Begründung:

Der Landkreis Friesland stellt derzeit sein Regionales Raumordnungsprogramm (RROP) neu auf. Wesentliches Ziel der Raumordnung ist es, die verschiedenen Nutzungsansprüche zu ordnen, zu sichern und zu entwickeln. Um auch die Landwirte in Friesland mit ihren besonderen Interessen an der künftigen Nutzung der ländlichen Räume am RROP angemessen zu beteiligen, hat die Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Bezirksstelle Oldenburg-Nord, im Auftrag des Landkreises im letzten Jahr einen landwirtschaftlichen Fachbeitrag erstellt.


Der Fachbeitrag ist nunmehr nach Abschluss der Bearbeitung vom Kreislandwirt Hartmut Seetzen an Landrat Sven Ambrosy übergeben worden. Koordiniert und bearbeitet wurde das Fachgutachten durch Marisa Eckberg vom Planungsamt des Landkreises und Renko Eilts von der Landwirtschaftskammer Niedersachen.


Dieses Fachgutachten stellt nach der „Agrarstrukturellen Vorplanung von 1970“ und der „Agrarstrukturellen Entwicklungsplanung von 1998“ eine Art Fortschreibung der landwirtschaftlichen Verhältnisse im Landkreis Friesland dar. Dem Landkreis und der Landwirtschaftskammer war es von vornherein wichtig, in moderierten Veranstaltungen in Form von Arbeitskreisen und Foren, sowohl die Entwicklungsziele der Landwirtschaft im Landkreis konkret aufzugreifen als auch die wichtigsten Handlungsfelder zu bearbeiten. Insgesamt soll damit die Aufstellung des RROP vorbereitet und begleitet werden. Das wurde durch die Mitwirkung der relevanten Akteure, z.B. Landjugend, Kreislandfrauenverbände, Vorsitzenden/Vorstände der Ortslandvolkvereine sowie Vertretern der Fachabteilungen des Landkreises, gewährleistet.


Der landwirtschaftliche Strukturwandel hat sich auch im Landkreis Friesland in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich fortgesetzt und lag jährlich im Durchschnitt bei einem Rückgang der Anzahl der Betriebe um 3 %. Während 1996 bereits nur noch ca. 1.080 landwirtschaftliche Betriebe in Friesland wirtschafteten, hat sich die Anzahl bis 2010 auf 635 Betriebe mit einer Durchschnittsgröße von 67 ha verringert. Für 2015 ist nach Auswertung der Agrarförderungsdaten von insgesamt 685 Antragstellern auszugehen. Davon bewirtschaften 460 Betriebe über 20 ha Fläche. Die mittlere Größe beträgt bei diesen 90 ha LF. Zur Einkommensform Nebenerwerb sind in der Agrarförderung auch Betriebe, die in geringem Umfang Flächen bewirtschaften und gegebenenfalls Tierhaltung betreiben, einzuordnen. Der Anteil liegt danach bei 30 %. Der Pachtflächenanteil betrug im Jahr 2010 ca. 64 % und bewegt sich stetig Richtung 70 %. Dementsprechend werden bei einer außerlandwirtschaftlichen Nachfrage nach Flächen die Bewirtschafterinteressen oftmals vernachlässigt. Die Abhängigkeit der Bewirtschafter von den Verpächtern sowie der Entwicklung des Boden- und Pachtmarktes ist groß. Dieser hat sich hinsichtlich der Werte seit etwa 2011 stark verändert. Die durchschnittlichen Kaufpreise für Ackerland haben in Friesland die 4 €/qm Marke erreicht. Bei Neuverpachtungen sind die Pachtpreise mit bis zu 450 €/ha für Grünland oftmals jenseits dessen, was aus betrieblicher Sicht verträglich ist. Unter Berücksichtigung bestehender Pachtverträge liegen die durchschnittlichen Jahrespachtentgelte im Schnitt aller Flächen und Nutzungen allerdings bei etwa 300 €/ha.

Der Landkreis ist aufgrund der heterogenen Böden und der entstandenen Kulturlandschaft, z.B. in den Wallheckengebieten oder dem engmaschigen Grabensystem, durch eher ungünstige kleinteilige Bewirtschaftungseinheiten geprägt. So liegt die mittlere Feldblockgröße, also eine potenziell zusammenhängende landwirtschaftlich nutzbare Fläche, bei ca. 3,4 ha. Dieser Wert beträgt in Niedersachsen rund 4 ha.

Die Landwirtschaftsfläche im Landkreis Friesland ist lt. Kataster von 2001 bis 2010 um gut 2 % zurückgegangen. Der Grünlandanteil hat sich in dem Zeitraum um 3,5 % verringert. Im Jahr 2015 wurden rund 27.000 ha Grünland in Friesland bewirtschaftet, was einem Anteil von 65 % an der landwirtschaftlichen Nutzfläche entspricht. Auf der Ackerfläche werden mit einem Anteil von 36 % ca. 5.000 ha Silo- oder Körnermais angebaut. Dieser Anbau ist seit 2012 leicht rückläufig. Mais hat aufgrund seiner Standortansprüche auf den vorhandenen Böden und den bestehenden Verwertungsmöglichkeiten als energiereiches Futter in der Rinderfütterung und energiereiches Gärsubstrat in Biogasanlagen Vorzüge. Seit 2012 stagniert die Anzahl der Biogasanlagen bei 18 Stück im Landkreis Friesland.

