Betreff
Verabschiedung einer Resolution zum Erhalt der Förderschulen, hier: Antrag der FDP-SWG-UWG-BBV/F-Gruppe vom 10.03.2014
Vorlage
0497/2014
Art
Beschlussvorlage

Begründung:

Zu 1.

1.1

In den Sitzungen des Ausschusses für Schule, Sport und Kultur am 01.12.2009, 17.03.2011 und 09.02.2012 wurde bereits ausführlich über die Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen durch das Niedersächsische Schulgesetz (NSchG) berichtet (Stichwort: Einführung der inklusiven Beschulung in Niedersachsen), siehe Vorlage Nr. 598/2009 vom 18.11.2009, Nr. 893/2011 vom 03.03.2011 und 45/2012 vom 09.02.2012.


Auch wurde in der Sitzung des Ausschusses für Bauen, Feuerschutz und Mobilität am 16.05.2012 über die grundsätzlich notwendigen baulichen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Einführung der Inklusion (Stichwort: Barrierefreiheit) berichtet, siehe Vorlage Nr. 0103/2012 vom 03.05.2012.


Der Kreisausschuss des Landkreises Friesland hat hierzu in seiner Sitzung am 23.05.2012 beschlossen, dass die Verwaltung im Fachausschuss Vorschläge unter Berücksichtigung einer Prioritätensetzung unterbreitet, wie die notwendigen Maßnahmen in den Haushaltsjahren 2013 ff. zu Gesamtkosten von ca. 3.900.000,00 Euro umgesetzt werden sollen.


1.2

Die Einführung der inklusiven Schule in Niedersachsen trat durch Änderung des NSchG in Kraft.


Gemäß § 4 Abs 2 Satz 4 NSchG kann danach ein Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung in den Förderschwerpunkten Lernen, Emotionale und Soziale Entwicklung, Sprache, Geistige Entwicklung, Körperliche und Motorische Entwicklung, Sehen und Hören festgestellt werden.


Nach § 14 Abs 1 NSchG werden in der Förderschule insbesondere Schülerinnen und Schüler unterrichtet, die auf sonderpädagogische Unterstützung angewiesen sind und keine Schule einer anderen Schulform besuchen.


An der Förderschule können Abschlüsse der Allgemeinbildenden Schulen erworben werden.


Gemäß § 14 Abs 2 NSchG sollen Förderschulen nach den o. a. Förderschwerpunkten nach § 4 Abs 2 Satz 4 NSchG geführt werden.


Nach § 14 Abs 4 NSchG können in der Förderschule Schülerinnen und Schüler aller Schuljahrgänge unterrichtet werden. In dem Förderschwerpunkt Lernen einer Förderschule werden Schülerinnen und Schüler ab dem 5. Schuljahrgang unterrichtet.


Generell ist bezüglich des Gesetzes zur Einführung der inklusiven Schule in Niedersachsen festzuhalten, dass


  • grundsätzlich alle Schulen inklusive Schulen werden sollen (§ 4 NSchG),

  • aufsteigend ab der 1. Klasse und der 5. Klasse Inklusion in allen Schulen ab dem Schuljahr 2013/2014 beginnen soll,

  • die Eltern grundsätzlich wählen können, ob Kinder mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung eine Regelschule oder eine Förderschule besuchen sollen,

  • nach geltender Rechtslage alle Förderschulen mit den jeweiligen Förderschwerpunkten dem Bedarf entsprechend weitergeführt werden sollen

  • nach gültiger Rechtslage lediglich der Primarbereich im Förderschwerpunkt Lernen schrittweise aufgehoben werden soll. Dementsprechend soll die Beschulung von Kindern mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf im Bereich Lernen im Primarbereich grundsätzlich an den Grundschulen stattfinden. Die Förderschule soll gleichzeitig sonderpädagogisches Förderzentrum sein, das die gemeinsame Erziehung und den gemeinsamen Unterricht an allen Schulen unterstützen soll, siehe § 14 Abs 3 NSchG,

  • eine Übergangsregelung (§ 183 c Abs 2 und 3 NSchG) den Schulträgern bis zum 31.07.2018 ermöglichen soll, ihre Schulen den Bedürfnissen entsprechend erst nach und nach zu inklusiven Schulen auszustatten. Bis dahin können die Schulträger ihren Verpflichtungen, die erforderlichen Schulanlagen zu errichten, einzurichten und auszustatten, auch dadurch nachkommen, dass sie sogenannte Schwerpunktschulen bestimmen. Allerdings muss gewährleistet sein, dass die Schülerinnen und Schüler mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung eine Regelschule als inklusive Schule in zumutbarer Entfernung erreichen können. Diese muss nicht zwingend im Gebiet des Schulträgers liegen.

  • nach § 178 NSchG die Landesregierung bis zum 31.07.2018 die Auswirkungen des Gesetzes zur Einführung der inklusiven Schule überprüft.


1.3

Wie oben zu § 178 NSchG ausgeführt, sind neben den Aufwendungen für den Schulträger im Hinblick auf z. B. bauliche Änderungen und räumliche Ausstattungen auch die finanziellen Auswirkungen für die Träger der Schülerbeförderung sowie die Sozialhilfeträger bezüglich der Eingliederungshilfe nach SGB XII (z. B. für Integrationshelfer) zu prüfen.


Damit erkennt der Gesetzgeber im Grundsatz die Konnexität gemäß Artikel 57 Abs 4 der Niedersächsischen Verfassung an.


Die kommunalen Spitzenverbände haben ein Rechtsgutachten „die Konnexitätsrelevanz der Einführung der inklusiven Schule in Niedersachsen“ in Auftrag gegeben.


Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass der niedersächsische Landesgesetzgeber bereits seit dem 01.08.2012, der Tag des Inkrafttretens des neuen Niedersächsischen Schulgesetzes, gemäß Artikel 57 Abs 4 Satz 2 der Niedersächsischen Verfassung verpflichtet ist, durch Gesetz den finanziellen Ausgleich für die kommunalen Gebietskörperschaften durch die Einführung der inklusiven Schule entstandenen Kosten zu regeln.


Insbesondere wird in dem Gutachten ausgeführt, dass die Einführung der inklusiven Schule den Aufgabenkreis der Gemeinden und Landkreise sowohl in ihrer Eigenschaft als Sozial- und Jugendhilfeträger als auch als Schulträger verändert. Im Ergebnis wird damit ein unverzüglicher Kostenausgleich für beide Bereiche als notwendig angesehen.


Von den 38 Mitgliedern des Niedersächsischen Landkreistages haben 25 ihre grundsätzliche Bereitschaft erklärt, ggf. Klage gegen das Land wegen fehlender Konnexitätsregelung bei Einführung der Inklusion in den Schulen einzulegen, hierzu gehört auch der Landkreis Friesland.


Der Niedersächsische Ministerpräsident hat darauf hingewiesen, dass wegen der komplexen Materie und der unterschiedlichen Positionen von Land und kommunalen Spitzenverbänden nicht zu erwarten sei, dass die notwendigen Gespräche bis zum 31.07. abgeschlossen werden könnten. Seitens des Landes sei jedoch beabsichtigt, eine die Ereignisse der Verhandlungen widerspiegelnde gesetzliche Regelung unverzüglich nach Einigung über die Grundsätze auf den Weg zu bringen. Weiter heißt es, „im Falle einer tatsächlichen Erhebung der Klage halte er die Fortführung und die Intensivierung von Verhandlungen zur Festlegung auf eine tragfähige Verständigung für dringend erforderlich“.


1.4

Die SPD-Landtagsfraktion hat am 31.03.2014/01.04.2014 in einer Frühjahrsklausur einstimmig eine „Hildesheimer Resolution“ zur Inklusion beschlossen und gemeinsam mit der bildungspolitischen Sprecherin der Landtagsfraktion „Bündnis 90/Die Grünen“ vorgestellt, die Resolution liegt als Anlage 1 an.


Danach soll in Anknüpfung an die auf Ebene der Landkreise freiwillig auf der Grundlage des Landeskonzeptes „Lernen unter einem Dach“ entwickelten regionalen Integrationskonzepte (RIK) zukünftig im Dialog mit den Akteuren vor Ort insbesondere in enger Abstimmung mit den Schulträgern regionale Inklusionskonzepte entwickelt werden, in denen die lokalen und regionalen Gegebenheiten und Bedingungen berücksichtigt werden sollen. Wer die regionalen Inklusionskonzepte entwickeln soll, wird in der Hildesheimer Resolution nicht angesprochen. Die Entscheidungen über die Umsetzung werden letztendlich bei den Schulträgern liegen, die gemäß § 106 Abs 1 NSchG über die Errichtung bis hin zur Aufhebung von Schulen entscheiden.


Die Aussagen der Hildesheimer Resolution werden dahingehend interpretiert, dass in Abhängigkeit von der Annahme des Angebotes der inklusiven Beschulung ohne gesetzliche Vorgabe weiterhin die Schulträger von Schulen, an denen der Förderbereich „Sprache“ angeboten wird, in regionaler Abstimmung (im Rahmen eines regionalen Inklusionskonzepts) darüber entscheiden sollen, welche Angebote sie weiterführen.


Eine Konkretisierung bleibt abzuwarten.


Die Förderschulen mit den Förderschwerpunkten Geistige Entwicklung“, „Körperliche und Motorische Entwicklung“, „Hören und Sehensollen als Alternative zu inklusiven sonderpädagogischen Förderungen weitergeführt werden können. Diesbezüglich wird klargestellt, dass der Elternwille darüber entscheiden soll, wo das Kind unterrichtet werden soll.


Förderschulen mit dem Förderschwerpunk „Emotionale und Soziale Entwicklung“ sollen grundsätzlich als Durchgangsschulen weitergeführt werden können. Damit ist auch deren Bestand grundsätzlich gesichert. Es bleibt abzuwarten, wie sich die „Durchgangsschulen“ konzeptionell und der Bedarf tatsächlich entwickeln.


Als Ergebnis der Hildesheimer Resolution bleibt somit vorbehaltlich der schulgesetzlichen Regelung festzuhalten, dass abgesehen von dem Förderschwerpunkt „Lernen“ im Sekundarbereich I die übrigen Förderschwerpunkte nach § 4 Abs 2 NSchG weiterhin angeboten werden können.


Weiterhin ist zu beachten, dass es im Zuge des für den Herbst angekündigten Gesetzgebungsverfahrens eine neue Definition zur Weiterentwicklung für Förderzentren geben soll. Für die Steuerung der Inklusion sei beabsichtigt, regionale Strukturen zu straffen. Organisatorisches Ziel sei es, eine von den Förderschulen unabhängige Struktur zu entwickeln. Ein Start „der Beratungs- und Förderzentren“ wird zum Schuljahr 2015/2016 angestrebt.


Der Landkreis Friesland unterstützt ausdrücklich den Gedanken, die neu zu definierenden Förderzentren auf kommunaler Ebene bei den Schulträgern zu verorten.


Hierzu wird auf das Schreiben an das Nds. Kultusministerium vom 23.06.2014 verwiesen, siehe Anlage 2.


1.5

Im Landkreis Friesland bestehen nachstehende öffentliche Förderschulen in der Trägerschaft des Landkreises Friesland:



  • Friedrich-Schlosser-Schule

    Es ist eine Förderschule mit den Schwerpunkten Lernen und Geistige Entwicklung. Ca. 250 Schülerinnen und Schüler werden in 28 Klassen unterrichtet in den Jahrgangsstufen 2 - 10 in der Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen, ferner in den Klassen 1 – 12 in der Förderschule mit dem Schwerpunkt Geistige Entwicklung

  • Pestalozzischule Varel

    Es handelt sich um eine Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen. Zurzeit werden 138 Schülerinnen und Schüler in 15 Klassen unterrichtet in den Jahrgangsstufen 2 – 10

  • Heinz-Neukäter-Schule Roffhausen

    Die Heinz-Neukäter-Schule ist eine Förderschule für Emotionale- und Soziale Entwicklung. 78 Schülerinnen und Schüler werden in 9 Klassen in den Jahrgangsstufen 1 – 8 unterrichtet

