Betreff
Küstenschutz, Situation der Deichlinie zwischen Dangast und Jade-Wapelersiel
Vorlage
0734/2015
Art
Beschlussvorlage

Begründung:



Spätestens seit Veröffentlichung des Generalplans Küstenschutz Niedersachsen/Bremen, Festland vom März 2007 ist den Küstenschutzakteuren bekannt, dass der Deich zwischen Dangast und Jade-Wapelersiel deutliche Fehlhöhen von bis zu 1 m aufweist. Gleiches gilt auch für den östlichen Jadebusen im Kreisgebiet der Wesermarsch. Handlungsbedarf besteht nach § 4 Abs. 2 NDG bereits bei einer Fehlhöhe von 20 cm. So fordert der Landkreis Friesland seit 2007 die Küstenschutzakteure wiederkehrend auf, die erforderlichen Maßnahmen zur Begegnung diese Küstenschutzrisikos zeitnah zu treffen.

Schließlich heißt es im Generalplan Küstenschutz auszugsweise auf Seite 35 zum II. Oldenburgischen Deichband:

Der Hauptdeich ist in größeren Abschnitten - insbesondere im südlichen Jadebusen von Dangast bis Hobenbrake, im Bereich Blexen bis Nordenham sowie im Bereich Brake - nicht bestickgemäß hergestellt. Am östlichen Jadebusen von Schweiburg bis Hobenbrake ist die Standsicherheit nicht gegeben. Dies gilt auch für Schutzmauern und in bereits verstärkten Deichabschnitten, die auf Grund starker Setzungen nachzuerhöhen sind. Von Schweiburg bis Beckmannsfeld sind die Schutzwerke erneuerungsbedürftig, der Untergrund ist hier äußerst labil. Treibselabfuhrwege sind überwiegend nicht vorhanden.

Am Augustgrodendeich fehlen auf größeren Strecken die Deichverteidigungswege und die Deichfußbefestigung. Der durch einen Polderdeich geschützte Langwarder Groden ist für eine Kompensationsmaßnahme vorgesehen, die Auswirkungen auf das Bestick des Hauptdeiches haben wird. Im Bereich Nordenham-Einswarden ist das Deckwerk auf 500 m Länge nicht standsicher. Verschiedene Siele auf der gesamten Deichstrecke sind abgängig oder haben Unterbestick.

Erforderliche Baumaßnahmen: Erhöhung und Verstärkung des Hauptdeichs zwischen

Dangast und Hobenbrake

Voraussichtliche Baukosten: 249 Mio. Euro



In Kenntnis dieses Küstenschutzrisikos ist man 2007 davon ausgegangen, die Deichbaumaßnahmen bis zum Jahr 2015 in den Landkreis Friesland zu bringen. Wegen der unstrittig höheren Priorität in der Wesermarsch war dies ein akzeptabler Zeitraum. Gegenwärtig ist der Abschluss der erforderlichen Deichbaumaßnahmen inakzeptabel nicht vor 2024 zu erwarten.

Von Seiten des II. Oldenburgischen Deichbandes als Träger der Deicherhaltung und des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasser-, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) wird derzeit im Rahmen der Kapazitäten alles getan, um die Deicherhöhungsmaßnahmen entlang des Jadebusens voranzutreiben. Es stehen aber weder Mittel noch personelle Ressourcen im erforderlichen Umfang zur Verfügung um den Deichbau zu beschleunigen. Häufige und zeitintensive Unterhaltungsmaßnahmen binden zusätzliche Ressourcen. Erschwerend kommt hinzu, dass die vom Land Niedersachsen für den Küstenschutz zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel wegen wegfallender EU-Mittel im kommenden Jahr von 70 Mio auf 60 Mio eingekürzt werden. Formalismen in Deichbaubereichen wo FFH-Gebiete oder der Nationalpark betroffen sind erfordern langwierige und teure Verfahren (z.B. naturschutzrechtlicher Ausgleich) und hemmen so ebenfalls.

Um diesen für den Küstenschutz nicht tragbaren Umstand zu begegnen ist dem Land Niedersachsen gegenüber dieses Problem in aller Deutlichkeit zu schildern und ein erforderliches Handeln zu verlangen.



Folgende tragende Argumente sind aus Sicht der Kreisverwaltungen Wesermarsch und Friesland wichtig:

Nach aktuellen Feststellungen des Norddeutschen Klimabüros, Helmholtz-Zentrum Geesthacht, Zentrum für Material- und Küstenforschung GmbH, Max-Planck-Straße 1, 21502 Geesthacht wird der Meeresspiegel steigen. Auch ist in der Deutschen Bucht, und damit in der Weser, mit höherem Wellenauflauf zu rechnen. In der Zukunft wird ein verändertes Sturmflutgeschehen erwartet.

