Begründung:
Seit Einführung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung in 2011 und der Neuregelung des Sozialhilferechts im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) gibt es grundsätzlich keinen Anspruch mehr auf eine Kostenübernahme ärztlich verordneter Verhütungsmittel. Die früher nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) gesetzlich verankerte „Hilfe zur Familienplanung“ und „Hilfe zur Sterilisation“ sind entfallen.
Nach derzeitiger Rechtslage sollen Kosten für ärztlich verordnete empfängnisverhütende Mittel nach § 49 SGB XII vom Sozialhilfeträger übernommen werden, wenn eine Bedürftigkeit nach dem SGB XII vorliegt. In § 52 Absatz 1 SGB XII wird festgelegt, dass die Hilfen zur Gesundheit „den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung“ entsprechen sollen. In der Folge werden die Kosten für Verhütungsmittel von den Krankenkassen lediglich für unter 20-jährige übernommen. Anträge auf Kostenübernahme von Betroffenen ab Vollendung des 20. Lebensjahres werden grundsätzlich abgelehnt. In der Regelleistung ist nach der Bedarfsberechnung aus 2016 für Gesundheitspflege, unabhängig von Geschlecht und Alter der Person, ein Betrag von monatlich 17,37 € vorgesehen. Die Kosten für eine verantwortliche Familienplanung finden keine gesonderte Berücksichtigung.
Im Beratungsalltag der Jugendhilfe ist die fehlende Finanzierbarkeit der Verhütung für immer mehr Empfängerinnen und Empfänger der lebensunterhaltsichernden Sozialleistungen eine große Belastung. Dies führt nicht selten zu ungewollten Schwangerschaften oder Schwangerschaftsabbrüchen, denen häufig erhebliche psychosoziale und/ oder finanzielle Probleme folgen. Im bestehenden Netzwerk „Kinderschutz“ haben sich die Teilnehmer*innen für die dringende Schaffung eines Verhütungsfonds ausgesprochen.
Um diese schwierige Situation für Betroffene abzumildern, ist geplant, dass der Landkreis Friesland ab dem 01.01.2017 einen Fonds für die Bezuschussung der Kosten von ärztlich verordneten empfängnisverhütenden Mitteln als Hilfe zur Familienplanung einrichtet.
Mit der Schaffung eines Fonds für Verhütungsmittel würde eine regionale Gleichstellung erfolgen (LK WTM = jährlich 10.000,00 €, LK Aurich = jährlich 33.500,00 € davon 3.500,00 € als Bearbeitungsabschlag für die Diakonie, LK Oldenburg = jährlich 25.000 €, LK Wesermarsch = jährlich 7.500 €).
Anspruchsberechtigt sollen alle Frauen und Männer ab Vollendung des 20. Lebensjahres sein, die ihren ersten Wohnsitz im Landkreis Friesland haben und seit mindestens drei Monaten Leistungen nach dem SGB II, SGB XII oder dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) beziehen. Auf die Leistung besteht kein Rechtsanspruch, sie wird im Rahmen der hierfür im Verhütungsmittelfonds vorhandenen Mittel gewährt. Die Verwaltung und Abwicklung des Verhütungsmittelfonds erfolgt durch die Mitarbeiterinnen der Frühen Hilfen des Fachbereiches „Jugend, Familie, Schule und Kultur“ des Landkreises Friesland.
Grundsätzlich werden über den Verhütungsmittelfonds die ärztlich verordnungsfähigen Verhütungsmethoden bezuschusst:
·
Pille
und weitere kurzfristige Verhütungsmethoden: maximaler Zuschuss 100,00 € / Jahr
·
(Hormon-)
Spirale, Implanon (Hormonstäbchen): max. 150,00 € Zuschuss / Jahr
·
Sterilisation
(Männer und Frauen): Es findet eine Einzelfallberatung und –entscheidung über
die Zuschusshöhe statt (z. B. findet die Sterilisation im Rahmen einer Sektio
statt oder ist es ein gesonderter Eingriff, Mann oder Frau etc.)
Es ist die Vorauszahlung der Betroffenen
notwendig und bei vorhandenen Mitteln im Verhütungsfond findet nach Vorlage des
Ausgabebeleges und des Nachweises eines Bezuges der o.g. Sozialleistungen eine
Erstattung statt. In besonderen finanziellen und/oder sozialen Notlagen ist
nach vorheriger Prüfung die Bewilligung der Zuschussgewährung vor einem Eingriff
möglich und erfolgt die Zahlung des Zuschusses nach dem Eingriff.
Der Verhütungsfond soll mit einem
Grundvolumen in Höhe von 10.000,00 € jährlich ausgestattet werden.
Beschlussvorschlag:
Das Gremium stimmt der Einrichtung eines Verhütungsfonds im Landkreis Friesland zu und befürwortet die Bereitstellung der Mittel im Haushalt 2017.