Sitzung: 18.02.2020 Ausschuss für Umwelt, Abfall und Landwirtschaft
Beschluss: vorberatend zur Kenntnis genommen / weiter an Kreisausschuss
Vorlage: 0875/2020
Beschluss:
Die Entschließung des Kreistags vom 19.10.2016 „Eine klare Stimme für die
Landwirtschaft“ bleibt weiterhin als Teil der Zielsetzungen von Kreispolitik
und Kreisverwaltung erhalten.
Der Fachausschuss nimmt die Ausführungen beratend zur Kenntnis mit der
Maßgabe, dass die CDU-Fraktion eine Ergänzung zur Entschließung des Kreistages
vom 19.10.2016 auf Grundlage der von der Kreisverwaltung gefertigten Vorlage
für den nächsten Kreisausschuss entwirft.
Der Kreisausschuss
des Landkreises Friesland hat in seiner Sitzung am 11.12.2019 den Eilantrag der
CDU-Fraktion zur Verabschiedung einer Kreistagsresolution zum Thema „Zukunft
der Landwirtschaft“ an den zuständigen Fachausschuss zur Bewertung der
Antragsinhalte verwiesen.
Bewertung des
Antrags durch die Kreisverwaltung:
Am 19.10.2016
beschloss der Kreistag des Landkreises Friesland die Entschließung „Eine klare
Stimme für die Landwirtschaft“ (Anlage 1) mehrheitlich bei nur einer Enthaltung
und ohne Gegenstimme.
Mit der
Entschließung spricht sich der Kreistag
klar für den Erhalt
unserer bäuerlich geprägten Landwirtschaft aus und bekennt sich zu seinen
landwirtschaftlichen Betrieben
aus.
Hierzu heißt es in
der Entschließung weiter:
Zum Erhalt der
landwirtschaftlichen Infrastruktur und der bewirtschaftenden Betriebe müssen
die rechtlichen Grundlagen auf die jeweiligen Bedürfnisse nach zielführender
Interessenabwägung abgestimmt werden. Hierzu eignen sich besonders die
Erkenntnisse des landwirtschaftlichen Fachbeitrages (aus dem RROP[1]).
Bereits in der
Vergangenheit und in der Gegenwart bindet die Kreisverwaltung die
Landwirtschaft in seine Entscheidungsfindungen ein. Konflikte im Gewässer- und
Naturschutz wurden gemeinsam mit der Landwirtschaft und anderen Akteuren im
Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten erörtert und gelöst. Dieser Dialog soll
nicht nur fortgeführt sondern intensiviert werden und stets unter der Intention
einer pragmatischen, verwaltungsarmen aber rechtlich legitimen Zielfindung
stehen.
Verankert ist dieser
Entschließungsauftrag bereits in den Zielsetzungen der Kreisverwaltung. Er
findet sich als Handlungsschwerpunkt Ziffer 4.14 in den Mittelfristigen
Entwicklungen der Kreisverwaltung (Anlage 2) und ist wie folgt formuliert:
Förderung der bäuerlichen und nachhaltigen
Landwirtschaft, insbesondere die Unterstützung
der Weidehaltung
An dieser
Zielsetzung orientiert sich die gelebte Verwaltungspraxis. Hierzu einige
Praxisbeispiele:
- Dialog und schnelle unbürokratische Hilfen
in Krisensituationen
- Schnelle und niederschwellige Angebote
für Notgüllelagungen während der Nässephase im Winter 2017/2018 mit
Notfalltelefon
- Beschleunigte Erlaubnisverfahren zur
Entnahme von Oberflächen-/bzw. Grundwasser in Dürreperioden (2018/19)
- Unkomplizierte Hilfen bei der
Feldmausbekämpfung 2020
- Systematische Kommunikation und
Erarbeitung von Problemlösungen in Spannungsfeldern die in Zusammenhang
mit der Landwirtschaft stehen.
- Abkehr von 5-jährigen Grünlandumbrüchen
auf Flächen mit Ackerstatus in Wasserschutzgebieten durch im 1 Quartal
2020 geplanten Erlass einer Allgemeinverfügung gekoppelt mit freiwilligen
Vereinbarungen
- Unterstützung im Rastvogelmanagement
bspw. bei Gänsefraß
- Finden von gemeinsamen Lösungen in
Schutzgebieten oder in besonders geschützten Bereichen
- Praxisnahe Lösungshilfen beim Bau von
Jauche-, Gülle- und Silageanlagen.