Demnach ist ein Meeresspiegelanstieg von 13 Dezimetern bis zum Ende des 21. Jahrhunderts an der Niederländischen Küste nicht auszuschließen. Für die deutsche Nordseeküste ist der mögliche zukünftige Meeresspiegelanstieg bisher nicht regional abgeschätzt worden. In Verbindung mit den möglichen künftigen Änderungen des Windklimas kann sich der Seegang in der Deutschen Bucht während einer Sturmflut Ende des Jahrhunderts zwei bis fünf Dezimeter erhöhen.

Im 5. Sachstandsbericht 2013/14 der IPCC wird ausgeführt, dass der mittlere globale Meeresspiegel im 21. Jahrhundert weiter ansteigen wird, sehr wahrscheinlich mit einer höheren Geschwindigkeit als die zwischen 1971 und 2010. Je nach Szenario wird der Anstieg wahrscheinlich im Bereich von 26 bis 82 cm gegenüber dem von Ende des vorherigen Jahrhunderts liegen. Der Meeresspiegelanstieg und viele andere Aspekte des Klimawandels und seiner Folgen werden über Jahrhunderte bestehen bleiben, selbst falls anthropogene Treibhausgasemissionen gestoppt werden.

Der Abschlussbericht Hochwasserrisikomanagement für den Küstenraum – Konsequenzen des Versagens im Bereich der Nordseeküste und Schademinimierung von 2014 führt zum Verbandsgebiet des II. Oldenburgischen Deichbands aus, dass ca. 82% der Fläche, bezogen auf das minimale MThw, bzw. 90% der Fläche, bezogen auf das maximale MThw im Verbandsgebiet, unterhalb des MThw liegt.

Insbesondere die Deichlinie am Jadebusen weist im Abschnitt vom Jade-Wapeler-Siel bis Varel-Dangast noch einen erheblichen Unterbestick (bis 1,00 m) aus. Die jeweiligen Protokolle der Deichschauen machen diese seit Jahren bestehende Problematik deutlich.

Durchschnittlich wurden dem Träger der Deicherhaltung in den Jahren 2007 bis 2015 rd. 11,6 Mio. Euro jährlich zur Verfügung gestellt. Bei einer gleichbleibenden Rate in dieser Höhe würde es mithin noch rd. 9 Jahre (bis 2024) andauern, bis die letzten Maßnahmen aus dem GPK 2007 umgesetzt sind. Nicht berücksichtigt sind hierbei neue Maßnahmen aufgrund von Sturmfluten, notwendiger Sanierung von Bauwerken oder aktueller Erkenntnisse zum Klimawandel.

Bei einer Verringerung der Zuweisungen auf den Schnitt der letzten 4 Jahre (rd. 8,8 Mio. Euro) verlängert sich der Zeitraum um weitere zwei Jahre. Der Zeitraum muss dringend verkürzt werden.

Vor diesem Hintergrund sind

  • eine höhere verbindliche Finanzausstattung pro Jahr,

  • eine verlässliche Zeitschiene,

  • sowie eine deutlich verbesserte personelle Ausstattung des Küstenschutzes im NLWKN – insbesondere im technischen Bereich

dringend geboten.







Beschlussvorschlag:


Die Kreisverwaltung wird beauftragt ein mit dem Landkreis Wesermarsch abgestimmtes Schreiben an den Niedersächsischen Umweltminister mit den in der Begründung dargelegten Argumenten zu richten.


Finanzielle Auswirkungen: Ja Rahmen2 Nein

Gesamtkosten der Maßnahmen (ohne Folgekosten)

Direkte jährliche Folgekosten

Finanzierung:

Eigenanteil objektbezogene Einnahmen

Sonstige einmalige oder jährliche laufende Haushaltsauswirkungen

Erfolgte Veranschlagung: Ja, mit Nein

im Ergebnishaushalt Finanzhaushalt Produkt- bzw. Investitionsobjekt:

Vorlage ist in LiquidFriesland abgestimmt worden ja, mit folgendem Ergebnis:

Teilnehmer: Zustimmung Ablehnung Enthaltung Alternativvorschläge

Vorlage betrifft die demografische Entwicklung: ja Rahmen32 nein

Falls ja, in welcher Art:

Vorlage bezieht sich auf


MEZ Nr. Rahmen30

HSP Nr. Rahmen31


Rahmen21 Rahmen25

Sachbearbeiter/in Fachbereichsleiter/in

Sichtvermerke:

Abteilungsleiter/in Kämmerei Landrat

Beratungsergebnis:

Einstimmig

Ja-Stimmen


Nein-Stimmen


Enthaltungen


Kenntnisnahme

Lt. Beschluss-vorschlag

Abweichender Beschluss



Anlagen: