nieders. Rahmenvertrag nach § 78 f SGB VIII aus 2012)


  1. Kurzbeschreibung der Einrichtung/des Dienstes

  2. Benennung und Beschreibung des einzelnen Leistungsangebotes

  3. Rechtsgrundlage des Angebotes

  4. Personenkreis/Zielgruppe

  5. Platzzahl (bei Gruppenangeboten)

  6. Allgemeine mit der Leistung verbundende Ziele

  7. Fachliche Ausrichtung der Leistung und angewandte Methodik

  8. Maßnahmen und Instrumente zur Qualitätsentwicklung

  9. Sicherung der Beteiligungsrechte des Klienten

  10. Verfahren bei drohender Kindeswohlgefährdung

Zusammen mit der Leistungsvereinbarung wird eine Vereinbarung zur Wahrnehmung des Schutzauftrages nach § 8a SGB VIII und § 72 a SGB VIII geschlossen, die den genauen Verfahrensablauf beschreibt, was der freie Träger im Fall einer drohenden Kindeswohlgefährdung unternimmt und welche persönliche Eignung für die Wahrnehmung der Aufgaben erforderlich ist.


Durch diese vereinbarte Zusammenarbeit des freien und öffentlichen Jugendhilfeträgers wird der Kinderschutz im Landkreis Friesland weiter qualifiziert.


Bezüglich der Berechnung der Kosten einer Fachleistungsstunde ist es erforderlich, ein einheitliches Berechnungsmodell festzulegen, um eine Vergleichbarkeit von Kosten und Leistungen zu ermöglichen. Entsprechende Leitlinien zur Berechnung der Fachleistungsstunde sind in Anlage 1 und ein entsprechender Berechnungsbogen als Anlage 2 beigefügt.



Herr Meyer-Helfers führt ergänzend zur Vorlage aus, dass derzeit eine bunte Anbieterlandschaft vorherrsche, die nach dem Schaufensterprinzip durch den Landkreis Friesland genutzt werde. Basis sind Fachleistungsstunden, deren Sätze nicht einheitlich geregelt sind.


Es gibt klare, mehrfach thematisierte Bestrebungen der freien Träger der Jugendhilfe, ihre Leistungen zu beschreiben und die vorgehaltene Qualität messbar zu machen.


Herr Weber begrüßt grundsätzlich die Vorlage, kritisiert aber die von der Verwaltung vorgelegte Musterberechnung. Insbesondere der vorgelegte Satz von 15% für fach- und fallspezifische Minderzeiten sei problematisch; in der Regel würden so lediglich die Fahrtzeiten abgedeckt werden. Das notwendige Berichtswesen, Telefonate etc. würden nicht adäquat berücksichtigt. Gleiches gelte für die Sachkosten, Büromiete, EDV-Kosten etc. Er habe daher im Vorfeld eine Gegenrechnung auf Grundlage von KGSt-Werten aufgestellt (Anlage 3), die er Herrn Meyer-Helfers einen Tag vor der Sitzung zur Verfügung gestellt habe. Herr Weber habe dabei unterschiedliche Berechnungen mit Stundensätzen zwischen 53,00 € und 69,00 € errechnet. Ein Fachleistungsstundensatz um die 53,00 € werde seinen Ausführungen nach auch von den umliegenden örtlichen Jugendhilfeträgern vereinbart.


Herr Meyer-Helfers bestätigt den vorherigen Austausch mit Herrn Weber, gibt aber zu bedenken, dass eine Detailrechnung innerhalb der Sitzung nicht sinnvoll sei. Eine Schlechterstellung der Träger, die bereits jetzt mit dem Landkreis zusammenarbeiten, sei nicht beabsichtigt. Er müsse davon ausgehen, dass diese freien Träger derzeit schon kostendeckend arbeiten. In der Regel liegen deren Stundensätze unter dem Vorschlag der Verwaltung.


Herr Osterloh erklärt, dass die Bedenken von Herrn Weber zur Kenntnis genommen werden, es sich jedoch letztendlich um Vertragsverhandlungen zwischen freien Trägern und Verwaltung handelt. Nach seinem Kenntnisstand stelle der von der Verwaltung vorgeschlagene Stundensatz den oberen Durchschnitt der derzeit gezahlten Beträge dar. Er habe bislang auch keine Kritik zu dem Vorhaben der Verwaltung wahrgenommen.


Herr Weber entgegnet, dass die Politik mit dem Beschluss entscheide, wie die freien Trägern mit ihren Mitarbeitern umgehen sollen und welche Quersubventionierungen der freie Träger vornehmen müsse. Seine Berechnung der fach- und fallspezifischen Minderzeiten ergeben eine Gesamtsumme, die ca. 30% der Nettojahresarbeitszeit ausmachen.


Herr Osterloh schlägt daraufhin vor, über die Vorlage in Abänderung des Beschlussvorschlages zu beschließen. Bis zur nächsten Sitzung des Kreisausschusses am 17.04.2013 soll die Verwaltung eine Klärung bezüglich des strittigen Prozentsatzes (15%) für fach- und fallspezifische Minderzeiten herbeiführen.


Abstimmungsergebnis:


einstimmig