- Erarbeiten von Lösungen zum
verbesserten Oberflächengewässermanagement auch mit der Absicht, den
optimalen Grundwasserflurabstand für die Bewirtschaftung
landwirtschaftlich genutzter Flächen zu erhalten
- Teilnahme am Arbeitskreis
Gewässerunterhaltung und Artenschutz Anhang A – Marschengewässer mit der
Zielsetzung Rechtssicherheit für die Unterhaltungspflichtigen zu erlangen
und die Unterhaltung innerhalb der gesetzlichen Rahmenbedingungen zu
vereinfachen.
- Mitgliedschaft im Grünlandzentrum und
Teilnahme an dortigen Arbeitskreisen z.B. Nährstoffeinträge über die
Binnenlandentwässerung in die Küstengewässer zu lokalisieren und
gemeinsam Lösungen für eine Reduzierung von Einträgen in die
Oberflächengewässer zu finden
- Regelmäßiger Austausch mit den
Akteuren der Landwirtschaft (z.B. Kreislandvolkverbände,
Landwirtschaftskammer)
In der Entschließung
vom 16.10.2016 heißt es abschließend:
Flankierend werden
sich Kreisverwaltung und Kreistag für eine zukunftsfähige Ausgestaltung der
Landes-, Bundes- und EU-Gesetzgebung einsetzen, um die nachhaltigen und
vorwiegend familiengeführten landwirtschaftlichen Betriebe in Friesland zu
stärken.
Auch hier beteiligt
sich die Kreisverwaltung auftragsgemäß aktiv und geleitet von den Zielsetzungen
der MEZ sowie fachlichen Gesichtspunkten an den laufenden
Gesetzgebungsverfahren z.B. Niedersächsisches Wassergesetz, Düngegesetz-/verordnung,
Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV). Die
Kreisverwaltung ist dabei bestrebt, einen angemessenen Ausgleich zwischen den
betroffenen Akteuren also auch der Landwirtschaft herzustellen.
Die Kreistagsfraktion der CDU Friesland stellt
nunmehr den Antrag auf neuerliche Fassung einer Resolution mit folgendem
Inhalt:
1)
„ Der Kreistag spricht sich klar für den
Erhalt unserer bäuerlich geprägten Landschaft aus. Die friesischen Landwirte
sind das Rückgrat unserer Region!“
2)
Landrat und Kreistag setzen sich in Landes-,
Bundes- und EU-Politik dafür ein, dass
a)
politische Entscheidungen zur Landwirtschaft
ausschließlich auf neutralen, wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren,
b)
die Kooperation und Freiwilligkeit Vorrang
vor Verboten und Auflagen einzuräumen ist,
c)
Insektenschutz nur im Dialog und in
Kooperation mit den Landnutzern umzusetzen ist,
d)
beim Gewässerschutz stärker regional und
verursachergerecht differenziert wird und die bereits bestehenden Kooperationen
zu stärken sind,
e)
Klimaschutzleistungen der Landwirtschaft
honorieren sind,
f)
zur Sicherung der Weidehaltung ein aktives
Wolfsmanagement umzusetzen ist,
g)
Verschärfungen der Schutzstati von Natur und
Landschaft und Ausgleichsmaßnahmen nicht zu weiteren Nutzungseinschränkungen
für die bestehenden landwirtschaftlichen Flächen führen,
h)
der Vertrauensschutz für Investitionen nicht
durch immer neue Auflagen aufgegeben wird.
Einschätzung der Kreisverwaltung zu den
konkreten Inhalten des Antrags:
Zu 1 Dieser Punkt findet sich bereits in der
Entschließung von 2016 und ist sowohl als Handlungsschwerpunkt der
Mittelfristigen Entwicklungsziele verankert als auch bereits Gegenstand der
gelebten Verwaltungspraxis. Daher entfaltet eine Wiederholung keine zusätzliche
Wirkung.
Zu 2 Auch dieser Punkt findet sich in etwas
anderer Schreibweise aber in der Aussage nahezu deckungsgleich in der
Entschließung von 2016 wieder und wird von der Kreisverwaltung im Rahmen ihrer
Möglichkeiten umgesetzt.
Neu ist jedoch die Konkretisierung von
Einzelforderungen, die aus Sicht der Kreisverwaltung Konfliktpotential zu
anderen Zielsetzungen enthalten und einseitig geleitet sind. Hierzu sei zum
besseren Verständnis auf die jeweiligen Einzelpositionen eingegangen.
Zu 2 a) Die Forderung nach neutralen Gutachten als
Grundlage für Entscheidungen sollte für alle naturwissenschaftlichen
Fragestellungen gelten und sich nicht nur auf das Themenfeld Landwirtschaft
beschränken.