80 % der im Landkreis Friesland ansässigen Betriebe sind auf den Bereich Futterbau (Milchvielhaltung, Jungviehaufzucht und Rindermast) spezialisiert. Dementsprechend wird der Aufwuchs des Grünlandes im Landkreis als Rauhfutter in diesen Betrieben eingesetzt und mit Futterpflanzen wie Silomais ergänzt. Von den etwa 480 Rinderhaltern in Friesland sind ca. 370 Milcherzeuger, die im Durchschnitt 100 Milchkühe betreuen. Vor 20 Jahren gab es noch 700 Michviehhalter mit mittleren Bestandsgrößen von 45 Kühen. Der Milchkuhbestand ist seitdem um ca. 18 % auf ca. 37.000 angestiegen. Die Veredelungsbereiche mit Ferkelerzeugung und Schweinemast sowie die Geflügelhaltung hat in Friesland eine sehr untergeordnete Rolle. Die Liquidität und Wirtschaftskraft der Landwirtschaft in Friesland hängt somit insgesamt sehr stark von der Erlössituation im Milchbereich ab. Die derzeit schwachen Milchpreise unter 30 Cent pro kg Milch schwächen die Betriebe und haben auch die Investitionsbereitschaft, z.B. hinsichtlich Stallbaumaßnahmen, vermindert.

Die Nährstoffsituation im Landkreis Friesland wird im Fachbeitrag anhand der Ergebnisse des „Nährstoffberichts in Bezug auf Wirtschaftsdünger für Niedersachsen 2013/2014“ dargestellt. Grundlage des Berechnungsverfahrens sind die vorhandenen Daten über die verfügbare Fläche mit dem Anbauverhältnis, Tierbestände, Biogasanlagen, Klärschlammverwertung, Importe von Wirtschaftsdünger aus den Niederlanden und anderen Bundesländern sowie die gemeldete Verbringung von Wirtschaftsdüngern und Gärresten nach der Meldeverordnung innerhalb Niedersachsens. Die Auswertung des Nährstoffberichts ergibt hinsichtlich der Verwertung des anfallenden Phosphors in Friesland weiterhin einen Nährstoffbedarf von ca. 2 kg P2O5/ha LF. Der anrechenbare Stickstoff kann auch vollständig verwertet werden, es besteht hier ein Restdüngebedarf von ca. 78 kg N/ha LF. Die gemäß § 4 Abs. 3 der Düngeverordnung geltende Stickstoffobergrenze von 170 kg N/ha wird im Landkreis Friesland mit 152 kg/ha LF ebenso unter Berücksichtigung der gemeldeten Verbringungen eingehalten.

Der ökologische Landbau wird in Friesland von 14 Betrieben auf ca. 700 ha Fläche durchgeführt. In dem Bereich ist seit Jahren trotz Förderung eine Stagnation festzustellen. Interessierte Milchviehhalter, die evtl. Biomilch erzeugen möchten, benötigen für die Zeit der Umstellung beispielsweise entsprechende finanzielle Reserven.

Wichtige Herausforderung bleibt die quantitativ ausreichende Ausbildung von landwirtschaftlichen Fachkräften und zukünftigen Betriebsleitern, die die potenzielle Hofnachfolge übernehmen können. Erfreulich ist die seit Jahren wachsende Zahl der Ausbildungsverhältnisse. In 2015/2016 sind allein 114 Auszubildende bzw. Berufsfachschüler im Ausbildungsberuf Landwirt an der Berufsbildenden Schule in Varel zu verzeichnen.

Die allgemeinen Entwicklungstendenzen der Landwirtschaft werden im Fachbeitrag unter anderem anhand von Betriebsmodellen diskutiert. Grundlage eines nachhaltig wirtschaftenden Betriebes ist ein ausreichend hoher Gewinn. Dieser muss Eigenkapitalbildung ermöglichen, die Lebenshaltungskosten der Unternehmer decken und aus ihm müssen betriebliche Tilgungsverpflichtungen bedient werden. Aufgrund der einzelbetrieblich stark variierenden Rahmenbedingungen kann dieser „Mindestgewinn“ unterschiedlich hoch ausfallen. Modellhaft ist ein klassischer Futterbaubetrieb mit 94 ha Betriebsausstattung und einem Grünlandanteil von 75 % sowie Pachtanteil von 50 % dargestellt worden, der gut 150 Milchkühe mit einer Durchschnittsleistung von 8.500 kg Milch und entsprechender Nachzucht halten müsste, um ein ausreichendes Unternehmensergebnis erzielen zu können.