  • Sprachheilklassen bei der Grundschule Jungfernbusch

    In 2 Grundschulklassen werden 18 Schülerinnen und Schüler unterrichtet

Ferner gibt es die von Aldenburg Schule im Waisenstift Varel (Träger: Heilpädagogisches Kinderheim, Waisenstift Varel) als Förderschule mit dem Schwerpunkt Emotionale und Soziale Entwicklung als staatlich anerkannte Ersatzschule, die Schule am Forst Upjever als staatlich anerkannte Tagesbildungsstätte, dieses heilpädagogische Zentrum fördert Kinder und Jugendliche, die eine geistige Behinderung, eine Mehrfachbehinderung, Autismus, Entwicklungsverzögerung oder Verhaltensauffälligkeiten aufweisen oder von Behinderung bedroht sind.


Im Südkreis Friesland besuchen Schülerinnen/Schüler die Wehdeschule Seghorn als staatlich anerkannte Tagesbildungsstätte mit dem Förderschwerpunk „Geistige Entwicklung“.


Zu diesem TOP wurden Herr Hagemann als schulfachlicher Dezernent der Niedersächsischen Landesschulbehörde, Frau Dr. Heidenreich als Schulleiterin der Heinz-Neukäter-Schule, Herr Kliegelhöfer als Schulleiter der Pestalozzischule Varel sowie Frau Stuhm als Schulleiterin der Friedrich-Schlosser-Schule eingeladen. Sie werden darauf eingehen, wie sich die Konsequenzen „der Inklusionsrechtslage“ aus der Sicht der Landesschulbehörde und der Förderschulen darstellen.


Zu 2

Der Antrag der FDP-SWG-UWG-BBV/F-Gruppe vom 10.03.2014 liegt als Anlage 3 an.


Der Kreistag des Landkreises Friesland hat in seiner Sitzung am 20.03.2014 unter TOP 10.2 einstimmig beschlossen, den o. a. Antrag in den Schulausschuss zu verweisen.


Die Vertreter der FDP-SWG-UWV-BBV/F-Gruppe erhalten Gelegenheit, ihren Antrag vom 10.03.2014 ergänzend zu erläutern.


Unter Berücksichtigung der unter 1.4 genannen „Hildesheimer Resolution“ dürfte sich der Antrag vom 10.03.2014 erledigt haben, da die Willenserklärung der SPD-Landtagsfraktion die Forderung der Kreistagsgruppe weit überwiegend berücksichtigt.


Beschlussvorschlag:


1.

Die Ausführungen zur inklusiven Schule werden zur Kenntnis genommen


2.

Die als Anlage beigefügte Resolution zum Erhalt der Förderschulen erübrigt sich durch die Gesetzesinitiative der Landesregierung


Finanzielle Auswirkungen: Ja Rahmen2 Nein

Gesamtkosten der Maßnahmen (ohne Folgekosten)

Direkte jährliche Folgekosten

Finanzierung:

Eigenanteil objektbezogene Einnahmen

Sonstige einmalige oder jährliche laufende Haushaltsauswirkungen



Erfolgte Veranschlagung: Ja, mit Nein

im Ergebnishaushalt Finanzhaushalt Produkt- bzw. Investitionsobjekt:

Vorlage ist in LiquidFriesland abgestimmt worden ja, mit folgendem Ergebnis:

Teilnehmer: Zustimmung Ablehnung Enthaltung Alternativvorschläge

Vorlage betrifft die demografische Entwicklung: ja nein

Falls ja, in welcher Art:

Vorlage bezieht sich auf


MEZ Nr.

HSP Nr.


Sachbearbeiter/in stv. Fachbereichsleiter

Sichtvermerke:

Abteilungsleiter/in Kämmerei Landrat

Beratungsergebnis:

Einstimmig

Ja-Stimmen


Nein-Stimmen


Enthaltungen


Kenntnisnahme

Lt. Beschluss-vorschlag

Abweichender Beschluss



Anlagen:


Anlage 1 – Hildesheimer Resolution



Anlage 2 – SPD-Landtagsfraktion für regionale Inklusionskonzepte;

hier: siehe Hildesheimer Resolution zur Inklusion



Anlage 3 – Antrag FDP-SWG-UWG-BBV/F-Gruppe vom 10.03.2014