Zu 2 b) Freiwilligkeit und Kooperation sind dort wo
sie Erfolge zeigen oder erwarten lassen immer die erste Wahl. Allerdings können
sie dort nicht gelten, wo gezielt Gefahrenabwehr betrieben werden muss (z.B.
Gewässerschutz bei Jauche-, Gülle-, Silageanlagen, Eingriffe in besonders
geschützte Habitatsstrukturen, Lagerung von gewässerschädigen Stoffen).
Zu 2 c) Der Insektenschutz ist kennzeichnend für
ein besonderes Spannungsfeld zwischen landwirtschaftlichen,
naturschutzfachlichen und gewässerschutzfachlichen Zielsetzungen. Aus
umweltfachlicher Sicht ist der Dialog mit allen beteiligten Akteuren zwingend
und darf nicht einseitig geführt werden.
Zu 2 d) Seitens der Kreisverwaltung bietet dieser
Punkt kein Konfliktpotential, er ist bereits gelebte Praxis (z.B. Aufteilung
der Gebietskooperation des OOWV in 2019 und die Einführung von
Regionalleitern).
Zu 2 e) Sofern die jeweiligen Klimaschutzleistung
begründet sind, sollten sie auch honoriert werden. Dies sollte aber für den
Klimaschutz insgesamt gelten. Eine einseitige Hervorhebung könnte zu
zusätzlichem Konfliktpotential führen.
Zu 2 f) Die Kreisverwaltung begrüßt diese Absicht
ausdrücklich
Zu 2 g) Seitens der Kreisverwaltung wird die
Begriffswahl „Verschärfungen der Schutzstati…“ als zumindest sehr unglücklich
empfunden. Tatsächlich bewegt sich diese an die Gesetzgeber gerichtete
Aufforderung im bereits mehrfach zitierten Spannungsfeld der umweltfachlichen
und landwirtschaftlichen Zielsetzungen. Ein solcher Auftrag an Landrat und
Kreistag würde unweigerlich zu einem Zielkonflikt zwischen den ausgewiesenen
Handlungsschwerpunkten führen (HSP 4.3 und 4.4 auf der einen und HSP 4.14 auf
der anderen Seite – s. Anlage 2) und die Landwirtschaft einseitig bevorzugen.
Bisher haben sich Kreisverwaltung und Kreispolitik für einen sinnvollen und
abgewogenen Interessenausgleich auf fachlicher Ebene eingesetzt. Dies hat im
Landkreis Friesland dazu geführt, dass gute Lösungen in dem genannten
Spannungsfeld entstehen konnten und umgesetzt wurden. Als Beispiel sei hier das
aktuell im Verfahren befindliche Regionale Raumordnungsprogramm mit seiner
Abwägung der Fachbeiträge aus Naturschutz und Landwirtschaft. Die Ableitung
dieser Zielvorstellungen sollte vielmehr die Forderungen gegenüber der Landes-,
Bundes- und EU-Politik leiten.
Zu 2 h) Die langfristige Planungssicherheit ist
allgemein insbesondere aber auch für die Landwirtschaft von besonderer
Bedeutung. Hier sollte der Appell an die gesetzgebenden politischen Gremien
lauten, langfristige und zukunftsorientierte Lösungen für eine erfolgreiche
Betriebsstruktur zu schaffen.
Insgesamt sieht die Kreisverwaltung angesichts der bereits gelebten Praxis keine Veranlassung die 2016 gefasste Entschließung durch die neu beantragte Resolution zu ersetzen oder zu ergänzen.
Nach kurzer Erläuterung der Vorlage durch die Verwaltung trägt Frau Sieckmann stellvertretend für die CDU-Fraktion ihre Forderung vor, der Kreistag solle sich fraktionsübergreifend und geschlossen in Hannover, Berlin und Brüssel für Frieslands Landwirtschaftsbetriebe einsetzen (s. Anlage 3).
Stellvertretend für die Mehrheitsgruppe sieht Herr Ramke zwar ebenfalls den Kreistag in der Pflicht, sich für die landwirtschaftlichen Betriebe einzusetzen. Dies sei aber ja bereits mit der bestehenden Entschließung erfolgt. Insofern sehe die Mehrheitsgruppe darüber hinaus keine Handlungserfordernis.
Herr Eilers schlägt abschließend vor, die bestehende Entschließung zu erweitern. Die CDU-Fraktion wird einen entsprechenden Entwurf für die nächste Sitzung des Kreisausschusses vorbereiten.