Im Arbeitskreis Landwirtschaft haben die Beteiligten die bisherige Entwicklung im Landkreis aus landwirtschaftlicher Sicht zusammengetragen. Diese Stärken- und Schwächenanalyse hat im weiteren Verlauf zu konkreten Formulierungen für Nutzungsansprüche geführt. Für die Formulierung der landwirtschaftlichen Entwicklungsziele waren die Handlungsfelder „Landwirtschaftliche Entwicklung, Agrarstruktur und Infrastruktur“, „Daseinsvorsorge/Akzeptanz/Image der Landwirtschaft“, „Flächenverbrauch“, „Kompensation (Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen)“ sowie „Naturschutz/Kulturlandschaft“ die wichtigsten Themen.

Besonders herausgestellt wurde die Beachtung von Agrarbelangen bei Planungen jeder Art. Der Flächenverbrauch bei Siedlungs- und Gewerbegebiets- sowie Verkehrswegeentwicklungen steht dabei im Fokus. Aber auch die Bereitstellung von Flächen bzw. die Inanspruchnahme für Versorgungstrassen, beispielsweise für Strom und Trinkwasser, oder für Kompensationsmaßnahmen wurde diskutiert. Auf das gesetzlich festgehaltene Rücksichtnahmegebot für agrarstrukturelle Belange bei der Planung von Kompensationsmaßnahmen wurde hingewiesen. Als erhebliche Belastung für die betroffenen Landwirte, insbesondere zwischen Sande und Varel im Umfeld des Vogelschutzgebietes am Jadebusen, haben sich die Nordischen Gastvögel, die hier ihre Winterrastgebiete aufsuchen, entwickelt. Insbesondere ist die Weißwangengans (Nonnengans) mit Gruppengrößen von mehreren tausend Gänsen problematisch geworden. Aus Sicht einiger betroffener Landwirte hat das Ausmaß der Schäden existenzbedrohende Formen angenommen und die Ersatzfutterbeschaffung wird schwieriger. Der ländliche Wegebau, insbesondere auf Gemeindestraßen, bleibt für die Kommunen und die Landwirtschaft ein permanentes Thema.

Die mit dem Landkreis erarbeiteten Handlungsempfehlungen werden teilweise in das Regionale Raumordnungsprogramm einfließen. So werden im Fachbeitrag auf Grundlage der gemeinsamen Arbeit in den Foren auch Vorschläge für die regionalen Ziele der Raumordnung in Bezug auf die Landwirtschaft gemacht.

Um in Gebieten mit besonderer Bedeutung der Landwirtschaft, diese gegenüber konkurrierenden Nutzungsansprüchen durch ein Berücksichtigungsgebot abzusichern, werden im Fachbeitrag außerdem kartografisch sogenannte Vorbehaltsgebiete der Landwirtschaft vorgeschlagen. Dazu wurden Gebiete mit vergleichsweise hoher natürlicher Ertragskraft für die Ackernutzung sowie Grünlandbewirtschaftung und Gebiete mit besonderer Bedeutung sowie Funktionen für die Kulturlandschaft (naturschutzfachlichen Schutzkategorien sowie zusammenhängende Wallheckengebiete) und ihrer Schutzgüter (z.B. Trinkwasserschutz) ausgewertet. Insgesamt könnten somit ca. 35.000 ha LF, d.h. ca. 58 % der Kreisfläche, in Friesland mit dieser Raumordnungskategorie im RROP dargestellt werden.


Weiterführende Informationen unter:

https://www.friesland.de/planen-und-bauen/landwirtschaftlicher-fachbeitrag/


Beschlussvorschlag:

Der Landwirtschaftliche Fachbeitrag wird zustimmend zur Kenntnis genommen.


Finanzielle Auswirkungen: Ja Rahmen2 Nein

Gesamtkosten der Maßnahmen (ohne Folgekosten)

Direkte jährliche Folgekosten

Finanzierung:

Eigenanteil objektbezogene Einnahmen

Sonstige einmalige oder jährliche laufende Haushaltsauswirkungen

Erfolgte Veranschlagung: Ja, mit Nein

im Ergebnishaushalt Finanzhaushalt Produkt- bzw. Investitionsobjekt:

Vorlage ist in LiquidFriesland abgestimmt worden ja, mit folgendem Ergebnis:

Teilnehmer: Zustimmung Ablehnung Enthaltung Alternativvorschläge

Vorlage betrifft die demografische Entwicklung: ja nein

Falls ja, in welcher Art:

Vorlage bezieht sich auf


MEZ Nr.

HSP Nr.


Rahmen21 Rahmen25

Sachbearbeiterin Fachbereichsleiter

Sichtvermerke:

Rahmen22 Rahmen24

Abteilungsleiter Kämmerei Landrat

Beratungsergebnis:

Einstimmig

Ja-Stimmen


Nein-Stimmen


Enthaltungen


Kenntnisnahme

Lt. Beschluss-vorschlag

Abweichender Beschluss



Anlagen:

keine